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Die deutschen erlebnispädagogischen Kurzschulen

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Geistesgeschichtliche Wurzeln: Wilhelm Dilthey

Die geistesgeschichtlichen Wurzeln der Erlebnispädagogik prägte laut Fischer der deutsche Geschichts- und Kulturphilosoph Wilhelm Dilthey (1833- 1911).[1]

Dilthey gilt als der Begründer der Erkenntnistheorie der Geisteswissenschaften und als einer der führenden Vertreter der hermeneutischen Wissenschaften („historische Schule“). In seinem Werk „Ideen über beschreibende und zergliederte Psychologie“[2] aus dem Jahre 1894 entwickelt er den Begriff des Erlebens zur erkenntnistheoretischen Verflechtung. In der Schrift „Das Erlebnis und die Dichtung“[3] aus dem Jahre 1906 stellt Dilthey den inneren Zusammenhang zwischen den menschlichen Erlebnisinhalten und ihrer äußeren Existenzformen, der künstlerischen Ausdrucksform des gefühlsmäßig Erlebten, her.

Dilthey differenziert dabei zwischen den „erklärenden Naturwissenschaften“ und dem „verstehenden Geist“. Er lehnt die positivistisch-experimentelle Denkschule seiner Zeit ab und negiert die verschiedenen Versuche naturwissenschaftlicher Erkenntnismodelle. Vielmehr macht Dilthey den Versuch, eine „Erfahrungswissenschaft der geistigen Erscheinungen“ aufzubauen und methodisch zu sichern. In seinem Denken ist Erkenntnis sehr stark mit der individuellen Bedeutsamkeit dieses neu erworbenen Wissens verbunden. Experimentelle Versuche, die alle Erscheinungen in „Ursache - Wirkung - Beziehungen“ sahen, finden nicht seine Zustimmung:[4] „Erleben ist eine unterschieden charakterisierende Art, in welcher Realität für mich da ist. Das Erlebnis tritt mir nämlich nicht gegenüber als ein Wahrgenommenes oder Vorgestelltes; es ist uns nicht gegeben, sondern die Realität. Erlebnis ist für und dadurch da, da wir ihrer innewerden, daß ich sie als zu mir in irgendeiner Sinn zugehörig unmittelbar habe.“ Das gefühlsmäßige Erleben wurde dadurch „eine Realität, unmittelbar als solche auftretend, ohne Abzug, innegeworden, nicht gegeben und nicht gedacht.“[5]

In ihrer im Jahre 1930 vorgelegten Dissertation „Das Erlebnis in der Pädagogik“ entwickelt Waltraut Neubert den Begriff der Erlebnispädagogik in der Nachbildung der Kulturphilosophie Diltheys.[6] Die Erlebnispädagogik realisiert sich in ihrem Verständnis von Erziehung aus dem inneren Zusammenhang von Arbeit in der Schule und persönlichem Erlebnis.[7] Ästhetische Gefühle des Menschen entstehen aus der Wahrnehmung der gegenständlichen Umwelt und kommen so der individuellen Person bewusst zur Geltung:[8] „Von hier aus werden Kraft und Grenzen des Erlebnisses noch einmal ganz deutlich: dadurch, daß es sich innerhalb des seelischen Zusammenhangs vornehmlich an das wertende Gefühl wendet, bekommt es eine eigentümliche Mittelstellung zwischen der Erkenntnis, die den Intellekt bildet, und der Arbeit, deren Aufgabe die Erziehung des Willens zu objektiver Leistung ist.“ Neubert thematisiert die Verbindung zwischen Erlebnis und Erziehung durch Methoden der Arbeitsschulbewegung.[9] In der Arbeitserziehung bemerkt sie, dass das Gefühl Ausdruck eines bewusst gewordenen Erlebens der Beziehung von Heranwachsenden zu den schulischen Anforderungen ist. In Anlehnung an Dilthey vertritt Neubert die These, dass die Verbindung des Gefühls mit dem Gegenstand, der dieses hervorrief, besonders bei ästhetischen Gefühlen deutlich auftritt. Dilthey deutet das ästhetische Gefühl als Ausgangspunkt, Rahmen und Ergebnis des Sich - Einfühlens in den Gegenstand. Das Einfühlen des Gegenstandes bedeutet nicht nur, dass das Gefühl durch den Gegenstand erzeugt wird, sondern auch, dass eine gefühlsmäßige individuelle Eindringlichkeit in den Gegenstand eingeht und ihn verändert. Bezogen auf den schulischen Erziehungsprozess beweisen die von Dilthey gewonnenen Erkenntnisse die Bedeutsamkeit des Sammelns von Erfahrungen im Hinblick auf den Erkenntnisprozess der Kinder und Jugendlichen. In ihrer altersspezifischen Eigenart sollten Kinder und Jugendliche das Wesen der Erscheinungen in ihrer Außenwelt erkennen. Dadurch werden Kunstobjekte, Naturgegenstände und die sozialen Gegebenheiten im Umfeld der Kinder und Jugendlichen zu Erkenntnisgegenständen, die wegen ihrer ästhetischen Eigenschaften verinnerlicht werden sollten. Neubert überträgt aus dieser Sicht wesentliche Thesen der Psychologie Diltheys auf den gesamten Erziehungsprozess. Erleben verwirklicht sich als das „Innewerden und Inbeziehungstreten von Gegenständen, Situationen und Personen“, die sich für den einzelnen Menschen als bedeutsam erwiesen haben.[10]

Vorgeschichte der deutschen Kurzschulen

Unmittelbar nach dem Ende des 2. Weltkrieges regte der Erlebnispädagoge Kurt Hahn die Einrichtung von deutschen Kurzschulen an. Infolge der schwerwiegenden politischen und wirtschaftlichen Probleme der Nachkriegszeit dauerte es jedoch noch sieben Jahre bis zur Eröffnung der ersten Kurzschule in Deutschland. Die Erlebnistherapie wurde erst nach langem Ringen ein vollwertiger Bestandteil des Erziehungssystems der Bundesrepublik Deutschland.[11] Daher ist es notwendig, auf die Vorgeschichte und die Umstände, die zur Eröffnung der Kurzschulen führten, näher einzugehen.

Laut Hahn[12] befand sich die Jugend in Deutschland nach der Befreiung durch die Alliierten und dem Ende des Krieges in einem geistigen Vakuum.[13]

Gleichzeitig sah Hahn auch die Bereitschaft zu einem geistigen Neuanfang:[14] „They were ready for a new inspiration, but they were also longing for it.“

Durch die Gründung von Kurzschulen wollte er der Jugend zu neuem Verantwortungsgefühl und Charakterstärke im Sinne des Friedens verhelfen. Im Jahre 1945 schlug Hahn den Alliierten die Gründung von 100 Kurzschulen in Deutschland vor. Den Notwendigkeiten der damaligen Zeit angepasst sollte ein berufsvorbereitender Bestandteil in Verbindung mit den Elementen der Erlebnistherapie eine bedeutende Stellung im Unterrichtsgefüge einnehmen. Je nach Lage und Möglichkeit der Schule konnte sich Hahn die Ausbildung von jungen Menschen im Bergbau, im Forstbereich, in der Hochseefischerei, in der Krankenpflege oder im Bergrettungsdienst vorstellen. Die Siegermächte standen Hahns Ideen jedoch zurückhaltend und bisweilen sehr skeptisch gegenüber und lehnten sein Ansinnen ab.

Im Jahre 1949 schätzte Hahn die Situation der Jugend in Deutschland noch kritischer als einige Jahre zuvor ein. Unter dem Druck der alltäglichen Probleme war eine geistige Apathie und Hoffnungslosigkeit entstanden:[15] „Many thousands vegetate without faith or standards.“

Hahn änderte seine ursprüngliche vor den Alliierten vertretene Konzeption und drängte die berufsvorbereitenden Maßnahmen zugunsten des Dienstes am Nächsten nach dem Vorbild der Küstenwache und Feuerwehr in Gordonstoun zurück. Die zentrale Bedeutung des Rettungsdienstes in den deutschen Kurzschulen gründete sich also auf jene Erfahrungen Hahns, die er im Jahre 1949 sammelte. Anstatt wie einige Jahre zuvor noch die Gründung von 100 Kurzschulen zu fordern, hatte Hahn nun die Errichtung einiger weniger im Auge, in denen der Rettungsdienst eine tragende Rolle spielen sollte. Die Idee der Einführung berufsvorbereitender Maßnahmen tauchte bei den Gründungen von Weißenhaus und Baad nicht mehr auf.

