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Besucherzäler

Jennifer Ackermann: Die Genies der Lüfte

Die erstaunlichen Talente der Vögel

Rowohlt, Reinbek 2017

Die Autorin Jennifer Ackerman berichtet in dem Buch von ihren Besuchen bei Ornithologen auf der ganzen Welt. Sie verbindet persönliche Anekdoten und Reisereportage mit neusten wissenschaftlichen Erkenntnissen. Neuere Erkenntnisse in die Struktur des Vogelgehirns und eine Vielzahl von Studien über kognitive Fähigkeiten von Vögeln führten seit Beginn des neuen Jahrtausends zu einem revidierten Bild sowohl über ihren Gehirnaufbau als auch über die Gedankenleistungen von den „Genies der Lüfte“. Die beschriebenen Fähigkeiten waren zuvor nur bei Menschen und Primaten für möglich gehalten worden. Vögel „stellen eine der großen Erfolgsgeschichte der Natur dar, indem sie immer neue Strategien des Überlebens, ihre eigenen charakteristischen Formen von Einfallsreichtum erfinden, die, zumindest in mancher Hinsicht, die unsrigen zu übertreffen scheinen. (S. 18)

Es konnte ein hoch entwickeltes Repertoire an kognitiven Fähigkeiten wie selektive und anhaltende Aufmerksamkeit, Kategorisierung, episodisches Gedächtnis, räumliche und soziale Kognition, Werkzeuggebrauch, Problemlösungen und Selbsterkennung vor allem durch unterschiedliches Größenwachstum der Strukturen des Vorderhirns konvergent, also unabhängig ohne einen gemeinsamen Vorfahren evolvieren.

Das Vogelgehirn ist bezüglich der Neuronen dichter gepackt als das menschliche Gehirn. Dies wird mit als Begründung angeführt, dass auf dem Raum von weniger als zehn Gramm hohe kognitiven Leistungen erbracht werden können. Nicht nur ihre technische Kompetenz ist größer als lange angenommen, sie verfügen auch über eine beeindruckende soziale Intelligenz. Sie täuschen und manipulieren, sie machen Geschenke und trösten einander.

Die Evolution des Vorderhirns sowie kognitive Leistungen von Vögeln und anderen Wirbeltieren vollzog sich seit etwa 300 Millionen Jahren konvergent , also unabhängig. Auf Grund dieses langen Zeitraums unterscheiden sich die Gehirnstrukturen deutlich. Das Talent der Vögel macht vor allem ihre Fähigkeit aus, sich an stetig verändernde Lebensumstände und Herausforderungen anzupassen und dafür innovative Lösungen zu finden.

Zu den Leistungen, die Vögel auf der skizzierten Grundlage erbringen können, gehören solche von Rabenvögeln , Tauben , Papageienvögeln  und anderen. Unter den Rabenvögeln, insbesondere bei den neukaledonischen Krähen , wurden außerordentliche Fähigkeiten beim Herstellen und Verwenden einer Vielzahl von Werkzeugen beobachtet. Sie können u. a. Drähte in funktionelle Werkzeuge umformen oder stellen aus einem Werkzeug ein weiteres her. Sie lösen komplexe Aufgaben, die kausale und analoge Gedankengänge erfordern. Diese Leistungen kommen denen von Affen gleich. Unter den Rabenvögeln kann die Elster  sich im Spiegel selbst erkennen (Spiegeltest ) und zeigt Verständnis für Objektpermanenz, ähnlich wie der Mensch. Andere Rabenvögel wie der Blauhäher verfügen über ein episodisches Gedächtnis. Raben und Krähen demonstrieren ein Verhalten, das der Theory of Mind  ähnelt. Dabei zeigen sie hoch entwickelte Fähigkeiten für kausales Denken im Zusammenhang mit dem Gebrauch von Werkzeugen. Tauben können sich bis zu 725 verschiedene visuelle Muster merken oder reihen Muster, indem sie transitive inferente Logik  nutzen.

Das spannende Buch ist besonders für Tierfreunde, Hobbyornithologen und andere zoologische Interessenten geeignet. Wissenschaftliche Erkenntnisse werden in eine spannende Rahmenhandlung eingebettet und langweilen den Leser nicht. Das Sachbuch ist auch ein Stück weit Abenteuerreise und daher eine kurzweilige und fesselnde Lektüre.