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Sudetenland

Von Margarete Lausberg

Am Ende des 9. und zu Beginn des 10. Jahrhunderts begannen die ersten Přemysliden auch, die übrigen böhmischen Fürsten unter ihre Kontrolle zu bringen. Ihr Machtbereich beschränkte sich zunächst auf die mittelböhmische Region mit den Zentren in Prag und Levý Hradec.

Ebenfalls in das 9. Jahrhundert fallen die Anfänge der Christianisierung. Die Mission ging einerseits vom fränkischen Reich aus, besonders aus Regensburg und Passau. Andererseits brachte das Wirken der „Slawenapostel“ Methodius und Kyrill von Saloniki Mähren und teilweise auch Böhmen in den Einflussbereich der östlichen Kirche. Aus dem 9. Jahrhundert stammen die ersten Kirchenbauten und die Entwicklung der altkirchenslawischen Schriftsprache.

Den hohen Entwicklungsstand der mährischen Kultur offenbaren reiche Grabbeigaben, besonders an Waffen und Schmuck, die sich auch in böhmischen Fürstengräbern finden. Mähren hatte Anschluss an das europäische Fernhandelsnetz und exportierte Rohstoffe, Metallerzeugnisse und Sklaven. In beiden Landesteilen entwickelte sich im 9. Jahrhundert ein Netz von Burgen, die als politische, wirtschaftliche und kulturelle Zentren die Grundlage staatlicher Organisation bildeten.

Der erste historisch belegte Přemyslide ist Bořivoj I. Sein Enkel Herzog Wenzel von Böhmen wurde 935 von seinem Bruder Boleslav ermordet und später Schutzheiliger des Landes.

973 gab Kaiser Otto I. Böhmen ein eigenes Bistum mit Sitz in Prag. Bis dahin war Böhmen ein Teil des Bistums Regensburg.Spätestens ab dem 10. Jahrhundert lebte in Prag eine bedeutende deutsche und jüdische Gemeinschaft.1003 eroberte Bolesław I. von Polen für kurze Zeit Böhmen. 1038 fiel Břetislav I. von Böhmen in Polen ein.

Die böhmische Königswürde, 1085 Vratislav II. persönlich verliehen, seit 1198 unter Ottokar I. Přemysl erblich, demonstrierte die Sonderstellung Böhmens im Heiligen Römischen Reich. Lange Zeit mächtigster Fürst im Reich, war der Böhmische König mit Unterbrechungen Mitglied des Kurfürstenkollegiums und beteiligte sich an der Wahl des römisch-deutschen Königs, mit dessen Königstitel traditionell die Anwartschaft auf das römisch-deutsche Kaisertum verbunden war.

Im 13. Jahrhundert begann in manchen Teilen eine intensive Besiedelung durch deutsche Siedler und Bergleute. Auch in vielen Städten Innerböhmens lebten ab dem 12./13. Jahrhundert Deutsche und Tschechen zusammen.

Ottokar II. Přemysl nutzte die Schwäche der babenbergischen Herzogin und ihres Sohnes zur Aneignung deren Herrschaftsgebietes: Schon vor seiner Krönung zum König von Böhmen (1253) wurde er 1251 Herzog von Österreich. 1261 wurde er Herzog der Steiermark, 1269 auch von Kärnten und Krain.

Damit erreichte die přemyslidische Herrschaft ihre größte Ausdehnung. In seiner Rivalität zu Polen unterstützte er die Eroberungen des Deutschen Ordens. Zum Dank wurde Königsberg nach ihm benannt. Im Machtkampf zwischen ihm und dem 1273 gewählten römisch-deutschen König Rudolf I. von Habsburg besiegte dieser ihn 1278 in der Schlacht auf dem Marchfeld.

1300 wurde Wenzel II. König von Polen. Die böhmisch-polnische Personalunion endete bereits 1305. Sein Sohn Wenzel III. wurde 1306 in Olmütz ermordet. Damit endete die Přemyslidendynastie. Wenzels jüngste Schwester Elisabeth heiratete dann Johann von Luxemburg.