Hahn bemerkte ebenfalls eine auf den Eigennutz fixierte Denk- und Verhaltensweise innerhalb der Jugend. Die Kurzschule in ihrer Form der Gemeinschaftserziehung war für Hahn der Rettungsanker, um diesem Mangel an „loyal cooperation“ entgegenzuwirken.[16] So erhielt die deutsche Kurzschule in der Planungsphase ein weiteres wichtiges Merkmal: Eine möglichst breite Streuung bei der Zusammensetzung der Kurse nach Alter und sozialer Schicht wurde angestrebt, um die Voraussetzung für ein partnerschaftliches Miteinander zu schaffen.

Zur Realisierung seiner Kurzschulidee knüpfte Hahn die Verbindung zu einem einflussreichen Zirkel in den USA um T. H. Mc Kittrick[17], dem Vizepräsidenten der Chase National Bank.[18] Auf Initiative Hahns kam die Gründung der „American-British Foundation for European Education“ zustande. Das Ziel dieser Gründung bestand neben der Vermittlung von Stipendien für Landerziehungsheime darin, eine finanzielle Basis in den USA für die Errichtung von drei deutschen Kurzschulen als Modell für weitere Gründungen zu schaffen.

Zusammen mit Theodor Bäuerle, dem damaligem Kultusminister von Baden- Württemberg, organisierte Kurt Hahn im Mai 1950 eine Konferenz, an der pädagogisch interessierte Personen in einflussreichen Positionen teilnahmen. Dort wurde zur Freude Hahns die Gründung einer Organisation zur Realisierung seiner Erziehungsvorstellungen beschlossen. Auf der „Burnside Conference“[19] in Gordonstoun wurde im Juni 1951 die „Deutsche Gesellschaft für Europäische Erziehung (DGEE)“ als Tochtergesellschaft der „American-British Foundation for European Education“ gegründet.[20] Die DGEE wollte laut ihrem Programm die Interessen der Landerziehungsheime in gleichem Maße wie die der noch zu errichtenden Kurzschulen fördern. Doch mit der Zeit wandte sich die DGEE immer mehr den Kurzschulen zu:[21] „(...) The short-term school movement can justifiably invaluable as is their independent status, were clearly not in a position to do justice to the wide scope of our aims. (...) So the provision of short- term schools became our No.1 objective.“

Die große Nachfrage von deutschen Pädagogen hinsichtlich authentischer Informationen über Hahns Erziehungskonzept führte zur Gründung eines Gästehauses in Gordonstoun[22] im Oktober 1951. Finanziert durch Gönner aus den USA besuchten zwischen 1951 und 1953 133 pädagogisch interessierte Personen Gordonstoun. In der Zeit ihres Aufenthalts lernten sie die pädagogischen Prinzipien der Schule kennen, insbesondere den Rettungsdienst. Diese Besuche waren für die Weiterverbreitung der Ideen der Kurzschule in Deutschland von enormer Wichtigkeit und markierten einen beachtlichen Meilenstein für die Gründung der ersten deutschen Kurzschule im Jahre 1953.[23]

Erlebnispädagogik in Deutschland

In Deutschland entwickelte sich die Erlebnispädagogik um das Jahr 1930 in der Reformpädagogik[24] zu einem wichtigen Element des Unterrichtsverständnisses.[25] Die Erlebnispädagogik wurde in der Zeit zwischen 1933 - 1945 durch die Organe der NSDAP vereinnahmt und für parteipolitische Ziele missbraucht, wobei die ursprünglich postulierten Werte pervertiert wurden.

Nach dem 2. Weltkrieg wurde in der Bundesrepublik Deutschland der Versuch gestartet, an die Erkenntnisse und Ziele der Erlebnispädagogik in der Weimarer Republik anzuknüpfen. Dies gelang jedoch nur in Ansätzen, da viele Pädagogen, die in der Zeit des Nationalsozialismus eine führende Rolle spielten, weiterhin wichtige Positionen im deutschen Erziehungswesen bekleideten. Verstärkend kam hinzu, dass ehemalige Unteroffiziere und Offiziere der Wehrmacht, die nach neuen Beschäftigungsfeldern suchten, in Erziehungs- und Ausbildungsstätten drängten, wo erheblicher Personalbedarf bestand. Noch immer beeinflusst vom nationalsozialistischen Gedankengut standen die meisten von ihnen den als progressiv empfundenen Ideen der Erlebnispädagogik skeptisch bis ablehnend gegenüber.

Ende der 50er Jahre musste sich das Bildungs- und Ausbildungswesen in der Bundesrepublik Deutschland unter dem Eindruck der machtpolitischen Blockbildung in der Welt (NATO, Warschauer Pakt) dem „Wettlauf der Systeme“ unterordnen. Nach dem „Sputnik - Schock“ stand die Optimierung von kognitiven Lernleistungen im Vordergrund, die Ganzheitlichkeit des Bildungsgedankens spielte in pädagogischen Entscheidungsprozessen nur noch eine marginale Rolle.[26]

Das Aufkommen von ökologischen Erkenntnissen und sozialen Bewegungen in den 70er und 80er Jahren führte sowohl in weiten Teilen der Gesellschaft als auch in pädagogischen Fachkreisen zu einer kritischen Bestandsaufnahme der bisherigen Bildungsleitlinien und zu einer Neubesinnung über Bildung und Erziehung. Die Erlebnispädagogik erlebte in diesem Zusammenhang eine neue Wertschätzung, wobei außerschulische Wirkungsfelder eher im Vordergrund standen.

Eine neue Form der Erlebnispädagogik findet als „Spielpädagogik“ mit verkürztem therapeutischem Ansatz Anerkennung. In der „Christuszentrierten Erlebnispädagogik“ werden auch Gott und die Schöpfung in der Natur individuell „erfahrbar“ gemacht. In einer hochtechnisierten Welt wird es immer wichtiger, diesem Urtrieb des Menschen, dem Drang nach Abenteuer, gerecht zu werden. Im Bereich der Erwachsenenbildung hat die Erlebnispädagogik ihre Entsprechung in der sogenannten Suggestopädie gefunden, in der die wichtigsten Elemente für den schnellen und gehirngerechten Lerntransfer in der Verbindung von kognitiven und affektiven Kompetenzen genutzt werden.

Ziegenspeck spricht zu Recht davon, dass der Erlebnispädagogik immer stärker eine sozialtherapeutische Aufgabe zuwächst.[27] Dieser Prozess wird durch die bildungspolitischen Folgen der „Wiedervereinigung“ Deutschlands beschleunigt. Es wird nach neuen Wegen öffentlicher Jugendhilfe gesucht, weil die Erziehungsproblematik unter den neuen sozialpolitischen Verhältnissen nicht mehr angemessen berücksichtigt werden kann (z.B. Massenarbeitslosigkeit, wachsende Drogenproblematik, Erfahrung sozialer Vereinzelung, zunehmender Rassismus usw.). Kinder und Jugendliche sollen über das Medium erlebnisintensiver Aktivitäten dabei unterstützt werden, problemlösende Verhaltens- und Verständigungsformen zu entwickeln und zu verinnerlichen, außerdem ist die Vermittlung von lebensbereichernden Faktoren wie Charakterstärke und Verantwortungsgefühl von großer Bedeutung.

Ein Erlebnis im erlebnispädagogischen Sinne ist also nicht etwas Alltägliches, sondern ein besonderes Ereignis. Man verbindet Erlebnisse eher mit dem Neuen, Ungewohnten und Unbekannten, obwohl aus psychologischer Sicht das Erleben als neutral definiert wird. Sowohl banale alltägliche Dinge als auch intensive außergewöhnliche Eindrücke sind hier einbezogen. In der Psychologie bezieht sich das Erleben auf die unterschiedlichsten Dinge, beispielsweise auf Umwelteindrücke, auf das eigene Handeln, auf seelische und körperliche Prozesse oder auf zwischenmenschliche Einflüsse. Inhalte des Erlebten, die als bedeutungsvoll angesehen werden, werden zu Eindrücken verarbeitet, die positive oder negative Gefühle oder Erinnerungen hervorbringen können. Für den Menschen stellt das Erleben etwas Persönliches und Subjektives dar, das unmittelbar wahrgenommen wird.

