e-Portfolio von Michael Lausberg
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DDR 1949-1953

Inhaltsverzeichnis

  1. Einleitung
  2. Die Konstituierung der Deutschen Demokratischen Republik
  3. 1 Auswirkungen des Koreakrieges
  4. 2 Entwicklungen in der DDR 1950 bis 1952
  5. 3 Die Wiedervereinigungsfrage und der Notenwechsel von 1952
  6. 4 Die Europäische Verteidigungsgemeinschaft
  7. 5 Die Merker-Affäre
  8. 6 Der 17. Juni.1953
  9. Fazit
  10. Literatur

1. Einleitung

Die DDR-Forschung beschäftigt sich mit Herrschaft, Politik, Gesellschaft, Wirtschaft, internationale Beziehungen, Kultur, Alltag und Geschichte dieses Staates. Sofern die Forschungstätigkeiten auf eine systematische Gegenüberstellung mit Verhältnissen in der Bundesrepublik abzielten, sprach man auch von der vergleichenden Deutschlandforschung. Bis 1990 lieferte die DDR-Forschung sowohl gegenwartsbezogene als auch historiografische Analysen. Nach der deutschen Wiedervereinigung gilt sie als Teil der Geschichtsschreibung zur deutschen und europäischen Zeitgeschichte.

Forschungsergebnisse waren und sind Material für politisch-erzieherische Zwecke im Rahmen der Schul-, Universitäts* und Erwachsenenbildung. Bis 1990 stellten die Forscher zudem Grundlageninformation für Entscheidungen bundesdeutscher Parlamente, Regierungen und Behörden sowie für Massenmedien bereit.

Der normativ und von der Totalitarismustheorie geprägten Forschungsrichtung standen Vertreter des ab Mitte der 1960er-Jahre dominierenden systemimmanenten beziehungsweise kritisch-immanenten Ansatzes gegenüber, der die Verhältnisse in der DDR an den postulierten Maßstäben der SED maß und eine Trennung von Forschung und Werturteil befürwortete. In den 1980er-Jahren gewann die normativ orientierte Forschungsrichtung wieder an Bedeutung. Nach der Wiedervereinigung befassen sich viele geschichtswissenschaftliche Arbeiten mit der Frage nach den Ursachen und Bedingungen der Wende sowie mit dem Ministerium für Staatssicherheit.

In dieser Arbeit werden die Entwicklungen in der DDR von der offiziellen Staatsgründung 1949 bis zum Arbeiteraufstand vom 17.Juni 1956 nachgezeichnet. Zunächst folgt eine Darstellung der Konstituierung der Deutschen Demokratischen Republik im Herbst 1949. Nun wird die Entwicklung der DDR bis zu den Pariser Verträgen im Jahre 1955 behandelt. Vorab wird auf die Auswirkungen des Koreakrieges eingegangen, die Einfluss auf die Entwicklungen in der DDR 1950 bis 1952 besaßen. In der Außenpolitik stehen die Wiedervereinigungsfrage und der alliierte Notenwechsel von 1952 sowie die Gründung der Europäischen Verteidigungsgemeinschaft im Vordergrund. Die Darstellung der Verhaftung und Verurteilung Paul Merkers und die damit verbundenen antizionistischen und antisemitischen Einstellungsmuster sind Untersuchungsgegenstand des folgenden Kapitels. Danach steht der Arbeiteraufstand vom 17. Juni.1953 und dessen Auswirkungen in Ostberlin und fast allen Verwaltungsbezirken der DDR im Mittelpunkt. In der Schlussbemerkung wird eine abschließende Zusammenfassung und Bewertung der Untersuchungsergebnisse durchgeführt.

2. Die Konstituierung der Deutschen Demokratischen Republik

Parallel zur Gründung der Bundesrepublik vollzog sich in der SBZ die Konstituierung der DDR.[1] Den Tag des Zusammentritts des Bundestages in Bonn bezeichnete das SED-Politbüro als „Tag der nationalen Schande“, Bundestag und Bundesregierung entbehrten der Rechtsgültigkeit.

Am 7. Oktober trat der Deutsche Volksrat unter dem Vorsitz Wilhelm Piecks in Ostberlin zusammen und konstituierte sich als „Provisorische Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik“. Nach der Verfassung wären Volkskammerwahlen notwendig gewesen. Man verschob diese Wahlen auf den Herbst 1950 – ebenso wie die Gemeinde – und Landtagswahlen. In den bürgerlichen Parteien verlangten zahlreiche Politiker den Verzicht auf die im Mai angewandte Einheitsliste.

Präsident der Volkskammer wurde der LDPD-Politiker Dieckmann. Am 10. Oktober wählten die fünf Landtage der SBZ die 34 Mitglieder der „Provisorischen Länderkammer“, in die Ostberlin sieben Beobachter entsandte.[2]

Volkskammer und Länderkammer traten am 11. Oktober zu einer gemeinsamen Sitzung zusammen und wählten einstimmig Wilhelm Pieck (SED) zum Präsidenten der DDR.

Am folgenden Tag bestätigte die Volkskammer mit der gleichen Einmütigkeit die Regierung des Ministerpräsidenten Otto Grotewohl (SED).[3] Ihr gehörten drei stellvertretende Ministerpräsidenten an: Ulbricht (SED), Kastner (LDPD) und Nuschke (CDU). Von den 14 Fachministerien übernahm die SED sechs (Inneres, Planung, Industrie, Justiz, Volksbildung, Außenhandel), die CDU drei (Auswärtige Angelegenheiten, Arbeit und Gesundheitswesen, Post* und Fernmeldewesen), die LDPD zwei (Finanzen, Handel und Versorgung), je ein Ressort die DBD (Land* und Forstwirtschaft), die NDPD (Aufbau) und der Kulturbund (Verkehr).

In seiner Regierungserklärung beschuldigte Grotewohl die Westmächte, Deutschland gespalten zu haben. Er bekannte sich zur Oder-Neiße-Linie als „Friedensgrenze, die ein freundschaftliches Verhältnis mit dem polnischen Volk ermöglicht.“[4]

Unter Berufung auf die Warschauer Beschlüsse vom Juni 1948 erklärte Grotewohl:[5] „Die Freundschaft mit der Sowjetunion, den Volksdemokratien und allen anderen friedliebenden Völkern ist daher die Grundlage der Außenpolitik der Regierung.“

Am 13. Oktober sandte der Vorsitzende des sowjetischen Ministerrates, Marshall Stalin, ein Telegramm am Pieck und Grotewohl, in dem er die Bildung der DDR als einen „Wendepunkt in der Geschichte Europas“ feierte.[6]

Die Sowjetunion tauschte offizielle diplomatische Vertreter mit der DDR-Regierung aus; sie ernannten ihren bisherigen Botschafter in Ungarn, G.M. Puschkin, zum Leiter der diplomatischen Mission in Ostberlin. An die Stelle der SMAD trat eine sowjetische Kontrollkommission, die die Erfüllung des Potsdamer Abkommens und anderer Vier-Mächte-Vereinbarungen überwachen sollte. Als Chef dieser Kontrollkommission fungierte Armeegeneral Tschuikow, Oberbefehlshaber der sowjetischen Truppen in Deutschland. Politischer Berater der SKK wurde Botschafter Semjonow.

Die kommunistischen Staaten erkannten die DDR de jure an, obwohl es in Polen und der Tschechoslowakei noch gewisse Vorbehalte gab.

Die Deutsche Wirtschaftskommission bildete den Grundstock des neuen Regierungsapparates. Die SED bestritt zwar weiterhin die Legalität der Organe der Bundesrepublik, forderte aber gleichzeitig eine „Verständigung zwischen der Bonner Regierung und der Regierung der DDR.“[7]

Zur Konstituierung der DDR nahm Bundeskanzler Adenauer am 21.10.1949 in einer Rede vor dem Bundestag Stellung, die den Beifall aller Fraktionen mit Ausnahme der KPD-Abgeordneten fand:[8] „Nach dem völligen Zusammenbruch aller staatlichen Organisationen in Deutschland mit der bedingungslosen Kapitulation kann eine Organisation dann den Anspruch darauf erheben, ein legitimer Staat zu sein, wenn sie auf dem freien Willen der Bevölkerung beruht. (…) In der Sowjetzone gibt es keinen freien Willen der deutschen Bevölkerung. Das, was jetzt dort geschieht, wird nicht von der Bevölkerung getragen und damit legitimiert. Die Bundesrepublik Deutschland stützt sich dagegen auf die Anerkennung durch den frei bekundeten Willen von rund 23 Millionen stimmberechtigten Deutschen. Die Bundesrepublik Deutschland ist somit bis zur Erreichung der deutschen Einheit insgesamt die alleinige staatliche Organisation des deutschen Volkes.“

Die Bildung zweier Regierungen in Bonn und Ostberlin war ein Ausdruck einer sich vertiefenden Spaltung Deutschlands, die die folgenden Jahrzehnte bestimmen sollte.[9]

2.1 Auswirkungen des Koreakrieges

Im Sommer 1950 wurden die politischen Entwicklungen in der Welt durch Ereignisse überschattet, die einen neuen Höhepunkt in der Auseinandersetzung zwischen Ost und West darstellten. Der Einmarsch nordkoreanischer Truppen über die Demarkationslinie des 38. Breitengrades nach Südkorea und der folgende Koreakrieg wirkten ähnlich wie die Berliner Blockade von 1948/49 als Krisenherd in der Weltpolitik.

Die Niederlage Japans im 2. Weltkrieg beendete seine Herrschaft über Korea, dessen staatliche Unabhängigkeit in den Konferenzen von Kairo (1943) und Jalta (1945) sowie im Potsdamer Abkommen (1945) garantiert wurde.[10] Am 08.08.1945 besetzten sowjetische Truppen Nordkorea, amerikanische Einheiten den Süden des Landes, der 38. Breitengrad wurde als Demarkationslinie festgelegt. In Südkorea errichteten die USA eine Militärregierung, während im Norden die kommunistische Koreanische Arbeiterparte unter sowjetischem Schutz eine kommunistische Ordnung aufbaute, die von Anfang an durch die Person Kim Il Sungs geprägt war. Amerikanische-sowjetische Verhandlungen scheiterten nach mehreren Versuchen schließlich. Im Süden konstituierte sich am 15.08.1948 die Republik Korea unter Präsident Syngman Rhee. Am 09.09.1948 proklamierte die Oberste Volksvertretung Nordkoreas die Demokratische Volksrepublik Korea unter Ministerpräsident Kim Il Sung.

Der Koreakrieg wurde ausgelöst durch nordkoreanische Truppen, die am 25.06.1950 die Demarkationslinie überschritten und fast ganz Südkorea eroberten. [11] Die Bedrohung des Status Quo führte zum Eingreifen einer UN-Streitmacht, die unter Mitbeteiligung von 15 weiteren Staaten im Wesentlichen von den USA gestellt wurde. Die Offensive der UN-Truppen begann am 15.09 und drängte die nordkoreanische Armee über den 38. Breitengrad zurück. Nach einer Gegenoffensive, die von der Volksrepublik China unterstützt wurde, stabilisierte sich die Front unmittelbar nördlich vom 38. Breitengrad. Am 10.07.1951 begannen die Waffenstillstandsverhandlungen, die am 27.07.1953 zum Abkommen von Panmunjom führten, es legte die Grenze zwischen den beiden Landesteilen auf den 38. Breitengrad fest, bestimmte eine entmilitarisierte Zone und setzte eine Überwachungskommission ein.

Für die Verhältnisse in Deutschland war der Koreakrieg besonders bedeutsam, weil parallele Züge in den Entwicklungen des fernöstlichen Landes und Deutschlands auf der Hand lagen und darum Rückschlüsse auf die Gefährlichkeit der eigenen Lage gezogen wurden. Ferner war die Deutschlandpolitik von weltweiten Konsequenzen, die der Westen aus dem Koreakrieg zog, stark mit betroffen.

Nach dem Umsturz in der Tschechoslowakei und die Berliner Blockade interpretierte der Westen den Koreakrieg als weiteren Höhepunkt der sowjetischen Machtpolitik und malte trotz des seit 1949 bestehende Verteidigungssystems der NATO das Schreckgespenst der Sowjetisierung Europas an die Wand.

Aus Sicht der Westmächte war das militärische Potential der Sowjetunion und ihrer verbündeten Staaten wesentlich größer als das eigene. Seine Überlegenheit wurde noch gesteigert, als es der Sowjetunion gelang, Atombomben zu bauen und damit in Konkurrenz zur USA zu treten. In Asien ergab sich durch den Sieg der chinesischen Kommunisten eine erhebliche Ausweitung des kommunistischen Blocks. Diese Vorgänge ließen die Bedenken gegen neue Aufwendungen für militärische Zwecke hinfällig werden. Der Koreakrieg führte zur weiteren Militarisierung auch in Europa und insbesondere in Deutschland.[12]

Für die durch Besatzungstruppen geschützte, selbst aber unbewaffnete Bundesrepublik wurde die Frage der „Wiederbewaffnung“ gestellt.[13]

Bei der Gründung der Bundesrepublik war der gelegentlich geäußerte Gedanke an eine militärische Aufrüstung noch zurückwiesen worden, und zwar sowohl von den Besatzungsmächten als auch von vielen Deutschen selbst. Am 21.11.1949 hatte der ehemalige amerikanische Militärgouverneur Lucius D. Clay als Privatmann die Aufstellung von gemischten europäischen Streitkräften gefordert, wobei „sich auch Deutschland mit beschränkten Streitkräften eines besonderen Typus an dieser Organisation beteiligen könnte.“ [14]

Sprecher aller Besatzungsmächte dementierten damals jedoch Remilitarisierungsabsichten. Am 03.12.1949 erklärte Bundeskanzler Adenauer in einem Presseinterview:[15] „In der Öffentlichkeit muß ein für allemal klargestellt werden, daß ich prinzipiell gegen eine Wiederaufrüstung der Bundesrepublik Deutschland und damit auch gegen eine Errichtung einer neuen deutschen Wehrmacht bin.“

Am selben Tage betonte er einem amerikanischen Korrespondenten gegenüber, dass weder eine deutsche Aufrüstung noch eine Beteiligung Deutscher in anderen Armeen in Frage käme. Nur wenn die Alliierten unabdingbar einen deutschen Beitrag zur Sicherheit Europas verlangen, sei „im äußersten Fall (…) alsdann die Frage eines deutschen Kontingents im Rahmen der Armee einer europäischen Förderation zu überlegen.

Noch am 24.5.1950, einen Monat vor Beginn des Koreakrieges, veröffentlichte der Alliierte Hochkommissar ein Gesetz zur Verhinderung der deutschen Wiederaufrüstung, das zusammen mit sieben Durchführungsverordnungen am 1.Juni in Kraft trat. Es sollte „die Abrüstung und Entmilitarisierung Deutschlands auf industriellem Gebiet sicherstellen.“

Kaum zwei Monate nach Ausbruch des Krieges in Korea äußerte Adenauer in einem Presseinterview:[16] „Baut man eine Verteidigung auf oder nicht? Bis jetzt hat das deutsche Volk seine Haltung gegen die Drohung des Kommunismus durch sein Vertrauen auf die bewaffneten Streitkräfte der Vereinigten Staaten bewahrt. Die Ereignisse in Korea haben aber eine merkliche Auswirkung gehabt, und es besteht ein Gefühl der Hilflosigkeit, daß die Russen eines Tages die Macht ergreifen werden. (…) Wir müssen die Notwendigkeit der Schaffung einer starken deutschen Verteidigungskraft erkennen. Ich will nicht von einer Armee oder Waffen sprechen, aber diese Streitmacht muß stark genug sein, um jede mögliche, den Vorgängen in Korea ähnelnde Aggression der Sowjetzonenvolkspolizei abzuwehren. So stark wie diese Volkspolizei ist, müssen wir auch sein. Das Ausmaß der Bewaffnung und Ausbildung muß dem Ausmaß der Bewaffnung und Ausbildung der Volkspolizei entsprechen.“

Mit diesen Worten war noch keine Entscheidung getroffen, aber eine grundlegende Wendung der deutschen Politik kündigte sich deutlich an. Auch bei den Westmächten wurde daraus kein Hehl mehr gemacht. Das Kommuniqué der New Yorker Außenministerkonferenz vom 19.09.1950 enthielt folgende Worte:[17] „Die Frage, die durch das Problem der Teilnahme der deutschen Bundesrepublik an der gemeinsamen Verteidigung Europas aufgeworfen wird, ist zur Zeit Gegenstand von Untersuchungen und Gedankenaustausch.“

Natürlich waren die Widerstände innerhalb und außerhalb Deutschlands groß.[18] Die Sowjetunion und andere kommunistische Staaten protestierten auf der Prager Konferenz vom 20-21.10.1950 gegen eine Remilitarisierung. Es stellte für die Kämpfer gegen den Nationalsozialismus und für eine Zerschlagung der deutschen Militärmacht eine unmöglich zu akzeptierende Tatsache dar.