Mit König Johann kam 1310 die Dynastie der Luxemburger auf den böhmischen Thron und führte die Politik der Přemysliden fort. 1347 folgte ihm sein Sohn Karl, der spätere Kaiser Karl IV., als König von Böhmen nach. Er bewirkte 1344 die Erhöhung des 973 gegründeten Bistums Prag zu einem Erzbistum. Dadurch wurde Böhmen aus der Kirchenprovinz Mainz gelöst und bildete nun eine eigene Kirchenprovinz mit den Suffraganbistümern Olmütz und Leitomischl. 1348 gründete Karl IV. die nach ihm benannte Karls-Universität in Prag als erste Universität auf dem Boden des Heiligen Römischen Reiches nördlich der Alpen. Zu jener Zeit war die böhmische Hauptstadt das politische, wirtschaftliche und kulturelle Zentrum Mitteleuropas. Das böhmische Königreich bildete das Zentrum der luxemburgischen Hausmacht und der imperialen Politik Karls IV. Benachbarte Territorien inkorporierte er zur Krone Böhmens. 1335 verzichtete Kasimir der Große von Polen auf Schlesien. Seit dem 14. Jahrhundert gehörten deshalb Schlesien, die Lausitzen sowie zeitweise die Mark Brandenburg und auch Teile der im Norden der heutigen Oberpfalz liegenden Gebiete (sog. Neuböhmen) zum böhmischen Staatsverband. Karl IV. betrieb eine ausgleichende Nationalitätenpolitik: Er schützte und förderte die Deutschen in Böhmen, verlangte von ihnen aber, dass sie ihre Kinder zweisprachig deutsch und tschechisch erziehen. Karls Versuche, die Macht des Königs u. a. mit dem Erlass eines Landrechts (Maiestas Carolina) zu stärken, scheiterten am Widerstand der Landstände.

Zur Zeit seines Todes im Jahr 1378 erreichte die deutsche Besiedlung Böhmens einen Höhepunkt. Schon ab dem späten 14. Jahrhundert ging die deutsche Sprache und Bevölkerung wieder zurück. Wirtschaftlich war Böhmen unter den Luxemburgern eine der führenden Regionen Europas. In Prag wurden gleichzeitig mit dem Prager Kanzleideutsch Grundlagen der modernen deutschen Sprache gelegt und durch die Feder des religiösen Reformators Jan Hus Grundlagen der modernen tschechischen Sprache.

Jan Hus begab sich unter der Zusage freien Geleits auf das Konzil von Konstanz und wurde dort 1415 als Ketzer auf dem Scheiterhaufen hingerichtet. 1420 begannen die Hussitenkriege. In denen entluden sich nationale, soziale und konfessionelle Spannungen mit großer Heftigkeit. Die hussitischen Einheiten operierten in dem zweiten Viertel des 15. Jahrhunderts auch in Bayern, Schlesien, im Glatzer Land, in Österreich, in der westlichen Slowakei, in Brandenburg und in Gebieten bis an die Ostsee. Gleichzeitig richteten sich die Kriegshandlungen der Hussiten gegen katholische Städte, Klöster und Adelsburgen im Inland. Der Bürgerkrieg teilte Böhmen in ein katholisches und ein hussitisches Lager.

Während des Konzils von Basel kehrte der weniger radikale Flügel der Kalixtiner wieder in den Schoß der katholischen Kirche zurück und verbündete sich mit den kaiserlichen Truppen gegen die radikaleren Taboriten. Diese erlitten in der Schlacht von Lipan und in der zweiten Schlacht von Brüx (beide 1434) eine schwere Niederlage. Im Jahre 1436 wurde in Iglau das Abkommen zwischen Böhmen und dem Basler Konzil bekannt gegeben, welches der hussitischen Bevölkerung gewisse Glaubensfreiheiten gewährleistete.

Nach dem Tod des Habsburgers Ladislaus Postumus wurde Reichsverweser Georg von Podiebrad 1458 zum König von Böhmen gewählt. Podiebrad hielt das Abkommen von Iglau (Jihlava) strengstens ein und versuchte den Frieden in Böhmen trotz weiterer Spannungen zwischen der hussitischen und der katholischen Seite zu erhalten. Der neugewählte Papst Paul II. nahm darauf aber weniger Rücksicht als sein Vorgänger und erklärte 1466 Georg von Podiebrad zum Ketzer. Es folgte sofort ein Aufstand zuerst der katholischen Städte Breslau und Pilsen und danach begannen die Kämpfe mit der Grünberger Allianz. Diese Krise unterdrückte Podiebrad im Jahre 1467 zwar ohne großen Aufwand, ein Jahr später versuchte aber der ungarische König Matthias Corvinus Böhmen militärisch einzunehmen. 1469 ließ sich Matthias Corvinus von dem katholischen Teil der Stände zum böhmischen Gegenkönig wählen. In einer aussichtslosen Situation unterzeichnete der durch Alter und Krankheit erschöpfte Podiebrad einen Nachfolgerschaftsvertrag mit dem polnischen König Kasimir IV. Nach dem Tod Podiebrads wählten seine Anhänger den polnischen Prinzen Vladislav II. zum König von Böhmen.

Die Stände Böhmens wählten den polnischen Jagiellonen Vladislav II. 1471 zum König. Von seinem Vorgänger, dem Utraquisten Georg von Podiebrad, erbte er den Krieg gegen den Gegenkönig Matthias Corvinus. Mit dem Frieden von Olmütz wurde der Krieg 1479 beendet. Matthias konnte die böhmischen Nebenländer Mähren, Schlesien, Ober- und Niederlausitz behalten. Vladislav II. und Matthias durften den Titel „König von Böhmen“ führen. Mit Matthias' Tod 1490 wurde Vladislav vertragsgemäß alleiniger König von Böhmen. Im Jahr 1500 wurde die nach dem König benannte Vladislavsche Landesordnung im Landtag verabschiedet. Sie sicherte den böhmischen Herren und Rittern weitgehende politische Mitspracherechte und gilt als älteste geschriebene Verfassung Böhmens. Als 1512 das Heilige Römische Reich in 10 Reichskreise eingeteilt wurde, blieb Böhmen mitsamt seinen Nebenländern Mähren, Schlesien und der Lausitz außen vor.

