e-Portfolio von Michael Lausberg
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Kontinuität an Hochschulen in der Nachkriegszeit

Inhaltsverzeichnis

  1. Einleitung
  2. Theodor Schieder
  3. Hans Schwerte/Hans Ernst Schneider
  4. Die Akteure der „Westforschung“: Franz Petri und Franz Steinbach
  5. Fazit
  6. Literatur

1 Einleitung

Nach dem Ende des Nationalsozialismus war eine demokratische Erneuerung an Schulen, Hochschulen und im gesamten Bildungsbereich der BRD notwendig. Um dies zu gewährleisten, wurden in der unmittelbaren Nachkriegszeit „Ordnungs“- und „Reinigungs“-Ausschüsse durch die jeweiligen Besatzungsmächte gegründet. Diese Politik verlief sehr unterschiedlich, sie folgte keinem klaren Konzept, zuweilen gerieten Historiker eher zufällig in das Raster tiefergehender Überprüfung, es kam auch zu Entlassungen. In dieser Phase wurden die „Unbelehrbaren“ Historiker aus dem Hochschuldienst entlassen, die ihre akademischen Positionen allein ihrer Nähe oder ihrer Zugehörigkeit zur NSDAP verdankten, aktiv an der Entfernung politisch unerwünschter Kollegen beteiligt waren, oder in ihren Schriften eindeutig rassistische und nationalsozialistische Konzeptionen von Geschichte vertreten hatten. Nach der Wiedereröffnung der Universitäten wurden sie zunächst nicht wieder in das akademische Leben integriert, und sie unterlagen auch anfänglich einem erheblichen Reputationsverlust innerhalb der Berufskollegen. Viele von ihnen fanden jedoch Stellungen in Verlagen und Redaktionen, sie beteiligten sich auch seit Beginn der fünfziger Jahre wieder am publizistischen und dann auch wissenschaftlichen Leben der Bundesrepublik Deutschland.

Die meisten Historiker gelangten nach ihrer Entnazifizierung wieder zu ihren akademischen Posten. Die „131er“-Gesetzgebung brachte dann Ende der fünfziger Jahre sogar die Gruppe der zunächst ausgeschlossenen Akademiker wieder an die Hochschulen zurück, oft gegen den erklärten Willen der betroffenen Fakultäten. Der Mediävist klagte Theodor Mayer gegen seine Entmachtung als Präsident der Monumenta Germaniae Historica. Er gründete auch den „Konstanzer Arbeitskreises“, des wichtigsten Zusammenschlusses der Mittelalterforschung in der BRD. Auch die Gründung der Ranke-Gesellschaft samt ihrer Zeitschrift „Das Historisch-Politische Buch“ durch Günther Franz und Gustav Adolf Rein ist ein Beispiel für Comebacks von Wissenschaftlern mit Nähe zum Nationalsozialismus.

In diesem Zusammenhang geht es um die Darstellung von vier ausgewählten Beispielen aus der westdeutschen Spitzenforschung: Zunächst wird der Historiker Theodor Schieder untersucht, der im Jahre 1947 auf den Kölner Neuzeit Lehrstuhl für Neuzeit berufen wurde. Von 1962 bis 1964 war Schieder Rektor der Kölner Universität und leitete ab 1965 dort die Forschungsabteilung des Historischen Seminars. Danach geht es um Hans Ernst Schneider alias Hans Schwerte, der im Jahre 1965 Professor für Neuere Deutsche Literatur an der RWTH Aachen wurde. Von 1970 bis 1973 war Schwerte/Schneider sogar Rektor an der RWTH Aachen. Die führenden Vertreter der nationalsozialistischen „Westforschung“ Franz Petri und Franz Steinbach, die außerdem noch analysiert werden sollen, besaßen in den Anfangsjahren der BRD in der Landes- und Regionalgeschichte großen Einfluss. In einer Schlussbemerkung werden dann die wichtigsten Thesen nochmals zusammengefasst und bewertet.

2 Theodor Schieder

Theodor Schieder (1908-1984) war neben Werner Conze[1] einer der einflussreichsten westdeutschen Historiker im postfaschistischen Deutschland.[2] Schieder und Conze entwickelten sich zu „Säulenheiligen der modernen Zeit- und Sozialgeschichtsforschung in Deutschland.“[3]

Seit seiner Studienzeit war Schieder wie Werner Conze, Erich Maschke und Theodor Oberländer seit Ende der 1920er Jahre Mitglied in der bündischen Vereinigung „Deutsch-Akademische Gildenschaft“.[4] Dieses Netzwerk sollte und wollte die Karrieren seiner Mitglieder an den Hochschulen und innerhalb von Parteien oder Behörden vorantreiben. Die „Deutsch-Akademische Gildenschaft“ besaß vor allem gute Kontakte zum Lehrstuhl von Hans Rothfels im ehemaligen Königsberg, bei dem Werner Conze promovierte. Weiterhin gab es Verbindungen von Schieder und Oberländer „in die rechtsradikalen Kampf- und Geheimbünde in der Zwischenkriegszeit als auch in die größeren Interessenverbände des Grenz- und Auslandsdeutschtums hinein.“[5] Schieders besonderes Interesse innerhalb der Geschichtswissenschaften galt dem Kampf gegen das als schmachvoll empfundene „System von Versailles“, das für Deutschland zu Gebietsabtretungen geführt hatte, so dass viele „Volksdeutsche“ außerhalb der deutschen Staatsgrenzen lebten.[6] Er sah in den Plebisziten und den Massendemonstrationen gegen die Umsetzung des Versailler Vertrages im Osten ein wichtiges Mittel der „Widerstandsbewegung des Osten gegen Versailles“. Schieder schrieb: „(…) Deutsche Volkskraft überwindet politisch und was entscheidend ist, von innen her Versailles: ein Mittel zur Niederhaltung und Spaltung deutschen Volkstums wird zu einem Mittel der Bewährung der Volksgemeinschaft.“[7]

Schieder promovierte 1933 in München bei Karl Alexander von Müller mit einer Arbeit über die „Kleindeutsche Nationalbewegung in Bayern von 1863-1871“. Im Vorwort der Druckfassung im Jahre 1936 verlangte er eine „stärkere Durchdringung der großdeutschen Bewegungselemente“ und eine „neue Deutung vom gesamtdeutschen historisch-politischen Denken her.“ Den „Anschluss“ Österreichs im Jahre 1938 empfand er als Erfüllung der „großdeutschen Hoffnungen“.[8]

Im Februar 1934 wechselte er an die Universität Königsberg, um dort bei Hans Rothfels seine Habilitationsarbeit zu schreiben. Dieses Vorhaben scheiterte jedoch. Der seit 1926 als Professor an der Albertina lehrende Hans Rothfels wurde 1934 wegen seiner jüdischen Herkunft von seinem Lehrstuhl vertrieben.[9]

Dank eines Stipendiums der „Publikationsstelle Berlin-Dahlem“ konnte Schieder trotzdem im März 1934 mit seiner Habilitation beginnen.[10] Im April 1935 wurde er Leiter der ostpreußischen „Landesstelle für Nachkriegsgeschichte“, die haushaltsrechtlich dem Geheimen Preußischen Staatsarchiv in Berlin unterstellt war.[11] In dem Programm des von Schieder geleiteten Forschungsinstitutes wurde das „Arbeitsprinzip der kämpfenden Wissenschaften“, wie es der Nationalsozialismus vertrat, hervorgehoben. Im Rahmen der „Volksgeschichte“ solle der Kampf um den „Volksboden“, der „Volkstumskampf“ insgesamt im Zentrum der Arbeit stehen.[12] Im Mai 1937 trat Schieder in die NSDAP ein und wurde zum „Mitarbeiter im Hauptschulungsamt“ ernannt.