Die in Korea evident gewordene Bedrohung des Westens war indessen stark genug, um schließlich doch die Einbeziehung Westdeutschlands in ein gemeinsames Verteidigungssystem voranzutreiben und aus der nationalsozialistischen Vergangenheit herrührende Befürchtung zurückzudrängen.[19] Denjenigen Kritikern, die sich gegen die Wiedereinrichtung einer deutschen Militärmacht wandten, wurde dadurch Wind aus den Segeln genommen, dass der Gedanke an neue nationale Streitkräfte von vornherein nicht ernsthaft erwogen wurde, sondern dass nur ein deutscher Wehrbeitrag innerhalb transnationaler organisierter Verbände zur Debatte stand. Damit konnte eine stärkere Koordination der westeuropäischen Verteidigung als auch eine internationale Kontrollmöglichkeit im Hinblick auf eventuelle neue, einseitig nationale Ambitionen Deutschlands gewährleistet werden.

Während die Gespräche über die Europäische Verteidigungsgemeinschaft (EVG) über die ersten Ansätze noch nicht hinausgekommen waren, erfolgten Maßnahmen, die wenigstens einen Minimalschutz der Bundesrepublik gegenüber der Sowjetzone mit ihrer bereits seit 1948 aufgebauten kasernierten Volkspolizei bieten konnten. Mit Einwilligung der Besatzungsmächte wurden 1951 eine bewaffnete Bereitschaftspolizei der Länder von zunächst 10.000 Mann und ein Bundesgrenzschutz von gleicher Stärke aufgebaut. Aufgabe des später auf 20.000 Mann verstärkten Grenzschutzes war es, an der Sowjetzonengrenze einen Sicherheitsgürtel zu ziehen und die Infiltration unerwünschter Personen in die Bundesrepublik zu verhindern.[20]

2.2 Entwicklungen in der DDR 1950 bis 1952

Während sich in der Bundesrepublik das politische Leben seit Inkrafttreten des Grundgesetzes vielseitig und in neuen Formen weiterentwickelte, nahmen Vereinheitlichung und Gleichschaltung von Parteien und Verwaltung, von Wirtschaft und Gesellschaft in der DDR ihren Fortgang.[21] Die Auseinanderentwicklungen beider Teile Deutschlands verstärkte eine Kluft, die trotz aller Bemühungen auf vielen Ebenen immer weniger überwindbar erschien.[22]

Am 07.10.1949, als die Verfassung der DDR in Kraft trat, wurde in Ostberlin die „Nationale Front“ gegründet. Diese als „breiteste Massenorganisation“ gedachte Organisation umfasste nicht nur Mitglieder der bestehenden Parteien und Verbände, sondern darüber hinaus viele Parteilose. Ihre Aufgabe wurde die Aktivierung breiter Kreise für die politischen Ziele der SED durch Aufklärung und Agitation. Als oberstes Organ wählten die Landesausschüsse der Nationalen Front am 03.02.1950 den Deutschen Nationalrat. Von nun an wurden für die Wahlen in der DDR nur noch Einheitslisten von Kandidaten der Nationalen Front aufgestellt.

Die nach der Verfassung vorgeschriebene Wahl zur Volkskammer sowie die im Herbst 1949 fällig gewesenen Landtags-, Kreis* und Gemeindewahlen fanden nach einjährigem Aufschub schließlich am 15.10.1950 statt.[23] Nach dem amtlichen Wahlergebnis sollen 98,44% der Wahlberechtigten ihre Stimme abgegeben haben, davon wiederum 99,7% für die Einheitsliste. Eine geheime Stimmabgabe war in vielen Fällen nicht möglich. Der Bundestag, die Bundesregierung und die drei westlichen Hochkommissare hatten schon vorher erklärt, dass die Wahlen nicht den freien Willen der Bevölkerung zum Ausdruck bringen könnten, da bei einer Einheitsliste keine echte Willensbildung möglich sei. Die Westberliner Parteien hatten die Ostberliner Bevölkerung aufgefordert, durch Einsendung des Lebensmittelkartenstammabschnitts an den Magistrat ein Votum gegen die kommunistische Herrschaft und für freie und geheime Wahlen abzugeben. Fast die Hälfte der stimmberechtigten Bevölkerung soll dieser Aufforderung Folge geleistet haben.

Der Ausbau der DDR zu einer Volksdemokratie nach dem Vorbild anderer sozialistischer Staaten trat 1952 durch eine Reihe einschneidender Maßnahmen in ein neues Stadium ein. Sie zielten auf eine schärfere Abgrenzung der DDR von Westdeutschland, auf eine Zentralisierung der Verwaltung im Innern und auf eine Eingliederung in das politische Gefüge der Ostmächte.[24]

Am 26.05.1952 erließ die Regierung eine Verordnung über Sperrmaßnahmen an der Zonengrenze:[25] „Die entlang der Demarkationslinie zwischen der Deutschen Demokratischen Republik und Westdeutschland festgelegte Sperrzone umfasst einen 10 m breiten Kontrollstreifen unmittelbar an der Demarkationslinie, anschließend einen etwa 500m breiten Schutzstreifen unmittelbar an der Demarkationslinie und dann eine etwa 5 km breite Sperrzone. (…) Das Überschreiten des 10 m Kontrollstreifens ist für alle Personen verboten. (…) Bei Nichtbefolgung der Anordnungen der Grenzstreifen wird von der Waffe Gebrauch gemacht. (…) Einwohner der Deutschen Demokratischen Republik müssen einen Passierschein für die Einreise in die 5 km Sperrzone beantragen. (…) Innerhalb des 500 m Schutzstreifens ist der Aufenthalt auf Straßen und Feldern, der Verkehr aller Art von Transportmitteln und die Ausführung von Arbeiten aller Art außerhalb der Wohnungen nur von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang gestattet.“

Aufgrund dieser Verordnung wurde der 10 m Streifen entlang der Zonengrenze vielerorts eingeebnet und umgepflügt.

Auf einer Parteikonferenz der SED am 12.07.1952 wurde beschlossen, zum „planmäßigen Aufbau des Sozialismus“ überzugehen, durch eine Verwaltungsreform den Staatsaufbau zu zentralisieren, die Justiz durch Ausarbeitung neuer Gesetzbücher umzugestalten, nationale Streitkräfte aufzustellen und die Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften (LPG) zu fördern. In dem Beschluss hieß es:[26] „Die Schaffung der Aktionseinheit der kommunistischen, sozialdemokratischen, christlichen und parteilosen Arbeiter, das Bündnis der Arbeiterklasse mit den werktätigen Bauern und der Zusammenschluß aller deutschen Parteien in der Friedensbewegung und in der Nationalen Front des demokratischen Deutschlands ist die vordringlichste Aufgabe. Der große Befreiungskampf des patriotischen Deutschen gegen die fremden imperialistischen Eindringlinge und Ausbeuter erfordert zugleich den entschiedenen Kampf gegen die rechten sozialdemokratischen Führer und Gewerkschaftsführer, die den Feinden der deutschen Nation Hilfsdienste leiten. (…) Das Hauptinstrument bei der Schaffung der Grundlagen des Sozialismus ist die Staatsmacht.“

Dem Parteibeschluss entsprechend wurden am 23.07.1952 durch Gesetz die bestehenden fünf Länder der DDR, Mecklenburg, Brandenburg, Sachsen-Anhalt, Thüringen und Sachsen, aufgelöst und stattdessen 14 Verwaltungsbezirke eingerichtet:[27] „Die örtlichen Organe der Staatsgewalt müssen (…) so reorganisiert werden, daß der Staatsapparat die Möglichkeit erhält, den Willen der Werktätigen, der in den Gesetzen der Deutschen Demokratischen Republik zum Ausdruck gebracht ist, unverbrüchlich zu erfüllen.“

Es existierte gegenüber Westdeutschland ein eklatanter Unterschied in den bereichen Produktivität und Lebenshaltung. Das amerikanische Angebot zur Wirtschaftshilfe war 1947 von der SMAD und von der SED und LDPD abgelehnt worden. Die Vorsitzenden der Ost-CDU, Jakob Kaiser und Ernst Lemmer, hatten sich für die Beteiligung der SBZ ausgesprochen. Daraufhin wurden sie als „Agenten der amerikanischen Reaktion“ bezeichnet worden, und die sowjetische Militärverwaltung hatte die Verbindung zu ihnen abgebrochen. Beide setzten ihre politische Tätigkeit im Westen fort.

Die wirtschaftliche Unzufriedenheit vieler Menschen in der DDR dokumentierte sich in den hohen Flüchtlingszahlen: ab September 1949 beantragten 129.245 Menschen aus Ostberlin und der DDR das Notaufnahmeverfahren in Westberlin und in der Bundesrepublik. Im Jahre 1950 wurden 197.788 Anträge gezählt, ein Jahr später sank die Zahl auf 165.648. 1952 verließen 182.393 Menschen die DDR.

Die große Zahl der Flüchtlingszahlen war nicht nur ein Symptom für die Stimmung der Bevölkerung, sondern zugleich auch ein steigender Verlust an Produktivkraft, der sich auf den wirtschaftlichen Aufbau negativ auswirkte.[28]

Das Wirtschaftssystem in der SBZ hatte schon in den ersten Jahren der Besatzung die Form einer zentral gelenkten Planwirtschaft bzw. einer unmittelbaren Staatswirtschaft erhalten. Beim weiteren Ausbau dieses Systems wurde das Schwergewicht auf die Grundstoff* und Schwerindustrie, nicht auf die Konsumgüterindustrie gelegt.[29] Dafür waren zunächst die sowjetischen Reparationsforderungen ausschlaggebend, später die Absicht, die Staatsmacht der DDR zu festigen und das industrielle Gesamtpotential der kommunistischen Länder zu vergrößern. Bis 1951 waren 77% der gesamten industriellen Produktion in Volkseigentum übergeführt. Die Landwirtschaft war dagegen noch fast völlig in Privatbesitz, wobei auch hier eine Ablieferungspflicht nach festgesetzten Normen bestand. Abgesehen von den Waren, die die Läden der staatlichen Handelsorganisation (HO) zu überhöhten Preisen anboten, blieben Lebensmittel und Verbrauchsgüter noch auf Jahre hinaus rationiert. Die Versorgung der Bevölkerung wies immer wieder erhebliche Mängel auf.[30]

Die Entwicklung der gesamten Wirtschaft in der DDR wurde nach sowjetischem Vorbild durch Jahrespläne geregelt, die die staatliche Plankommission nach den Weisungen der SED ausarbeitete. Das Entwicklungstempo und das Verhältnis der Produktion einzelner Industriezweige zueinander wurden hier festgelegt. Der Volkswirtschaftsplan für das Jahr 1950, der von der Provisorischen Volkskammer am 09.02.1950 genehmigt wurde, sah eine Steigerung um 21% der Industrieproduktion vor, wobei dies Ziel durch „Entwicklung der Aktivistenbewegung, Aufstellung technisch begründeter Arbeitsnormen, Einführung des Leistungslohns und die Einschränkung unproduktiver Arbeit“ erreicht werden sollte.[31] Für die Jahre 1951-1955 gab es erstmalig einen Fünfjahresplan. Er forderte eine Steigerung der Industrieproduktion von 23 Milliarden auf 43,8 Milliarden DM, eine Erhöhung der landwirtschaftlichen Erträge um 25% und eine Hebung des Volkseinkommens um 60%. Als Auftakt für dieses Programm fand im Januar 1951 die Grundsteinlegung für das Eisenhüttenkombinat Ost in Fürstenberg an der Oder statt, wo russisches Erz mit schlesischer Kohle verarbeitet werden sollte. Der erste Fünfjahresplan konnte nicht durchgehend erfüllt werden, vor allem blieb die Erzeugung von elektrischer Energie, Braunkohle, Eisnerz, Roheisen, Rohstahl und Kupfererz hinter den Zielen zurück.[32]

Für den Güteraustausch zwischen Westdeutschland und der DDR trat am 20.09. 1951 ein Interzonenhandelsabkommen in Kraft, das einen Warenverkehr auf Verrechnungsbasis vorsah.[33] Bedingung dafür war der freie Verkehr zwischen der Bundesrepublik und Westberlin. Behinderungen auf den Zufahrtswegen führten jedoch noch im selben Jahr zu einer zeitweiligen Unterbrechung des Interzonenhandels.

Für die Landwirtschaft wurde das Jahr 1952 ein entscheidender Wendepunkt. Die bis dahin noch selbstständig produzierenden Bauern wurden mehr und mehr zur Zusammenarbeit in Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften (LPG) angehalten, wofür staatlich gebilligte Musterstatuten maßgebend waren. Als Vergünstigung erhielten die Mitglieder der LPG’s Steuermäßigungen, bevorzugte Belieferung mit Düngemittel, Geräten, Zuchtvieh und Futtermitteln. Die Maschinenausleihstationen wurden verpflichtet, LPG’s vorrangig und zu niedrigsten Preisen zu versorgen. Bis Ende 1953 gab es 6691 solcher Produktionsgenossenschaften, wodurch sich die Nutzfläche, die weiter von selbständigen Bauern bewirtschaftet wurde, auf 75% verringerte.

Außenpolitisch versuchte die DDR seit ihrer Errichtung gute Beziehungen mit den Nachbarländern Polen und der Tschechoslowakei zu erreichen. Beide Staaten wünschten sich eine endgültige Anerkennung der Grenz* und Bevölkerungsverhältnisse, wie sie seit dem Ende des 2. Weltkrieges gestaltet worden waren. Eine feste Vereinbarung darüber sollte der Weg für die schnelle Eingliederung der DDR in den Block osteuropäischer kommunistischer Staaten ebnen. Am 06.06.1950 schlossen die DDR und Polen ein Abkommen über wirtschaftliche Zusammenarbeit ab und vereinbarten eine kulturelle Zusammenarbeit.

Ein Grenzabkommen vom 06.07.1950 besagte unter Bezugnahme auf das Potsdamer Abkommen, dass die Grenze entlang der Oder und Lausitzer Neiße die Staatsgrenze zwischen Deutschland und Polen bilde. Am 23.06 wurde weiterhin in einem Abkommen zwischen der DDR und der Tschechoslowakei festgestellt:[34] „Unsere beiden Staaten haben keine Gebiets* oder Grenzansprüche, und ihre Regierungen betonen ausdrücklich, daß die durchgeführte Umsiedelung der Deutschen aus der Tschechoslowakischen Republik unabänderlich, gerecht und endgültig ist.“

Da die Festlegung einer deutsch-polnischen Grenze jedoch nicht den Bestimmungen des Potsdamer Abkommens entsprach, wo eine solche Regelung bis zu einer Friedenskonferenz zurückgestellt worden war, und weil der DDR-Regierung nicht das Recht einer Vertretung der Bevölkerung in der SBZ, geschweige denn Deutschlands überhaupt zugestanden werden konnte, erklärte das Bundeskabinett der Bundesrepublik:[35] „Alle ihre Abreden und Vereinbarungen sind null und nichtig.“

Für die Verstärkung der Staatsmacht der DDR forderte die SED 1952 die Aufstellung nationaler Streitkräfte. Die Remilitarisierung in der DDR hatte jedoch schon eine längere Vorgeschichte. Bereits 1948 ordnete die Sowjetische Militärverwaltung die Schaffung kasernierter Volkspolizeiverbände an, die in den folgenden Jahren stark ausgebaut wurden.[36] Bis 1951 wuchs ihre Stärke auf etwa 65.000 Personen. Seit Anfang 1952 wurden sechs motorisierte Divisionen zusammengestellt. Daneben existierten bereits Seestreitkräfte der KVP. Die Einrichtung von Luftstreitkräften ließ nicht lange auf sich warten. Die dann folgende offene Aufrüstung wurde als Maßnahme gegen den „aggressiven amerikanischen und den revanchelüsternden westdeutschen Imperialismus“ bezeichnet.

Die neuen Streitkräfte gingen aus der kasernierten Volkspolizei hervor. Bis Ende 1952 wurden bereits zwei Armeekorps aufgestellt. Die Gesamtstärke der neuen Streitkräfte betrug damals ca. 110.000 Personen.

Während in der DDR zunächst noch nicht die allgemeine Wehrpflicht eingeführt wurde, leitete die Staatsführung die vor* und paramilitärische Ausbildung durch die Gründung der „Gesellschaft für Sport und Technik“ in die Wege. Eine diesbezügliche Regierungsverordnung vom 07.08.1952 führte aus:[37] „Von großer Bedeutung hierbei ist die Entwicklung des Segel* und Motorflugsportes, des Flugmodell* und Fallschirmsportes, des Motor* und Wasserfahrtsportes, des Schieß* und Geländesportes sowie des Amateurfunkens zum wahrhaften Massensport.“

Die Mitgliedschaft in der „Gesellschaft für Sport und Technik“ setzte sich von Anfang an aus Jugendlichen und Erwachsenen beiderlei Geschlechts zusammen und war formell freiwillig. Für den Beitritt warben jedoch die Freie Deutsche Jugend und andere kommunistische Massenorganisationen sowie die Staatsorgane mit Nachdruck.