Vladislav II. wurde 1512 von seinem dreijährigen Sohn Ludwig II. beerbt, der 1526 ohne Nachkommen starb. Daraufhin wählten die Stände seinen Schwager Ferdinand I. von Habsburg zum böhmischen König.

1575 wurde auf Betreiben der protestantischen Stände die Confessio Bohemica verfasst. Sie sollte alle evangelischen Strömungen im Land unter einem theologischen Dach vereinen.

1618 rebellierten die evangelischen Stände gegen Kaiser Matthias. Der Prager Fenstersturz war der Auslöser für den Dreißigjährigen Krieg. Nach dem Tod des Kaisers im März 1619 sagten sich die Stände der böhmischen Länder von den Habsburgern los und schufen sich mit der Böhmischen Konföderation eine neue Verfassung. Danach wählten sie den Calvinisten Friedrich von der Pfalz zum König.

In der Schlacht am Weißen Berg (Bílá hora) am 8. November 1620 unterlagen die böhmischen Stände unter ihrem König Friedrich von der Pfalz den Truppen der katholischen Liga, die von dem Feldherren Graf von Tilly angeführt wurden. Friedrich, der sogenannte Winterkönig, musste aus Böhmen fliehen und Kaiser Ferdinand II. konnte seinen Anspruch auf die Krone Böhmens durchsetzen.

Auf die Schlacht am Weißen Berg folgte die in der älteren nationaltschechischen Historiographie als temno („Dunkelheit“) bezeichnete Zeit. Kaiser Ferdinand II. unterdrückte alle Nicht-Katholiken. Einige Führer des böhmischen Aufstands wurden hingerichtet, die Mehrheit des böhmischen protestantischen Adels wurde enteignet und musste das Land verlassen. Die Güter wurden an – zumeist deutschsprachige – katholische Adlige aus anderen Teilen des Habsburgerreiches vergeben. Ein Teil des böhmischen Adels konvertierte auch zum Katholizismus. Sukzessive wurde Deutsch zur vorherrschenden Verwaltungssprache.

Der dreißigjährige Krieg verwüstete Böhmen schlimm. Fast im ganzen Land wurde mit aller Härte die Gegenreformation durchgesetzt. Entvölkerte Landstriche wurden nach dem Krieg mit Siedlern aus deutschsprachigen Teilen des Habsburgerreiches besiedelt. Seit 1620 wurde Böhmen zunächst streng absolutistisch verwaltet. Nach dem Böhmischen Bauernaufstand wurden wieder mehr lokale Entscheidungen zugelassen.

Die Habsburgerin Maria Theresia war von 1740 bis zu ihrem Tode 1780 Erzherzogin von Österreich und Königin Ungarns und Böhmens. Unter ihrem Sohn Joseph II. wurde 1781 die Leibeigenschaft aufgehoben. Sein – fortschrittlich gemeinter – Ersatz des Lateinischen als erster Amtssprache des Habsburgerreiches durch Deutsch löste bei den Tschechen und anderen Nationalitäten Unmut aus.

1804 wurden die habsburgischen Lande zum Kaisertum Österreich. Nach dem Ende des Heiligen Römischen Reiches im Jahre 1806 wurde das Egerland, bis dahin ein uneingelöstes Pfandgebiet mit eigenständigen Institutionen, fest nach Böhmen eingegliedert Nach dem Wiener Kongress regte sich unter dem böhmischen Adel schon früh Widerstand gegen die Politik Metternichs. Die Märzrevolution von 1848 fand auch in Böhmen, vor allem in Prag statt. In deren Gefolge wurde im Juni des Jahres, etwa zur gleichen Zeit als in der Frankfurter Paulskirche die verfassunggebende deutsche Nationalversammlung tagte, in Prag ein Slawenkongress veranstaltet, bei dem der Historiker František Palacký eine entscheidende Rolle spielte. Hauptforderung des Kongresses war eine gleichberechtigte Rolle der Slawen in der Donaumonarchie (Austroslawismus). Als die vergleichsweise gemäßigten Forderungen des Slawenkongresses von Österreichs Kaiser Ferdinand I. abgelehnt wurden, kam es am 13. Juni 1848 zum Prager Pfingstaufstand gegen die österreichische Herrschaft in Böhmen. Dieser Aufstand wurde jedoch bereits nach drei Tagen mit militärischer Gewalt niedergeschlagen. Die Niederwerfung der tschechischen Nationalbewegung bildete den ersten militärischen Erfolg der Gegenrevolution in den Staaten des Deutschen Bundes.