Hahn war der Ansicht, dass nur durch kontinuierliche Nachahmung und Übung die „energische Teilnahme“ den „Eigennutz“ im Menschen verdrängen und sich als beständige Neigung etablieren konnte. Er vertrat die Auffassung, dass die Achtung vor dem Sittengesetz gewährleistet sein sollte, damit man von sittlichem Handeln sprechen konnte. Dies musste nicht immer bewusst sein, sondern es konnte sich hierbei durch häufiges Üben bedingt um eine „unbewußte Kontrolle des Pflichtgefühls“ handeln.[28] Hahns Zielvorstellung war die folgende:[29] „(...) je mehr Handlungen ein Mensch in Übereinstimmung mit seiner Achtung vor dem Sittengesetz, aber nicht bestimmt durch seine Achtung vor dem Sittengesetz, sondern durch die Neigung, die Würde seiner Mitmenschen zu schonen, vollbringt, um so fähiger ist der Mensch, jede sittliche Handlung ohne unüberwindlichen Neigungswiderstand zu vollbringen.“

Hahn negierte die These, dass die Aufgabe von Pädagogen darin bestand, sittliche Menschen zu erziehen; stattdessen vertrat er die Ansicht, dass sie „die Seele des Kindes schön, lebendig und fähig“[30] formen sollten, um dem Kind selbst die Gelegenheit zu geben, sich zu einem sittlichen Menschen zu entwickeln. Wenn dem „Eigennutz“ durch die systematische Stärkung der „energischen Teilnahme“ Widerstand entgegengebracht wurde, „so erwächst in dem werdenden Menschen ein Kampf der Neigungen und dieser Kampf der Neigungen bedeutet die günstigste Konstellation für die Achtung vor dem Sittengesetz, um es als souveräner Bestimmer das menschlichen Handelns ans Licht treten zu lassen.“[31] Eine weitere Voraussetzung zur Förderung des sittlichen Handelns sah Hahn in Anlehnung an Platon in der Vermeidung der Nachsicht. Der Mensch sollte dazu in der Lage sein, „die Reue in ihrer ganzen Bitternis“ zu spüren, „weil aus dem Sieg wie aus der Niederlage neue Kräfte wachsen können.“[32] Die innerliche Akzeptanz der Reue konnte durch die Nachsicht verhindert werden, sie erlaubte es dem Menschen nicht, das Gefühl der Reue auszuleben:[33] „Für den Beobachter ist der Seelenzustand des Reuigen ein ergreifender und festlicher zugleich. Jählings von dem Druck der Betörung befreit, erwacht der Mensch zur Klarheit, spürt die wahren Werte seines Lebens und schüttelt sich von den Verdunklern in seiner eigenen Seele frei.“

Hahn war überzeugt von der These, dass die Seele des Menschen der Formbarkeit unterlag und sich abhängig von der Erziehung entweder zum Guten oder zum Schlechten ausbilden konnte. Jeder Mensch besaß die Fähigkeit, alles nachzuahmen, da jede menschliche Eigenschaft latent in ihm stecke. Abhängig von der Disposition des Individuums besaßen die einzelnen Eigenschaften eine differenzierte Entwicklungskraft. Der Erzieher musste deshalb auf die richtige Auswahl der „Nahrung“ der Seele der jungen Menschen achten, um die Verkümmerung wichtiger Eigenschaften zu verhindern.

Das Experiment Nehmten

Die vorbereitenden Kurse in Nehmten bedeuteten ebenfalls als Erfahrungsgrundlage einen weiteren Schritt in der auf die Eröffnung von Weißenhaus zusteuernde Entwicklungslinie.

Die entscheidende Initiative zur Erprobung der Kurzschulmethoden in Deutschland und gleichzeitigen Möglichkeit der Präsentation dieser Erziehungsmethoden in der Öffentlichkeit entwickelte sich aus einem unerwarteten Ereignis. Der Hamburger Reeder Heinz Schliewen kaufte die beiden Großsegler „Pamir“ und „Passat“, die bereits zum Abwracken bestimmt waren. Schliewen beabsichtigte, die beiden Schiffe nach einer Modernisierung als Frachtschulschiffe in den Handelsdienst und in die Ausbildung des nautischen Nachwuchses zu stellen.

Die Schiffe sollten nach Fertigstellung des Umbaus Ende 1951 mit 50-60 Jugendlichen, denen eine nautische Ausbildung ermöglicht wurde, nach Brasilien auslaufen.[34] Nach einigen Gesprächen überzeugte Hahn Schliewen von der Bedeutsamkeit eines vorbereitenden Trainings für die Seekadetten vor der anstehenden Fahrt nach Brasilien, das ihnen Charakterstärke, Gemeinschaftsgefühl und Selbstdisziplin vermitteln sollte. Hahn orientierte sich dabei an seine mit der nautischen Abteilung in Gordonstoun gemachten Erfahrungen, wo seit dem Jahre 1941 Jugendliche, die den Beruf des Offiziers in der Handelsmarine ausüben wollten, ausgebildet wurden.[35]

Hahn und Schliewen vereinbarten, dass eine Vorausbildung der jugendlichen Seekadetten nach dem Outward-Bound-Muster durchgeführt werden sollte. Die DGEE bildete ein nautisches Komitee und übernahm die Trägerschaft für diese Unternehmung.[36] Die Landesregierung von Schleswig-Holstein stellte das Schloss Nehmten am Plöner See für die Kurse zur Verfügung. Nach Abschluss der Vorgespräche wurde der Hauptkurs in Nehmten mit Unterstützung der Reederei Schliewen, mehrerer Hamburger Wirtschaftsunternehmen und der Landesregierung Schleswig- Holsteins am 4.10.1951 unter Leitung des Vorstandsmitgliedes der DGEE, Fritz Christiansen-Weniger, eröffnet.[37]

Unter den 83 Kursteilnehmern waren 30 Flüchtlingskinder mit unterbrochener Schulausbildung, die dadurch eine neue berufliche Chance und Zukunftsperspektive erhielten.[38]

Das Programm des Kurses, an dessen Planung Kurt Hahn beteiligt war, orientierte sich weitestgehend an dem Vorbild Gordonstouns. Die aus dem englischen Vorbild entstandene theoretische und praktische Ausbildung in Erster Hilfe und Unfallverhütung gehörte zu dem für Nehmten typischen Merkmal, dass das Kursprogramm im Unterschied zu den Inhalten der Kurzschulerziehung auf eine spezielle Berufsausbildung ausgerichtet war.[39] Pullen, Wriggen, Knoten und Spießen waren Bestandteile der praktischen Ausbildung, die Takelung einer Viermastbark, Geschichte der Seefahrt und Englisch Merkmale der theoretischen fachlichen Ausbildung.[40] Daneben wurde die körperliche Ausbildung mit leichtathletischem Training, kraft- und geschicklichkeitsschulenden Übungen an den Geräten der Hindernisbahn und Gruppenwettkämpfen durchgeführt. Geistige Weiterbildung mit Englischunterricht, Lebenskunde, täglichen Morgenandachten und Vorträgen fand ebenfalls statt. [41]

Dem ersten fünfwöchigen Kurs in Nehmten schlossen sich zwei weitere an, da die Schiffe doch nicht wie vorgesehen am 15.11. fertig gestellt wurden, sondern erst am 15.12.1951 bzw. am 24.1.1952. Die Kurse wurden von der Deutschen Gesellschaft für Europäische Erziehung in einer Nachbetrachtung als „hervorragende Vorstudie für die Arbeit, die dann in der ersten ständigen deutschen Kurzschule in Weißenhaus geleistet werden sollte“ beurteilt.[42] Hahn betrachtete die vorbereitenden Kurse in Nehmten ebenfalls als „the forerunner of Weissenhaus.“[43] Innerhalb der Kurse in Nehmten wurden Methoden entwickelt, die bei der späteren Gründung von Weißenhaus übernommen worden sind:[44]

Das starke Interesse der Medien an den vorbereitenden Kursen in Nehmten steigerte den Bekanntheitsgrad der Hahnschen Erziehungsmethode um ein Beträchtliches.[45] Bei der Probefahrt der „Pamir“ am 15.12.1951 in Kiel hielt der damalige Bundespräsident Theodor Heuss eine Rede an Bord des Schiffes, in der er die Wichtigkeit der pädagogischen Arbeit von Kurt Hahn für die Jugendlichen in Deutschland hervorhob. Heuss stellte fest:[46] „Charakter ist kein Lehrfach mit Stundenzahl, sondern ein Vorleben des Beispiels, und nicht nur des Beispiels des Lehrers, sondern auch der Kameraden; das Bedeutendste des Unterfangens, das wir hier sahen, ist ja nun, daß die wechselseitige Erziehungskraft in der wohlgeordneten Gemeinschaft gewiß ein ‚bürgerliches’, ein berufliches Lebensziel hat, daß sie aber dieses berufliche Lebensziel in eine größere menschliche Sinngebung einzubetten weiß. Das Erziehungsprinzip findet seine eigentliche Erprobung erst in der Bewährung, und zwar besonders dann - das möchte ich gerade im Zusammenhang mit dem, was wir hier erleben, sagen-, wenn die nichtdomestizierte Natur dem Menschen unmittelbar gegenübersteht.“

Weißenhaus

Die Gewissheit der erfolgreichen Arbeit in Nehmten ermunterte Hahn, als nächsten Schritt zur Realisierung seiner Erziehungsmethode eine ständige Kurzschule in Deutschland zu eröffnen. Hahn hatte als Gründungsort schon seit längerem das Schloss Weißenhaus an der Hohwachter Bucht zwischen Lübeck und Kiel im Auge.[47]

Der Besitzer des Schlosses, Graf von Platen-Hallermund erklärte sich bereit, den größten Teil seines Schlosses und der näheren Umgebung gegen eine geringe Abnutzungsgebühr für die Dauer von 25 Jahren zur Verfügung zu stellen.