Im Herbst 1939 begannen führende Wissenschaftler der Nord- und Ostdeutschen Forschungsgemeinschaft und der Publikationsstelle Berlin-Dahlem, ihr gesamtes Wissen in einer Denkschrift über „die bevölkerungs- und siedlungspolitische Behandlung Polens zusammenzufassen.“ Das gebildete Gremium bestand aus sechs Personen der Nord- und Ostdeutschen Forschungsgemeinschaft und Schieder als Vertreter der Publikationsstelle Berlin-Dahlem. Schieder verfasste bis zum 7.10. 1939 eine erste Skizze über „Siedlungs- und Volkstumsfragen in den wiedergewonnenen Ostprovinzen.“[13] Angelika Ebbinghaus und Karl Heinz Roth edierten im Frühjahr 1992 dieses „bevölkerungspolitische“ Geheimgutachten.[14]

Aus dem Gutachten geht hervor, dass Schieder die Deportation mehrerer hunderttausend Polen befürwortet und sich für die „Entjudung Restpolens“ ausgesprochen hatte.[15] Schieder sprach in seiner Schrift von der „Wiedergutmachung von offenkundigem politischem Unrecht“ der „brutalen Entdeutschungspolitik der Polen, die zu einer beispiellosen Vernichtung und Verdrängung des ansässigen deutschen Volkstums, seines Lebensraums und Besitzes“ geführt habe.[16] Schieder wollte die „Sicherung deutschen Volksbodens im Osten durch eine geschlossen siedelnde (…) deutsche Bevölkerung“ und die „klare Abgrenzung von polnischem und deutschen Volkstum, die die Gefahren völkischer und rassischer Vermischung vermeidet“. Da dieses Ziel „Bevölkerungsverschiebungen allergrößten Ausmaßes notwendig“ mache, plädierte Schieder für eine „Generalvollmacht“ zur „Enteignung“ und „Ausweisung aller seit 1919 zugewanderten Polen“ sowie zur „Wiedereindeutschung“ durch die „Umsiedlung deutscher Volksgruppen“. Zur „Entjudung Restpolens“ und zum „Aufbau einer gesunden Volksordnung“ seien alle Kräfte zu bündeln.[17]

Dieser Entwurf Schieders wurde nach Berlin weitergegeben, wo er dem Auswärtigen Amt, dem „Oberkommando der Wehrmacht“ und der „Deutschen Arbeitsfront“ vorlag. Diese Instanzen waren wohl nicht von der Wichtigkeit des Gutachtens überzeugt, da es nie zur Anwendung kam und zwischen anderen Akten liegen blieb.[18]

Kurze Zeit nach der Erstellung des Gutachtens reichte Schieder seine Habilitationsschrift „Deutscher Geist und ständische Freiheit im Weichsellande. Politische Ideen und politisches Schrifttum in Westpreußen von der Lubliner Teilung bis zu den polnischen Teilungen (1569-1772/93)“ ein, die im folgenden Jahr als Buch erschien. Im Vorwort hieß es, dass das Ziel des Werkes die „Wiederbelebung“ der „deutschen Vergangenheit“ des „Weichsellandes“ war. Das „Weichselland“ bezeichnete er als „deutsche Grenzlandschaft, (…) die jahrhundertelang zwar politisch vom deutschen Reichskörper getrennt war, aber ihm innerlich doch stets zugehörig blieb.“[19]

Schieder wurde 1940 zum Dozenten am Historischen Seminar der Universität Königsberg ernannt. In Innsbruck übernahm Schieder im Wintersemester 1941/42 den Lehrstuhl des gerade an die Universität im ehemaligen Königsberg berufenen Kleo Pleyer.[20] Im Jahre 1942 erhielt Schieder durch eine „Hausberufung“ den früheren Lehrstuhl von Hans Rothfels. Weiterhin wurde er „Lektor des Amtes für Presse und Propaganda des NS-Dozentenbundes“ und „Lektor der parteiamtlichen Prüfungskommission“. Im folgenden Jahr wurde er zum Dekan der Philosophischen Fakultät im ehemaligen Königsberg gewählt. Noch im selben Jahr sprach er sich in nationalsozialistischer Manier „für das Gefühl für die natürlich-bluthaften Zusammenhänge und Lebensgesetze der Reinhaltung von Rasse und Art“ aus.[21]

Im Dezember 1944 floh er mit seiner Familie kurz vor der Besetzung des ehemaligen Königsbergs durch die Rote Armee nach Bayern. Im März 1945 soll Schieder noch „Durchhaltereden auf der SS-Ordensburg Sonthofen“ gehalten haben.[22]

Nach der Befreiung vom Nationalsozialismus ordneten die jeweiligen Besatzungsmächte in ihren Zonen „Ordnungs“- und „Reinigungs“-Ausschüsse an, die zu kurzfristigen Entlassungen führten. In einer ersten Phase, die die Zeit von der Besetzung Deutschland bis zum 11. Januar 1946 umfasste, entfernten die Alliierten an den westdeutschen Universitäten diejenigen Historiker aus dem Dienst, die ihre akademische Karriere lediglich der Zugehörigkeit oder geistigen Nähe zur NSDAP verdankten oder an der Entfernung politisch oppositioneller Fachkollegen beteiligt waren. Die Entnazifizierung betraf 24 von 110 der westdeutschen Historiker, von denen ein Teil nach einiger Zeit wieder an die Universitäten zurückkehrte.[23] Trotz dieser Maßnahmen beklagt Hermann Lübbe ein „insgesamt eher einverständliches Schweigen, wenn es um die geistige Nähe oder gar persönliche Mittäterschaft der Historiker im Dritten Reich ging.“[24]

Nach der Restituierung des akademischen Lebens 1946/47 kamen diese „Unbelehrbaren“ zunächst nicht wieder in ihre alten Positionen zurück.[25] Jedoch konnten sie ohne Probleme neue Anstellungen bei Verlagen und Redaktionen finden.

Durch die so genannte „131er“ Gesetzgebung[26] aus dem Jahre 1951 gelang es den meisten der zunächst nicht wieder eingestellten Historiker, - meistens gegen den Willen der jeweiligen Fakultäten - wieder an die Universität zurückzukehren. Dies zeigt, dass in der westdeutschen Geschichtswissenschaft von einer personellen Kontinuität im Hinblick auf den Nationalsozialismus gesprochen werden kann. Das Fach blieb von weitreichenden Entnazifizierungskampagnen mit personellen Konsequenzen unbehelligt.[27] Hans Mommsen stellt fest: [28] „Die Geschichtswissenschaft bildet indessen keine Ausnahme von der allgemeinen Erscheinung, dass die Nachkriegsjahre in Westdeutschland nur einen insignifikanten Elitenaustausch mit sich brachten. (…) Auch in den Fällen, in denen die Alliierten Berufsverbote verhängten, gelangten die Betroffenen rasch wieder in angestammte oder gleichwertige Positionen.“

Nach seiner „Entnazifizierung“[29] folgte im Jahre 1947 Schieders Berufung auf den Kölner Neuzeit Lehrstuhl, nachdem der eigentliche Favorit Hans Rosenberg abgesagt hatte. Von 1962 bis 1964 war Schieder Rektor der Kölner Universität und leitete ab 1965 dort die Forschungsabteilung des Historischen Seminars. Zugleich war er Präsident der Historischen Kommission der Bayerischen Akademie der Wissenschaften und zeitweilig Präsident der Rheinisch-Westfälischen Akademie der Wissenschaften. Seit 1957 gab er die „Historische Zeitschrift“ heraus und war von 1967 bis 1972 Vorsitzender des Historikerverbandes. Schieder arbeitete zur Geschichte des Liberalismus und Nationalismus sowie zur Erforschung europäischer „Nationalbewegungen“ und „Volksgruppen“ vom 18. bis 20. Jahrhundert.[30]

Schieder verfolgte in seiner Einordnung des NS-Regimes in die deutsche Geschichte systematisch eine Verharmlosung des Nationalsozialismus. Er ging von einem „Parallelismus zum sowjetischen System“ aus, was in der Frage gipfelte:[31] „In welchem Umfange ist die nationalsozialistische Herrschaftstechnik, vor allem ihr Terrorismus, direkt von kommunistisch-sowjetischen Vorbildern und Erfahrungen angeregt?“

Diese Interpretation der NS-Herrschaft sollte später vor allem bei Ernst Nolte populär werden, die dann im „Historikerstreit“ 1985 kontrovers diskutiert wurde.

Zu seiner Vergangenheit in der NS-Zeit äußerte sich Schieder trotz wiederholter drängender Fragen nicht. Wehler schreibt: [32] „Über eins schwieg Schieder, trotz vielfachen Drängens bei mancher informellen Gelegenheit, buchstäblich eisern: zu jeder Frage nach den dreißiger und vierziger Jahren, insbesondere zur ‚Königsberger Zeit’ von 1934 bis 1944. Keinen Satz ließ er sich dazu entlocken.“

Nachdem Quellen über seine Tätigkeit in der NS-Zeit veröffentlicht worden waren fand eine breitere Debatte über die Rolle von Theodor Schieder in der Zeit des Nationalsozialismus auf dem Historikertag 1998 in Frankfurt am Main statt. In seiner zusammenfassenden Analyse über das Wirken von Schieder und Conze bemerkt Götz Aly: [33] „Beide (Schieder und Conze, M.L.) haben auf ihre Weise und professionell – als gut ausgebildete Historiker eben – am Menschheitsverbrechen Holocaust mitgewirkt. Schieder propagierte den Krieg und die Vorstellung von der rassisch definierten Nation; er plädierte für die gewaltsame Germanisierung immer größerer eroberter Regionen und schrieb einen Teil seiner Texte ausschließlich für den exekutiven Gebrauch. Er und Conze qualifizierten die Juden als Störfaktoren, Schmarotzer und gefährliche innere Feinde; beide machten klar, dass ihre Diskriminierung und Ghettoisierung beispielsweise von Teilen der weißrussischen Bevölkerung als positive Maßnahme angesehen werde; beide schlugen vor, staatlich gesteuerte Bevölkerungsverschiebungen oder Massenvertreibungen zu Lasten der Juden ins Werk zu setzen und die jüdischen Minderheiten deshalb aus den betreffenden Gebieten vollständig zu entfernen.“