Hatte die seit 1620 betriebene Bevorzugung des Deutschen dazu geführt, dass vor allem in den Städten auch Böhmen zu Hause deutsch sprachen, die sich als Tschechen verstanden, so fingen in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts im Zuge der nationalen Wiedergeburt viele dieser Familien an, bewusst wieder Tschechisch zu sprechen.

Seit dem österreichisch-ungarischen Ausgleich von 1867 gehörte Böhmen zum cisleithanischen Teil der Doppelmonarchie. 1871 beschloss der böhmische Landtag die Schaffung einer autonomen Verfassung (Fundamentalartikel), was jedoch von der Deutsch-liberalen Verfassungspartei abgelehnt wurde. Unter dem der Verfassungspartei angehörenden, aber gegen Ende der 1870er Jahre zunehmend mit den konservativen Föderalisten paktierenden österreichischen Ministerpräsidenten Eduard Taaffe wurde 1880 Tschechisch neben Deutsch wieder Amtssprache in Böhmen. Jedoch wurden nur Gemeinden mit bedeutendem tschechischen Bevölkerungsanteil zweisprachig verwaltet. 1882 spaltete sich von der damals weitgehend deutschen Karls-Universität eine tschechische ab. Ebenfalls 1882 wurde das Wahlrecht etwas demokratischer, ein Vorteil für die im Durchschnitt etwas ärmeren Tschechen. Seit 1883 hatten sie die Mehrheit im böhmischen Landtag. Da es aber immer noch ein Zensuswahlrecht war, hatte die Stadt Budweis zum Beispiel zwar seit den 1880er Jahren eine tschechische Bevölkerungsmehrheit, aber bis zum Ende der Habsburgerzeit einen mehrheitlich deutschen Stadtrat.

1897 erließ der österreichische Ministerpräsident Graf Badeni eine Nationalitätenverordnung für Böhmen und Mähren, nach der dort alle politischen Gemeinden zweisprachig zu verwalten waren. Damit avancierte Tschechisch in beiden Kronländern von einer Minderheitensprache zur Nationalsprache. Daraufhin legten deutsche Abgeordnete den österreichische Reichsrat lahm. Aufgrund der Boykotte im Parlament und vor Ort musste die Regierung schließlich zurücktreten und 1899 wurde die Nationalitätenverordnung wieder aufgehoben. Seither blockierten die tschechischen Abgeordneten die Parlamentsarbeit in Wien und die deutschen die in Prag. Ein österreichisch-tschechischer Ausgleich wurde zwar angestrebt, jedoch nie erreicht. Laut Volkszählung 1910 betrug der tschechische Bevölkerungsanteil der 6.770.000 Einwohner Böhmens 63,2 % und der deutsche 36,8 %

Während die Mischsituation politisch zur Blockade führte, war sie in anderer Hinsicht äußerst produktiv: Böhmen hatte die modernste Industrie unter den österreichischen Kronländern. Die Prager Kulturszene war durch zahlreiche Freundschaften zwischen Deutschen und Tschechen gekennzeichnet. Autoren übersetzten einander in die jeweilige Muttersprache. Die Volkszählung am 31. Dezember 1900 zeigte 63 Prozent Tschechen und 36 Prozent Deutschböhmen in Böhmen.

Der Gebirgszug der Sudeten, das nördliche Grenzgebirge der österreichischen Länder Böhmen, Mähren und Sudetenschlesien zum deutschen Sachsen und Schlesien, war im 19. Jahrhundert Namensgeber für die Bezeichnung „Sudetenland“. Dieser Begriffsdefinition folgte auch die Namensgebung der Provinz Sudetenland, die am 29. Oktober 1918 von deutschsprachigen Vertretern aus der Region gemäß dem Selbstbestimmungsrecht der Völker gegründet worden war (die Ausrufung der österreichischen Provinz Sudetenland erfolgte einen Tag später), mit dem Ziel des Anschlusses an Deutschösterreich und an das Deutsche Reich, um sich der Fremdbestimmung durch den neuen tschechoslowakischen Staat zu entziehen. Dessen Truppen sowie die Pariser Vorortverträge machten das Sudetenland jedoch zum Teil der Tschechoslowakei. Als Bezeichnung für die deutsch besiedelten Gebiete Böhmens und Mährens wird der Begriff seit dem Entstehen der Tschechoslowakischen Republik gebraucht; davon abgeleitet ist der Begriff „Sudetendeutsche“ für die ehemaligen deutschsprachigen Bewohner des Sudetenlandes, die Deutschböhmen und Deutschmährer

Die Sudetenländer sind nicht identisch mit dem Sudetenland, sie orientieren sich also an den Sudeti montes der Antike, die mit dem Bereich vom Isergebirge bis zum Adlergebirge identifiziert wurden. Der Terminus umfasste die Gesamtheit der historischen Länder Böhmen, Mähren, Schlesien. Diese Bedeutung von Sudetenländer fand sich beispielsweise bis 2000 auch noch im vormaligen Namen der Historischen Kommission für die böhmischen Länder (HKBL), die 1954 als Historische Kommission der Sudetenländer gegründet worden war und deren damaliger Name anlässlich einer Satzungsänderung 1981 bereits mit der zur Verhinderung von Missdeutungen als notwendig erachteten Erklärung „Sudetenländer im Sinne der Gesamtheit der böhmischen Länder“ ergänzt wurde.