In Weißenhaus waren bereits zwei für die Kurzschulerziehung grundlegende Elemente verwirklicht. Die Entsprechung zu der in den Kurzschulen angestrebten sozialen Mischung lag für Hahn in der sich angesichts der Bedrohung des Meeres notwendigerweise ergebener Zusammenarbeit der gesamten Bevölkerung von Weißenhaus. Die zweite günstige Voraussetzung bestand darin, dass Weißenhaus mit einer Seenotrettungsstation der „Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger“, einer örtlichen Feuerwehr und einer Station des Roten Kreuzes von vornherein ein Rettungszentrum darstellte. So wurde die Kurzschule in ein lange bestehendes Rettungszentrum integriert, was bislang ein Novum darstellte, denn in allen anderen Kurzschulen wurde der Rettungsdienst erst nachträglich hinzugefügt.[48]

Eine Stiftung von 70000 Dollar aus den USA, die an die Bedingung gekoppelt war, dass von deutscher Seite derselbe Betrag bereitgestellt werden musste, schuf Ende des Jahres 1951 die Voraussetzungen für den Beginn der Vorbereitungsarbeiten in Weißenhaus. In Deutschland zeigten sich die „Deutsche Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger“ mit Geld- und Sachspenden, das Deutsche Rote Kreuz (DRK), die Landesregierung von Schleswig-Holstein, der Bundesjugendplan durch die Gewährung von Stipendien und verschiedene Reedereien für die finanzielle Unterstützung des Projektes Weißenhaus verantwortlich.

Der erste Kurs wurde am 4.6.1952 mit 40 Jugendlichen aus verschiedenen deutschen Industriefirmen und 30 Schülern aus Hamburg eröffnet.[49] Pro Jahr fanden neun Kurse von je vier Wochen Dauer, von März bis November, statt. Die Leitung der Kurzschule wurde Prof. Dr. Christiansen-Weniger nach dem erfolgreichen Experiment von Nehmten übertragen. Aus den Kursen in Nehmten konnte auch ein Großteil der Pädagogen für die Arbeit in Weißenhaus gewonnen werden.

Der Rettungsdienst sollte von Anfang an die Arbeit in Weißenhaus bestimmen:[50] „Nicht Leben zu zerstören, sondern Leben zu retten sollten die jungen Menschen lernen, die Bereitschaft zu helfen - und das Können, die Bereitschaft zur Tat werden zu lassen, wann immer es erforderlich wäre.“

Der in Weißenhaus durchgeführte Erste Hilfe-Kurs stand unter der Verantwortung des DRK. Rettungsboote und ein Raketenapparat mit Hosenboje wurden von der „Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger“ zur besseren Ausbildungsmöglichkeit zur Verfügung gestellt. Die australische Brandungsrettungsgesellschaft stiftete ein Spezialgerät für die Ausbildung zum Rettungsschwimmen, das in den Sommermonaten in die Kurse eingebaut wurde.

Um den Schutz des anliegenden Badestrandes zu gewährleisten und Notsignale von Schiffen an die Rettungsstation weiterzugeben, hielten die Schüler von Weißenhaus Tag und Nacht Küstenwache in einem extra eingerichteten Haus am Strand. In Notfallsituationen half die Weißenhauser Küstenwache bei Bergungsaktionen von kleineren Schiffen erfolgreich mit. Die Feuerwehr der Schule konnte bei Bränden in der näheren Umgebung zusammen mit der örtlichen Feuerwehr ihre Fähigkeiten beweisen.[51]

Der Erziehungsplan in Weißenhaus sah das körperliche Training vor, da es die Grundvoraussetzungen für den Einsatz im Rettungsdienst schuf. Ebenso wurden die seemännische Ausbildung, Landschaftskunde, Lebens- und Sozialkunde sowie Arbeitsgemeinschaften über politische und weltanschauliche Themen in den Mittelpunkt des Unterrichts gestellt.[52] Die Analyse der Erziehungspraxis in Weißenhaus von Schwarz ist zutreffend:[53] „Die Methode der Erziehung zum mitbürgerlichen Denken und Handeln durch den Weg des Erfahrenlassens der gegenseitigen Abhängigkeit des Menschen untereinander und der Verpflichtung des Individuums gegenüber der Gemeinschaft in herausfordernden Situationen des täglichen Zusammenlebens geht in der Kurzschule Hand in Hand mit der geistigen Vergegenwärtigung dieser menschlichen Grunderfahrung im Unterricht der Lebenskunde, in Arbeitsgemeinschaften, Vorträgen, Lesungen und Diskussionen.“

Im lebenskundlichen Unterricht war die eigene Erfahrung Anknüpfungspunkt für die anschließende Diskussion über Aspekte des menschlichen Miteinanders in der Gesellschaft. Die zentrale Aufgabe des Lebenskundeunterrichtes lag „in der Aufarbeitung der durch die Methoden der Kurzschule provozierten Gruppenerfahrung und in der Bewußtmachung der Erfahrung des Aufeinander- angewiesen-Seins in herausfordernden Situationen.“[54] In den Arbeitsgemeinschaften lernten die Schüler die Herausbildung der eigenen Stellungnahme und die Akzeptanz anderer Meinungen. Exkursionen zur Erforschung von Wald, Feld, Strand und Steilküste wurde im Landschaftskundeunterricht durchgeführt, wobei es hauptsächlich darum ging, die nähere Umgebung der Kurzschule geographisch, klimatisch und naturkundlich kennen zu lernen. Besuche von verschiedenen Städten in der Umgebung von Weißenhaus waren ebenfalls Bestandteil der Unterrichtsstunden in der Landschaftskunde, wobei dort vor allem historische und wirtschaftliche Themen angesprochen wurden.[55]

Die einzelnen Arbeitsgebiete wurden während eines Kurses von 4 Wochen Dauer folgendermaßen verteilt: 12 Stunden Lebenskunde, 10 Stunden Segeln und Rudern, 10 Stunden Knoten, je 12 Stunden Raketenrettungsapparat und Feuerwehr, 16 Stunden Erste Hilfe, 12 Stunden Hindernisbahn, 16 Stunden Leichtathletik, 16 Stunden Biologie und 12 Stunden Musik.[56]

In allen Bereichen der Ausbildung spielte die Erziehung zur Gemeinschaft und Verantwortung eine große Rolle. Die Schüler wurden in „Wachen“[57], einer Gruppe von 10-12 Personen, eingeteilt, in denen sich das Leben der Teilnehmer weitestgehend abspielte. Den „Wachen“ wurde ein Erwachsener als „Wachführer“ zur Seite gestellt. Innerhalb jeder „Wache“ wurde ein „Wachältester“ unter den Teilnehmern gewählt. Die einzelnen „Wachen“ saßen beim Essen zusammen, absolvierten gemeinsam ihre Ausbildung und trafen in Wettkämpfen auf die anderen „Wachen“.

In der ersten Zeit war es für die Kurzschule sehr schwierig, die zur Finanzierung der Einrichtung notwendigen Teilnehmer zusammenzubekommen.[58] Erst als mit Hilfe von „Freundschaftskreisen“ innerhalb der Wirtschaft Hahns Methoden eine größere Lobby fanden, stieg das Interesse der Firmen an, ihre jugendlichen Mitarbeiter zu einer Kurzschule zu entsenden.[59] Hahn bemerkte dabei nicht die mögliche finanzielle Abhängigkeit von der Großindustrie, die Einfluss auf den Inhalt der Kurse in Weißenhaus nehmen könnte. Die Teilnahme von Schülern an den Kursen in Weißenhaus war äußerst problematisch. Außerhalb der beiden Ferienmonate Juli und August waren wenige Schulen und Eltern dazu bereit, das Risiko eines vierwöchigen Schulausfalls auf sich zu nehmen.

Erst durch den Vorstoß des damaligen Leiters der Abteilung Höhere Schulen im Kultusministerium von Schleswig- Holstein, Ministerialrat Möhlmann, während der Schulzeit ganze Klasenverbände für den Besuch von Weißenhaus zu beurlauben, stieg die Zahl der Jugendlichen in den Kurzschulen stetig an.[60] Mit der Zeit machten auch andere Bundesländer außer Schleswig Holstein von der Möglichkeit Gebrauch, Schulklassen nach Weißenhaus zu entsenden.