2.3 Die Wiedervereinigungsfrage und der Notenwechsel von 1952

Bei der zunehmenden Konsolidierung der Bundesrepublik und ihrer Eibeziehung in die Gemeinschaft westeuropäischer Staaten einerseits und bei dem Ausbau des SED-Regimes in der DDR und deren Eingliederung in das Gefüge der verstärkten Zusammenarbeit der kommunistischen osteuropäischen Staaten andererseits wuchsen die Befürchtungen der deutschen Bevölkerung in Ost und West, dass eine Wiedervereinigung immer schwieriger würde.[38] Dabei war klar, dass dieses Problem nicht erst aus der Entstehung zweier deutscher Teilstaaten resultierte, denn das hatte sich ja gerade aus der Unmöglichkeit gesamtstaatlicher Reglungen ergeben.[39]

Nun aber schien die Trennung definitiven Charakter anzunehmen. Die Vorschläge beider Seiten für die Wiederherstellung der deutschen Einheit, die seit 1950 jahrelang ohne Ergebnis ausgearbeitet und vorgetragen wurden, offenbarten bald äußerst gegensätzliche Konzeptionen.

Am 28.02.1950 erklärte der amerikanische Hohe Kommissar, John J. Mc Cloy vor der Presse, dass „die politische Einigung Deutschlands auf der Grundlage freier gesamtdeutscher Wahlen ein Hauptziel der Politik der Vereinigten Staaten“ sei. Dabei müsse „die Freiheit in dem Recht bestehen, sich frei einer Parteitätigkeit zu widmen und frei für einen beliebigen Kandidaten zu stimmen.“ Die Bundesregierung begrüßte diese Erklärung. Die Außenminister der Großmächte hatten nach der letzten gemeinsamen Konferenz in Paris (23.5-20.6.1949)[40] betont, dass die Besatzungsbehörden die Bemühungen zur Wiederherstellung der wirtschaftlichen und politischen Einheit Deutschlands auf Viermächtebasis fortsetzen würden und dass die Auswirkungen der verwaltungsmäßigen Teilung abzuschwächen seien. Damit war gesagt, wo die Initiative in erster Linie zu liegen hatte. Die Besatzungsmächte sahen es als ihre Verpflichtung an, gesamtdeutsche Fragen wie die Wiedervereinigung und endgültige Friedensregelungen zu lösen. Das bedeutete nicht, dass sich nicht auch deutsche Stellen mit dieser Frage beschäftigen sollten und ihrerseits Vorschläge unterbreiten und Verhandlungen auf alliierter Basis mit Nachdruck verlangen konnten.

In diesem Sinne regte die Bundesregierung am 22.30.1950 die Besatzungsmächte an, ein Wahlgesetz zu erlassen und unter Kontrolle der Alliierten oder der Vereinten Nationen eine gesamtdeutsche Nationalversammlung frei wählen zu lassen, die die Aufgabe besaß, eine Verfassung auszuarbeiten. Der Verfassungsentwurf müsse dann von der deutschen Bevölkerung bestätigt werden. Voraussetzung für dieses Verfahren war allerdings, dass die persönliche und politische Bewegungsfreiheit garantiert sei.[41] Die westlichen Hohen Kommissare bezogen sich auf diesen Vorschlag, als sie am 26.05 den Oberkommandierenden in der sowjetischen Besatzungszone, General Tschuikow, zu Besprechungen über eine Wahlordnung aufforderten. Der gleiche Vorgang – Vorstellungen des Bundestages und der Bundesregierung und entsprechende Reaktionen der westlichen Besatzungsmächte – wiederholte sich noch einmal im Herbst 1950. Beide Initiativen wurden jedoch von sowjetischer Seite völlig ignoriert.

Das offensichtliche Desinteresse änderte sich jedoch gegen Ende des Jahres 1950. Am 30. November schlug Ministerpräsident Grotewohl in einem direkten Schreiben an die Bundesregierung vor, einen paritätisch besetzten Gesamtdeutschen Konstituierenden Rat zu bilden, der zugleich gesamtdeutsche Wahlen für eine Nationalversammlung vorbereiten, Beratungen zum Abschluss eines Friedensvertrages aufnehmen und Vorbereitungen für eine Regierungsbildung treffen könne. Der Brief enthielt einleitende Formulierungen, die sich gegen „die Remilitarisierung und Einbeziehung Westdeutschlands in die Pläne der Kriegsvorbereitungen“ richteten.[42]

Dagegen erklärte die Bundesregierung in einer Pressekonferenz am 15.01.1951, dass eine paritätische Besetzung des Konstituierenden Rates von vornherein ein Übereinkommen ausschlösse, dass stattdessen, wie bereits früher gefordert, eine frei gewählte Nationalversammlung die weiteren Schritte vornehmen müsse und dass zunächst die Voraussetzungen zu einer freien Wahl zu schaffen seien. Auch dieser Vorgang – ostzonale Initiative und Gegenvorstellungen der Bundesrepublik – wiederholte sich ähnlich noch einmal im September 1951. Jedoch stellte sich heraus, dass die Positionen beider Lager unvereinbar waren.

Bemerkenswert an dieser ersten Phase der Wiedervereinigungsgespräche war der späte Beschluss der DDR, ihrerseits Pläne vorzulegen, ohne auf die westlichen Initiativen einzugehen. Zeitpunkt und Formulierung des Grotewohl-Briefes gaben die Erklärung dafür: Unmittelbar vorher hatte die New Yorker Außenministerkonferenz der Westmächte stattgefunden, auf der die Beteiligung der Bundesregierung an der gemeinsamen Verteidigung Westeuropas als Gegenstand von Erörterungen bezeichnet worden war. (Kommuniqué vom 19.09.1950)[43] Ferner hatten die osteuropäischen kommunistischen Staaten mit Bezugnahme auf das New Yorker Kommuniqué am 21. Oktober auf der Prager Konferenz von den Westmächten gefordert, eine Remilitarisierung Westdeutschlands nicht zuzulassen. Partien des Grotewohl-Briefes entsprachen wörtlich den Prager-Beschlüssen, in denen auch schon ein Gesamtdeutscher Konstituierender Rat für die Bildung einer provisorischen gesamtdeutschen Regierung gefordert worden war. Zwischen der Aussicht auf einen westdeutschen Verteidigungsbeitrag und dem östlichen Vorschlag für gesamtdeutsche Beratungen bestand zweifellos ein enges, vermutlich kausales Verhältnis. Die Gemeinschaft der osteuropäischen Staaten versuchte, eine ihm unangenehme Entwicklung in Westdeutschland durch Zugeständnisse in der Wiedervereinigungsfrage aufzuhalten.[44]

Diese Zugeständnisse waren in ihrer Substanz sehr problematisch. Da sie sich im Grundsätzlichen von den westlichen Verfahrensvorschlägen unterschieden, sich nicht einmal auf diese bezogen, redeten die westlichen und östlichen Vertreter von vornherein aneinander vorbei. Der westliche Plan entsprach in der Reihenfolge der vorgesehenen Schritte dem anerkannten Verfahren bei der Bildung eines demokratischen Staates: freie Wahlen für eine Nationalversammlung – Ausarbeitung einer Verfassung * Parlamentswahlen – Regierungsbildung. Bei der Gründung der Bundesrepublik hatten zwar keine allgemeinen Wahlen für die Zusammensetzung des Parlamentarischen Rates stattgefunden, sondern nur Wahlen innerhalb der Länderparlamente, aber dem Zusammentritt des Bundestages waren freie Parlamentswahlen vorangegangen. Die Verfahrensvorschläge der osteuropäischen Staaten und Grotewohls enthielten keine eindeutige Feststellung, dass eine gesamtdeutsche Regierung erst das Endresultat einer Staatsgründung sein sollte, dass sie auf freien Wahlen basieren und damit repräsentativen Charakter haben würde. Vielmehr deuteten sie an, dass sich die SED-Regierung von vornherein wichtige Positionen sichern wollte, um ihre politischen Prinzipien auch in einem deutschen Gesamtstaat durchzusetzen.

Die Sowjetisierung osteuropäischer Staaten und die Vorgänge bei der Gründung der SED und der DDR hatten Methoden offenbart, die jetzt auch westdeutsche Politiker fürchteten. Kurt Schumacher erklärte am 09.03.1951 im Bundestag:[45] „Dieser Konstituierende Rat ist die nationale Methode zur Erkämpfung der kommunistischen Diktatur in Deutschland. Viel zuwenig wird in unserem Lande die zur gleichen Zeit angewandte internationale Methode beachtet. (…) Sie (die Sowjetunion, M.L.) erstreben die verstärkte politische Einwirkungsmöglichkeit auf die Gestaltung des deutschen Staatswesens. Diese undemokratische Zweckeinrichtung des Konstituierenden Rates soll eine ebenso undemokratische Zweckregierung schaffen. Die Aufgabe dieser sogenannten Regierung wäre, die Politik der vollendeten Tatsachen in kommunistischem Sinne durchzuführen.“

Der entscheidende Grund für das Aneinandervorbeireden von Ost und West war klar: eine Wiedervereinigung nach dem westlichen Konzept hätte das Ende der DDR-Regierung und damit das Scheitern einer seit Beginn der sowjetischen Besetzung durchgeführten Politik bedeutet; das östliche Konzept zielte auf eine Erhaltung und Ausweitung der kommunistischen Position im Mitteleuropa und auf eine Störung bzw. eine Verhinderung der westlichen Integrationspolitik.[46] Diese gegensätzlichen Konzeptionen versteckten sich hinter den Differenzen über die Reihenfolge im Wiedervereinigungsverfahren.

Aufschlussreich waren auch die Gegensätze über die anzustrebende Verhandlungsebene. Alle Vorschläge der Bundesrepublik waren an die Besatzungsmächte gerichtet, die der Politiker der DDR dagegen direkt an die Bundesrepublik unter der Parole „Deutsche an einen Tisch“.[47] Ein direktes Eingehen Westdeutschlands auf die östlichen Vorschläge hätte zugleich die Anerkennung der SED-Politiker als verhandlungsberechtigte Repräsentanten der deutschen Bevölkerung in der DDR bedeutet. Um diese Anerkennung ging es offensichtlich dem SED-Regime. Vom Osten wurde die Forderung, dass Deutsche gemeinsam über ihr Schicksal entscheiden müssten, und nicht erst zweitrangig die Besatzungsmächte, geschickt als Propagandamittel missbraucht.

Meinungsverschiedenheiten über eine supranationale Integration, über die Reihenfolge im Verfahren und über die Verhandlungsebene sollten auf Jahre hinaus Kernprobleme vieler Pläne und Gespräche über die deutsche Einheit werden.[48]

Ein neues Moment ergab sich im Herbst 1951, als sich die Regierungen der Westmächte aufgrund wiederholter Anstrengungen der Bundesrepublik entschlossen, die Durchführung freier gesamtdeutscher Wahlen durch eine unparteiische internationale Kommission der Vereinten Nationen in der Bundesrepublik, Berlin und der DDR prüfen zu lassen. Ihr Antrag an den UN-Generalsekretär führte zu einer Entschließung der Vollversammlung vom 20. Dezember 1951, durch die ein Ausschuss aus Vertretern Brasiliens, Islands, der Niederlande, Pakistans und Polens eingesetzt wurde, der die in Deutschland geltenden Verfassungsbestimmungen und ihre Anwendung, die Freiheit der politischen Parteien und die Organisation und Tätigkeit der richterlichen, polizeilichen und anderer Verwaltungsorgane untersuchen sollte.

Die Entscheidung war gegen die Stimmen der Sowjetunion, der Ukraine, Weissrusslands, der Tschechoslowakei, Polens und Israels bei acht Enthaltungen angenommen worden. Die Regierung der DDR bezeichnet den UN-Beschluss als „Einmischung in die inneren Angelegenheiten des deutschen Volkes“ und verneinte seine Rechtsgültigkeit.[49]

Der UN* Ausschuss vermindert um den Vertreter Polens, der eine Beteiligung an den Untersuchungen abgelehnt hatte, erstattete am 30.04.1952 einen zusammenfassenden Bericht, der das Scheitern seiner Mission feststellte:[50] „Während der Ausschuß seine vorbereitenden Aufgaben in der Bundesrepublik Deutschland und in den Westsektoren von Berlin erfüllen konnte, war er bisher nicht imstande, mit den Behörden in der Sowjetzone von Deutschland und im Ostsektor von Berlin auch nur schriftlich in Verbindung zu kommen.“ Vier Schreiben an die sowjetische Kontrollkommission mit der Bitte um Zusammenkünfte mit den zuständigen Behörden waren unbeantwortet geblieben.

Während die Tätigkeit des UN-Ausschusses durch die negative Haltung der Sowjetunion und der DDR-Regierung boykottiert wurde, waren die Wiedervereinigungsgespräche bereits in eine neue Phase eingetreten, die sich in einem viermaligen Notenwechsel zwischen der sowjetischen Regierung einerseits und den Regierungen Großbritanniens, Frankreich und den USA andererseits vom 10.03-23.09.1952 hinzog. Diese Noten hoben sich insofern von früheren Gesprächen über die deutsche Frage ab, als sie mit Zugeständnissen der Sowjetunion eingeleitet wurden, die neue Hoffnungen weckten, die bis dahin – entsprechend der allgemeinen Überzeugung – keine positiven Ansatzpunkte in östlichen Vorschlägen hatte erkennen lassen können.[51]

Am 10. März schlug die Sowjetunion den Regierungen der drei Westmächte vor, „unverzüglich die Frage eines Friedensvertrages mit Deutschland zu erwägen.“

Der erste entscheidende Passus der Note lautete:[52] „Es versteht sich, daß ein solcher Friedensvertrag unter unmittelbarer Beteiligung Deutschlands, vertreten durch eine gesamtdeutsche Regierung, ausgearbeitet werden muß. Hieraus folgt, daß die UdSSR, die USA, Großbritannien und Frankreich, die in Deutschland Kontrollfunktionen ausüben, auch die Frage der Bedingungen prüfen müssen, die die schleunigste Bildung einer gesamtdeutschen, den Willen des deutschen Volkes ausdrückende Regierung fördern.“

Dann folgt ein „Entwurf für einen Friedensvertrag mit Deutschland“, in dem es einleitend hieß: „Ein Friedensvertrag mit Deutschland soll gewährleisten, daß ein Wiederaufleben des deutschen Militarismus und einer deutschen Aggression unmöglich gemacht wird. In den „politischen Leitsätzen“ wurde gefordert:[53]# Wiedervereinigung Deutschlands, dem es möglich gemacht werden sollte, „sich als unabhängiger, demokratischer, friedliebender Staat zu entwickeln“;

  1. Abzug der Besatzungstruppen und Aufhebung ausländischer Militärstützpunkte;
  2. Gewährleistung demokratischer Rechte, damit alle Deutschen „die Menschenrechte und die Grundfreiheiten genießen, einschließlich der Redefreiheit, der Pressefreiheit, des Rechts der freien Religionsausübung, der Freiheit der politischen Überzeugung und der Versammlungsfreiheit“;
  3. Gewährleistung der freien Betätigung demokratischer Parteien und Organisationen;
  4. Verbot von Organisationen, die „der Demokratie und der Sache der Erhaltung des Friedens feindlich sind“;
  5. gleiche bürgerliche und politische Rechte für ehemalige Soldaten und Nationalsozialisten, ausgenommen der gerichtlich Verurteilten;
  6. Verpflichtung, „keinerlei Koalitionen oder Militärbündnisse einzugehen, die sich gegen irgendeinen Staat richten, der mit seinen Streitkräften am Kriege gegen Deutschland teilgenommen hat“.

Für die territoriale Abgrenzung Deutschlands sollte die in Potsdam festgelegte Oder-Neiße-Linie gelten. Ferner sollten keine wirtschaftlichen Beschränkungen auferlegt, eigene nationale Streitkräfte zur Verteidigung gestattet sein und die Produktion des dafür erforderlichen Rüstungsmaterials erlaubt werden. Ein deutsches Ersuchen um Aufnahme in die Vereinten Nationen wäre schließlich zu unterstützen.

In der Antwortnote der Westmächte vom 25. März wurde auf die Notwendigkeit freier Wahlen in allen Teilen Deutschlands hingewiesen, wovon in der ersten sowjetischen Note nichts von erwähnt war.[54] Außerdem wünschten die Westmächte eine Unterstützung der UN-Kommission in der DDR und in Ostberlin, um die Voraussetzungen für Wahlen prüfen zu lassen. Eine auferlegte Bündnisfreiheit für ein vereinigtes Deutschland, die Errichtung einer nationalen Armee und die „sowjetische Interpretation der Potsdamer Grenzziehung“ wurden abgelehnt.

Der zweite Notenwechsel (9.April/13.Mai)[55] ging insofern über den ersten hinaus, als sich die Sowjetunion jetzt ausdrücklich auch mit der Abhaltung freier Wahlen einverstanden erklärte. Indessen sei eine UN-Kommission nicht akzeptabel, weil sie nach sowjetischer Interpretation im Widerspruch zu Artikel 107 der UN-Charta stünde. Stattdessen solle aber eine Viermächtekommission gebildet werden. Die Westmächte lehnten das letztere ab, da dadurch eine unparteiische Prüfung nicht gewährleistet sei, erklärten sich aber bereit, auch über die Bildung einer anderen unabhängigen Prüfungskommission zu verhandeln. Außerdem forderten sie Handlungsfreiheit für eine aus freien Wahlen gebildete deutsche Regierung vor dem Abschluss eines Friedensvertrages. In der Koalitions* und Integrationsfrage blieben die Meinungsverschiedenheiten unverändert.