„Sudetenland“ entwickelte sich ab 1918 allmählich zur zusammenfassenden Bezeichnung für die Gebiete Böhmen, Mährens und Tschechisch-Schlesiens, in denen Einwohner deutscher Nationalität, Abstammung und/oder Muttersprache eine Mehrheit bildeten (eigene Bezeichnung: Deutschböhmen, Deutschmährer, später Sudetendeutsche benannt). Dies galt auch für Gebiete, die weitab des Gebirgszuges der Sudeten lagen.

Die 1911 gewählten Reichsratsabgeordneten aller deutschen Regionen bildeten am 21. Oktober 1918 in Wien die Provisorische Nationalversammlung für Deutschösterreich und stimmten der Inanspruchnahme aller deutschen Siedlungsgebiete durch die neue Republik Deutschösterreich zu. Die Abgeordneten aus den heutigen Teilen Österreichs waren in den betreffenden deutschsprachigen Kronländern gewählt worden, die (später als Bundesländer) weiter bestanden. Den deutschen Abgeordneten aus Böhmen, Mähren und Österreichisch-Schlesien fehlte der Bezug auf ein aktuelles politisches Gebiet. Sie propagierten daher, in bewusster Abgrenzung von der neuen ČSR, am 29. Oktober 1918 die Gründung der deutschösterreichischen Provinzen Deutschböhmen und Sudetenland unter dem Vorsitz von Landeshauptmännern. Andere von Deutschösterreich beanspruchte deutsche Siedlungsgebiete im Böhmerwald und in Südböhmen („Böhmerwaldgau“ unter Kreishauptmann Friedrich Wichtl) sowie in Südmähren („Deutschsüdmähren“ unter Kreishauptmann Oskar Teufel) sollten von Ober- und Niederösterreich verwaltet werden.

Am 30. Oktober 1918 bestellte der deutschösterreichische Staatsrat (der Exekutivausschuss der Provisorischen Nationalversammlung) die erste republikanische Regierung, die Staatsregierung Renner I, deren Staatskanzler Karl Renner, deren aus Südmähren stammte.

Die deutschösterreichischen Politiker erwarteten, dass die Grenzziehung zwischen der ČSR und Deutschösterreich im Zuge der Friedensverhandlungen mit den Kriegssiegern geregelt werden würde, wie sie später in Saint-Germain bei Paris stattfanden. Die tschechoslowakischen Politiker warteten dies aber nicht ab, sondern ließen die von Deutschen besiedelten böhmisch-mährisch-schlesischen Gebiete ab 13. November 1918 militärisch besetzen. Die deutschösterreichische Staatsregierung hatte keine militärische Vorsorge für den Fall von Konflikten mit der ČSR getroffen. Zu einem flächendeckenden Widerstand kam es daher nicht. Nur in ungefähr acht Orten stellten sich bewaffnete Gruppen dem Militär entgegen (beispielsweise am 27. November in Brüx und am 2. Dezember in Kaplitz).

Die Landesregierung Deutschböhmens ersuchte US-Präsident Wilson mit einer von der Schwedischen Gesandtschaft übermittelten Kabeldepesche um Gewährleistung des von ihm proklamierten Selbstbestimmungsrechtes der Völker. Gleichzeitig protestierte die Landesregierung gegen Vergewaltigungen, welchen unser Staatsgebiet durch Truppen des Czecho-slowakischen Staates ausgesetzt ist

Die Provisorische Nationalversammlung Deutschösterreichs erklärte ihr Staatsgebiet durch Gesetz vom 30. Oktober 1918 als Bestandteil des Rechtsnachfolgers des Deutschen Reiches, der Weimarer Republik. Der Anspruch auf alle deutschen Siedlungsgebiete und der Beitritt zur Deutschen Republik konnte aber realpolitisch schon im Spätherbst 1918 nicht realisiert werden, später noch viel weniger.