Hans Mommsen sieht bei Schieder eine „Affinität zum Nationalsozialismus“:[34] „In der Debatte ist wiederholt der Begriff einer ‚Affinität zum Nationalsozialismus’ eingeführt worden, um die Position der Vertreter der Ostforschung zu charakterisieren. Damit soll zum Ausdruck gebracht werden, dass eine im Einzelfall unterschiedlich weit reichende Übereinstimmung mit den Zielsetzungen der NSDAP vorgelegen habe, aber die Betreffenden nicht als Nationalsozialisten im eigentlichen Sinne verstanden werden könnten.“

Jürgen Kocka gibt zu bedenken, dass die Historiker im NS-Staat zur inneren Legitimierung des NS-Systems entscheidend beitrugen:[35] „Am wichtigsten aber dürfte unter den ‚Leistungen’ der Historiker für den Nationalsozialismus gewesen sein, dass viele von ihnen in den Jahren zuvor durch ihre Lehre, mit ihren öffentlichen Äußerungen und in ihren persönlichen Verkehrskreisen eine intellektuelle Grundstimmung förderten, die die dafür empfänglichen jungen Bildungsbürger in Distanz zu liberalen Prinzipien sozialisierte, sie Grundsätzen der Humanität entfremdete und auf jenen teils utopischen, teils nihilistischen Machbarkeitswahn vorbereitete, der für die nationalsozialistische Eroberungs-, Deportations- und Vernichtungspolitik im 2. Weltkrieg kennzeichnend war.“

Das Urteil von Hans-Ulrich Wehler über Schieder fällt dagegen wesentlich moderater aus: [36] „Geht man also auch bei Schieder von einem lebensgeschichtlich motivierten Lernprozeß aus, wird man das durchaus politische wissenschaftliche Management und die weit ausgreifende Mitwirkung in zahlreichen wissenschaftlichen Institutionen nicht allein auf Machtehrgeiz reduzieren. Vielmehr äußerte sich darin doch auch eine bewusste politische Entscheidung, am Wiederaufbau von Wissenschaft und von glaubwürdiger Politik in der Bundesrepublik mitzuwirken. (…) Insgesamt läuft mein Urteil über Schieder und Conze in den 40 Jahren nach 1945 darauf hinaus, ihnen sowohl Lernwilligkeit als auch reflexive Lernfähigkeit (…) zuzusprechen. Werden dagegen die Lernprozesse dieser Jahre nicht angemessen anerkannt, lässt sich ein gerechtes Urteil kaum fällen. Nachdem sich die Kritiker bisher auf die Zeit bis 1945 beschränkt haben, ist es an der Zeit, die Parameter der Diskussion neu und die Lebensspanne nach 1945 in die Kontroverse mit einzubeziehen.“

Die Aussagen Wehlers über Schieder sind allerdings mit Vorsicht zu betrachten. Wehlers Aufstieg zu einem der bekanntesten Historiker in der BRD wäre wahrscheinlich gegen den Willen Schieders nicht zustande gekommen. Wehlers berufliche Biographie ist eng mit dem Historischen Seminar der Universität Köln und damit auch mit dessen Leiter Wolfgang Schieder verbunden.[37] Wehler studierte Geschichte, Soziologie und Ökonomie unter anderem an den Universitäten Köln und Bonn. 1960 promovierte er bei Theodor Schieder mit der Arbeit „Sozialdemokratie und Nationalstaat (1840–1914)“ und war anschließend Assistent am Historischen Seminar in Köln. Im Jahre 1968 habilitierte er über das Thema „Bismarck und der Imperialismus“ an der Kölner Universität, wo er noch bis 1970 als Privatdozent arbeitete.

In den letzten Jahren mehren sich die Tendenzen, Schieders Tätigkeit im „Dritten Reich“ zu entdämonisieren und damit zu relativieren.[38] Dazu wird ein Dualismus zwischen dem jungen Schieder, der sich nach 1933 bereitwillig in den Dienst der nationalsozialistischen Ostpolitik gestellt hatte, und dem angeblichen Wandel zum demokratischen Vorzeigewissenschaftler nach 1945 konstruiert.

Zum 100. Geburtstag Schieders am 11.4.2008 erschien im Feuilletonteil der FAZ ein Artikel von Hans-Ulrich Wehler, in dem er eine Bagatellisierung des Wirkens Schieders in der NS-Zeit betrieb. Die Historikergeneration in der NS-Zeit seien „Fehlgeleitete“, die aber in der frühen Bundesrepublik ein „glaubwürdiges Engagement“ zeigen.[39] Sie hätte aus den „Fehlentscheidungen ihrer jungen Jahre“ dank ihrer „Lernbereitschaft und Lernfähigkeit“ nach 1945 „produktive Konsequenzen“ gezogen.[40] Wehler folgerte daraus: „Den Toten, deren gute Jahre wir selbst miterlebt haben, schulden wir unverändert unsere Loyalität.“[41]

Schieder, der die Deportation mehrerer hunderttausend Polen zum „Aufbau einer gesunden Volksordnung“ und die „Entjudung Restpolens“[42] vorschlug, ein „Fehlgeleiteter“?

Schieder, der nach 1945 die Aufarbeitung der eigenen Biographie unterließ und kein Bekenntnis der eigenen Schuld ablegte, besaß „Lernbereitschaft und Lernfähigkeit“?

Verdient ein „Protagonist des Dritten Reiches“[43] „unsere Loyalität“?

Die Tatsache, dass es einem Skandal gleichkommt, Schieder nach seinem Wirken im Nationalsozialismus einen Lehrstuhl an der Universität Köln zu geben, wird von Wehler in seinem Artikel geflissentlich übergangen.

Insgesamt lässt sich feststellen, dass Schieder in den Jahren bis 1945 in seiner Rolle als Historiker mit dazu beigetragen hat, die Reputation sowie die Legitimation des NS-Staates zu fördern und die nationalsozialistischen Ziele einer Großraumpolitik und den „Volkstumskampf“ in „wissenschaftlicher“ Weise als ideologischer Wegbereiter zu rechtfertigen. Als einer der Protagonisten der westdeutschen Geschichtswissenschaft unterließ er die Aufarbeitung seiner eigenen Geschichte im Nationalsozialismus.

3 Hans Schwerte/Hans Ernst Schneider

Hans Ernst Schneider alias Hans Schwerte (15.12.1909-18.12.1999) studierte unter anderem Literatur- und Kunstgeschichte in Berlin, Wien und im ehemaligen Königsberg, wo er auch promovierte.[44] Seit der nationalsozialistischen „Machtübernahme“ 1933 war er in NS- Organisationen aktiv. Er war zwischen 1937 und 1945 Mitglied der SS, wo er zum „Hauptsturmführer“ aufstieg und „Abteilungsleiter im persönlichen Stab des Reichsführers SS“ wurde.

Seit 1938 arbeitete er im „Amt Ahnenerbe“. Der „Reichsführer der SS“ Heinrich Himmler und der „Reichsbauernführer“ Richard Walther Darré begründeten 1935 die "Studiengesellschaft für Geistesurgeschichte ‚Deutsches Ahnenerbe´ e.V.", um die angebliche „rassische Überlegenheit des arischen Menschen“ ein „wissenschaftliches“ Fundament zu geben.[45] Im Dienste der NS-Ideologie forschten „Wissenschaftler“ vor allem in den Bereichen der „germanischen Vorgeschichte“ und der „deutschen Volkskunde. Bildungspolitisch sollte eine völkische Geschichtsauffassung in allen Gesellschaftsschichten verankert werden. Himmler verlangte einen „wissenschaftlichen“ Beleg der Existenz einer seit Jahrtausenden bestehenden „germanischen Religion“, um das „artfremde Christentum“ durch einen „arteigenen“ Glauben zu ersetzen. Es wurde der Versuch unternommen, völkische und der NS-Ideologie geneigte „Wissenschaftler“ an den Universitäten zu etablieren. Nach dem Beginn des 2.Weltkrieges wurden in den besetzten Gebieten wie Belgien, Norwegen oder die Niederlage Forscher für den „germanischen Wissenschaftseinsatz“ angeworben. Das „Ahnenerbe“ beteiligte sich ebenfalls an „Umsiedlungsaktionen“ von „Volksdeutschen“.