Der dritte und vierte Notenwechsel (25.Mai/10.Juli und 23.August/23.September)[56] brachten keine wesentlich neuen Gesichtspunkte. Die Sowjetunion warf den Westmächten vor, den Notenaustausch zu verschleppen, und forderte unverzügliche Beratungen über einen Friedensvertrag, die Bildung einer gesamtdeutschen Regierung und über freie Wahlen. Die Westmächte erklärten sich einverstanden, eine Konferenz abzuhalten, auf der aber zunächst über eine unabhängige Prüfungskommission und ein Programm zur Regierungsbildung gesprochen werden müsste. Sie wiesen daraufhin, dass die Sowjetunion ursprünglich in der ersten Note die Regierungsbildung als Voraussetzung für Friedensverhandlungen angesehen hatte, jetzt aber dieser Punkt an nachgeordneter Stelle stehe.

Ein sowjetischer Vorschlag, die Voraussetzung für freie Wahlen durch deutsche Vertreter, zum Beispiel aus der Volkskammer und dem Bundestag, prüfen zu lassen, wurde abgelehnt. Im Grunde waren beide Seiten am Ende des Notenwechsels wieder dort angelangt, wo sie schon 1951 gestanden hatten. Dabei spielte eine Rolle, dass in West und Ost inzwischen Tatsachen geschaffen waren, die die Wiedervereinigung noch erschwert hatten: die Unterzeichnung des Deutschland* und des EVG-Vertrages (26./27.Mai) einerseits und die Errichtung der Sperrzonen entlang der Zonengrenze (26. Mai) andererseits.[57]

Die Bedeutung der durch die erste sowjetische Note eingeleiteten neuen Phase des Wiedervereinigungsgespräches lag in einer veränderten Konzeption der osteuropäischen kommunistischen Länder. Das Angebot von freien und gesamtdeutschen Wahlen als Voraussetzung für eine Lösung des Deutschlandproblems, verbunden mit der Forderung nach Bündnisfreiheit des neu zu schaffenden Staates, also nach Neutralisierung, war der Kern des sowjetischen Vorstoßes. Damit ergaben sich neue Aspekte in der internationalen Politik. Der Grund für das östliche Angebot lag in der wachsenden Stärke des Westens, die sich auf einer NATO-Konferenz Ende Februar 1952 erneut manifestiert hatte. Die bevorstehende Eingliederung der Bundesrepublik in das militärische Bündnissystem des Westens veranlasste den Versuch der Sowjetunion, durch neue Vorschläge eine für sie unerwünschte Entwicklung aufzuhalten. Um die tieferen Beweggründe der Note vom 10.03.1952, die historische Bedeutung des Notenaustausches und die Chancen, die darin enthalten waren, zu verstehen, ist eine Analyse der Situation im kommunistischen Lager unabdingbar.

Die weltpolitischen Auswirkungen der Berliner Blockade und die Koreakrise gaben Stalin und Molotov Anlass, die Methoden der sowjetischen Politik zu überprüfen. In beiden Fällen hatten die Westmächte nicht nur den territorialen Status quo ante behauptet, sondern auch ihr Machtpotential gestärkt. Auf der Suche nach den schwächsten Stellen im westlichen System boten sich vor allem die beiden Länder an, deren Wiederaufbau von der USA gegen vielerlei innere und äußere Widerstände forciert worden war: Deutschland und Japan.[58]

Als nun nach der erfolgreichen NATO-Konferenz in Lissabon im Februar 1952 der Abschluss der Verhandlungen über die neue EVG in Sicht kam, legte die Sowjetunion in der Note vom 10.03.1952 neue Vorschläge zu einem Friedensvertrag vor.[59] Dieser Vorstoß sollte den Eindruck erwecken, die Sowjetunion sei nun bereit, die Wiedervereinigung Deutschlands zuzulassen und Gesamtdeutschland die Freiheit zu einer unabhängigen Politik zu lassen, falls es auf das militärische Bündnis mit den USA verzichtet. Die Note vom 10.03.1952 muss im Zusammenhang mit den gleichzeitig der UNO vorgelegten sowjetischen Abrüstungsvorschlägen vom 19.03.1952 gesehen werden.[60]

Dann zeigt sich, dass der von der Sowjetunion geforderte Abzug der westlichen Streitkräfte, die Liquidierung aller westlichen Stützpunkte, die Anerkennung der Oder-Neiße-Linie und das Verbot von Koalitionen und Militärbündnissen der Sowjetunion wichtige Vorteile boten, die den Rückzug der sowjetischen Truppen hinter die polnische Grenze und den Verzicht auf die inzwischen ohnehin erfüllten Reparationsforderungen rechtfertigen konnten. In den Abrüstungsvorschlägen wurde nämlich gleichzeitig das Verbot von Atomwaffen und die proportionale Herabsetzung der konventionellen Streitkräfte um ein Drittel in Laufe eines Jahres gefordert. Dies hätte der Sowjetunion ein eindeutiges Übergewicht der Rüstungen gesichert.[61]

Die für die Beurteilung der Note entscheidende Frage ist, welche Ziele Stalin damit verfolgte. Er rechnete wohl damit, dass das atlantische Bündnissystem durch eine Ausklammerung Deutschlands und den Rückzug der amerikanischen Truppen entscheidend geschwächt werden würde. Eine solche Entwicklung könne laut der Einschätzung der Sowjetunion einen innenpolitischen Neubeginn in der Bundesrepublik auslösen, da sich die außenpolitischen Voraussetzungen der bisherigen Politik radikal geändert hätten und den kommunistischen Organisationen innenpolitische Schlüsselpositionen zugänglich würden.

Das in den Konzeptionen von Jalta und Potsdam enthaltene Ziel der Zwangneutralisierung Deutschlands[62] – im Gegensatz etwa zu der freiwilligen Neutralitätspolitik der Schweiz oder Schwedens – wurde weiterverfolgt. Deutschland hatte nach den sowjetischen Vorschlägen auch politisch keine wirklich selbständige Rolle in Europa zu erwarten. Die sowjetische Note vom 10.03.1952 nährte geschickt die Illusion, eine unabhängige deutsche Politik würde leichter als eine durch Bündnisse an den Westen gefesselte in der Lage sein, zwischen Ost und West zu vermitteln. So lange aber das Rhein-Ruhr-Gebiet als das potentiell stärkste Produktionszentrum und Rüstungsarsenal des europäischen Kontinents bestehen blieb, war den Deutschen der Weg in diese zweifelhafte Idylle verschlossen.

Der westdeutsche Staat, der gerade erst dem Stadium des Provisoriums entwuchs, konnte sich nicht anmaßen, die isolierte Lösung von Problemen zu erzwingen, die untrennbar mit der weltpolitischen Gesamtsituation zusammenhingen.[63]

2.4 Die Europäische Verteidigungsgemeinschaft

Die Europäische Verteidigungsgemeinschaft (EVG) stellte den Versuch dar, im Zeichen des Kalten Krieges eine effektive kontinentale Verteidigungsmacht der späteren EWG-Staaten Frankreich, Italien, Belgien, Niederlande, Luxemburg und der BRD zu schaffen, die Risiken einer so genannten Wiederbewaffnung der Bundesrepublik durch eine supranationale Organisation aufzufangen und durch diese zugleich die europäische Einigung zu fördern.[64] Wichtige Impulse verdankte die EVG einem Vorschlag Winston Churchills vom 11.08.1950 zur Bildung einer „Europa-Armee“ und dem Plan des französischen Ministerpräsidenten René Pleven vom Oktober 1950. Die durch den Vertrag vom 27.5.1952 in Paris[65] abgeschlossenen Verhandlungen der sechs Staaten sahen die Verschmelzung der nationalen Streitkräfte unter einem gemeinsamen Oberbefehl vor. Die Grundeinheiten bis zur Division sollten national, die höheren Einheiten, die Kommandobehörden und die Logistik supranational organisiert sein. Status, Ausrüstung, Ausbildung und Dienstzeit der Soldaten der EVG sollten gleich sein. Das um je drei Vertreter Frankreichs, Italiens und der Bundesrepublik verstärkte Parlament der Montanunion sollte die Versammlung der EVG bilden, die Leitung war einem Ausschuss von neun Mitgliedern und einem Ministerrat zugedacht.[66] Der EVG-Vertrag wurde von den Parlamenten der Beneluxstaaten, Italiens und der Bundesrepublik gebilligt, scheiterte jedoch in der Pariser Nationalversammlung am 30.08.1954 an den französischen Bedenken gegen einen Souveränitätsverzicht.[67] Auch in der Bundesrepublik war die so genannte Wiederbewaffnung Gegenstand harter innenpolitischer Auseinandersetzungen.[68]

Während die militärpolitischen Konsequenzen des Fehlschlags der EVG durch die Aufnahme der Bundesrepublik in die Westeuropäische Union und die NATO aufgefangen wurden, konnten die Folgen für die Bemühungen um eine supranationale Einigung Europas nicht überwunden werden.[69]

2.5 Die Merker-Affäre

Den Kristallisationspunkt für das Aufkommen antisemitischer Töne und die daraus resultierende Merker-Affäre bildete der im September 1949 begonnene Prozess gegen den Oppositionellen L. Rajk [70] in Ungarn, wo Noel Field, der von Ende 1940 bis 1945 Leiter des Unitarian Service Committee (USC) war, beschuldigt wurde, mehrere in den Westen emigrierte Kommunisten für den amerikanischen Spionagedienst angeworben zu haben.[71] Noel Field und seine Frau Herta leiteten zwischen 1940-1942 von Marseille und zwischen 1942-1945 von Genf aus das Büro der USC, einer humanitären Organisation, die viele Emigranten mit Geld, Medikamenten, Pässen usw. unterstützte. Der Rajk-Prozess wurde laut Offenberg vom sowjetischen Geheimdienst inszeniert und sollte den osteuropäischen kommunistischen Parteiführungen und Sicherheitsdiensten als Lehrbeispiel für innerparteiliche Säuberungen durch Schauprozesse dienen. Als Feindbild wurde die Gefahr der „imperialistischen und titoistischen Unterwanderung“ der osteuropäischen kommunistischen Parteien konstruiert. [72] Am 27.08.1950 wurde Paul Merker aus der SED ausgeschlossen. 1946 kehrte Merker aus seinem Exil in Mexiko nach Deutschland zurück, wo er Mitglied des Parteivorstandes, des Zentralsekretariats und des Politbüros der SED, Abgeordneter des Brandenburger Landtages, seit 1948 Mitglied des Volksrates und der (provisorischen) Volkskammer und 1949-1950 Staatssekretär im DDR-Landwirtschaftsministerium war. Als Begründung wurden ein mangelndes Vertrauen zur Sowjetunion und die Zusammenarbeit mit „amerikanischen Imperialisten“ angeführt. Seine persönlichen Kontakte zu Noel Field machten ihn schließlich aus der Sicht der SED zu einem Agenten der USA. [73] Ausgangspunkt aller Differenzen und Verleumdungen gegen Paul Merker war ein Beitrag, den Merker gleich nach seiner Ankunft in Mexiko im Oktober 1942 unter dem Titel „Hitlers Antisemitismus und wir“ veröffentlicht hatte. [74] Erstmals wurden in diesem Beitrag eines wichtigen kommunistischen Funktionärs die Rassentheorien und ihr Antisemitismus der Nationalsozialisten nicht als bloßes Nebenprodukt abgetan, wie es in der sowjetischen Ideologie ständig geschah, sondern ins Zentrum der Analyse gestellt. Die sich aus bruchstückhaften Nachrichten verdichtende Gewissheit eines systematischen Massenmordes an den Juden Europas veranlasste Merker den Emigranten und Überlebenden für die Zeit nach dem Krieg Unterstützung zu gewähren. Diese Unterstützung bestand in der Wiederherstellung der Staatsangehörigkeit, die Finanzierung ihrer Rückkehr durch den deutschen Staat oder die Unterstützung ihrer Übersiedlung in ein anderes Land, falls sie nicht nach Deutschland zurückkehren wollten. Dabei ging es Merker schon um Palästina; er trat dafür ein, die Juden in der ganzen Welt als eine Nation anzusehen, die das Recht hat, sich einen eigenen Staat zu schaffen. Außerdem sprach er sich für eine Wiedergutmachung der zugefügten wirtschaftlichen Schäden aus, unabhängig davon, ob sie nach Deutschland zurückkehrten oder nicht.

Als Merker nach Ende des 2. Weltkrieges in die SBZ zurückkehrte, traf er bereits auf einen abgeschlossenen Block der Rückkehrer aus Moskau, die schon ihre Machtpositionen innehatten und in ihm einen Rivalen witterten. Die Rückkehr ins ZK und Politbüro war ihm aber nicht zu verwehren. Die ersten Differenzen begannen, als Merker sich mehrfach mit Beiträgen zugunsten einer Politik der gezielten Rückgewinnung jüdischer Emigranten für den Neuaufbau und einer partnerschaftlichen Einstellung zum entstehenden Staat Israel aussprach. [75]

Während die öffentlichen Verhandlungen im Rajk-Prozess noch liefen, wurde der zweite Schauprozess bereits vorbereitet. Dabei verlagerte sich der Schwerpunkt der Anschuldigungen vom Titoismus bzw. Imperialismus auf den Zionismus.

Im Frühjahr 1951 befahl der sowjetische Geheimdienstleiter Lawrenti Berija, die Vorwürfe gegen leitende Funktionäre der KPTsch durch die „jüdisch-zionistische Stoßrichtung“ zu ergänzen und auch auf Spitzenfunktionäre auszuweiten. [76] Der Generalsekretär der Partei, Rudolf Slánský, wurde am 08.09.1951 entlassen und erhielt den Posten eines stellvertretenden Ministerpräsidenten. [77] Slánský, wurde nun zum Anführer einer „titoischtisch-trotzkistisch-zionistischen“ Verschwörung gegen Partei und Regierung gemacht. Kurz nach Slánskýs Verhaftung im November 1951 wurden zahlreiche jüdische Partei* und Staatsfunktionäre sowie vier israelische Diplomaten und Geschäftsleute festgenommen. Nachdem die Angeklagten im Vorfeld schon „Geständnisse“ abgelegt hatten, fand der große Schauprozess vom 20-27.11.1952 in Prag statt. Die Motivation für die Anklage gegen Slánský dürfte einerseits darin zu sehen sein, dass sich sein Konkurrent innerhalb der kommunistischen Partei, Gottwald, eines Rivalen entledigen wollte, andererseits spielten auch antisemitische Motive eine wichtige Rolle, da Slánský jüdischer Abstammung war. In der Anklageschrift wurde extra hervorgehoben, dass 11 der 14 Angeklagten Juden seien. Diesem Hauptprozess folgten zahlreiche Nebenprozesse. Die Beschuldigten wurden verdächtigt, über Noel Field, die jüdische Hilfsorganisation JOINT und Israel in Verbindung zum amerikanischen Geheimdienst gestanden zu haben. Aus ihrer jüdischen Herkunft wurde ein „kleinbürgerlicher Charakter und ein Hang zu bürgerlichem Nationalismus, Zionismus, Kosmopolitismus und Trotzkismus“ abgeleitet. [78] Die nichtjüdischen Angeklagten wurden als „Lakaien des Zionismus“ betrachtet. Das Urteil lautete für die 14 Beschuldigten elfmal auf Todesstrafe und dreimal auf lebenslängliches Zuchthaus. Am 8. September 1963 wurde Slánský juristisch rehabilitiert (ebenso auch Mordechai Oren, ein Mitglied der israelischen Mapam, der nach Abbüßung von drei Jahren einer zehnjährigen Gefängnisstrafe begnadigt und nach Israel repatriiert worden war), 1968 auch durch die Partei. [79]

Zu den Verhandlungen des Slánský-Prozesses, die vor einer sorgsam ausgewählten „Öffentlichkeit“ stattfanden, entsandte das SED-Organ „Neues Deutschland“ einen Sonderkorrespondenten nach Prag.