Die Kurzschule Weißenhaus beschäftigte sieben festangestellte Lehrer für die seemännische Ausbildung, die Feuerwehrausbildung, die Erste Hilfe-Übungen und Landschaftsbiologie. Weiterhin waren in jedem Kurs drei bis fünf Hilfserzieher vorübergehend tätig.[61] Dies waren in der Regel Studienreferendare, die von den Bundesländern beurlaubt wurden, um in Weißenhaus praxisorientierte Erfahrungen im Umgang mit Schülern zu sammeln. Die meisten der Referendare gewannen positive Eindrücke von der Arbeit in Weißenhaus und vermittelten die gesammelten Erfahrungen in den Höheren Schulen weiter.[62] Dies bedeutete für die Schule Weißenhaus eine wertvolle Gelegenheit, die Methoden der Kurzschulerziehung auch in den Höheren Schulen im gesamten Bundesgebiet bekannt zu machen.

Nach ihrem eindrucksvollsten Erlebnis ihres Aufenthalts befragt, entschieden sich viele Kursteilnehmer für die zweitägige Fahrt mit dem Motorsegler der Schule über die westliche Ostsee.[63] Diese Fahrt stellte eine besondere Bewährungsprobe für die körperliche Fitness und die in der seemännischen Ausbildung gelernten Fähigkeiten dar. Es wurde deutlich, dass innerhalb des gesamten Erziehungsprogramms der Kurzschule die Expeditionen bei den Kursteilnehmern den nachhaltigsten Eindruck hinterließen.[64] Weiterhin besaß das Erlebnis der Natur und der Kameradschaft einen hohen Stellenwert. Ein Schüler schrieb ein Jahr nach seinem Aufenthalt in Weißenhaus:[65] „Die Landschaft hat mich sehr beeindruckt, und ich möchte sagen, daß sie und das besonders gute Verhältnis zu den Kameraden zu meinen besten Erinnerungen an Weißenhaus gehören. Die verschiedensten Kenntnisse, die ich in Weißenhaus erwarb, sind zum größten Teil verloren oder verdunkelt.“

Während der Flutkatastrophe im Jahre 1962 an der Nordsee zeigte sich die Bedeutsamkeit der erlernten Kenntnisse des Rettungsdienstes in der Kurzschule Weißenhaus. Ein Bericht einer Hamburger Firma über den Einsatz ihrer Lehrlinge bestätigte dies:[66] „Die Weißenhäuser waren den anderen Lehrlingen dadurch überlegen, daß sie wußten, wie man Menschen und Dinge anfaßt, die man bergen will. (...) Mehrere kamen auch mit ihren technischen Kenntnissen, die sie bei der Feuerwehrausbildung gelernt hatten, zum Zuge und konnten sich zum Erstaunen aller hervorragend nützlich machen, daß sie die Geräte im Handumdrehen anzuschließen verstanden (...). So ist dies während der Hamburger Katastrophentage deutlich geworden, daß die souveräne Anwendung der Rettungs- und Hilfsmethoden wesentlich ist, ebenso wie die innere Sicherheit, entschlossen zuzugreifen.“

Nach einem Belegungsboom der 50er und 60er Jahre musste die Kurzschule Weißenhaus im Jahre 1975 wegen zu geringer Auslastungsmöglichkeiten geschlossen werden. Ziegenspeck und Händel machten noch andere Gründe für die Schließung Weißenhaus’ aus:[67] „Die Entwicklung des Fremdenverkehrs am Weißenhäuser Strand, vor allem die Einrichtung von Schießplätzen der Deutschen Bundeswehr westlich und östlich der Hohenwarter Bucht, machten einen normalen Kursbetrieb unmöglich.“

Baad

In den Jahren 1953 bis 1965 steigerte sich die Belegungszahl von Weißenhaus von 608 Teilnehmern bis zur Höchstkapazität von 858 Schülern. Manchmal waren die Anmeldungszahlen derart hoch, dass vielen Jugendlichen eine Absage erteilt werden musste. Diese Entwicklung und die Gefahr, dass Weißenhaus in Deutschland nur als einmaliges Experiment angesehen werden könnte, zwangen die Verantwortlichen der DGEE zum Nachdenken.[68]

Daraufhin entschloss sich die DGEE neben einer Kurzschule an der See eine weitere in den Bergen zu eröffnen. Die American-British Foundation erklärte sich bereit, 50.000 Dollar für die Gründung einer zweiten Kurzschule unter der Bedingung zur Verfügung zu stellen, dass aus Deutschland dieselbe Summe aufgebracht wurde. Durch finanzielle Zuwendungen des Bundesjugendplanes und führender Wirtschaftsunternehmen wurde im Mai 1956 die Vorgabe der American- British Foundation erfüllt. Nach der Prüfung verschiedener Projekte entschied man sich letztlich für Baad in den Bayrischen Alpen.[69] Das von Bergen umgebene Baad am hinteren Ende des Kleinwalsertals besaß die besten Voraussetzungen zur Einführung des Bergrettungsdienstes.[70]

Die Eröffnung der Kurzschule Baad erfolgte am 1.8.1956. In Baad wurde ein nach Sommer- und Winterkursen differenziertes Unterrichtsprogramm durchgeführt; damit war sie die einzige Kurzschule der Welt, wo zwei unterschiedliche Kurstypen nebeneinander existierten.[71] Im Sommer bildete die Bergausbildung, Hochgebirgstouren und der Rettungsdienst für in Not geratene Alpinisten den Schwerpunkt des Unterrichtsplans. Dagegen orientierte man sich im Winter auf den touristischen Skilauf mit den entsprechenden Rettungsübungen.

Der Ausbildungsplan in Baad ähnelte demjenigen in Weißenhaus: körperliches Training, Feuerwehrdienst, die Einweisung in Erster Hilfe, Landschafts- und Sozialkunde standen im Mittelpunkt der Erziehung. Innerhalb eines Jahres fanden neun Kurseinheiten statt, von denen vier als Winterkurse und fünf als Sommerkurse angeboten wurden.[72]

Der Rettungsdienst stellte das wichtigste Erziehungsmittel in Baad dar.[73] Die Kurzschule war mit allen notwendigen Geräten für Rettungseinsätze im Sommer wie im Winter ausgestattet. Im Bergrettungstraining lernten die Jugendlichen das Abseilen von verunglückten Personen über unwegsame Hindernisse (Akja) sowie das Absuchen einer Lawine mit Hilfe moderner Sonden. Der Umgang mit dem schuleigenen Sprechfunkgerät und die Absolvierung einer Feuerwehrausbildung, um den Feuerschutz für Baad selbständig übernehmen zu können, war ebenfalls Bestandteil des Unterrichtsplans. Nach den Richtlinien des DRK fanden mehrere Lehrgänge in Erster Hilfe statt. Die Kurzschule arbeitete mit mehreren benachbarten Rettungsstationen wie der Bayrischen Bergwacht, der lokalen Polizeistation und dem österreichischen Bergrettungsdienst zusammen. Damit wurde die Forderung Hahns erfüllt, dass die Kurzschule für Aufgaben, die ihre unmittelbare Umgebung an sie richtete[74], gewappnet sein musste. Schwarz zählte im Rettungsbuch der Schule bis zum August 1965 86 Einsätze innerhalb von 70 Kursen, d.h. Einsätze im Ernstfall wurden häufig durchgeführt.[75]

Die Kurzschule bezog in den von Hahn geforderten Dienst am Nächsten auch die Bevölkerung des Kleinwalsertals mit ein:[76] „Auch die Bauern merkten, daß sie Helfer in den Schülern hatten. Sie müssen sehr überrascht gewesen sein, als eines Tages bei der Heuernte in drohender Gewitterstimmung plötzlich die gesamte Schule ‚ausschwärmte’ und ihnen in geradezu leidenschaftlicher Hingabe das Heu mit einbringen half, bevor es der Regen durchnäßt hätte. (...) Bei der Überschwemmung am Bach, als die Holzbrücke weggerissen zu werden drohte, standen die Jungen in Gummistiefeln bei strömendem Regen dort und lenkten mit Stangen das reißende Geröll in die richtige Wasserrinne.“

Die Bergausbildung im Sommer und die Skiausbildung im Winter verfolgten weiterhin das Ziel, den Teilnehmern Leistungserfahrungen zu vermitteln, mit denen sie selbst nicht rechneten. Beim Skilaufen machten die Anfänger meistens 80- 90 % der Teilnehmer aus. Die meisten der Anfänger erwarben bereits innerhalb einer Woche die Grundvoraussetzungen für die erste alpine Hochtour und zeigten bei Wettkämpfen am Ende des Kurses Steigerungen ihres Leistungsvermögens. So urteilte ein Schüler aus Baad nach Kursende:[77] „Meine persönlichen Bestleistungen, die ich in der Kurzschule beim Sport erreichte, stärkten mein Selbstvertrauen.“