Das „Ahnenerbe“ wurde im Frühjahr 1942 als „Amt A" in das "Hauptamt Persönlicher Stab, Reichsführer-SS" eingegliedert. seine größte Ausdehnung erreichte die „Forschungsgemeinschaft“ in den Jahren 1943/44 mit über 40 „wissenschaftlichen“ Abteilungen. Im Zuge der Befreiung vom Nationalsozialismus wurde das „Ahnenerbe“ von den Alliierten aufgelöst. Der Nürnberger Militärgerichtshof sah das „Ahnenerbe“ nicht als

verbrecherische Organisation an. Lediglich der „Geschäftsführer“ des „Ahnenerbes, Wolfram Sievers, wurde wegen seiner Mitwirkung an Menschenversuchen vor allem im KZ Dachau

zum Tode verurteilt und 1948 hingerichtet.

In den Jahren 1940 bis 1942 war Schwerte/Schneider in den von den Nationalsozialisten besetzten Niederlanden der Dienststelle des Höheren SS- und Polizeisturmführers unterstellt, wo er völkische Agitationsschriften herausgab und Kontakte mit „Kollaborateuren“ gehabt haben soll. Bis 1945 leitete er die Dienststelle "Germanischer Wissenschaftseinsatz" im Rahmen des Amtes „Ahnenerbe“. Schneider forderte einen „totalen Kriegseinsatz der Geisteswissenschaften“. Das zentrale Thema der als „Gemeinschaftswerk“ verstandenen Aktion war die völkisch ausgerichtete Geographie. Mit völkisch-geographischen Kategorien wie Kulturraum, Volk, Blut und Boden, Reich und Rasse sollten durch Zusammenführung geographischer, rassenbiologischer, sprachlicher, kultureller, wirtschaftlicher und politischer Faktoren das „Wesen“ der jeweiligen Bewohner eines Landes definiert und Argumente für die vorhandene kulturelle Überlegenheit des Deutschtums geliefert werden.[46]

Als die Zerschlagung des NS-Staates unleugbar wurde, gelang es ihm, durch seinen engen Kontakt zum SD „Sicherheitsdienst“ (SD), um seine alte Identität zu vernichten. Anfang Mai 1945 nahm er eine „neue Identität" unter dem Namen Hans Schwerte an, ließ Schneider für tot erklären und heiratete seine „Witwe" ein zweites Mal.[47] Unter seinem neuen Namen absolvierte er ein weiteres Studium der Literaturwissenschaften in Hamburg und Erlangen, das er 1948 mit einer Promotion über den Zeitbegriff bei Rilke abschloss.

Nach einer Tätigkeit als wissenschaftlicher Assistent in Erlangen habilitierte er im Fach Neuere Deutsche Literaturgeschichte mit dem Titel „Faust und das Faustische – Ein Kapitel deutscher Ideologie“ Im Jahre 1965 wurde er Professor für Neuere Deutsche Literatur an der RWTH Aachen. Von 1970 bis 1973 war Schwerte/Schneider Rektor an der RWTH Aachen. Von 1976 bis 1981 war er als Beauftragter für die Pflege und Förderung der Beziehungen zwischen den Hochschulen des Landes NRW und der Niederlande und Belgien tätig. Für seine „Verdienste“ wurde Schwerte/Schneider sogar im Jahre 1983 mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet.

Recherchen des niederländischen Fernsehens und engagierter StudentInnen der RWTH führten schließlich zur Enttarnung Schwertes/Schneiders. Der medialen Enthüllung kam dieser Ende April 1995 auf Druck der Hochschulleitung durch Selbstanzeige knapp zuvor, was einen Skandal auslöste. Am 28. Juni 1995 wurde in der Sendung "Brantpunt" im niederländischen Fernsehen über Hans Ernst Schneider alias Hans Schwerte und seine nationalsozialistische Vergangenheit berichtet. In einem Interview im August 2006 behauptete Claus Leggewie sogar:[48] „An der Universität Aachen haben einige Kollegen lange vor der Enthüllung von der Vergangenheit Schneiders/Schwertes gewusst. In Deutschland gab es so viele Mitwisser wie Mitläufer.“

Kurz nach der Aufdeckung des Skandals nahm die Staatsanwaltschaft Ermittlungen wegen Beihilfe zum Mord und wegen Fälschung von Personalien bzw. Falschurkundung auf, die jedoch in beiden Anklagepunkten eingestellt wurden. Das Land Nordrhein-Westfalen nahm die Ernennung zum Professor zurück, entzog ihm den Beamtenstatus, die Pension und den Titel des Ehrensenators, das Bundesverdienstkreuz wurde ihm aberkannt.

Schwerte/Schneider wurde mit den Menschenversuchen des Mediziners Sigmund Rascher in Dachau in Zusammenhang gebracht hatten. Rascher experimentierte im KZ Dachau unter anderem im Auftrag der Luftwaffe mit Unterdruck und Unterkühlung an fast 500 Häftlingen, wovon etwa die Hälfte an den Folgen starb. Es tauchten Schriftstücke auf, aus denen hervorgeht, dass Schneider auf Anweisung seines Chefs Wolfram Sievers, Rascher einige medizinische Geräte zuschicken ließ. Ein gegen Schwerte/Schneider eingeleitetes Ermittlungsverfahren wegen Beihilfe zum Mord (medizinische Versuche im KZ Dachau) wird 1996 eingestellt. Im November 1999 starb Schwerte/Schwerte in einem Altenheim in Bayern.

Die Aufdeckung des Falles Schwerte/Schneider erreichte national wie internationale eine hohe Aufmerksamkeit. Dies lag auch daran, dass die Gedenkfeiern zum 50. Jahrestag des Endes des 2. Weltkriegs unmittelbar bevorstanden und die RWTH Aachen ihr 125jähriges Gründungsjubiläum zelebrierte.[49] Innerhalb der Germanistik und in anderen geisteswissenschaftlichen Fächern wurde die lange Zeit unterentwickelte Forschung zu ehemaligen Nationalsozialisten in hohen Positionen und ihrer Lebensgeschichte in der BRD angeregt.[50]

Allerdings gab es auch Stimmen der Relativierung. Ähnlich wie im Fall Schieder wird ein Dualismus zwischen dem SS-Verbrecher Schwerte/Schneider und dem demokratischen hoch dekorierten Wissenschaftler Schwerte/Schneider entwickelt. Claus Leggewie schildert in seinem Buch „Von Schneider zu Schwerte. Das ungewöhnliche Leben eines Mannes, der aus der Geschichte lernen wollte“ aus dem Jahre 1998 die gelungene Wandlung Schwerte/Schneiders vom SS-Protagonisten zum liberalen Demokraten und plädierte gegen dessen vorschnelle Verurteilung.[51]

4 Die Akteure der „Westforschung“: Franz Petri und Franz Steinbach

Als „Westforschung“ wurde in der Weimarer Republik und im Nationalsozialismus die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit der Geschichte und der Kultur im Osten und Nordosten Frankreichs, in der Schweiz, den Niederlande, Belgien und Luxemburg sowie in den westlichen Grenzgebieten des „Deutschen Reiches“ bezeichnet. Die „Westforschung“ ging damit weit über die Revision der im Versailler Friedensvertrag festgelegten Grenzveränderungen im Westen des Deutschen Reiches hinaus. Sie schuf eine wissenschaftliche Legitimation für eine "Neuordnung" der westlichen Nachbarstaaten. Sie lehnte sich konzeptuell, ideologisch und kulturpolitisch an die wissenschaftlich betriebene „Ostforschung“ an. Die wichtigste Institution der Westforschung war noch während der Weimarer Republik gegründete „Westdeutsche Forschungsgemeinschaft“ (WFG), eine Teilorganisation der „Volksdeutschen Forschungsgemeinschaften“. Diese stützte sich vor allem auf drei regionale Institute: das Institut für geschichtliche Landeskunde der Rheinlande an der Universität Bonn, das „Wissenschaftliche Institut der Elsaß-Lothringer im Reich“ der Universität Frankfurt/Main und das „Alemannische Institut“ der Stadt Freiburg. Vertreter dieser und einiger anderer angrenzender Disziplinen waren es, die sich schon früh dem nationalsozialistischen Wissenschaftsverständnis annäherten und dieses weiter ausprägten, indem sie sich vor allem im Osten des Reiches, offenbar aber auch in seinem Westen, willfährig in den Dienst der deutschen Expansionsbestrebungen stellten und sich mit der Erforschung jener „völkisch-germanischen" Traditionen beschäftigten, die schon wenig später von seiten des NS-Staates, seiner Machthaber und ausführenden Organe bedenken- und skrupellos zur prospektiven oder nachträglichen Legitimierung von territorialen Annexionen benutzt werden konnten.