Am 25.11.1952 befasste sich das Politbüro der SED erstmals mit dem Slánský-Prozess und beauftragte den Staatssicherheitsdienst, die Untersuchungen darüber durchzuführen. Am 03.12.1952 wurde Paul Merker verhaftet. Die von Walter Ulbricht, Hermann Matern und Hans Jendretzky ausgearbeiteten „Lehren aus dem Prozeß gegen das Verschwörerzentrum Slánský“ wurden am 20.12.1952 vom Politbüro genehmigt und in überarbeiteter Fassung am 04.01.1953 in dem SED-Organ „Neues Deutschland“ veröffentlicht. Dieser Text besaß dieselben antisemitischen Stereotype wie beim Slánský-Prozess. Als Feindbild diente die „jüdische Rasse“, die durch ein Zerrbild des Zionismus ersetzt wurde. Sogar das schematische Bild vom „zersetzenden Charakter des Judentums“ wurde verwendet. Die zionistische Bewegung handle entgegen den „Zielen der Humanität und wahrhafter Menschlichkeit“, sie sei vom „USA-Imperialismus beherrscht, gelenkt und befehligt und diene ausschließlich seinen Interessen und den Interessen der jüdischen Kapitalisten“.[80] Bei den „zionistisch-imperialistischen Slánský-Banditen, die in der Deutschen Demokratischen Republik schon lange eine systematische Hetze und Wühlarbeit“ leisteten, handele es sich um „Todfeinde des deutschen Volkes“. [81] Zugleich wurde vor dem Zionismus als Vorposten der imperialistischen USA gewarnt:[82] „Unter jüdisch-nationalistischer Flagge segelnd, getarnt als zionistische Organisation und als Diplomaten der amerikanischen Vasallenregierung Israels, verrichteten diese amerikanischen Agenten ihr Handwerk. Aus dem Prager Prozeß enthüllten ‚Morgenthau-Acheson-Plan’ geht eindeutig hervor, daß der amerikanische Imperialismus über den Staat Israel seine Spionage* und Diversantentätigkeit mit Hilfe zionistischer Organisationen in den volksdemokratischen Ländern organisiert und durchführt.“ Nun spitzte sich der Text zu und Paul Merker wurde namentlich erwähnt: [83] „Nach seiner Rückkehr nach Deutschland setzte Merker seine Dienste für die zionistische Agentur fort; zusammen mit Zuckermann forderte er alle Genossen jüdischer Abstammung auf, in die jüdische Gemeinde einzutreten, angeblich, damit sie in den Genuß von Care-Paketen der amerikanischen Agenten-Zentrale Joint kommen sollten, in Wirklichkeit, damit sie auf diese Weise dieser imperialistischen Agentur verpflichtet würden.“

Wiedergutmachungsforderungen wurden in dem Text als „Verschiebung von deutschem Volksvermögen“ bezeichnet. [84] Diese völkische Argumentation spitze sich in der folgenden These zu, wo der von den Nationalsozialisten durchgeführte Raub von Privat* und Gemeindeeigentum als wenig bedauerliche Enteignung von jüdischem Vermögen dargestellt wurde: „Merker fälschte die aus den deutschen und ausländischen Arbeitern herausgepressten Maximalprofite der Monopolkapitalisten in angebliches Eigentum des jüdischen Volkes um. In Wirklichkeit sind bei der ‚Arisierung’ dieses Kapitals nur die Profite ‚jüdischer’ Monopolkapitalisten in die Hände ‚arischer’ Monopolkapitalisten übergewechselt.“ [85]

In einem Geheimprozess wurde Merker am 29/30.03.1955 zu acht Jahren Gefängnis verurteilt. Mit seiner Aburteilung konnten sich Ulbricht und seine Anhänger als bedingungslose Unterstützer Stalinscher Politik ausgeben. Aus den Unterlagen sowohl der Staatsicherheit als auch der ZPKK geht hervor, dass die Anschuldigungen lange nach dem Tode Stalins noch starke antisemitische Komponenten enthielten. [86] Aus dem Abschlussbericht der Justizkommission des SED-ZK vom 11.08.1954 geht hervor, Merker umgebe „sich mit einem Kreis Agenten imperialistischer Geheimdienste und zweifelhafter Elemente sowie jüdischer Kapitalisten, die ihn wegen seiner parteifeindlichen und zionistischen Haltung verehrten.“ [87]

Auch gegen andere führende Funktionäre richtete sich derselbe Verdacht wie gegen Merker. Franz Dahlem wurde ab März 1953 des „Defätismus“, des „Kapitulantentums“ und der Zusammenarbeit mit dem französischen und amerikanischen Geheimdienst beschuldigt, er rückte neben Merker zum Hauptschuldigen auf. Alexander Abusch verlor ebenfalls wegen seiner journalistischen Tätigkeit während seines Exils in Mexiko sein Parteiamt, gegen ihn wurde ein Schauprozess vorbereitet. Auch Gerhart Eisler und Erich Jungmann mussten ihre Partei* und Staatsämter ruhen lassen, sie wurden aber nicht verhaftet. Weitere Opfer waren das Ehepaar Baender, jüdischer Herkunft und aus dem lateinamerikanischen Exil in die SBZ zurückgekehrt, die Juden Leo Bauer und Bruno Goldhammer und Erica Wallach, die wegen Kontakten zu Noel Field zunächst zum Tode verurteilt und dann zu langen Jahren Zwangsarbeit in Sibirien schuldig gesprochen wurde. [88]

Nachdem der neu entstandene Staat Israel mit dem Westen Bündnisse abgeschlossen hatte, löste die sowjetische Regierung 1948 das Jüdische Antifaschistische Komitee auf und setzte eine antisemitische Kampagne gegen „wurzellose Kosmopoliten“ in Gang. [89]

In einer Sitzung des Politbüros am 01.12.1952 erklärte Stalin:[90] „Jeder jüdische Nationalist ist ein Agent des amerikanischen Geheimdienstes. Die jüdischen Nationalisten glauben, ihre Nation sei von den USA gerettet worden. Sie glauben, den Amerikanern gegenüber eine Schuld zu tragen. Unter den Ärzten gibt es viele jüdische Nationalisten.“

Am 13.1.1953 wurden einige der angesehensten und bekanntesten Ärzte – darunter der Direktor des Staatlichen Jüdischen Theaters, Solomon Michoels sowie der ehemalige Oberster Chirurg der Roten Armee, Dr. Boris Schimeljowitsch – beschuldigt, an einer Verschwörung beteiligt gewesen zu sein, die sich zum Ziel gesetzt habe, die oberste sowjetische Politik* und Militärführung zu vergiften. Die Prawda, das Zentralorgan der KPdSU, berichtete von den Anschuldigungen mit der Schlagzeile „Bösartige Spione und Mörder unter der Maske Akademischer Ärzte“:[91] „Die Mehrheit dieser Terroristengruppe (…) wurden von amerikanischen Geheimdiensten gekauft. Sie wurden von einer Zweigstelle der Amerikanischen Geheimdienste, einer internationalen jüdischen bourgeois-nationalistischen Organisation namens American Jewish Joint Distribution Committee (Joint) angeworben. Das schmutzige Gesicht dieser zionistischen Spionageorganisation, die ihre bösartigen Handlungen hinter der Maske der Wohltätigkeit versteckte, ist nun vollständig zum Vorschein gekommen. Die Demaskierung einer Bande von Gift verabreichenden Ärzten stellt einen schweren Schlag gegen die internationale jüdisch-zionistische Organisation dar.“

Anfänglich erfolgten 37 Verhaftungen, die schon bald in die Hunderte wuchsen. Sowjetische Juden wurden reihenweise entlassen, verhaftet, in Lager geschickt und hingerichtet. Dies wurde von Schauprozessen und antisemitischer Propaganda in den sowjetischen Massenmedien begleitet. [92]

Am 09.02.1953 ereignete sich auf dem Gelände der sowjetischen Botschaft in Israel eine Explosion und am 11.02 brach die UdSSR ihre diplomatischen Beziehungen mit dem jüdischen Staat ab. Am 12.02. wurde Maria Weizmann, Ärztin in Moskau und Schwester des ersten israelischen Präsidenten Chaim Weizmann verhaftet, was die Spannungen zwischen beiden Ländern noch verschärfte. [93]

Außerhalb von Moskau gab es ähnliche Anschuldigungen. In der Ukraine wurde eine angeblich vom jüdischen Arzt Viktor Kogan-Jasnij angeführte Ärzteverschwörung aufgedeckt und 36 Personen verhaftet.

Kurz nach dem Tod Stalins am 05.03.1953 gab die neue Führung zu, dass die Vorwürfe von Stalin und seinen Getreuen erfunden worden waren. Der Fall wurde am 31.03. vom Leiter des NKWD und Innenminister Beria niedergeschlagen. Am 03.04 sprach das Präsidium der KPdSU die Verhafteten offiziell frei. Dem obersten Untersuchungsbeamten des NKWD, Michail Rjumin, wurde vorgeworfen, für die Erfindung der Verschwörung verantwortlich zu sein, er wurde verhaftet und hingerichtet.

Als am 14.01.1953 Meldungen über die Verhaftung jüdischer Ärzte in Moskau veröffentlicht wurden, riefen tief besorgt über diese Entwicklung am 14. und 15.01. 1953 der amerikanische Rabbiner Peter Levinson und Heinz Galinski die Juden in der DDR auf, in den Westen zu fliehen. Mehr als 500 Personen, meist Mitglieder der jüdischen Gemeinden, verließen die DDR. Unter ihnen befanden sich der Volkskammerabgeordnete sowie erster Präsident der Jüdischen Gemeinde in der DDR, Julius Meyer, der Vorsteher der jüdischen Gemeinde in Leipzig, Helmut Lohser, der Vorsteher der jüdischen Gemeinde Dresden, Leon Löwenkopf sowie der Vorsteher der jüdischen Gemeinde Erfurt, Günter Singer. Aber auch nicht in der Gemeinde tätige Personen jüdischer Herkunft wie Leo Zuckermann, Staatssekretär in der Präsidialkanzlei Wilhelm Piecks, flüchteten aus der DDR.

Nach dem Tod Stalins am 05.03.1953 und die am 04.04. darauf folgende in der „Prawda“ veröffentlichte Rehabilitierung der in Moskau angeklagten Ärzte entspannte sich die Lage.

Paul Merker wurde im Jahre 1956 aus dem Gefängnis entlassen, juristisch, aber nicht politisch rehabilitiert. Seit 1957 arbeitete er als Lektor im Verlag „Volk und Welt“. Im Jahre 1969 wurde Merker posthum mit dem „Vaterländischen Verdienstorden“ ausgezeichnet und an der Gedenkstätte der Sozialisten auf dem Berliner Zentralfriedhof Friedrichsfelde beigesetzt.

Der Schauprozess gegen Abusch kam nicht zustande. Nachdem er sich offiziell von Merker distanziert hatte, kehrte er in die Politik zurück und bekleidete von 1958-1961 das Amt des Kultusministers der DDR. Franz Dahlem wurde voll rehabilitiert und wieder in das ZK, nicht aber in das Politbüro aufgenommen. Die zur Zwangsarbeit nach Sibirien verbannten Personen wurden 1955 nach Moskau und 1956 in die DDR zurückgeholt; Erica Wallach und Leo Bauer flüchteten von dort in den Westen. [94]

Der SED war es damit gelungen, die vermeintlichen Dissidenten aus dem Weg zu räumen.[95] Die in hoher Zahl jüdischen Parteimitglieder waren ihrer Funktionen enthoben oder aus der Nomenklatura gestrichen, ihre Posten standen jetzt opportunistischen Genossen offen. Die in ihren Ämtern verbliebenen jüdischen Politiker waren eingeschüchtert, sie sollten in Zukunft jeden Zweifel an ihrer Zuverlässigkeit durch übertriebene Treue zur SED-Regierung beweisen.

Die Ereignisse der Jahre 1952/53 bildeten die Spitze antisemitischer und antizionistischer Stimmungen und Vorkommnisse in der Geschichte der DDR. [96]

Genauso wie in den anderen kommunistischen Staaten Osteuropas bediente sich die politische Führung des Antisemitismus, um eigene Machtpositionen zu festigen und kritische Personen zum Schweigen zu bringen, Dabei handelte es sich nicht um einen rassistisch begründeten Antisemitismus wie z.B. bei den Nationalsozialisten, sondern um einen strategisch-politischen Antisemitismus. Erschreckend ist, dass nur wenige Jahre nach dem Holocaust in einem deutschen Staat, der sich als antifaschistisch verstand, Antisemitismus vorübergehend Bestandteil offizieller Politik und Teil der politischen Kultur wurde.

Diese antisemitische und antizionistische Stimmung nach den Pressereaktionen auf den Slánský-Prozess war mit dem Aufflammen des Antisemitismus in der Bevölkerung verbunden. Es gab zwar immer in der SBZ und in der DDR antisemitische Vorfälle oder Äußerungen wie z.B. die Schändung von jüdischen Friedhöfen; diese Stimmung in den Jahren 1952/53 war wesentlich virulenter als der alltägliche Antisemitismus. Dies bestätigen zahlreiche Urteile der Bezirksgerichte Gera, Frankfurt/Oder, Ostberlin und Magdeburg vom Januar 1953 gegen Personen, die wegen Antisemitismus verurteilt wurden. [97]

Die jüdischen Gemeinden in der DDR begannen, sich ab dem Jahre 1953 neu zu organisieren. Ihre eigene politische Basis hatten sie mit der Flucht von Julius Meyer und Leon Löwenkopf sowie mit der Entmachtung Paul Merkers verloren, ihre Mitgliederzahl hatte sich stark verringert. Die neu gewählte Führung der jüdischen Gemeinden war fortan um gute und verlässliche Beziehungen gegenüber dem Staat bemüht. Dieser wiederum hatte aus politischen Gründen durchaus ein Interesse am Weiterbestehen jüdischen Lebens, er behielt sich aber eine Überwachung der Gemeindearbeit vor. [98]

2.6 Der 17. Juni.1953

Hatte das Jahr 1952 eine Reihe sehr einschneidender Maßnahmen des SED-Regimes gebracht – die Abriegelung der Zonengrenze, den Beschluss zum planmäßigen Aufbau des Sozialismus, die Zentralisierung der Verwaltung, eine verstärkte Kollektivierung der Landwirtschaft und die Aufstellung nationaler Streitkräfte – so stand im folgenden Jahr der Arbeiteraufstand gegen das SED-Regime im Vordergrund.

Die Erhebung begann mit der Arbeitsniederlegung der Bauarbeiter auf der Stalinallee in Ostberlin, jener Straße, die einen schnellen Aufbau des Sozialismus in der DDR repräsentieren sollte. Anlass zu den Demonstrationen, die sich in kürzester Zeit auf das gesamte Gebiet der DDR ausweiteten, hatte eine am 28. Mai angeordnete Erhöhung der Arbeitsnormen um mindestens 10% gegeben.[99]

Die Arbeitsbedingungen in der DDR unterschieden sich von denen in der Bundesrepublik und anderen westlichen Ländern vor allem dadurch, dass der Staat weitgehend die Rolle des privaten Unternehmers übernommen hatte. Betriebsräte wurden aufgelöst und durch Betriebsgewerkschaftsleitungen ersetzt.

Die Gewerkschaften wiederum hatten sich in ein ausführendes Organ der staatlichen Arbeitspolitik verwandelt. 1950/51 waren ohne Mitwirkung der Arbeiter Rahmen* und Betriebskollektivverträge formuliert worden, die zu erbitterten Protesten führten. Löhne und Arbeitsnormen waren daraufhin durch Gesetz geregelt, und zwar erheblich günstiger als ursprünglich vorgesehen.

Im Winter 1952/53 ergab sich in der DDR eine ernste wirtschaftliche Krise. Die Anforderungen des Fünfjahresplans hatten zu einem forcierten Aufbau der Schwerindustrie und zu einer Vernachlässigung der Konsumgüterindustrie geführt. Um die Krise zu überwinden, propagierten Partei und Gewerkschaft Normerhöhungen, die die Arbeitsproduktivität steigern sollten oder aber, falls dies nicht eintreten würde, Lohnsenkungen bewirken konnten, die ihrerseits wieder zu einer Drosselung der Kaufkraft der Bevölkerung führen mussten.[100]

Der Appell an die Freiwilligkeit der Arbeiter war jedoch weniger erfolgreich. Im Gegenteil, es kam bereits im Frühjahr 1953 zu Protesten und Streiks.[101] Der Grad der Unzufriedenheit in der Bevölkerung über die schlechte Ernährungslage und über die staatliche Wirtschaftspolitik zeigte sich in einem rapiden Anstieg der Flüchtlingszahlen (von Januar bis Mai 1953 allein 184.793). Die Antwort der SED und der Regierung war die bereits erwähnte Anordnung über die Arbeitsnormen vom 28.05.1953.

Die SED-Regierung war sich der Zweckmäßigkeit seiner Maßnahmen jedoch keineswegs sehr sicher.[102] Ganz offensichtlich herrschte gerade in jenen Wochen innerhalb der Partei* und Staatsführung ein Zustand der Ratlosigkeit, der schon bald zu einer Kursänderung führen sollte. Am 11. Juni erklärte das Politbüro des Zentralkomitees der SED öffentlich, „daß seitens der SED und der Regierung der DDR in der Vergangenheit eine Reihe von Fehlern begangen wurde, die ihren Ausdruck in Verordnungen und Anordnungen gefunden haben, wie z.B. der Verordnung über die Neuregelung der Lebensmittelkartenversorgung, über die Übernahme devastierter landwirtschaftlicher Betriebe, in außerordentlichen Maßnahmen der Erfassung, in verschärften Methoden der Steuerhebung usw. Die Interessen solcher Bevölkerungsteile wie der Einzelbauern, der Einzelhändler, der Handwerker, der Intelligenz wurden vernachlässigt. Bei der Durchführung der erwähnten Verordnungen und Anordnungen sind außerdem ernste Fehler in den Bezirken, Kreisen und Orten begangen worden. (…) Aus diesen Gründen hält das Politbüro des ZK der SED für nötig, daß in nächster Zeit im Zusammenhang mit Korrekturen des Plans der Schwerindustrie eine Reihe von Maßnahmen durchgeführt werden, die die begangenen Fehler korrigieren und die Lebenshaltung der Arbeiter, Bauern, der Intelligenz, der Handwerker und der übrigen Schichten des Mittelstandes verbessern.“[103]

Zugleich teilte das Presseamt beim Ministerpräsidenten mit, dass der Ministerrat bereits eine Anzahl von Korrekturmaßnahmen beschlossen habe: Aufhebung gewisser Beschränkungen für die Lebensmittelkartenausgabe, Zurücknahme von Preiserhöhungen in HO-Läden, Aussetzung der Zwangsmaßnahmen zur Betreibung von Steuerrückständen, Rückgabe von Handwerks-, Industrie* und landwirtschaftlichen Betrieben an die Privateigentümer, Rückgabe des Eigentums an zurückkehrende Flüchtlinge, Überprüfung von Verhaftungen, Strafverfahren und Urteilen und anderes mehr.