Im Landschaftskundeunterricht kam es darauf an, nicht nur die Kenntnis einzelner Pflanzen oder Tierarten den Schülern zu vermitteln, sondern vielmehr die ökologischen Zusammenhänge zu veranschaulichen. Um den Schülern die direkte Erfahrbarkeit und Beobachtung zu ermöglichen, wurden regelmäßige Exkursionen durchgeführt. Als Ergänzung dazu wurden zu den unterschiedlichsten Themen Arbeitsgemeinschaften angeboten, die je nach Interessenslage der Jugendlichen frei gewählt werden konnten.[78]

In Baad wurden besonders die Bergtouren in den Allgäuer Alpen, die Nächte in abgelegenen Berghütten oder die Abende auf der schuleigenen Hütte als gemeinschaftsstiftende Situationen empfunden. Die Tatsache, dass eine kleine Gruppe von Jugendlichen verschiedenster Herkunft abgeschnitten von der Umwelt zur Kooperation gezwungen wurde, um die besonderen Anforderungen ihrer Situation zu bewältigen, ließ ein intensives, für die meisten Teilnehmer unbekanntes Zusammengehörigkeitsgefühl entstehen.[79]

In Zusammenarbeit mit der Kurzschule Baad fand im April 1965 im benachbarten Hirschegg der „erste Kurzschulkurs für Mädchen“ statt.[80] Aufgrund der positiven Erfahrungen des ersten Kurses wurden in den folgenden Jahren regelmäßig weitere „Mädchenkurse“ angeboten. In diesen Kursen stand nicht wie bei den Jungen die Vorbereitung zum Rettungseinsatz mit der Bergwacht in Baad im Vordergrund, sondern die Erste Hilfe-Ausbildung. Mit dieser geschlechtsspezifischen Erziehung sollte der „Gefahr entgegengewirkt werden“, dem „Mädchenkurs“ einen „maskulinen Charakter“ zu verleihen. Des Weiteren wurde die Ansicht vertreten, „typische weibliche Verhaltensweisen fördern zu wollen“; um die Schülerinnen auf „ihre spätere Rolle als Ehefrau und Mutter vorzubereiten“.[81] Erst im Jahre 1970 kam es zur Durchführung erster Koedukationskurse.

Im August 1965 wurde erstmals von der Kurzschule Baad ein Ergänzungslehrgang in Form einer Hochtourenwoche durchgeführt, um das durch den ersten Aufenthalt erworbene Wissen zu vertiefen. Unter der Leitung eines Bergführers bewanderten zwölf Teilnehmer mehrere Tage lang die Silvretta. In den beiden folgenden Jahren wurden weitere Ergänzungskurse in den Stubaier Alpen, den Ötztaler Alpen und in den Bergen des Aostatals angeboten.

Die Kurzschule Baad pflegte durch das Angebot von Sonderkursen internationale Kontakte. Im Jahre 1966 führte die Schule im Auftrag des deutsch-französischen Jugendwerkes zweiwöchige Spezialkurse für Mädchen und Jungen aus Frankreich und Deutschland durch. Infolge der Vermittlung der Bundesregierung fand im Juli 1967 ein Sonderlehrgang für Jugendbetreuer aus Marokko statt, wodurch bilaterale Kontakte entstanden. Des Weiteren nahm im Rahmen eines deutsch-sowjetischen Alpinistenaustauschs im Jahre 1975 eine Gruppe von 15 Personen aus Sibirien an einem Kurs in Baad teil.[82]

Der These Schwarz ist zutreffend, dass die deutschen Kurzschulen innerhalb der weltweiten Kurzschulbewegung in manchen Punkten eine Eigenentwicklung durchmachten.[83] Die wesentlichen Merkmale der deutschen Kurzschulen gegenüber den englischen oder überseeischen Schulen lagen in drei Punkten:[84]

