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Carsten Jensen: Der erste Stein

Knaus Verlag, München 2017, ISBN: 978-3-8135-0741-6

Carsten Jensen ist einer der profiliertesten politischen Journalisten Dänemarks, Literaturkritiker und Buchautor. Der Roman wurde in Dänemark mit literarischen Preisen bedacht und wurde nun von Ulrich Sonnenberg ins Deutsche übersetzt. Für die Recherche des Romas „Der erste Stein“ verbrachte er längere Zeit in Afghanistan und lernte dort den Alltag aus verschiedenen Sichtpunkten kennenlernen. Jensen ist ein überzeugter Kritiker des Militäreinsätze des Westens in Afghanistan, was auch in diesem Roman deutlich wird.

Jensen schildert in seinem pazifistischen Roman die Komplexität des Krieges und der darin verwickelten Personen: Die Banalität des Bösen, Trauer, Hoffnungslosigkeit, monotone Tage, alltägliche Gewalt Mordlust und die gesamten psychische Bandbreite von Gefühlen der Hauptprotagonisten.

Die Handlung spielt im seit Jahrzehnten umkämpften Afghanistan. In einem dortigen Militärcamp sind die Soldaten und Soldatinnen des 3. Zuges der dänischen Einheit in Afghanistan stationiert. Deren Charaktere, besonders die Soldatin Hannah und der Anführer Rasmus Schroder werden ausführlich vorgestellt. Die motivierte Truppe verbringt die ersten Tage monoton mit Warten und ist von Langeweile geplagt. Dann sterben durch eine Landmine zwei Menschen, was eine beeindruckende und bewegende Schilderung des Krieges und des Vorgehens beim Einsatz. Die immer wieder aufflackernde Gewalt gerät schließlich außer Kontrolle und die Grausamkeit des Krieges wird plastisch geschildert. Die Abgründe der menschlichen Psyche wie Liebe, Tod und Freundschaft zeigen sich, als Schroder seine Kameraden und Kameradinnen verrät. Was mit einem Menschen geschieht, wenn er solchen extremen psychischen und physischen Belastungen ausgesetzt ist und was mit einem Menschen, wenn man tatsächlich einen anderen Menschen tötet, passiert, wird hier in schonungsloser Brutalität deutlich.

Von verschiedenen Standpunkten aus lernt man in diesem Buch Innenansichten über den Afghanistan- Krieg kennen. Es gibt tiefere Einblicke in ein Land, das seit Jahrzehnten von Krieg und Gewalt bestimmt ist. Die detaillierten Beschreibungen von Verletzungen und Verstümmelung der Soldaten und andere Szenen schockieren, sind aber auch ein Zeichen einer authentischen Reportage. Jensens umfangreiche Recherchen im Vorfeld des Romans in Afghanistan tragen hier Früchte.

Das Buch lebt von der Aktualität des Genres und die immer wieder entflammte Diskussion des Pro und Contras von westlichen Militäreinsätzen in Krisengebieten. Es ist keine leichte Unterhaltungslektüre, sondern zeigt die Schonungslosigkeit und Brutalität des Krieges. Was jedoch etwas fehlt, ist die Sicht auf die Zivilbevölkerung, die immer am meisten unter einem Krieg und seinen Folgen leidet.

 

Eintrag im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek:

ISBN: 978-3-8135-0741-6 .