Das Institut für geschichtliche Landeskunde der Rheinlande beschäftigte sich vor allem ab den 1930er Jahre mit der „Grenzraumforschung“.[52] Im Mittelpunkt dieser „Forschungen“ stand das als Feindbild betrachtete Frankreich. Frankreich wurde für die „Schmach von Versailles“ mitverantwortlich gemacht und plane darüber hinaus die Vernichtung Deutschlands.[53] Darüber hinaus war es am Projekt der Erstellung des „Handwörterbuchs des Grenz- und Auslandsdeutschtums“ beteiligt.

Die führenden Vertreter der „Westforschung“ waren Franz Petri und Franz Steinbach. Nach der Befreiung vom Nationalsozialismus blieben Ansätze und Fragestellungen dieser beiden NS- „Wissenschaftler“ zunächst erhalten, lediglich der Kontext der deutschen Ausdehnung wurde durch einen Kontext der europäischen Integration ersetzt.[54] Sie besaßen in den Anfangsjahren der BRD in der Landes- und Regionalgeschichte großen Einfluss.

Franz Petri (22.2 1903-8.3.1999) habilitierte sich im Jahre 1936 an der Universität Köln. In seiner Habilitationsschrift „Germanisches Volkserbe in Wallonien und Nordfrankreich“ vertrat er die These, dass große Teile Nordfrankreichs „germanischer Kulturraum“ seien.[55] Unter Bezugnahme „rassenkundlicher Befunde“ schrieb Petri: „(…) die Verbreitung des nordischen Typs über Nordfrankreich neben dem Auftreten der germanischen Ortsnamen und neben der Verbreitung der frühmittelalterlichen Bodenfunde in diesen Gebieten“ müsse „als ein weiteres wichtiges Argument für die Bedeutung der fränkischen Volkssiedlung im Chlodwigreiche in Betracht gezogen werden. Alle Hauptmerkmale, nach denen man die Zugehörigkeit einer Bevölkerung zu einem besonderen Rassetypus zu bestimmen pflegt. Körpergröße, Haut- und Haarfarbe und Schädelindex deuten auf tiefgreifende Beeinflussung der nordfranzösischen Bevölkerung durch die Nordrasse.“[56] Petri betonte im Vorwort, dass die „Volksgrenze im Westen“ nicht länger als „etwas Statisches“ und „für alle Zukunft Unveränderliches“ sei, sondern als „etwas Dynamisches“ betrachtet werden müsse, „dessen Besitz es folglich auch jederzeit zu erringen gilt.“[57]

Forciert durch seine Mitgliedschaft in der NSDAP seit 1937 stieg er zu einem der führenden Vertreter der so genannten „Westforschung“ auf. Er beschäftigte sich in der Folgezeit vor allem mit regionalgeschichtlichen Themen (Rheinland, Westfalen, Niederlande).[58] 1941 war Petri Direktor des Deutsch-Niederländischen Instituts in Köln Sülz.[59] An der Universität Köln arbeitete Petri bis 1942 als Privatdozent, von 1942 bis 1945 war er Professor für niederländische Geschichte in Köln. Außerdem bekleidete er seit 1940 den Posten eines „Kulturreferenten“ bei der deutschen Militärverwaltung im besetzen Belgien und Nordfrankreich.[60] Petri war dafür verantwortlich, dass etwa hundert belgische und dabei insbesondere jüdische Wissenschaftler entlassen und durch deutsche Forscher ersetzt wurden.[61]

Der nationalsozialistische Staat holte sich die Legitimationen seiner Politik aus der „Volksgeschichte“. Dieses Forschungskonzept beruhte im Grunde ebenso wie die NS-Ideologie auf der wertrationalen Prämisse, das „Fremde“ vom „Eigenen“ abzugrenzen, sei es durch ethnische Segregation oder Vernichtung der als „fremd“ erachteten Bevölkerungsgruppen. Ingo Haar bemerkte zu den „wissenschaftlichen“ Forschungen Petris:[62] „Die Forschungen Petris zur Sprach- und Kulturraumgrenze stellen ethnografische Konstrukte dar, um veränderbare politische Grenzen zu markieren. Heimatforschung eben, die sich tief hinter der französischen Grenzlinie für die Gräber und Überreste ‚eigener’ germanischer Bevölkerungsgruppen aus der Frühzeit der Völkerwanderung interessierte, um sie als kulturelles Germanenerbe für die Grenzplanung der NS-Politik einzusetzen. Dabei wurde im Gegenzug die Bedeutung der vermeintlich ethnisch anders strukturierten Siedler französisch-romanischer Herkunft für diese Region abqualifiziert bzw. negiert.“ Auf den Zusammenhang des Germanenbildes in der Konstruktion neuer Reichsgrenzen gegenüber Frankreich wies auch der Historiker Peter Schöttler hin.[63] Die „Westforschung“ war in der Raumplanung „ethnisch geräumter Zonen“ im deutsch-französischen Siedlungsgebiet ebenso tätig war wie in der historisch-genealogischen „Auslese ethnischer Deutscher“ für die Neubesiedlung.[64]

Adolf Hitler bezog sich sogar einmal auf Petri. Am 5.5.1942 erklärte Hitler, er habe in der vergangenen Nacht Petris Habilitation gelesen. Die Lektüre des Buches „habe ihn außerordentlich bestärkt in der Überzeugung, daß es sich bei Wallonien und Nordfrankreich um altes deutsches Land handele.“[65]

Nach dem Ende des 2. Weltkrieges wurde Petri bis 1947 von den Alliierten interniert und verlor seinen Lehrstuhl in Köln. Nachdem er zwischen 1947 und 1951 an verschiedenen Forschungsprojekten beteiligt war, wurde Petri 1951 Direktor des Provinzialinstituts für Westfälische- Landes- und Volkskunde des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe.[66] 1961 gelang es ihm trotz seiner nationalsozialistischen Vorgeschichte, als Lehrbeauftragter an die Universität zurückzukehren. Petri wurde erneut Professor für geschichtliche Landeskunde der Rheinlande in Bonn. Seit seiner Emeritierung 1969 lebte Petri in Münster und wurde dort Honorarprofessor.

Franz Steinbach (10.10.1895-7.11.1964) habilitierte 1925 in Bonn. 1928 erhielt Franz Steinbach einen Lehrstuhl in Bonn und leitete das Institut für geschichtliche Landeskunde der Rheinlande, das der Universität Bonn angegliedert war.[67] In der Zeit des Nationalsozialismus trat er 1934 dem NS-Lehrerbund und 1937 dem NS-Dozentenbund bei. Steinbach wurde Mitherausgeber der völkischen Zeitschrift „Rasse und Volk“. Er betonte in seinen Schriften immer wieder „die eigene Kulturleistung der Germanen“ und versuchte, den Einfluss der Antike auf die Geschichte des Rheinlandes zu verdrängen. 1937 publizierte er die bevölkerungspolitische Abhandlung „Die westdeutsche Volksgrenze als Frage und Forschungsaufgabe der politischen Geschichte“, was als wesentlicher Beitrag für die nationalsozialistische „Volksgeschichte“ gelten kann.[68] Von 1941 bis 1945 leistete er Kriegsdienst in Norwegen ab. In der Nachkriegszeit wurde Steinbach von 1948 bis 1950 Professor für Rheinische Geschichte und allgemeine Wirtschaftsgeschichte in Bonn. Zwischen 1950 bis 1960 bekleidete er das Amt als Professor für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte. Seine Forschungsschwerpunkte waren die geschichtliche Landeskunde, insbesondere des Rheinlandes und des Saargebietes. Er war Mitglied des Konstanzer Arbeitskreises für mittelalterliche Geschichte.[69] 1960 wurde ihm das Große Verdienstkreuz des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland verliehen. Noch 1963 behauptete Steinbach:[70] „Kein Historiker und kein Bußprediger wird uns (..) davon überzeugen, daß wir ‚eine unbewältigte Vergangenheit’ hinter uns hätten“.

Unter Bezugnahme auf rassistische Denkfiguren versuchte Steinbach der nationalsozialistischen Besatzungs- und Bevölkerungspolitik eine historische Legitimation zu liefern. 1926 stellte Steinbach in seinem Werk „Studien zur westdeutschen Stammes- und Volksgeschichte“ die These auf, dass die deutsch-französische Sprachgrenze kein „Petrefakt der Völkerwanderung“ darstelle, sondern eine „Rückzugslinie“ markiere, wo sich die „germanisch-romanische Mischkultur“ des Frühmittelalters nach Abschluss der Wanderungen wieder getrennt habe.[71] Mit dieser Behauptung wollte er deutschsprachige Gebiete verteidigen, die nach dem Ende des 1. Weltkrieges an Belgien und Frankreich fielen.