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Fußnoten

  1.  ↑ Fischer, T.: Erlebnispädagogik. Das Erlebnis in der Schule, Lüneburg 1998, S. 117
  2.  ↑ Dilthey, W.: Gesammelte Schriften, Bd. 5, Leipzig 1924, S. 139- 240
  3.  ↑ Dilthey, W.: Das Erlebnis und die Dichtung, 5. Aufl., Leipzig/ Berlin 1913
  4.  ↑ Dilthey, Gesammelte Schriften, a.a.O., S. 313
  5.  ↑ Ebd. S. 314
  6.  ↑ Neubert, W.: Das Erlebnis in der Pädagogik, 2. Aufl., Lüneburg 1990; Vgl. dazu auch Fischer, T./Ziegenspeck, J. W.: Handbuch Erlebnispädagogik. Von den Ursprüngen bis zur Gegenwart, Bad Heilbrunn 2000, S. 198 ff
  7.  ↑ Vgl. auch dazu Fischer, Erlebnispädagogik, a.a.O, S. 118 ff
  8.  ↑ Neubert, Das Erlebnis in der Pädagogik, a.a.O., S. 46
  9.  ↑ Nähere Informationen zur Arbeitsschulbewegung in: Röhrs, H.: Reformpädagogik, Hannover u.a 1980, S. 181- 209
  10.  ↑ Fischer, Erlebnispädagogik, a.a.O., S. 119
  11.  ↑ Ebd. S. 87 ff
  12.  ↑ In der Zeit unmittelbar nach dem Ende des 2. Weltkrieges bis zum Beginn des Jahres 1949 unternahm Hahn trotz seiner aufwendigen Arbeit als Leiter von Gordonstoun 10 Besuche in Deutschland. Vgl. Hahn, A letter to Bishop Lilje, a.a.O., S. 1
  13.  ↑ Schwarz, Die Kurzschulen Kurt Hahns, a.a.O., S. 88 f
  14.  ↑ Hahn, K.: The state of the young in Germany. Impressions gathered on a journey through Germany in April 1946, Inverness 1946, S. 7
  15.  ↑ Hahn, A letter to Bishop Lilje, a.a.O., S. 1. In diesem Zusammenhang sprach Hahn von „disillusioned young people“ und kam zu der Erkenntnis: „Cynicism is rife in Germany today“.Vgl. Hahn, K.: Diagnosis. Submitted to the High Commissioner early 1950, Aberdeen 1950, S. 1
  16.  ↑ Hahn, The state of the youth in Germany, a.a.O., S. 15
  17.  ↑ Wie Hahn war auch Mc Kittrick um den Zustand der Jugend in Deutschland besorgt: „Our policy in germany attached too little importance to the youth of that country. Much had been achieved since the collapse and chaos of 1945, but it was only to clear that no spiritual aheet-ancor had yet been found for a democratic Germany (...). The problem was to find an instrument that could attain this goal.“. Zitiert aus: Lawrence, L.: Outward Bound. Rugged Challenge for Teen-Agers, in: Reader’s Digist. Pleeasantville, 42 Jg., Vol.82, No.492, April 1963, S. 183-191, hier: S. 188
  18.  ↑ Hahn reiste in den Jahren 1948 und 1949 in die Vereinigten Staaten, um der Gruppe um Mc Kittrick detaillierte Modelle seiner geplanten Kurzschulen in Deutschland vorzulegen. Vgl. Hahn, A memorandum, a.a.O. und Hahn, K.: Additional memorandum, New York 1949
  19.  ↑ Außer Hahn waren auf dieser Konferenz noch zwölf weitere Personen aus Deutschland vertreten, darunter Minna Specht, die Leiterin der Odenwaldschule, Fritz Christiansen-Weniger, der Oberleiter der Lietz-Schulen, der Ministerialrat Carl Möhlmann aus dem Kultusministerium Schleswig- Holsteins, Walter Hartmann, der Generalsekretär des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) und Theodor Bäuerle, der Kultusminister von Baden-Württemberg.
  20.  ↑ Deutsche Gesellschaft für Europäische Erziehung: Satzungen. Programm. Mitglieder, Privatdruck 1952, S. 2 ff
  21.  ↑ Zitiert aus Schwarz, Die Kurzschulen Kurt Hahns, a.a.O., S. 92
  22.  ↑ Vgl dazu Hahn, K.: Gästehaus in Gordonstoun, Privatdruck o.J., S. 1
  23.  ↑ 130 Personen aus pädagogischen Berufen, Behörden, Betrieben bekamen die Gelegenheit, in Gruppen von je 10-12 Teilnehmern die Schule in Gordonstoun zu besuchen und näher kennen zu lernen. Vgl. Richter, G.: Die deutschen Kurzschulen- ihre Entstehung und Entwicklung, in: Röhrs, Bildung als Wagnis und Bewährung, a.a.O., S. 304. Eine weitere wichtige Maßnahme zur Kenntnisnahme der Kurzschulerziehung in der Öffentlichkeit war die Vortragsreise von Spencer Summers, einer der Begründer der englischen Outward-Bound-Bewegung und der damalige Vorsitzende des Outward-Bound-Trust, im Jahre 1953. Im Auftrag des englischen Auswärtigen Amtes reiste Summers durch Deutschland und referierte über die Kurzschulidee in England und Deutschland. Vgl. dazu Summers, S.G.: Kurzschulen- Outward Bound Schools, Winsen/Luhe 1953
  24.  ↑ Reformpädagogik ist die praktische und theoretische Erneuerung von Erziehung in pädagogischen Institutionen, eine Sammelbewegung für eine interne pädagogische Bewegung ab etwa dem Jahre 1890, deren Mitglieder ab dem Jahre 1920 im World Education Fellowship organisiert waren. Die Reformpädagogik war historisch ein Konglomerat von radikal sozialistischen, unpolitischen, kulturkritischen, naturalistischen Impulsen - von Rousseau, Pestalozzi, Goethe, Marx, Fröbel u. a hergeleitet- mit dem verbindenden Ziel, in pädagogisch- alternativ gestalteten Institutionen die Selbständigkeit der Jugendlichen, die freie Entfaltung sowie die soziale und politische Verantwortung als ganzheitliche Persönlichkeit zu bewirken. Stellvertretend für die damalige Zeit bemerkte Hermann Lietz: „Es handelt sich heute nicht mehr um bloße Überlieferung einiger als sicher angenommener, eng begrenzter Wissensgebiete, nicht mehr allein um Unterricht, sondern um Charakterbildung, Anleitung zu einer befriedigenden Lebens- und Weltanschauung. Ausbildung aller guten körperlichen, geistigen, sittlichen Anlagen und Kräfte der Kinder, Anleitung zum Verständnis und zur Mitarbeit an dem gewaltig gewachsenen Kreis neueren Kulturlebens und naturwissenschaftlich- technischen und politisch- gesellschaftlichen Gebietes, um religiöse, sittliche, vaterländische, staatsbürgerliche und künstlerische Erziehung.“(Lietz zitiert in: Schäfer, W.: Das Selbstverständnis der Landerziehungsheime in Geschichte und Gegenwart und die Konsequenzen für die Zukunft, in: Neue Sammlung, 4. Jg., Göttingen 1964, S. 51- 64, hier: S. 54). Einen guten Überblick über die Reformpädagogik liefert Scheibe, W.: Die reformpädagogische Bewegung 1900-1932, 9. Auflage, Weinheim 1984; Röhrs, H.: Die Reformpädagogik, 4. Auflage, Weinheim 1994; Röhrs, H./ Lenhart,V.(Hrsg.): Die Reformpädagogik auf den Kontinenten, Frankfurt/M. 1994; Oellers, J.: Reformpädagogik. Eine kritische Dogmengeschichte, Weinheim 1989; Oellers, J.: Unmittelbarkeit als Programm: Zur Aktualität der Reformpädagogik, in: Heckmair, B. u. a.: Erlebnispädagogik: Mode, Methode oder mehr?, München 1992, S. 96- 116; Flitner, W./ Kudritzki, G. (Hrsg.): Die deutsche Reformpädagogik, Düsseldorf 1962
  25.  ↑ Vgl. Neubert, Das Erlebnis in der Pädagogik, a.a.O. S. 24
  26.  ↑ Ziegenspeck, Erlebnispädagogik, a.a.O., S. 139
  27.  ↑ Ebd. S. 141
  28.  ↑ Ebd. S. 13
  29.  ↑ Ebd. S. 15
  30.  ↑ Ebd. S. 17
  31.  ↑ Ebd.
  32.  ↑ Ebd. S. 20
  33.  ↑ Ebd.
  34.  ↑ N.N.: Bald segelt die „Pamir“ unterm Passat, in: Die Neue Zeitung, Nr.10, 12.1.1952, S. 17
  35.  ↑ Linn/Picht/Specht, Erziehung zur Verantwortung, a.a.O., S. 57
  36.  ↑ Richter, Die deutschen Kurzschulen-ihre Entstehung und Entwicklung, in: Röhrs, Bildung als Wagnis und Bewährung, a.a.O, S. 302
  37.  ↑ Schmidt, F.: Wieder Langreisesegler unter deutscher Flagge. Von der Arbeit der Schliewensegler, in: Seemannskalender, 27 Jg., Heft 54, Januar 1952, S. 3-9, hier: S. 7. Zur selben Zeit fand in Gordonstoun der „Dunkinty Course“ für 15 deutsche und 5 englische Seekadetten statt; diese Gruppe stieß am 12.11.1951 zum Vorbereitungskurs in Nehmten.
  38.  ↑ Christiansen-Weniger, F.: Kurzschule Nehmten. Versuch einer Vorausbildung des nautischen Nachwuchses für unsere Handelsmarine, in: Die Sammlung, 7 Jg., Heft 7/8, Juli/ August 1952, S. 326- 336, hier: S. 329 f
  39.  ↑ Weber / Ziegenspeck, Die deutschen Kurzschulen. Historischer Rückblick-Gegenwärtige Situation-Perspektiven, a.a.O., S. 114
  40.  ↑ Christiansen- Weniger, Kurzschule Nehmten, in: Die Sammlung, a.a.O., S. 331 f
  41.  ↑ Loschew, P.: Kutter, Knoten und Kadetten. Das Experiment von Nehmten. Ordnung ohne Drill und selbstverständliche Kameradschaft, in: Die Zeit, 6. Jg., Nr.46, 6.12.1951, S. 2
  42.  ↑ Deutsche Gesellschaft für Europäische Erziehung e.V.: Ein Bericht, Duisburg 1953, S. 9
  43.  ↑ Hahn, K.: Report to the chairman of the London Advisory Committee and the president of the American-British Foundation of European Education, 1st April 1952, London 1952, S. 4
  44.  ↑ Schwarz, Die Kurzschulen Kurt Hahns, a.a.O., S. 94