Die Wahl zur Nationalversammlung Deutschösterreichs am 16. Februar 1919 konnte nur in den heutigen österreichischen Bundesländern (ausgenommen dem Burgenland, das damals noch Teil Ungarns war) stattfinden. In den deutschen Gebieten im heutigen Tschechien bzw. der damaligen Tschechoslowakei(!) wurde die Abhaltung dieser Wahl von der tschechoslowakischen Obrigkeit verhindert. Die Überlegung, für jene Wahlkreise, in denen nicht gewählt werden konnte, Abgeordnete anhand der Parteilisten einzuberufen, wurde für einige wenige Wahlkreise an der Südgrenze Österreichs realisiert, die wenigstens zum Teil im heutigen Staatsgebiet lagen. Auf die Wahlkreise der Deutschösterreicher im heutigen Tschechien bzw. damaligen Tschechoslowakei wurde diese Praxis nicht angewandt, sodass diese von der deutschösterreichischen Politik nicht mehr vertreten wurden.

Der am 16. Juli 1920 in Kraft getretene Vetrag von Saint-Germain bestätigte die seit November 1918 eingetretenen faktischen Machtverhältnisse und Grenzziehungen. Auch der Versailler Vertrag beinhaltete ein „Anschlussverbot“ Österreichs sowie der mehrheitlich deutsch bevölkerten Gebiete der ČSR an das Deutsche Reich.

Mit dem Inkrafttreten des Vertrages von Saint-Germain ging auch die trotz des Erwerbes der tschechoslowakischen Staatsbürgerschaft beibehaltene (deutsch-)österreichische Staatsbürgerschaft der Bewohner der bisher beanspruchten Territorien gemäß Art. 76 verloren.

Die von den Siegern indirekt bestätigte militärische Besetzung und die Inbesitznahme deutsch-österreichischer Gebiete durch die sich auf die Einheit der Länder der Böhmischen Krone berufenden tschechischen Politiker verschärfte die seit dem Prager Slawenkongress vom Juni 1848 evidente Nationalitätenfrage. Diese basierte auf der „nationalen Wiedergeburt“ der Tschechen. Stationen des erwachenden Nationalbewußtseins waren im 19. Jahrhundert insbesondere die Weckung des Interesses an der tschechischen Sprache, an Literatur und Theater, die Besinnung auf Patriotismus und Historismus, schließlich erfolgreiche politische und sprachliche Forderungen wie die Dekretierung von Tschechisch als zweite Amtssprache 1880 und die Teilung der Karlsunivesität in Prag 1882.

Nicht erreicht wurde in dem schwelenden Nationalitätenkonflikt bis zum Ende des Ersten Weltkrieges ein österreichisch-tschechischer Ausgleich oder zumindest ein innerböhmischer Ausgleich zwischen Tschechen und Deutschen analog zum Mährischen Ausgleich von 1905. Die Nationalitätenfrage wurde schließlich internationalisiert und gipfelte 1938 in der Sudetenkrise. Die Tschechoslowakische Republik war auch nicht, wie in Paris mit Note vom 20. Mai 1919 zugesagt, eine zweite Schweiz, sondern verstand sich trotz seiner ethnischen Vielfalt als Nationalstaat und benachteiligte die starken Minderheiten gegenüber dem Staatsvolk der Tschechoslowaken. Der Slowakei, die als Oberungarn bis zum Ende des Ersten Weltkrieges der ungarischen Reichshälfte angehörte, wurde die ihr am 30. Mai 1918 im Pittsburgher Vertrag zugesicherte Autonomie und Gleichberechtigung ebenfalls nicht gewährt.

Hinsichtlich der Deutschen betrieb die ČSR von Anbeginn eine Tschechisierungspolitik.[7 ] Hinzu kam eine protschechische Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik. Sie dezimierte in den deutschen Siedlungsgebieten durch Schließung von 9 der 19 Lehrerbildungsanstalten das deutsche und förderte das tschechische Schulwesen. So wurden tschechische Schulen eröffnet, wenn mindestens fünf tschechische Kinder (auch von dorthin versetzten Angehörigen der Post- oder Bahnverwaltung) vorhanden waren. 1920 gab es im deutschen Siedlungsgebiet 495 tschechische Minderheitsvolks- und –bürgerschulen, 1930 über 1400, davon 1153 staatliche Minderheitsvolksschulen mit insgesamt 2559 Klassen. Bei der Bodenreform wiederum wurden z.B.von deutschen Forsteigentümern 30 Prozent ihrer Waldungen beschlagnahmt, von tschechischen nur 4 Prozent.

Der Prozentsatz der tschechischen Einwohner bei den Volkszählungen 1910, 1921 und 1930 wuchs beispielsweise in Eger von 0 % über 3,2 % auf 7 %, in Aussig/Elbe 5,6 - 17,4 - 20, in dem Dorf Bölten/Nordmähren von 0,75 % auf 10,75 %.

Hinsichtlich des Arbeitsmarktes ist dokumentiert, dass im Januar 1936 auf 1000 Einwohner 97,5 deutsche und 47,3 tschechische Arbeitslose kamen, bezogen auf 1000 Berufstätige 192,4 Deutsche und 110,7 Tschechen.