Die These von Luise Schorn-Schütte[72], dass Steinbach nicht einmal „in Nachbarschaft zum Nationalsozialismus“ gestanden hatte, dessen „politischen Rassentheorien er früh verurteilte, klingt nach einer Verharmlosung des Wirken Steinbachs während der NS-Zeit. Steinbachs völkische und rassistische Geschichtsbetrachtung lässt sich an vielen Stellen seiner Arbeit in der Zeit des Nationalsozialismus nachweisen.[73]

5 Fazit

Theodor Schieder hat in den Jahren bis 1945 in seiner Rolle als Historiker mit dazu beigetragen, die Reputation sowie die Legitimation des NS-Staates zu fördern und die nationalsozialistischen Ziele einer Großraumpolitik und den „Volkstumskampf“ in „wissenschaftlicher“ Weise als ideologischer Wegbereiter zu rechtfertigen. Als einer der Protagonisten der westdeutschen Geschichtswissenschaft unterließ er die Aufarbeitung seiner eigenen Geschichte im Nationalsozialismus. Neben Werner Conze war eu der Nestor der westdeutschen Geschichtswissenschaft in der Nachkriegszeit. Seine Ämterfülle war außerordentlich: Von 1962 bis 1964 war Schieder Rektor der Kölner Universität und leitete ab 1965 dort die Forschungsabteilung des Historischen Seminars. Zugleich war er Präsident der Historischen Kommission der Bayerischen Akademie der Wissenschaften und zeitweilig Präsident der Rheinisch-Westfälischen Akademie der Wissenschaften. Seit 1957 gab er die „Historische Zeitschrift“ heraus und war von 1967 bis 1972 Vorsitzender des Historikerverbandes. Schieder verfolgte in seiner Einordnung des NS-Regimes in die deutsche Geschichte systematisch eine Verharmlosung des Nationalsozialismus, indem er dauernd von Parallelen zum Stalinismus sprach.

Bis 1945 leitete Schneider/Schwerte die Dienststelle "Germanischer Wissenschaftseinsatz" im Rahmen des Amtes „Ahnenerbe“. Der überzeugte Nationalsozialist forderte einen „totalen Kriegseinsatz der Geisteswissenschaften“. Anfang Mai 1945 nahm er eine „neue Identität" unter dem Namen Hans Schwerte an, ließ Schneider für tot erklären und konnte unbemerkt eine Wissenschaftskarriere starten, wo er zum Rektor der RWTH Aachen aufstieg und sogar 1983 das Bundesverdienstkreuz erhielt. Seine Enttarnung löste einen Skandal an der RWTH aus. Ähnlich wie im Fall Schieder wurde von verschiedener Seite ein Dualismus zwischen dem SS-Verbrecher Schwerte/Schneider und dem demokratischen hoch dekorierten Wissenschaftler Schwerte/Schneider entwickelt, was der Verharmlosung seiner NS-Ideologie gleichkommt.

Die nationalsozialistische „Westforschung“ schuf eine wissenschaftliche Legitimation für eine Annexion der westlichen Nachbarstaaten auf völkischer Grundlage. Die führenden Vertreter der „Westforschung“ waren Franz Petri und Franz Steinbach. Nach der Befreiung vom Nationalsozialismus blieben Ansätze und Fragestellungen dieser beiden zunächst erhalten, lediglich der Kontext der deutschen Ausdehnung wurde durch einen Kontext der europäischen Integration ersetzt.

Petri war von 1942 bis 1945 war er Professor für niederländische Geschichte in Köln. Und bekleidete er seit 1940 den Posten eines „Kulturreferenten“ bei der deutschen Militärverwaltung im besetzen Belgien und Nordfrankreich Petri war dafür verantwortlich, dass etwa hundert belgische und dabei insbesondere jüdische Wissenschaftler entlassen und durch deutsche völkische Forscher ersetzt wurden. Nach dem Ende des 2. Weltkrieges wurde Petri bis 1947 von den Alliierten interniert und verlor seinen Lehrstuhl in Köln. 1951 wurde Petri Direktor des Provinzialinstituts für Westfälische- Landes- und Volkskunde des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe. 1961 gelang es ihm trotz seiner nationalsozialistischen Vorgeschichte, als Lehrbeauftragter an die Universität zurückzukehren. Petri wurde erneut Professor für geschichtliche Landeskunde der Rheinlande in Bonn.

In der Zeit des Nationalsozialismus trat Steinbach1934 dem NS-Lehrerbund und 1937 dem NS-Dozentenbund bei. Steinbach wurde Mitherausgeber der völkischen Zeitschrift „Rasse und Volk“. In der Nachkriegszeit wurde Steinbach von 1948 bis 1950 Professor für Rheinische Geschichte und allgemeine Wirtschaftsgeschichte in Bonn. Zwischen 1950 bis 1960 bekleidete er das Amt als Professor für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte. 1960 wurde ihm das Große Verdienstkreuz des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland verliehen.