Dieser neue Kurs, der den im Vorjahr proklamierten Ausbau des Sozialismus erheblich revidierte, spiegelte nicht allein die Unsicherheit des SED-Regimes angesichts der eklatanten Wirtschaftsmisere wider, sondern er war zugleich Ausdruck einer großen Krise des gesamten Sowjetsystems. Nach dem Tode Stalins am 05.03.1953 war in Moskau ein Führungskampf entstanden, der seinen Höhepunkt in den Auseinandersetzungen um den sowjetischen Innenminister Berija fand. Stalins Nachfolger Malenkow hatte unverzüglich einen gemilderten innenpolitischen Kurs eingeschlagen. Wladimer Semjonow, der politische Berater der sowjetischen Kontrollkommission in Berlin, war im April nach Moskau gefahren und kehrte am 5. Juni als Chef der neu gebildeten sowjetischen Hohen Kommission zurück. Die Änderung des innenpolitischen Kurses in der DDR stand zweifellos im Zusammenhang mit diesen Vorgängen. Eine vorübergehende Nachgiebigkeit gegenüber der Bevölkerung sollte die Macht der kommunistischen Regierung sichern.[104]

Unter den Korrekturen vom 11. Juni fehlte jedoch eine Aufhebung der gerade erst verkündeten Normerhöhungen für die Arbeiter. Regierungs* und Parteistellen waren sich offenbar nicht klar darüber, ob sie auch hier nachgeben sollten. Während das Zentralorgan der SED, „Neues Deutschland“, am 14. Juni die administrative Einführung der Normen verurteilte, erschien im Gewerkschaftsorgan „Tribüne“ ein Artikel, der forderte, dass die Maßnahme durchgeführt werden müsse. Daran entzündete sich die Empörung der Bauarbeiter auf der Stalinallee. Hinter den folgenden Ereignissen stand jedoch mehr als nur die Frage der Normen; die seit langem aufgestaute Verbitterung gegen das SED-Regime machte sich Luft.[105]

Auf dem Bauabschnitt 40 in der Stalinallee war bereits am 15. Juni beschlossen worden, den Ministerpräsidenten Grotewohl und den SED-Generalsekretär Ulbricht um die Zurücknahme der Normerhöhungen zu bitten und bis zu einer positiven Antwort die Arbeit niederzulegen.[106] Als Gewerkschaftsfunktionäre dieses Vorhaben unterbinden wollten und am Morgen des 16. Juni wegen des Artikels in der „Tribüne“ zur Rede gestellt wurden, vertraten sie den Standpunkt: „Erst mehr arbeiten, dann besser leben.“[107] Daraufhin entschlossen sich die Arbeiter, zunächst achtzig an der Zahl, gemeinsam einen Protestmarsch zu veranstalten. Der Demonstration schlossen sich schnell Arbeiter anderer umliegender Baustellen an, und bald bewegte sich ein Zug von 2000 Streikenden die Stalinallee entlang auf die Gewerkschaftszentrale in der Wallstraße. Ein Transparent trug die Aufschrift: „Wir fordern Herabsetzung der Normen.“ Da das Gewerkschaftshaus verschlossen war, marschierten sie weiter zum Haus der Ministerien in der Leipziger Straße. Unterwegs verstärkte sich der Zug durch die Belegschaften anderer Baustellen, und als er gegen 13 Uhr vor dem Regierungsgebäude ankam, war die Menge der Demonstranten auf schätzungsweise 8.000-10.000 Menschen angewachsen.[108]

Durch Rufe und Sprechchöre herausgefordert versuchte die Regierung, die Demonstrationsteilnehmer zu beruhigen. Sowohl Ulbricht als auch Grotewohl zeigten sich nicht. Der Minister für Industrie, Fritz Selbmann, begann zu sprechen, kam aber kaum zu Wort und wurde schließlich von einem Arbeiter beiseite gedrängt, der erklärte:[109] „Es geht hier nicht um Normen und Preise, es geht um mehr. Hier stehen nicht allein die Bauarbeiter der Stalinallee, hier steht Berlin und die ganze Zone. (…) Was du hier siehst, ist eine Volkserhebung. (…) Die Regierung muß aus ihren Fehlern die Konsequenzen ziehen. Wir fordern freie, geheime Wahlen!“

Mit den Vorgängen in der Leipziger Straße war aus dem Protestmarsch gegen die Normerhöhungen ein Aufstand gegen die Regierung geworden. Der aufgebrachten Menge fehlte jedoch eine konkrete Zielsetzung, ein deutliches Zeichen für den improvisierten und spontanen Charakter der Demonstration.

Die Schwäche der Regierung war offenkundig; aber wie weit man gehen sollte und welche Wege am besten einzuschlagen seien, um die Verhältnisse zu ändern, blieb ungewiss.

Als die Arbeiter den Rückmarsch angetreten hatten, sandte die Regierung Lautsprecherwagen aus, um eine Herabsetzung der Normen mitzuteilen. Da jedoch zur gleichen Zeit andere Lautsprecherwagen der SED nur eine Überprüfung der Normen versprachen, fühlten sich die Arbeiter betrogen. Sie besetzten einen der Wagen und forderten nun alle Berliner Arbeiter auf, am folgenden Tag zu streiken und sich am Strausberger Platz (Stalinallee) zu versammeln. Diese Parole verbreitete sich in der Nacht durch Ostberlin und weiter in die anderen Bezirke des Landes.[110]

Dem Präludium am 16. Juni folgte dann am nächsten Tag eine Erhebung, die weit über Ostberlin hinausging und praktisch die gesamte DDR umfasste. Seit dem frühen Morgen zogen mehrere tausend Demonstranten aus allen Richtungen zum Zentrum Ostberlins. Sie kamen von der Reichsbahn-Bauunion, vom Stahlwerk Hennigsdorf, von den Großbetrieben Siemens-Plania, Abus-Maschinenbau, Stahlbau VEB, vom Kabelwerk Oberspree, von der Fabrik für Fernemeldewesen, aus Johannisthal, aus dem Walzwerk Oranienburg, aus Weißensee, Strausberg, Rüdersdorf, Mahlow, Velten und vielen anderen Betrieben. Volkspolizei und vermittelnde Partei* und Gewerkschaftsfunktionäre wurden nicht angehört, die Straßen im Zentrum füllten sich, um 7.45h begann die erste große Demonstration in Richtung Alexanderplatz und Leipziger Straße.

Diesmal war das Regierungsgebäude von Volkspolizisten abgesperrt, die wahllos auf Demonstranten einschlugen und Verhaftungen vornahmen. Von der Gegenseite wurden Steine geworfen und Fensterscheiben zertrümmert, aber es gelang nicht, den Eingang des Ministeriums zu erreichen.[111]

Während sich immer mehr Menschen in Richtung Innenstadt in Bewegung setzten, tauchten gegen 9h die ersten russischen Panzerspähwagen auf, später folgten ihnen Panzerkolonnen, motorisierte Infanterie und motorisierte Granatwerfer. Die Soldaten trugen Stahlhelme und hatten ihre Gewehre griffbereit. Die Demonstranten wichen ihnen aus, schlossen sich aber erneut zusammen. Da weitere Aktionen in der Leipziger Straße sinnlos erschienen, kam es an anderen Stellen der Innenstadt zu Zusammenkünften. Vereinzelt wurden SED-Plakate, Embleme und Fahnen hinuntergerissen, Grenzschilder zerstört, Baracken der Volkspolizei in Brand gesteckt, Fensterscheiben eines HO-Kaufhauses zertrümmert sowie sowjetische Mannschaftswagen mit Steinen beworfen.

Der Potsdamer Platz an der Sektorengrenze füllte sich mit Demonstranten. Das Columbushochhaus mit einer Volkspolizeistelle wurde gestürmt, die rote Fahne vom Brandenburger Tor heruntergeholt und zerrissen, die Gerüste am Marx-Engels-Platz verbrannt.

Um 11h kam der gesamte Verkehr in Ostberlin zum Erliegen, um 12h tauchten sowjetische T34-Panzer am Marx-Engels-Platz, Unter den Linden, im Regierungsviertel und schließlich am Potsdamer Platz auf. Die Volkspolizei erhielt Schießerlaubnis. Die Demonstranten bewarfen sie und die Panzer mit Steinen. Lautsprecherwagen verkündeten:[112] „Der sowjetische Stadtkommandant befiehlt: Ab 13 Uhr wird der Ausnahmezustand verhängt. Menschenansammlungen über drei Personen sind verboten. Verstöße werden nach dem Kriegsrecht bestraft.“ Es gestaltete sich jedoch als schwierig, die Demonstranten auseinander zu treiben, da immer mehr Menschen hinzukamen. Am Alexanderplatz entwaffneten sie Posten vor dem Polizeipräsidium und zerstörten eine Buchhandlung und ein HO-Geschäft. In der Friedrichstraße stürmte eine aufgebrachte Menge das Gebäude des Sicherheitsdienstes. Der stellvertretende Ministerpräsident Otto Nuschke wurde über die Sektorengrenze abgeschoben, wo ihn die Polizei aus Westberlin in Schutzhaft nahm. Das Columbushaus und das „Haus Vaterland“ am Potsdamer Platz gingen in Flammen auf.

Inzwischen verstärkten sich die Gegenmaßnahmen der Polizei und des sowjetischen Militärs.[113] Der Sitz des Zentralkomitees der SED wurde abgeriegelt, die Funktionäre unter sowjetischem Schutz in Sicherheit gebracht. Letztlich hatten die unbewaffneten demonstrierenden Arbeiter keine Chance gegen Maschinengewehre und Panzer. Im Laufe des Nachmittags gewannen Volkspolizisten und sowjetische Soldaten die Oberhand, die Straßen leerten sich und am Abend herrschte eine gespannte Ruhe in Ostberlin. Es wurde von den Sicherheitskräften eine Ausgangssperre ab 21h angeordnet.

Die Tatsache, dass die Erhebung in Ostberlin trotz des Fehlens einer zielstrebigen Koordination ein solch großes Ausmaß annehmen konnte, war bemerkenswert. Die Ereignisse in Ostberlin breiteten sich schnell in der gesamten DDR aus.[114] In Frankfurt an der Oder kam es in den frühen Morgenstunden des 17.Juni zu Arbeitsniederlegungen, in Jena formierten sich die Arbeiter zum Demonstrationszug, in Görlitz versammelten sich ca. 50.000 Menschen auf dem Obermarkt.

In Madgeburg waren ebenfalls zehntausende Menschen dem Protest gefolgt.[115] SED-Plakate wurden vernichtet, die Demonstranten stürmten das Gewerkschaftsgebäude des Staatsicherheitsdienstes und der Freien Deutschen Jugend, sie befreiten Häftlinge aus dem Gefängnis, entwaffneten Volkspolizisten, erklärten sich mit den Reisenden des Interzonenzuges solidarisch und sprengten das Tor des Polizeipräsidiums. Gegen die einrückenden sowjetischen Infanterieeinheiten gingen sie mit Brechstangen und Hämmern vor. Als am Abend auch hier das Militär mit Waffengewalt die Oberhand errungen hatte, waren über vierzig Demonstranten gestorben und Hunderte verletzt.[116]

In Leipzig hatten Arbeiter den Bürgermeister gezwungen, mit einem Transparent an der Spitze ihres Demonstrationszuges zu marschieren.[117] Ein Pavillon der Nationalen Front und HO-Geschäfte wurden angezündet, Büros der Freien Deutschen Jugend, der Gewerkschaft und der SED gestürmt und die Einrichtungen zerstört. Um das Amtsgericht kam es zu Schießereien und am Völkerschlachtdenkmal wurde eine friedliche Kundgebung veranstaltet. Anders als in Berlin machte sich hier eine ausgelassene Siegesstimmung bemerkbar, bis sowjetische Panzer anrückten und die Volkspolizei mit Hilfe von Schüssen die Menge zerstreuen wollte. Auch in Dresden folgten den Arbeitsniederlegungen in den großen Industriebetrieben Demonstrationszüge in die Innenstadt. Eine Autokolonne propagierte den Generalstreik, ein großes Stalinbild wurde in Brand gesteckt, Volkspolizisten wurden entwaffnet. Durch rechtzeitiges Eingreifen der sowjetischen Truppen wurde der Aufruhr jedoch frühzeitig beendet.

Am weitesten ging die Protestbewegung im Braunkohlerevier mit den Zentren Halle, Wolfen, Bitterfeld, Merseburg, Leuna und Schkopau.[118] Hier kam es nicht nur zu Demonstrationszügen, Erstürmungen der SED-Zentralen[119], Entwaffnung von Volkspolizisten sowie Befreiungen von Häftlingen, sondern darüber hinaus zur Bildung von Exekutivorganen. In Halle konstituierte sich ein „Initiativkomitee“, das über die Stadtfunkanlage zur Massendemonstration aufrief und ein Flugblatt für die Bevölkerung drucken ließ. Der Vorsitzende des Komitees sprach zu den versammelten Demonstranten, forderte sie auf, friedlich zu demonstrieren und verlangte den Rücktritt der Regierung und freie Wahlen.

Auch in Bitterfeld bildete sich ein Streikkomitee, auf dessen Veranlassung die wichtigsten Posten in der Stadt – Polizeiämter, das Bürgermeisteramt, die Dienststelle des Staatssicherheitsdienstes – besetzt wurden. Während der Bürgermeister im Gefängnis saß, sandte das Streikkomitee ein Telegramm an die „sogenannte Deutsche Demokratische Regierung, Berlin-Pankow“ mit der Formulierung von neun Forderungen:[120]

  1. Rücktritt der Regierung;
  2. Bildung einer neuen provisorischen Regierung;
  3. Zulassung aller demokratischen Parteien;
  4. freie Wahlen in vier Monaten;
  5. Freilassung der politischen Gefangenen;
  6. Abschaffung der Zonengrenze;
  7. Normalisierung des Lebensstandards;
  8. Auflösung der Nationalarmee;
  9. Verzicht auf Repressalien gegen Streikende.

Ein zweites Telegramm ging an den sowjetischen Hohen Kommissar, Semjonow, mit der Bitte, den Ausnahmezustand in Berlin und alle Maßnahmen gegen die streikenden Arbeiter sofort aufzuheben.

Streikleitungen wurden auch in den Leuna* und Bunawerken bei Merseburg und in Schkopau gebildet, in Merseburg wählte eine große Menschenmenge durch Zuruf ein zentrales Komitee. Überall, wo es zur Bildung solcher Exekutivorgane kam, wurde der Grundsatz vertreten, dass ein Widerstand gegen die sowjetischen Besatzungstruppen sinnlos sei und deshalb Provokationen und Gewalt vermieden werden müssten. So beendete der Einsatz von Militär und Sicherheitsorganen schließlich die Ansätze der Erhebung im Braunkohlerevier.