Für die fünf wichtigsten und größten tschechischen Parteien stand im neuen Vielvölkerstaat ČSR der Nationalstaat im Vordergrund der Politik. Sie bildeten 1921 ein „Pětka“ (Fünferaussschuss) genanntes und später erweitertes Gremium, die Allnationale Koalition, in der bis 1926 die wichtigsten Diskussionen stattfanden und Vorentscheidungen fielen, bevor Regierung und Parlament eingeschaltet wurden - ohne Transparenz und ohne Beteiligung der deutschen Parteien.

Im Herbst 1934 bot Konrad Henlein als Vorsitzender der 1933 gegründeten Sudetendeutschen Heimatfront (SHF) in einer Großkundgebung mit rund 25.000 Teilnehmern in Böhmisch Leipa der ČSR noch die Anerkennung des Staates und seiner Verfassung unter der Voraussetzung an, dass die Lebensrechte der Deutschen gesichert würden. Diese Forderung erläuterte er auch britischen Persönlichkeiten bei Besuchen in England. Bei den Parlamentswahlen 1935 wurde die damals in Sudetendeutsche Partei (SdP) umbenannte SHF stimmenstärkste Partei in der ČSR. Dennoch blieben ihre Forderungen folgenlos.

Erfolglos blieben letztlich auch andere deutsche Parteien mit ihren Gleichstellungs- und Autonomiebegehren:

Diese Parteien hofften, durch mitverantwortliches Handeln in der tschechoslowakischen Regierung die Lage der Deutschen verbessern zu können. „Negativistisch“ (im Sinne des früheren Landeshauptmannes der Provinz Deutschböhmen sowie Abgeordneten in Wien und Prag Rudolf Lodgman von Auen) blieben die bis 1933 bestehende Deutsche Nationalpartei (DNP) unter dem Vorsitz Lodgmans und die von 1919 bis 1933 existierende Deutsche Nationalsozialistische Arbeiterpartei (DNSAP). Als letzte (nicht negativistische) Partei ist die Deutsche Demokratische Freiehitspartei (DDFP) zu erwähnen, die nur 1920 selbst kandidierte, später in Listenverbindungen mit ungarischen und karpatendeutschen Parteien. Mandatsstand dieser Gruppierung 1935: 9.

1936/37 unternahmen die deutschen Politiker Jaksch, Schütz und Hacker als sogenannte Jungaktivisten im Zusammenwirken mit tschechischen Publizisten den letzten Versuch einer Vermittlung zwischen Sudetendeutschen und Tschechen. Ihr Eintreten für deutsche Belange und die Veröffentlichung ihrer Forderungen in zwei tschechischen Zeitschriften am 13. Mai 1936 führte zu „Verhandlungen im Schoße der Regierung“ des neuen Ministerpräsidenten Milan Hodza und schließlich am 18. Februar 1937 zu dem einzigen Übereinkommen seit 1918. Darin wurde der Anspruch der Sudetendeutschen auf Proportionalität im öffentlichen Dienst und bei der Vergabe von Staatsaufträgen anerkannt, eine volle sprachliche und kulturelle Gleichberechtigung verheißen.

Dieser erste Schritt hin zu einer Gleichstellung und Autonomie der rund drei Millionen Deutschen kam jedoch zu spät, um die deutschen Forderungen zu erfüllen. Im März 1938 brach der deutsche „Aktivismus“ zusammen, die Abgeordneten der DCSVP und des BdL traten zur SdP über, die nunmehr 55 Abgeordnete hatte.

Die Deutschen in den nördlichen Randgebieten von Österreichisch-Schlesien, Nordmähren und Nordostböhmen riefen im Oktober 1918 die deutschösterreichische Provinz Sudetenland aus, die wesentlich kleiner als das später mit dem gleichen Begriff bezeichnete Gebiet war. Diese „Provinz Sudetenland“ erklärte noch im November 1918 zugleich mit den neugebildeten Provinzen Deutschböhmen, Deutsch-Südböhmen und Deutsch-Südmähren durch deren 1911 in den Reichsrat des Kaisertums Österreich gewählte Abgeordnete in der Provisorischen Nationalversammlung für Deutschösterreich ihren Beitritt zur Republik Deutschösterreich. (Die Deutschen in Südböhmen und Südmähren wollten sich den angrenzenden Bundesländern Oberösterreich bzw. Niederösterreich anschließen.) Die Selbstbestimmungswünsche waren gegen die Siegermächte des 1. Weltkrieges nicht durchsetzbar: Während die deutschen Kriegsheimkehrer der k.u.k. Armee abrüsteten, gründeten die tschechischen die Armee ihres neuen Staates und beanspruchten die historischen Grenzen der Kronländer Böhmen, Mähren und Österreichisch-Schlesien, deren gesamtes Gebiet den tschechischen Teil der Tschechoslowakei umfassen sollte. Die tschechoslowakische Souveränität wurde schon im November und Dezember 1918 faktisch durchgesetzt und am 10. September 1919 durch den Vertrag von Saint-Germain bestätigt.