6 Literatur

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Fußnoten

  1.  ↑ Werner Conze (1910-1986) promovierte 1934 im ehemaligen Königsberg bei Hans Rothfels. Nach seiner Habilitation bekam er 1943 einen Ruf an die „Reichsuniversität Posen“, dem er aufgrund eines dauerhaften Einsatzes als Frontoffizier nur für wenige Wochen folgen konnte. Nach dem Ende des 2. Weltkrieges lehrte er in Göttingen, Münster und Heidelberg, wo er 1969/70 zum Rektor gewählt wurde. Conze arbeitete seit 1934 auf den Feldern der „Ostforschung“ und der völkisch geprägten „Volks- und Kulturbodenforschung“. In der NS-Zeit verlangte Conze „erbgesundes Bauerntum als Blutquell des deutschen Volkes“ und forderte 1940 die „Entjudung der Städte und Marktflecken“ im besetzten Polen. Klee, E.: Das Personenlexikon zum Dritten Reich. Wer war was vor und nach 1945. 2.Auflage, Frankfurt/Main 2005, S. 96
  2.  ↑ Ebd.
  3.  ↑ Aly, G.: Macht, Geist. Wahn. Kontinuitäten deutschen Denkens, Berlin 1997, S. 153
  4.  ↑ Kellershohn, H.: Im „Dienst der nationalsozialistischen Revolution“-Die deutsche Gildenschaft und ihr Verhältnis zum Nationalsozialismus, in: Jahrbuch des Archivs der deutschen Jugendbewegung, Band 13/1999-2004, Schwalbach/Taunus 2004, S. 255-293, hier S. 262
  5.  ↑ Haar, I.: „Revisionistische“ Historiker und Jugendbewegung: Das Königsberger Beispiel, in: Schöttler, P.: Geschichtsschreibung als Legitimationswissenschaft 1918-1945, Frankfurt/Main 1997, S. 52-103, hier S. 70f
  6.  ↑ Kocka, J.: Zwischen Nationalsozialismus und Bundesrepublik. Ein Kommentar, in: Schulze, W./Oexle, O.G. (Hrsg.): Deutsche Historiker im Nationalsozialismus, 3. Auflage, Frankfurt/Main 2000, S. 340-357, hier S. 344
  7.  ↑ Zitiert aus Mommsen, W. J.: Vom „Volkstumskampf“ zur nationalsozialistischen Vernichtungspolitik in Osteuropa. Zur Rolle der deutschen Historiker unter dem Nationalsozialismus, in: Schulze./Oexle, Deutsche Historiker im Nationalsozialismus, a.a.O., S. 183-214, hier S.191
  8.  ↑ Wehler, H.-U.: Nationalsozialismus und Historiker, in: Schulze/Oexle, Deutsche Historiker im Nationalsozialismus, a.a.O., S. 306-339, hier S. 316. Die Dissertation wurde 1936 in erweiterter Fassung veröffentlicht: Schieder, T.: Die kleindeutsche Partei in Bayern in den Kämpfen um die nationale Einheit 1863-1871, München 1936
  9.  ↑ Hürter, J./Woller, H. (Hrsg.): Hans Rothfels und die deutsche Zeitgeschichte, München 2005, S. 12. Die Person Hans Rothfels wurde in jüngster Zeit zum Gegenstand einer geschichtswissenschaftlichen Kontroverse. Dabei geht es darum, inwieweit der ultranationalistische Historiker während seiner Lehrtätigkeit einen Standpunkt vertreten hatte, der sich an die NS-Ideologie anlehnte. Aus der Veröffentlichung eines Briefwechsels geht laut dem Historiker Heinrich August Winkler hervor, dass Rothfels „beim zweiten Wahlgang der Reichspräsidentenwahl 1932 offenkundig für Hitler gestimmt“ habe. Die Zeit vom 17.Dezember 2008, S. 64
  10.  ↑ Rüsen, J.: Kontinuität, Innovation und Reflexion im späten Historismus: Theodor Schieder, in: Ders: Konfigurationen des Historismus. Studien zur deutschen Wissenschaftskultur. Frankfurt/M. 1993, S. 357–397, hier S. 368
  11.  ↑ Fahlbusch, M.: Wissenschaft im Dienst der nationalsozialistischen Politik? Die „Volksdeutschen Forschungsgemeinschaften“ von 1931-1945, Baden-Baden 1999, S. 580
  12.  ↑ Wehler, Nationalsozialismus und Historiker, in: Schulze/Oexle, Deutsche Historiker im Nationalsozialismus, a.a.O., S. 306-339, hier S. 317
  13.  ↑ Ebbinghaus,/Roth, Vorläufer des Generalplans Ost. Eine Dokumentation über Theodor Schieders Polendenkschrift vom 7. Oktober 1939. In: 1999. Zeitschrift für die Sozialgeschichte des 20. und 21. Jahrhunderts, a.a.O., S. 62–94, hier S. 67f
  14.  ↑ Ebd.
  15.  ↑ Aly, G.: Theodor Schieder, Werner Conze oder Die Vorstufen der physischen Vernichtung, in: Schulze./Oexle, Deutsche Historiker im Nationalsozialismus, a.a.O., S. 163-182, hier S. 163
  16.  ↑ Wehler, Nationalsozialismus und Historiker, in: Schulze/Oexle, Deutsche Historiker im Nationalsozialismus, a.a.O., S. 306-339, hier S. 320
  17.  ↑ Ebbinghaus,/Roth, Vorläufer des Generalplans Ost. in: 1999. Zeitschrift für die Sozialgeschichte des 20. und 21. Jahrhunderts , a.a.O., hier S. 88
  18.  ↑ Wehler, Nationalsozialismus und Historiker, in: Schulze, /Oexle, Deutsche Historiker im Nationalsozialismus, a.a.O, S. 320
  19.  ↑ Zitiert aus Mommsen, Vom „Volkstumskampf“ zur nationalsozialistischen Vernichtungspolitik in Osteuropa. Zur Rolle der deutschen Historiker unter dem Nationalsozialismus, in: Schulze/Oexle, Deutsche Historiker im Nationalsozialismus, a.a.O., S. 183-214, hier S. 190
  20.  ↑ Aly, Macht, Geist. Wahn. Kontinuitäten deutschen Denkens, a.a.O., S. 173
  21.  ↑ Rüsen, Kontinuität, Innovation und Reflexion im späten Historismus: Theodor Schieder, in: Ders.: Konfigurationen des Historismus. Studien zur deutschen Wissenschaftskultur., a.a.O., S. 357–397, hier S. 370f
  22.  ↑ Aly, Macht – Geist – Wahn. Kontinuitäten deutschen Denkens, a.a.O., S. 175f
  23.  ↑ Faulenbach, B.: Historische Tradition und politische Neuorientierung. Zur Geschichtswissenschaft nach der „deutschen Katastrophe“, in: Pehle, W.H./Sillem, P. (Hrsg.): Wissenschaft im geteilten Deutschland. Restauration oder Neubeginn nach 1945, Frankfurt/Main 1992, S. 191-204, hier S. 193. Eine ausführliche Darstellung der Karrieren von einzelnen Historikern finden sich bei Weber, W.: Priester der Klio. Historisch-sozialwissenschaftliche Studien zu Herkunft und Karriere deutscher Historiker und zur Geschichte der Geschichtswissenschaft 1800-1970, Frankfurt/M./Bern/New York 1984
  24.  ↑ Lübbe, H.: Der Nationalsozialismus im deutschen Nachkriegsbewusstsein, in: Historische Zeitschrift 236 (1983), S. 579-599, hier S. 581
  25.  ↑ Ebd.
  26.  ↑ Vgl. dazu Frei, N.: Vergangenheitspolitik. Die Anfänge der Bundesrepublik und die NS-Vergangenheit, München 1996, S. 69-100
  27.  ↑ Schulze, W.: Doppelte Entnazifizierung. Geisteswissenschaften nach 1945, in: König, H. (Hrsg.): Vertuschte Vergangenheit: der Fall Schwerte und die NS-Vergangenheit der deutschen Hochschulen, München 1997, S. 257- 274, hier S. 268
  28.  ↑ Mommsen, Vom „Volkstumskampf“ zur nationalsozialistischen Vernichtungspolitik in Osteuropa. Zur Rolle der deutschen Historiker unter dem Nationalsozialismus, in: Schulze/Oexle, Deutsche Historiker im Nationalsozialismus, a.a.O., S. 183-214, hier S. 266
  29.  ↑ In welche der fünf Gruppen (Hauptschuldige, Belastete, Minderbelastete, Mitläufer, Entlastete) er dabei eingeteilt wurde, ist nicht bekannt. Es ist aber anzunehmen, dass er nicht in die ersten drei Gruppen eingestuft wurde, da er ansonsten nicht den Lehrstuhl in Köln bekommen hätte.
  30.  ↑ Gall, L.: Theodor Schieder, in: Historische Zeitschrift 241 (1985), S. 1–25, hier S. 13f
  31.  ↑ Dann, O./Wehler, H.-U. (Hrsg.): Theodor Schieder: Nationalismus und Nationalstaat. Studien zum nationalen Problem im modernen Europa, 2. Auflage, Göttingen 1991, S. 265
  32.  ↑ Wehler, Nationalsozialismus und Historiker, in: Schulze/Oexle, Deutsche Historiker im Nationalsozialismus, a.a.O., S. 306-339, hier S. 316
  33.  ↑ Aly, Theodor Schieder, Werner Conze oder Die Vorstufen der physischen Vernichtung, in: Schulze/Oexle, Deutsche Historiker im Nationalsozialismus, a.a.O., S. 163-182, hier S. 176
  34.  ↑ Mommsen, Vom „Volkstumskampf“ zur nationalsozialistischen Vernichtungspolitik in Osteuropa. Zur Rolle der deutschen Historiker unter dem Nationalsozialismus, in: Schulze/Oexle, Deutsche Historiker im Nationalsozialismus, a.a.O., S. 183-214, hier S. 270
  35.  ↑ Kocka, Zwischen Nationalsozialismus und Bundesrepublik. Ein Kommentar, in: Schulze, /Oexle, Deutsche Historiker im Nationalsozialismus, a.a.O., S. 340-357, hier S. 345
  36.  ↑ Wehler, Nationalsozialismus und Historiker, in: Schulze./Oexle, Deutsche Historiker im Nationalsozialismus, a.a.O., S. 306-339, hier S. 334f
  37.  ↑ Vgl. dazu die biographischen Angaben Wehlers in Hohls, R./Jarausch, K.H. (Hrsg.) Versäumte Fragen. Deutsche Historiker im Schatten des Nationalsozialismus, Stuttgart/München 2000, S. 244-248