Ein Überblick über die Geschehnisse, die sich am 17.Juni in der DDR abspielten, zeigt, dass der Aufstand in Ostberlin lediglich ein Ausschnitt aus dem viel weiter greifenden Gesamtgeschehen gewesen ist.[121] Nach der Auswertung der Quellen ergibt sich, dass in über 270 Ortschaften der DDR Arbeitsniederlegungen stattgefunden haben.[122] In 13 von insgesamt 14 Verwaltungsbezirken der DDR war teilweise oder ganz der Ausnahmezustand ausgerufen worden. Insgesamt beteiligten sich ca. 300.000 Arbeiter an den Streiks.[123] Wie hoch der Anteil der übrigen Bevölkerung gewesen ist, lässt sich zahlenmäßig nicht feststellen. Zweifellos hatten Initiative und Ausführung der Erhebung im Wesentlichen bei der Arbeiterschaft gelegen, während das Bürgertum und die Bauern stärker im Hintergrund geblieben waren. Im Verlauf der Entwicklung waren die Arbeiter jedoch auch von anderen Bevölkerungsgruppen, besonders von Jugendlichen, stark unterstützt worden. Während des Aufstandes wurden in der DDR laut Schätzungen 2.000-3.000 politische Häftlinge aus den Gefängnissen befreit.[124]

Die elementare Heftigkeit, mit der die Erhebung innerhalb kürzester Zeit zum Ausbruch kam und ihren Höhepunkt erreichte, kann nur aus einer latent vorhandenen Bereitschaft zu Veränderungen überhaupt erklärt werden, denn der Mangel an straffer Kooperation und das häufige Fehlen konkreter Zielsetzungen spricht eindeutig gegen eine planmäßige Vorbereitung und Organisation.[125] Voraussetzung zu den Ereignissen war eine vorübergehende Schwäche der DDR-Regierung, die sich in der Unsicherheit des politischen Kurses offenbart hatte. Die Initialzündung war mit der Entschlossenheit der Bauarbeiter auf der Stalinallee gegeben. Die sofortige Resonanz in der DDR ergab sich sowohl aus den Berichten ihrer parteieigenen Presse als auch durch westliche Rundfunkmeldungen, die natürlich ein Interesse daran hatten, die Instabilität in der DDR für ihre eigene Politik zu gebrauchen.[126]

Darüber hinaus war die Eisenbahntelefonleitung und das Fernschreibnetz der Abteilung „Deutscher Innen* und Außenhandel“ zur Informationsübertragung benutzt worden. Der anfangs erfolgreiche Verlauf der Erhebung war begünstigt worden durch die Unentschlossenheit der Führungsgremien von Partei und Staat, die zunächst überrascht waren und sich dann über das Ausmaß der Vorgänge nicht schnell ein Bild machen konnten. Für die Niederschlagung der Erhebung war nicht der Einsatz der Volkspolizei entscheidend, sondern das Eingreifen der sowjetischen Besatzungsmacht. Nur unter ihrem Schutz entschloss sich die Volkspolizei zu energischen Gegenmaßnahmen und zum Schusswaffengebrauch. Die Niederlage der Streikenden ergab sich logischerweise aus der Überlegenheit hoch ausgerüsteter militärischer Einheiten über lediglich mit Steinen oder Schlagwerkzeugen bewaffneten Demonstranten.[127]

Die Ziele der Erhebung wandelten sich im Laufe der Ereignisse.[128] Zunächst ging es um bessere Arbeitsbedingungen und einen angemessenen Lebensstandard. Danach kamen auch Forderungen nach dem Sturz der DDR-Regierung auf, was an dem Telegramm des Bitterfelder Streikkomitees ersichtlich wurde.[129]

Die Regierung der DDR und die sowjetische Besatzungsmacht bereiteten die Ereignisse des 17. Juni große Schwierigkeiten.[130] Zu der militärischen Niederschlagung der Erhebung gegen die eigene Bevölkerung kam die Bewältigung eines ideologischen Problems. Die Tatsache, dass sich ausgerechnet Arbeiter gegen das sozialistische System der DDR wandten, manifestierte eine große Kluft der ideologischen Konzeption und der Realität. Die Unvereinbarkeit der Erhebung mit der Konzeption beeinflusste zu Beginn eine zögerliche Haltung beim Eingreifen vieler Volkspolizisten und des sowjetischen Militärs. Der Ausnahmezustand wurde erst sehr spät verhängt, seine Durchsetzung zunächst mehr durch militärische Demonstration (Auffahren von Panzern)[131] und durch Warnschüsse, und erst, als dies ohne große Wirkung blieb, mit Waffengewalt erzwungen. Als Jugendliche die rote Fahne vom Brandenburger Tor herunterholten, waren drei sowjetische Kompanien dort stationiert.[132] Die Zurückhaltung der sowjetischen Truppen erklärte sich sicher oft daraus, dass sie selbst in vielen Fällen nicht die Angegriffenen waren, sondern in erster Linie Organe der SED-Regimes oder Volkspolizisten selbst.

Nach dem 17. Juni zogen SED und Regierung freilich scharfe Konsequenzen, um die Situation in den Griff zu bekommen und neuen Protest zu verhindern.[133] Es entwickelte sich eine interne Diskussion um die Parteilinie, der einige Funktionäre und Bürgermeister von ihren Ämtern enthob.

Laut der offiziellen Sprachregelung der DDR war für die Erhebung eine „westliche Provokation und Agitation“ verantwortlich.[134] Jedoch gestanden manche einflussreiche SED-Funktionäre den Arbeitern das Streikrecht zu, kritisierten Fehler der Regierung und verlangten eine Umgruppierung und eine Neuorientierung der Partei. Ob dies sogar mit dem Versuch der Absetzung Ulbrichts verbunden war, lässt sich nicht mit Sicherheit sagen. Eine Reihe von Mitgliedern des Politbüros und des Zentralkomitees der SED, unter anderen Rudolf Herrnstadt, Anton Ackermann, Hans Jendretzsky, Wilhelm Zaisser, Max Fechner, Elli Schmidt, traten nach den Ereignissen des 17. Juni nicht mehr in der Öffentlichkeit auf und wurden schließlich ihrer Positionen erhoben.

Die Haltung des Westens war während der entscheidenden Vorgänge in Ostberlin und der übrigen DDR durch Passivität und vorsichtige Zurückhaltung gekennzeichnet.[135] Dies hatte verschiedene Gründe und ist unterschiedlich bewertet worden. Zunächst war die Überraschung über die unvermutete Erhebung so groß, dass man den Meldungen keinen Glauben schenken wollte (die ersten Berichte des Senders RIAS wurden von den Nachrichtenbüros nicht übernommen). Als schließlich kein Zweifel mehr bestehen konnte, dass es zu Auseinandersetzungen zwischen den demonstrierenden Arbeitern und der DDR-Staatsmacht bzw. sowjetischen Soldaten gab, forderte die Bundesregierung die Bevölkerung der DDR zur Besonnenheit auf. Am Tag der Erhebung sperrten Westberliner Polizei und alliierte Militärpolizei die Zufahrtswege zur Sektorengrenze ab, um ein mögliches Eingreifen innerhalb der Westberliner Bevölkerung zu verhindern.

In der Bundesrepublik wurden die Ereignisse als Abwehrkampf gegen den Kommunismus und für eine Wiederherstellung der nationalen Einheit verstanden. Der höchst umstrittene Historiker Gerhard Ritter [136], der in der Fischer-Kontroverse [137] die Verantwortung Deutschlands für den 1. Weltkrieg vehement abstritt, umriss die historische Bedeutung des 17. Juni 1953 folgendermaßen:[138]„Zuerst und vor allem, sie hat die Nebel einer dicht gesponnenen Propaganda zerrissen, die über den sowjetisch besetzten Teilen Deutschlands lagerten, und die politische Wirklichkeit ans helle Licht gebracht. Sie war eine Erhebung desselben Arbeiterstandes, dessen politische, soziale und wirtschaftliche Interessen die Pankower Regierung besser als jede andere zu vertreten behauptet. Sie hat die ganze Welt und nicht zuletzt die deutschen Machthaber, dadurch überrascht, daß sie so rasch aus einem Aufbäumen gegen überharten Arbeitsdruck und Arbeitszwang zu einer Proklamierung politischer Freiheitsforderungen führte. Sie hat aber eben damit auch gezeigt, was vorher niemand gewusst, ja auch nur für möglich gehalten hätte: daß selbst unter der Zwangsherrschaft eines totalitären Staatswesens spontane Volkserhebungen mindestens zeitweise möglich sind: nämlich dann, wenn diese Zwangsherrschaft irgendwelche innere Unsicherheit merken läßt. Wichtiger noch: sie hat bewiesen, daß nicht nur materielle Wohlfahrtsinteressen (von denen die marxistische Doktrin fast ausschließlich redet) die Masse der Arbeiterschaft bewegen, sondern daß politische Freiheitsideale auch dort zu Hause und höchst lebendig sind.“

Der Literaturnobelpreisträger Günter Grass kritisierte in einem Interview, dass der Aufstand in der DDR in beiden deutschen Staaten historisch verfälscht worden sei:[139] „In der DDR nach üblichem Muster als versuchte Konterrevolution, und im Westen hat der damalige Bundeskanzler Konrad Adenauer von Anfang an den Arbeiteraufstand umgebogen zur Volkserhebung – das ist er aber nie gewesen.“ Weiterhin beanstandete Grass das zögerliche Verhalten der übrigen Alliierten. Beim Eingreifen der sowjetischen Panzer am 17. Juni „habe man gewiß sein können, dass von amerikanischer, britischer und französischer Seite nichts geschehen würde – wie 1956 beim Posener Aufstand in Polen und beim ungarischen Volksaufstand, 1961 beim Bau der Mauer und 1968 in der Tschechoslowakei. Jedes Mal hat der Westen den Status quo respektiert – nicht ist geschehen.“ [140]

Am 03.07.1953 erklärte der Bundestag den 17. Juni als „Tag der deutschen Einheit“ zum gesetzlichen Feiertag.

3 Fazit

Am 07.10.1949 trat der „Deutsche Volksrat“ unter der Leitung von Wilhelm Pieck im Osten Berlins zusammen und konstituierte sich als „Provisorische Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik“, dessen Präsident der LDPD-Politiker Dieckmann wurde. Drei Tage später wählten die fünf Landtage der SBZ die 34 Mitglieder der „Provisorischen Länderkammer“, wohin Ostberlin sieben Beobachter schickte. Am 11.10. traten Volkskammer und Länderkammer zu einer gemeinsamen Sitzung zusammen und wählten Wilhelm Pieck (SED) zum Präsidenten der DDR. Kurz danach tauschte die Sowjetunion offiziell Vertreter mit der Regierung der DDR aus. Die SMAD wurde durch eine sowjetische Kontrollkommission ersetzt, die die Erfüllung der Beschlüsse des Potsdamer Abkommens überwachen sollte.

Die Bildung zweier Regierungen in Bonn und Ostberlin im Jahre 1949 war der Ausdruck einer sich verfestigenden Spaltung Deutschlands, die die folgenden Jahrzehnte bestimmen sollte.

In der Innenpolitik wurde im Jahre 1952 der Ausbau der DDR zu einer Volksdemokratie nach dem Vorbild der Sowjetunion und anderer sozialistischer Staaten durch weitere Maßnahmen vorangetrieben. Darunter wurden die schärfere Abgrenzung der DDR von der BRD, eine Zentralisierung der Verwaltung sowie eine Eingliederung in das politische und wirtschaftliche Gefüge der osteuropäischen Staaten verstanden. Am 23.07.1952 kam es zu einer Auflösung der bestehenden Länder der DDR, Mecklenburg, Brandenburg, Sachsen-Anhalt, Thüringen und Sachsen; stattdessen wurden 14 Verwaltungsbezirke eingerichtet. Beim weiteren Ausbau des Wirtschaftssystems der DDR lag das Schwergewicht auf der Grundstoff* und Schwerindustrie, was die Vernachlässigung der Konsumgüterindustrie zur Folge hatte. Die wirtschaftliche Entwicklung der DDR wurde nach sowjetischem Vorbild durch Jahrespläne organisiert, die eine staatliche Plankommission nach den Vorstellungen der SED ausarbeitete. Für die Jahre 1951-1955 existierte erstmals ein Fünfjahresplan, der eine Steigerung der Industrieproduktion, der landwirtschaftlichen Erträge sowie des Einkommens der Bevölkerung vorsah. Das Jahr 1952 bedeutete für die Landwirtschaft in der DDR einen wichtigen Wendepunkt. Die SED-Regierung war bemüht, die bis dahin noch selbständig produzierenden Bauern verstärkt zur Zusammenarbeit in Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften (LPG) anzuhalten. Das Abkommen zwischen Polen und der DDR vom 06.07.1950 legte die Grenze zwischen beiden Staaten entlang der Oder und Lausitzer Neiße fest.

Die Verhaftung und Verurteilung Paul Merkers als „imperialistischer Agent“ und anderer jüdischer SED-Funktionäre bildete den Höhepunkt antizionistischer und antisemitischer Stimmungen und Vorkommnisse in der Geschichte der DDR. Nach dem Vorbild anderer kommunistischer Staaten Osteuropas (Rajk in Ungarn, Slánský in der Tschechoslowakei) griff die politische Führung zum Mittel des Antisemitismus, um eigene Machtpositionen zu verteidigen und abweichende Positionen zum Schweigen zu bringen. Diese antisemitische und antizionistische Stimmung nach den Pressereaktionen auf den Slánský-Prozess war mit dem Aufflammen des Antisemitismus in der Bevölkerung verbunden. Als Folge davon flohen im Januar 1953 mehr als 500 Menschen jüdischen Glaubens in den Westen.

Am 17.Juni 1953 kam es zum Arbeiteraufstand gegen die SED-Regierung. Die Erhebung begann mit der Arbeitsniederlegung der Bauarbeiter auf der Stalinallee in Ostberlin. Der Anlass für die Demonstrationen, die sich in kurzer Zeit auf das gesamte Gebiet der DDR ausweiteten, war eine am 28.Mai festgelegte Erhöhung der Arbeitsnormen um mindestens 10%. Außerhalb Ostberlins hatte die Protestbewegung im Braunkohlerevier mit den Zentren Halle, Wolfen, Bitterfeld, Merseburg, Leuna und Schkopau den meisten Zulauf. Dort kam es nicht nur zu Demonstrationszügen, Erstürmung der SED-Zentralen, Auseinandersetzungen mit Volkspolizisten, sondern darüber hinaus zur Bildung von Exekutivorganen und die Verteilung von Flugblättern. Insgesamt fanden in über 270 Ortschaften der DDR Arbeitsniederlegungen statt, an denen ca. 300.000 Arbeiter beteiligt waren. In 13 der 14 Verwaltungsbezirke wurde entweder teilweise oder vollständig der Ausnahmezustand ausgerufen. Für die Niederschlagung der Erhebung sorgte nicht die Volkspolizei der DDR; das Eingreifen der im Lande stationierten sowjetischen Truppen war entscheidend. Laut der offiziellen Sprachregelung der DDR war für die Erhebung eine „westliche Provokation und Agitation“ verantwortlich. In der Retrospektive billigten einige einflussreiche SED-Funktionäre den Arbeitern das Streikrecht zu, kritisierten Fehler der politischen Führung und verlangten eine kritische Aufarbeitung der Ereignisse. In der Bundesrepublik wurden die Ereignisse des 17. Juni als Abwehrkampf gegen das kommunistische SED-Regime und für eine Wiederherstellung der nationalen Einheit gedeutet. Die westlichen Staaten übten sich während der Vorgänge in Ostberlin und der übrigen DDR in Passivität und vorsichtiger Zurückhaltung. Am 03.07.1953 erklärte der Bundestag den 17.06.1953 als „Tag der deutschen Einheit“ zum gesetzlichen Feiertag.

4. Literatur

Zum Autor: Michael Lausberg, Dr. phil (Politikwissenschaften), studierte Pädagogik, Philosophie, Politikwissenschaften und Neuere Geschichte sowie den Aufbaustudiengang Interkulturelle Pädagogik an den Universitäten Aachen, Köln und Amsterdam.“. Seit 2007 ist er wissenschaftlicher Mitarbeiter des Duisburger Instituts für Sprach* und Sozialforschung (DISS) und zudem als freier Publizist tätig. Seine Forschungsschwerpunkte sind politische Theorie, extreme Rechte, Rassismus, Antiziganismus sowie Migration. Regelmäßige Veröffentlichungen im Migazin, in hagalil, Netz gegen Nazis, im DISS-Journal, bei Kritisch Lesen und in der Tabula Rasa.