  45.  ↑ N.N.: Vor der Fahrt ins Leben. Kurzschulen für Jungen in England und Deutschland, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, Nr. 254, 31.10.1953, S. 13
  46.  ↑ Heuss, T.: Erwiderung des Bundespräsidenten anlässlich der Probefahrt des Fracht- Segelschulschiffes „Pamir“ in Kiel am 15. Dezember 1951, in: N.N.: Ansprachen. Privatdruck o.J., S. 16-20, hier: S. 17
  47.  ↑ Hahn bemerkte, dass sich hier eine „von Gott gesandte Möglichkeit bot, eine Kurzschule einzurichten“. Vgl. Hahn, A letter to Bishop Lilje, a.a.O., S. 3. Ausführliche Informationen dazu liefert Lüding, W.: Die Kurzschule Weißenhaus, in: Hamburger Lehrerzeitung, 10 Jg., Heft 5, Hamburg 1957, S. 1-9, hier: S. 3
  48.  ↑ Möhlmann, C.: Die Kurzschule Weißenhaus, in: Die Sammlung, 10 Jg., Göttingen 1955, S. 271- 280, hier: S. 273 f
  49.  ↑ Ebd. S. 275
  50.  ↑ Richter, Die deutschen Kurzschulen, in: Röhrs, Bildung als Wagnis und Bewährung, a.a.O., S. 304
  51.  ↑ Richter/Münch, Kurzschule und Charakterbildung, a.a.O., S. 88
  52.  ↑ Kipphoff, P.: Erziehung durch die See. Zum zehnten Geburtstag eines Experimentes, das schon lange ein Erfolg ist, in: Die Zeit, 17. Jg., Nr. 23, 8.6. 1962, S. 13
  53.  ↑ Schwarz, Die Kurzschulen Kurt Hahns, a.a.O., S. 97
  54.  ↑ Weber/ Ziegenspeck, Die deutschen Kurzschulen, a.a.O., S. 123
  55.  ↑ Brüll, H.: Landschaftskunde in Weißenhaus, in: Waldjugenddienst. Pädagogische Vierteljahrszeitschrift für Schule und Jugendführer, 5. Jg., Nr. 3, September 1957, S. 5- 6, hier: S. 5
  56.  ↑ Aus der Verteilung der Stunden für die einzelnen Arbeitsgebiete ging hervor, dass der Rettungsdienst mit zusammen 48 Stunden einen Hauptanteil an den Gesamtstunden einnahm. Wenn man wie Weber und Ziegenspeck die Segel-, Ruder- und Knotenausbildung mit zusammen 20 Stunden und das körperliche Training mit 28 Stunden als Vorausbildung mit zur Rettungsausbildung rechnete, lag der Anteil der dem Rettungsdienst zugeordneten Stunden bei ca. 2/3 der Gesamtstunden. Vgl. Weber/ Ziegenspeck, Die deutschen Kurzschulen; a.a.O., S. 121. Aus dieser Auflistung ging eindeutig hervor, dass der Rettungsdienst den Mittelpunkt der Erziehungsarbeit in Weißenhaus ausmachte.
  57.  ↑ Aufgrund der zentralen Bedeutung der Küstenwache und anderer Rettungsdienste für die Kurzschularbeit in Weißenhaus bekamen die Gruppen die Bezeichnung „Wache“.
  58.  ↑ Dies wurde noch erschwert durch den im Nachrichtenmagazin „Spiegel“ am 1.9.1954 erschienenen Artikel „Wenn Du eingezogen wirst“. In diesem Artikel wurde Weißenhaus als „Ertüchtigungslager mit militärischen Vorübungen“ bezeichnet. Insgesamt gesehen verzerrte der Artikel die Erziehungsziele in Weißenhaus; der Name Hahn, die historische Entwicklung der Erlebnistherapie und der Rettungsdienst fanden dort keine Erwähnung. Auch die Worte des Leiters Christiansen- Weniger bei der Planung der Kurse in Nehmten wurden übergangen: „Dabei wollten wir versuchen zu inneren Disziplin zu gelangen, ohne äußeren Zwang und Drill als Krücke zu benutzen. Alle pseudo- militärischen Formen und auch jeden Anklang an sie wollten wir in Nehmten vermeiden. Darauf lege ich, angeregt durch den Besuch in England, besonderen Wert. In den englischen Kurzschulen war und deutschen Gästen manche Form als zu militaristisch, für uns überholt und unbrauchbar aufgefallen.“ Vgl. Christiansen-Weniger, Kurzschule Nehmten, in. Die Sammlung, a.a.O., S. 328. Auf Hahns Aussagen „Es ist nicht der Krieg, der die menschliche Seele zum höchsten Einsatz bringt. Die Leidenschaft des Rettens entbindet die stärkere Dynamik.“ (vgl. Hahn, K.: Rückblick. Rundfunkvortrag am 22.10.1950 (BBC London), in: Die Sammlung, 8 Jg., Heft 12,Göttingen 1953, S. 579) und „Dienst am Nächsten-Dienst am Frieden!“ (vgl. Hahn, K.: Grundriss eines pädagogischen Testaments. Hektographierter Entwurf, Salem 1966, S. 1) wurde in dem Artikel ebenfalls nicht eingegangen.
  59.  ↑ Vgl. dazu Gerlach, E.: Ungewöhnliche Erziehung-ungewöhnliche Landschaft-Bewährung im Abenteuer, in: Phönix- Rheinrohr (Düsseldorf), Nr.19, Mai 1958, S. 6- 7; Meseke, H.: Unternehmen Stranddistel, in: Unser Pütt. Informationen der Essener Steinkohlebergwerke AG und des Mannesmann- Erzbergbaues, Heft 11, Essen 1960, S. 18- 19 oder N. N.: Die Stranddistel: Symbol einer neuen Generation. Zehn jugendliche Belegschaftsmitglieder bei einem Kurzlehrgang in Weißenhaus/Ostsee, in: Der Kumpel. Werkszeitung der Bergwerksgesellschaft Walsum AG, 13 Jg., Nr. 43, 1.11.1963, S. 3- 5
  60.  ↑ Voggenreiter, H./Leese, R.: Schule für Abenteuer und Bewährung. Kurzschule Weißenhaus in Holstein, in: Jugend in Freiheit und Verantwortung, Bad Godesberg 1961, S. 124-143, hier: S. 134 f
  61.  ↑ Richter, Die deutschen Kurzschulen, in: Röhrs, Bildung als Wagnis und Bewährung, a.a.O., S. 306
  62.  ↑ Münch, H.: Die Kurzschule, in: Basler Schulblatt (1967), 28 Jg., Heft. 3, S. 70-76. hier: S. 72
  63.  ↑ Vgl. dazu Jäger, H.J.: War Weißenhaus sinnlos?, in: Schulzeitung der Gesamtschule Nordweststadt, 2. Jg., No.2, Frankfurt/M. 1966, S. 20-21; Pauli, G.: Bericht über die Teilnahme der Klasse 7a der Rupprecht-Oberrealschule München an einem Lehrgang der Kurzschule Baad vom 4. Juni bis 1. Juli 1957, München 1957, S. 3 f oder Straube, H./ Hartmann, E.: Erfahrungsberichte über den Aufenthalt der Klasse 10a der Mittelschule Peine in Baad im Kleinen Walsertal, Peine 1963, S. 22- 24
  64.  ↑ Schwarz, K.: Expeditionen und Rettungsdienst als pädagogische Zentren in den deutschen Kurzschulen, in: Röhrs, Bildung als Wagnis und Bewährung, a.a.O., S. 311- 325, hier: S. 311
  65.  ↑ Zitiert aus Ebd., S. 313
  66.  ↑ Zitiert aus Schwarz, Die Kurzschulen Kurt Hahns, a.a.O., S. 192
  67.  ↑ Ziegenspeck, J.W./ Händel, U.: „Pädagogik mit Segeln und Bergsteigen“, in: betrifft Erziehung, 16 Jg., Nr.12 (1983), S. 56-63, hier: S. 61
  68.  ↑ Richter, Die deutschen Kurzschulen, in. Röhrs, Bildung als Wagnis und Bewährung, a.a.O., S. 308
  69.  ↑ Vor der Festlegung auf Baad wurden 60 Projekte in den Bayrischen Alpen von der DGEE einer eingehenden Prüfung unterzogen.
  70.  ↑ Die Umgebung von Baad erwies sich als „prädisponiert zur Einführung des Bergrettungsdienstes als dem wichtigsten Erziehungsmittel“. Vgl. Schwarz, Die Kurzschulen Kurt Hahns, a.a.O., S. 99
  71.  ↑ Ebd.
  72.  ↑ Pauli, G.: Die Kurzschule Baad, in: Neues Land. Zeitschrift des Bayrischen Philologenverbandes, 12 Jg., Heft 4, Juli 1960, S. 82-86, hier: S. 83 f
  73.  ↑ Vgl. dazu Wittig, H.: Die Kurzschulen Kurt Hahns, in: Westermanns Pädagogische Beiträge, 15. Jg., Nr.11, November 1961, S. 231-232 und Bondy, B.: Die Leidenschaft des Rettens. Zu einem pädagogischen Jubiläum, in: Süddeutsche Zeitung, Nr. 46, 22.2.1962, S. 5
  74.  ↑ Hahn sprach davon, dass seine Schulen als „core“ und „centre for the district“ wirken sollten. Vgl. Hahn, A letter to Bishop Lilje, a.a.O., S. 4
  75.  ↑ Schwarz, Die Kurzschulen Kurt Hahns, a.a.O., S. 189
  76.  ↑ Richter/Münch, Kurzschule und Charakterbildung, a.a.O., S. 82
  77.  ↑ Zitiert aus Schwarz, Die Kurzschulen Kurt Hahns, a.a.O., S. 167
  78.  ↑ Richter/ Münch, Kurzschule und Charakterbildung, a.a.O., S. 59 ff
  79.  ↑ Vgl. dazu Passarge, W.: Die Kurzschule Baad, in: Die Musterschule. Schulzeitung der Musterschule Frankfurt/M., Nr. 3, September 1957, S. 4- 5 ; N.N.: Im Zeichen der Silberdistel. Berichte und Bilder vom Aufenthalt der Klasse 11a in der Kurzschule Baad vom 6. Oktober bis 3. November 1962. Sondernummer des „Gymnasiums für Jungen in Harburg“ (GJH), 10.3.1963, S. 15-18 oder Ebert, K.- H.: Die Kurzschule Baad, in: Schule Schloss Salem, Nr. 36, 1956/ 57, S. 14-16
  80.  ↑ Weber/ Ziegenspeck, Die deutschen Kurzschulen, a.a.O., S. 131
  81.  ↑ Gronefeld; G.: Urlaub ohne Freizeit. Kurzschule Haus Bergengruen (über Mädchenkurse in Hirschegg), in: Westermanns Monatshefte, 108. Jg. (1967), S. 52- 59, hier: S. 54 ff
  82.  ↑ Weber/ Ziegenspeck, Die deutschen Kurzschulen, a.a.O., S. 182
  83.  ↑ Schwarz, Die Kurzschulen Kurt Hahns, a.a.O., S. 103
  84.  ↑ Ebd. S. 102 f
  85.  ↑ Hahn hielt die Begegnung von Lehrlingen und Schülern für besonders wichtig: „The academically minded person and the manual worker should discover a common basis of humanity through overcoming difficulties and facing dangers in company with each other.“ Vgl. Hahn, Diagnosis. Submitted to the High Commissioner early 1950, a.a.O., S. 3.