  38.  ↑ Schon im Jahre 2000 gab es Zeichen der Relativierung. Hans-Ulrich Wehler bemerkte: „Ich gebe mich nicht damit zufrieden die Sache (Schieders Wirken in der NS-Zeit, M.L) so wie Aly und Schöttler zu betrachten und die Untersuchung 1945 abzubrechen. Das ist unbefriedigend. (…) Der Dreh- und Angelpunkt meines Argumentes ist, daß Conze und Schieder reflexiv gelernt, wobei dieses Urteil für viele strittig bleibt.“ Vgl. Hohl, R./Jarausch, K.-H. (Hrsg.): Versäumte Fragen. Deutsche Historiker im Schatten des Nationalsozialismus, Stuttgart/München 2000, S. 256. Michael Stürmer sagte: „Die Generation (…) also Conze, Schieder u.a. (…) kam aus den Brüchen von Weimer, im Bewußtsein des Kriegsendes, taumelte in die ‚völkische Revolution’ und hatte wahrscheinlich so wenig Urteilsvermögen wie die meisten Akademiker. (…) Da sind sie halt – mehr oder weniger mitgeschwommen. (…) Sie haben sich verführen lassen – so sind Menschen.“ Vgl. a.a.O., S. 362f. Lothar Gall, ein ehemaliger Schüler von Schieder, äußerte: „Natürlich gibt es Formulierungen in den Schriftstücken (Schieders, M.L.), die uns vorliegen, die besonders grell klingen, aber man müßte einmal genau sehen, wie sich das in den jeweiligen Kontext einordnet.“ Vgl. a.a.O., S. 313. In dem autobiographischen Werk „Eine lebhafte Kampfsituation“ differenzierte Wehler in relativierender Absicht zwischen der Tätigkeit Schieders in der NS-Zeit und der Zeit nach 1945. Vgl. Wehler, H.-U.: Eine lebhafte Kampfsituation. Ein Gespräch mit Manfred Hettling und Cornelius Torp, München 2006, S. 56ff
  39.  ↑ http:/lesesaal.faz.net/wehler/pdf/wehler%20zu%Schieder.pdf
  40.  ↑ Ebd.
  41.  ↑ Ebd.
  42.  ↑ Ebbinghaus, A./Roth, K. H.: Vorläufer des Generalplans Ost. Eine Dokumentation über Theodor Schieders Polendenkschrift vom 7. Oktober 1939. In: 1999. Zeitschrift für die Sozialgeschichte des 20. und 21. Jahrhunderts 7 (1992), Heft 1, S. 62–94, hier S. 67f
  43.  ↑ Aly, G.: „Dass uns Blut zu Gold werde“. Theodor Schieder, Propagandist des Dritten Reiches, in: Menora. Jahrbuch für deutsch-jüdische Geschichte, 1998, S. 13-27
  44.  ↑ AutorInnenkollektiv für Nestbeschmutzung: Schweigepflicht. Eine Reportage. Der Fall Schneider und andere Versuche, nationalsozialistische Kontinuitäten in der Wissenschaftsgeschichte aufzudecken, 2.Auflage, Münster 1996, S. 12f Vgl. als ergänzende Beiträge zu diesem Thema: König, H./Kuhlmann, W./Schwabe, K. (Hrsg.):Vertuschte Vergangenheit. Der Fall Schwerte und die NS-Vergangenheit der deutschen Hochschulen, München 1997; Jäger, L.: Seitenwechsel. Der Fall Schneider/Schwerte und die Diskretion der Germanistik, München 1998; Jäger, L.: Artikel „Hans Ernst Schneider/Hans Werner Schwerte". In: Neue Deutsche Biographie. Hg. v. d. Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 23, Berlin 2007, S. 296-298 sowie Lerchenmüller, J./Simon, G.: Maskenwechsel. Wie der SS-Hauptsturmführer Schneider zum BRD-Hochschuldirektor Schwerte wurde und andere Geschichten über die Wendigkeit deutscher Wissenschaft im 20. Jahrhundert, Tübingen 1999
  45.  ↑ Vgl. dazu Kater, M. H.: Das "Ahnenerbe" der SS 1935 - 1945. Ein Beitrag zur Kulturpolitik des Dritten Reiches. 4. Auflage, München 2006; Heinemann, I.: „Rasse, Siedlung, deutsches Blut" Das Rasse- und Siedlungshauptamt der SS, Göttingen 1999, S. 88ff
  46.  ↑ Koop, V.: Himmlers Germanenwahn. Die SS-Organisation Ahnenerbe und ihre Verbrechen, Berlin 2012, S. 47
  47.  ↑ König, H.: Die Zukunft der Vergangenheit. Der Nationalsozialismus im politischen Bewußtsein der Bundesrepublik, Frankfurt/Main 2003, S. 87f
  48.  ↑ www.taz.de/archiv/archiv/?dig=2006/08/16/a0170
  49.  ↑ König, Die Zukunft der Vergangenheit. Der Nationalsozialismus im politischen Bewußtsein der Bundesrepublik, a.a.O., S. 88
  50.  ↑ Ebd.
  51.  ↑ Leggewie, C.: Von Schneider zu Schwerte. Das ungewöhnliche Leben eines Mannes, der aus der Geschichte lernen wollte, München 1998
  52.  ↑ Zur Zielsetzung des Instituts vgl. Nikolay-Panter, M.: Geschichte, Methodik, Politik. Das Institut und die geschichtliche Landeskunde der Rheinlande 1920-1945, in: Rheinische Vierteljahrsblätter 60/1996, S. 233-262 und Gansohr-Meinel, H.: Die Bedeutung des Atlas der deutschen Volkskunde in Bonn und ihre Bedeutung für die rheinische „Volks- und Grenzlandforschung der zwanziger und dreißiger Jahre, in: Rheinische Vierteljahrsblätter 59/1995, S. 271-303
  53.  ↑ Vgl. dazu Pleyer, K.: Die Landschaft im neuen Frankreich. Stammes- und Volksgruppenbewegung im Frankreich des 19. und 20. Jahrhunderts, Stuttgart 1935; Helbok, A.: Grundlagen der Volksgeschichte Deutschlands und Frankreichs. Vergleichende Studien zur deutschen Rassen-, Kultur- und Staatsgeschichte, Berlin/Leipzig 1937 oder Anrich, E.: Frankreich und die deutsche Einheit in den letzten 300 Jahren, Hamburg 1940
  54.  ↑ Schöttler, P.: Von der rheinischen Landesgeschichte zur nazistischen Volksgeschichte oder Die “unhörbare Stimme des Blutes”, in: Schulze, W./Oexle, O.G. (Hrsg.): Deutsche Historiker im Nationalsozialismus, 3. Auflage, Frankfurt/Main 2000, S. 89-113, hier S. 95
  55.  ↑ Derks, H.: German Westforschung, 1918 to the Present: The Case of Franz Petri, 1903-1993, in: Haar, I./Fahlbusch, M. (Hrsg.), German Scholars and Ethnic Cleansing, 1920-1945, New York/ Oxford 2005, S. 175-200, hier S. 177ff
  56.  ↑ Petri, F.: Germanisches Volkserbe in Wallonien und Nordfrankreich, 2. Auflage, Bonn 1942, S. 853
  57.  ↑ Ebd., S. VI
  58.  ↑ Vgl. dazu Petri, F.: Um die Volksgrundlagen des Frankenreiches, in: Deutsches Archiv für Landes- und Volksforschung 2/1938, S. 913-962
  59.  ↑ Klee, E.: Das Personenlexikon zum Dritten Reich. Wer war was vor und nach 1945, Frankfurt/Main 2003, S. 456
  60.  ↑ Die Kulturraumforschung zwischen Wissenschaft und Politik. Das Beispiel Franz Petri (1903-1993). In: Westfälische Forschungen 46 (1996), S. 73-176, hier S. 108
  61.  ↑ Detailliertere Informationen finden sich in dem Sammelband Dietz, B./ Gabel, H./Tiedau, U. (Hrsg..), Griff nach dem Westen. Die Westforschung der „völkisch-nationalen“ Wissenschaften im nordwesteuropäischen Raum (1919-1960), Münster 2003
  62.  ↑ http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/forum/id=330&type=diskussionen
  63.  ↑ Schöttler, P.: Die historische Westforschung zwischen Abwehrkampf und territorialer Offensive, in: Ders. (Hrsg.), Geschichtswissenschaft als Legitimationswissenschaft 1918-1945, Frankfurt/Main 1999, S. 211-134, hier S.215
  64.  ↑ Vgl. dazu Mai, U.: Agrarpolitik, Sozial- und Raumplanung im NS-Staat, Paderborn 2002; Freund, W.: Volk, Reich und Westgrenze. Wissenschaften und Politik in der Pfalz, im Saarland und im annektierten Lothringen 1925-1945, Baden-Baden 2002
  65.  ↑ Picker, H.: Hitlers Tischgespräche im Führerhauptquartier 1941-1942, Bonn 1951, S. 425
  66.  ↑ Haunfelder, B: Franz Petri, in: Nordrhein-Westfalen – Land und Leute. 1946 – 2006. Ein biographisches Handbuch, Münster 2006, S.360f
  67.  ↑ Klee, E.: Das Personenlexikon zum Dritten Reich. Wer war was vor und nach 1945, 2. Auflage, Frankfurt/Main 2005, S. 600
  68.  ↑ Ebd.
  69.  ↑ Petersohn, J. (Hrsg.): Der Konstanzer Arbeitskreis für mittelalterliche Geschichte. Die Mitglieder und ihr Werk. Eine bio-bibliographische Dokumentation. Eintrag Franz Steinbach, Stuttgart 2001, S. 417–424, hier S. 417f
  70.  ↑ Klee, E.: Das Personenlexikon zum Dritten Reich. Wer war was vor und nach 1945, 2. Auflage, Frankfurt/Main 2005, S. 600
  71.  ↑ Steinbach, F.: Studien zur westdeutschen Stammes- und Volksgeschichte, 2.Auflage, Darmstadt 1962, S. 103ff
  72.  ↑ Schorn-Schütte, L., in: vom Bruch, R./Müller, R.A. (Hrsg.): Historikerlexikon. Von der Antike bis zum 20. Jahrhundert, München 1991, S. 300
  73.  ↑ Steinbach, F.: Das Frankenreich, in: Meyer, A.O. (Hrsg.): Handbuch der deutschen Geschichte, Band 1, Potsdam 1936, S. 106-146, hier S. 142; Steinbach, F.: Der geschichtliche Sinn des Waffenstillstandes mit Frankreich, Bonn 1940; Steinbach, F.: Holland, Belgien, Luxemburg, in: Deutschlands Erneuerung 24 (1940), S. 475-483; Steinbach, F.: Luxemburg, in: Heiß, F. (Hrsg.): Deutschland und der Westraum, Berlin 1941, S. 145-155