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Fußnoten

  1.  ↑ Pötzsch, Deutsche Geschichte von 1945 bis zur Gegenwart, a.a.O., S. 72ff
  2.  ↑ Schöneburg, K.-H.: Von den Anfängen unseres Staates, Berlin 1975, S. 44
  3.  ↑ Mählert, U.: Die Freie Deutsche Jugend 1945-1949, Paderborn 1995, S. 41
  4.  ↑ Ebd., S. 45
  5.  ↑ Eschenhagen, W./Judt, M. (Hrsg.): Chronik Deutschland 1949-2009. 60 Jahre deutsche Geschichte im Überblick, Frankfurt/M. 2008, S. 26
  6.  ↑ Hoffmann, D.: Die DDR unter Ulbricht, Zürich 2003, S. 53f
  7.  ↑ Pötzsch, Deutsche Geschichte von 1945 bis zur Gegenwart, a.a.O., S. 75
  8.  ↑ Hohlfeld, Dokumente der deutschen Politik und Geschichte, a.a.O., S. 442ff
  9.  ↑ Lemke, M.: Die Berlinkrise 1958 bis 1963. Interessen und Handlungsspielräume der SED im Ost-West-Konflikt, Berlin 1995, S. 89ff
  10.  ↑ Machetzki, R./Pohl, M.: Korea, Stuttgart 1988, S. 108ff
  11.  ↑ Maretzki, R..: Kim-ismus in Nord-Korea, Böblingen 1991, S. 79f
  12.  ↑ Uhl, M.: Krieg um Berlin? Die sowjetische Militär* und Sicherheitspolitik in der zweiten Berlin-Krise 1958 bis 1962, München 2008, S. 10f
  13.  ↑ Mattedi, N.: Gründung und Entwicklung der Parteien in der Sowjetischen Besatzungszone 1945-1949, 2. Auflage, Bonn/Berlin 1988, S. 103f
  14.  ↑ Cornides, Europa-Archiv, a.a.O., S. 3408f
  15.  ↑ Ebd., S. 3415f
  16.  ↑ Zitiert aus Ebd. S., 3418
  17.  ↑ Ebd., S. 3506
  18.  ↑ Loth, W.: Die Teilung der Welt. Geschichte des Kalten Krieges, Stuttgart 2000, S. 95
  19.  ↑ Ebd., S. 98
  20.  ↑ Schröder, T.: Remilitarisierung in Deutschland nach dem 2. Weltkrieg, Köln 2000, S. 35
  21.  ↑ Hurwitz, H.: Die politische Kultur der Bevölkerung und der Neubeginn konservativer Politik. Band 1.: Demokratie und Antikommunismus nach 1945, Berlin 1993, S. 193f
  22.  ↑ Rubel, M.: Stalin, 7. Auflage, Reinbek bei Hamburg 1994, S. 22
  23.  ↑ Hoffmann, D.: Die DDR unter Ulbricht, Zürich 2003, S. 85
  24.  ↑ Brohler, T.: Antikommunismus in Berlin, Berlin 2001, S. 64
  25.  ↑ von Siegler, Archiv der Gegenwart, 1950, a.a.O., S. 2504
  26.  ↑ Ebd., 1952, S. 3560
  27.  ↑ Ebd., S. 3571
  28.  ↑ Hahn, K.-E.: Wiedervereinigungspolitik im Widerstreit. Einwirkungen und Einwirkungsversuche westdeutscher Entscheidungsträger auf die Deutschlandpolitik Adenauers von 1949 bis zur Genfer Viermächtekonferenz 1959, Hamburg 1993, S. 64
  29.  ↑ Moraw, F.: Die Parole der „Einheit“ und die deutsche Sozialdemokratie, Bonn/Bad Godesberg 1983, S. 83
  30.  ↑ Ebd., S. 67
  31.  ↑ Neues Deutschland vom 12.02.1950
  32.  ↑ Ulbricht, W.: Zur Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung, Band II, Berlin 1966, S. 293
  33.  ↑ Balfour, R.: German Unification, Princeton 1996, S. 45
  34.  ↑ Hohlfeld, Dokumente der deutschen Politik und Geschichte, a.a.O., S. 487ff
  35.  ↑ Ebd., S.494f
  36.  ↑ Matschke, W.: Die industrielle Entwicklung in der Sowjetischen Besatzungszone Deutschlands (SBZ) von 1945 bis 1948, Berlin 1988, S. 82
  37.  ↑ Ebd., S. 399f
  38.  ↑ Balfour, German Unification, a.a.O., S. 45
  39.  ↑ Geppert, D.: Die Ära Adenauer, Darmstadt 2002, S. 79
  40.  ↑ Mehnert, K./Schulte, H. (Hrsg.): Deutschland-Jahrbuch 1949, Essen 1949, S. 112f
  41.  ↑ Hohlfeld, Dokumente der deutschen Politik und Geschichte, a.a.O., S. 482f
  42.  ↑ Ebd., S. 551f
  43.  ↑ Mehnert, K./Schulte, H. (Hrsg.): Deutschland-Jahrbuch 1949, Essen 1949, S. 85
  44.  ↑ Balfour, German Unification, a.a.O., S. 50
  45.  ↑ Hohlfeld, Dokumente der deutschen Politik und Geschichte, a.a.O., S. 10ff
  46.  ↑ Balfour, German Unifikation, a.a.O., S. 52f
  47.  ↑ Hoffmann, F.: Schulpolitik in der DDR, Münster 1996, S. 85
  48.  ↑ Grauer, M.: DDR-Bildungspolitik 1949-1961, Köln 1989, S. 90
  49.  ↑ Neubert, Der kalte Krieg, a.a.O., S. 74
  50.  ↑ Ebd., S. 77
  51.  ↑ Olsen, G.: Germany after the Second World War, Boston 1991, 105
  52.  ↑ Jäckel, E. (Hrsg.): Die deutsche Frage 1952-1956. Notenwechsel und Konferenzdokumente, Frankfurt/M. 1957, S. 23ff
  53.  ↑ Ebd., S. 25
  54.  ↑ Ebd., S. 26
  55.  ↑ Ebd., S. 29
  56.  ↑ Ebd., S. 31
  57.  ↑ Balfour, German Unifikation, a.a.O., S. 62f
  58.  ↑ Barclay, D.E.: Schaut auf diese Stadt. Der unbekannte Ernst Reuter, Berlin 2008, S. 85
  59.  ↑ Ebd., S. 89
  60.  ↑ Hoffmann, D.: Die DDR unter Ulbricht, Zürich 2003, S. 92
  61.  ↑ Eschenhagen, W./Judt, M. (Hrsg.): Chronik Deutschland 1949-2009. 60 Jahre deutsche Geschichte im Überblick, Frankfurt/M. 2008, S. 65
  62.  ↑ Ebd., S. 66
  63.  ↑ Malycha, A.: Die SED. Geschichte ihrer Stalinisierung 1946-1953, Berlin 2000, S. 94
  64.  ↑ Loth, W.: Der Weg nach Europa. Geschichte der europäischen Integration 1939-1957, 3. Auflage, Göttingen 1996, S. 147
  65.  ↑ Barclay, D.E.: Schaut auf diese Stadt. Der unbekannte Ernst Reuter, Berlin 2008, S. 103
  66.  ↑ Paul-Calm, H.: Ostpolitik und Wirtschaftsinteressen in der Ära Adenauer 1955-1963, Frankfurt/M. 1981, S. 58
  67.  ↑ Geppert, D.: Die Ära Adenauer, Darmstadt 2002, S. 89
  68.  ↑ Hoffmann, D.: Die DDR unter Ulbricht, Zürich 2003, S. 103
  69.  ↑ Abel, T.: Walter Ulbricht, Hamburg 1985, S. 141
  70.  ↑ Lászlo Rajk war 1946-1948 ungarischer Innenminister, dann bis zu seiner Verhaftung am 30.05.1949 Außenminister. Er war überzeugter Kommunist und Anhänger Stalins. Rajk war an der Zerschlagung der bürgerlichen ungarischen Parteien und der Verhaftung ihrer Anführer als Innenminister maßgeblich beteiligt. Im Mai/Anfang Juni 1948 wurde der ungarische Kommunist Mátyás Rákosi nach Moskau beordert, wo er von Beria die Anordnung erhielt, an der Spitze der ungarischen kommunistischen Partei eine „titoistische“ Verschwörung zu entlarven und die potentiellen Gegner zu beseitigen. Rákosi und Beria einigten sich auf Rajk als Hauptverschwörer. Ihm sollten der Leiter der Kaderabteilung der KP, Tibor Szönyi, als Kontaktmann zu den amerikanischen Nachrichtendiensten, insbesondere über Noel Field, und der Teilnehmer des jugoslawischen Partisanenkampfes, Lazar Brankov, als Bindeglied zu Tito an die Seite gestellt werden. Es wurden Listen mit angeblichen Verschwörern abgefasst, die zunächst Freunde und Kollegen Rajks im Innenministerium und in der Polizei aufführten. Hinzu kamen ehemalige Mitkämpfer Rajks aus den internationalen Brigaden des Bürgerkrieges. Am 16. September begann der zwei Wochen dauernde Prozess gegen Rajk und sieben weitere Angeklagte. Die Anklage lautete auf „Titoismus“ und Zusammenarbeit mit westlichen Geheimdiensten. Im Verlauf dieser Schauprozesse lieferten die Beschuldigten ihre „Geständnisse“. Rajk und ein anderer Angeklagter wurden zum Tode verurteilt, die übrigen zu lebenslangen und hohen Zuchthausstrafen. In der Folge kam es zu umfangreichen Verhaftungen von „Rajkisten“. Am 27.03.1956 veröffentlichte das Zentralkomitee der Kommunistischen Partei Ungarns eine offizielle Erklärung, die Rajk rehabilitierte. Eine Überprüfung des Verfahrens habe dessen Unrechtmäßigkeit ergeben, da die Geständnisse von Rajk und zweier seiner Mitangeklagten durch Folter erpresst worden seien. Danach wurde angeordnet, die Leichen der Hingerichteten, die in einem Wald bei Budapest verscharrt worden waren, würdig zu begraben.
  71.  ↑ Offenberg, U.: „Seid vorsichtig gegen die Machthaber“. Die jüdischen Gemeinden in der SBZ und in der DDR 1945-1990, Berlin 1998, S. 79
  72.  ↑ Ebd.
  73.  ↑ Kießling, W.: Paul Merker und die Juden, in antiFA, 5/1990, Berlin 1990, S. 10-13, hier: S. 11
  74.  ↑ Helmes, K.: Paul Merker in Mexiko, Bonn 1972, S. 13
  75.  ↑ Thomson, J.E.: Jews, Zionism and Israel. The story of the Jews in the German Democratic Republic since 1945, Washington 1978, S. 63
  76.  ↑ Offenberg, „Seid vorsichtig gegen die Machthaber“. Die jüdischen Gemeinden in der SBZ und in der DDR 1945-1990, a.a.O., S. 80
  77.  ↑ Slánská, J.: Bericht über meinen Mann. Die Affäre Slánský, Wien 1969, S. 15
  78.  ↑ Offenberg, „Seid vorsichtig gegen die Machthaber“, a.a.O., S. 81
  79.  ↑ London, A.: Ich gestehe. Der Prozess um Rudolf Slansky, Hamburg 1982, S. 140
  80.  ↑ ZK der SED (Hrsg.): Lehren aus dem Prozeß gegen das Verschwörerzentrum Slánský, in: Einheit. Zeitschrift für Theorie und Praxis des wissenschaftlichen Sozialismus, 8. Jg., Heft 2, Februar 1953, S. 202-209, hier: S. 205
  81.  ↑ Ebd., S. 203
  82.  ↑ Ebd., S. 205
  83.  ↑ Ebd., S. 209
  84.  ↑ Ebd., S. 207
  85.  ↑ Ebd., S. 208
  86.  ↑ Herf, J.: Antisemitismus in der DDR. Geheime Dokumente zum Fall Paul Merker aus SED und MfS-Archiven, in: Vierteljahreshefte für Zeitgeschichte,42,(1994), S. 635-667, hier S. 636f
  87.  ↑ SAPMO-BArch, DY 30/J IV 2/2A/369
  88.  ↑ Frei, B.: Sozialismus und Antisemitismus, Wien 1978, S. 34f
  89.  ↑ Brent, J./Naumov, V.: Stalin’s Last Crime: The Plot Against the Jewish Doctors 1948-1953, New York 2003, S. 23f
  90.  ↑ Zitiert aus Ebd., S. 46
  91.  ↑ Prawda vom 13.01.1953
  92.  ↑ Brent/Naumov, Stalin’s Last Crime: The Plot Against the Jewish Doctors 1948-1953, a.a.O., S. 106ff
  93.  ↑ Schwarz, S. M.: Arbeiterklasse und Arbeiterpolitik in der Sowjetunion, Köln 1982, S. 162
  94.  ↑ Herf, Antisemitismus in der DDR. Geheime Dokumente zum Fall Paul Merker aus SED und MfS-Archiven, in: Vierteljahreshefte für Zeitgeschichte, a.a.O. S. 640
  95.  ↑ Happe, G.: Rechtslehre in der DDR, Bochum 1994, S. 73
  96.  ↑ Timm, A.: Hammer, Zirkel, Davidstern. Das gestörte Verhältnis der DDR zum Zionismus und Staat Israel, Bonn 1997, S. 125
  97.  ↑ Ebd. S. 124
  98.  ↑ Kessler, M.: Die SED und die Juden – zwischen Repression und Toleranz. Politische Entwicklungen , Berlin 1995, S. 152
  99.  ↑ Pötzsch, Deutsche Geschichte von 1945 bis zur Gegenwart, a.a.O., S. 110ff
  100.  ↑ Gerlach, I.: Arbeiterliteratur und Literatur in der Arbeitswelt in der DDR, Kronberg/Ts 1974, S. 91
  101.  ↑ Fricke, K.W.: Der Arbeiteraufstand – Vorgeschichte, Verlauf, Folgen, in: Spittmann, I./Fricke, K.W. (Hrsg.): 17. Juni 1953. Arbeiteraufstand in der DDR, 2. Auflage, Köln 1988, S. 5-23, hier 7ff
  102.  ↑ Stützle, W.: Kennedy und Adenauer in der Berlin-Krise 1961-1962, Bonn 1973, S. 33
  103.  ↑ von Siegler, Archiv der Gegenwart, a.a.O., S. 4035
  104.  ↑ Heydemann, G.: Gesellschaft und Alltag in der DDR, Bonn 2005, S. 89
  105.  ↑ Fricke, Der Arbeiteraufstand – Vorgeschichte, Verlauf, Folgen, in: Spittmann/Fricke, 17. Juni 1953, a.a.O., S. 10ff
  106.  ↑ Köhler, T.: Unser die Straße – Unser der Sieg. Die Stalinallee, Berlin 1993, S. 34
  107.  ↑ Fricke, Der Arbeiteraufstand – Vorgeschichte, Verlauf, Folgen, in: Spittmann/Fricke, 17. Juni 1953, a.a.O., S, 15
  108.  ↑ Ebd., S. 12f
  109.  ↑ Ebd., S. 14
  110.  ↑ Ebd., S. 15
  111.  ↑ Uschakow, A./Frenzke, D.: Der Warschauer Pakt und seine bilateralen Bündnisverträge, Berlin 1987, S. 85
  112.  ↑ Zitiert aus Ebd., S. 20
  113.  ↑ Heydemann, G.: Gesellschaft und Alltag in der DDR, Bonn 2005, S. 25
  114.  ↑ Ewers, K./Quest, T.: Die Kämpfe der Arbeiterschaft in den volkseigenen Betrieben während und nach dem 17. Juni, in: Spittmann/Fricke, 17. Juni 1953, a.a.O., S. 23-55, hier S. 33ff
  115.  ↑ Lemke, M.: Die Berlinkrise 1958 bis 1963. Interessen und Handlungsspielräume der SED im Ost-West-Konflikt, Berlin 1995, S. 75
  116.  ↑ Brohler, T.: Antikommunismus in Berlin, Berlin 2001, S. 98
  117.  ↑ Hurwitz, H.: Die politische Kultur der Bevölkerung und der Neubeginn konservativer Politik. Band 1.: Demokratie und Antikommunismus nach 1945, Berlin 1993, S. 83
  118.  ↑ Ebd., S. 37f
  119.  ↑ Barck, S./Lokatis, S.: Zensurspiele. Heimliche Literaturgeschichten aus der DDR, Halle 2008, S. 87
  120.  ↑ Ebd., S. 38
  121.  ↑ Ebd., S. 39
  122.  ↑ Moraw, F.: Die Parole der „Einheit“ und die deutsche Sozialdemokratie, Bonn/Bad Godesberg 1983, S. 128
  123.  ↑ Prokop, S.: 1956 – DDR am Scheideweg. Opposition und neue Konzepte der Intelligenz, Berlin 2006, S. 153
  124.  ↑ Ebd., S. 53
  125.  ↑ Ebd., S. 54
  126.  ↑ Ebd., S. 56
  127.  ↑ Ebbinghaus, J.: Philosophie der Freiheit, Bonn 1988, S. 74
  128.  ↑ Lendvai, P.: Der Ungarnaufstand 1956 – eine Revolution und ihre Folgen, München 2006, S. 94
  129.  ↑ Eschenhagen/Judt, Chronik Deutschland 1949-2009, a.a.O., S. 57
  130.  ↑ Fricke, K.W.: Der Arbeiteraufstand – Vorgeschichte, Verlauf, Folgen, in: Spittmann, I./Fricke, K.W. (Hrsg.): 17. Juni 1953. Arbeiteraufstand in der DDR, 2. Auflage, Köln 1988, S. 5-23, S. 17
  131.  ↑ Colin, C.: KPD and SPD, Washington 1990, S. 92
  132.  ↑ Feist, P.: Die Berliner Mauer, 4. Auflage, Berlin 2004, S. 63
  133.  ↑ Eder, N.: Revolutionäre deutsche Parteiprogramme, Berlin 1962, S. 97ff
  134.  ↑ Fricke, Der Arbeiteraufstand – Vorgeschichte, Verlauf, Folgen, in: Spittmann/Fricke, 17. Juni 1953, a.a.O., S.19ff
  135.  ↑ Pötzsch, Deutsche Geschichte von 1945 bis zur Gegenwart, a.a.O., S. 113
  136.  ↑ Zur Kritik an Gerhard Ritters politischen Schriften siehe Cornelißen, C.: Gerhard Ritter. Geschichtswissenschaft und Politik im 20. Jahrhundert, Düsseldorf 2001 oder Ebbinghaus, J.: Philosophie der Freiheit, Bonn 1988, S. 11ff
  137.  ↑ Schöllgen, G.: „Fischer-Kontroverse“ und Kontinuitätsproblem. Deutsche Kriegsziele im Zeitalter der Weltkriege, in: Hillgruber, S./Dülffer, J. (Hrsg.): Ploetz: Geschichte der Weltkriege. Mächte, Ereignisse, Entwicklungen 1900-1945, Freiburg/Würzburg 1981, S. 163-177, hier S. 169
  138.  ↑ Ansprache vom 17.06.1955 im Bundestag, Das Parlament, Ausgabe vom 22.06.1955, S. 10
  139.  ↑ Der Spiegel vom 16.06.2003
  140.  ↑ Ebd.