Im nördlichen größten Teil der nach dem Münchener Abkommen vom 30. September 1938 am 1. und 2. Oktober 1938 eingegliederten tschechischen Randgebiete wurde durch Gesetz vom 14. April 1939 der Reichsgau Sudetenland mit der Hauptstadt Reichenberg geschaffen. Er bestand im Wesentlichen aus der ehemaligen Provinz Sudetenland und der ehemaligen Provinz Deutschböhmen und bis zum Ende des 2. Weltkriegs am 8. Mai 1945.

Das Gebiet hat dieselbe Geschichte wie Böhmen und Mähren sowie Schlesien. Das so genannte Sudetenland als Ganzes stellte bis 1939 nie eine separate Verwaltungseinheit dar. Jedoch existierte im November und Dezember 1918 für wenige Wochen eine Provinz dieses Namens, die Nordmähren und Sudetenschlesien umfasste. Auch der Begriff des Sudetenlandes als Bezeichnung für deutsch(sprachig)es Gebiet entstand erst in an der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert. Ab Mitte des 19. Jahrhunderts wurden allerdings die böhmischen Länder als Ganzes gelegentlich als „Sudetenländer“ bezeichnet, beispielsweise in der Formulierung die Deutschen der Sudetenländer.

Zu Anfang der überlieferten Geschichte von den Kelten besiedelt, bewohnten und beherrschten im 1. Jahrhundert nach Christus die germanischen Markomannen Böhmen als Stammesbund unter einem König. Sie trieben Handel mit den Römern, schlugen aber deren Expansionsbestrebungen in ihr Gebiet mehrfach ab (Marbod). Als während der Völkerwanderung Germanen aus ganz Mitteleuropa mehr und mehr Macht und Land im Römischen Reich übernahmen, verließen auch viele Germanen Böhmen. Im 6. Jahrhundert wurde das Land von Slawen besiedelt. Nach ihrer Gründungssage begann ihre Landnahme Böhmens unter Urvater Tschech auf dem Berg Rip. Sie sollen wahrscheinlich von jenseits der Tatra gekommen sein, weniger wahrscheinlich ist ihre Herkunft aus Koratien. Die Siedlungsarchäologie geht heute übereinstimmend davon aus, dass bei der Ankunft der ersten Slawen die Gegend noch germanisch besiedelt war. Beide Gruppen lebten ausweislich der Grabungsfunde auch nach Ankunft der Slawen noch viele Jahrhunderte friedlich nebeneinander.

Seit dem 12. Jahrhundert waren Böhmen und Mähren, unter der Böhmischen Krone politisch miteinander vereint, Teil des Heiligen Römischen Reichs Deutscher Nation, jedoch unabhängiger als die deutschen Reichsstände (Böhmen war das einzige Königreich im Reich).

Im 12. und 13. Jahrhundert kamen Wellen deutscher Zuwanderer in die beiden Länder. Ihre Zuwanderung konzentrierte sich auf die Randgebiete und auf die oft mit Zuwandererhilfe oder von Zuwanderern neugegründeten Städte. Sie brachten die damals in Deutschland entwickelte Stadtkultur mit all ihren Eigenschaften wie Zünften, Handwerken und vor allem deutschem Stadtrecht unterschiedlicher Prägung mit. Einige der später deutschen Sprachgebiete waren allerdings bis zum 30jähriegen Krieg mehrheitlich von Tschechen besiedelt. Nach der Entvölkerung durch die Kriegshandlungen und die anschließenden Seuchen (wie die Pest) und Hungersnöte wurden teilweise planmäßig deutsche Neusiedler angeworben. Mittelalterliche oder frühneuzeitliche Inschriften auf Grabmälern oder an Bauwerken sind deshalb auch in diesen Gebieten meist in tschechischer oder lateinischer Sprache ausgeführt, ebenso die alten Urkunden in den Stadtarchiven. Als Sonderfall ist hier das Gebiet um die ehemalige Freie Reichsstadt Eger zu behandeln. Stadt und Umland wurden 1322 an Böhmen verpfändet, das Pfand allerdings niemals wieder eingelöst, so dass das Gebiet 1806 endgültig zum Königreich Böhmen kam.

Bis 1806 gehörten Böhmen, Mähren und Schlesien dem Heiligen Römischen Reich an, seit 1804 dem Kaisertum Österreich. Als dieses durch den österreichisch-ungarischen Ausgleich von 1867 zu Österreich-Ungarn wurde, gehörten Böhmen, Mähren und Österreichisch-Schlesien zur westlichen Reichshälfte, Cisleithanien, dem k.k. Österreich. Seit 1848 gab es allerdings schon Überlegungen zum tschechisch-österreichischen Ausgleich, der bis zum Ersten Weltkrieg erfolglos angestrebt wurde.

Die Deutschen dieser drei Kronländer, dort selbst eine Minderheit, schätzten die faktische Vorherrschaft des Deutschtums in Altösterreich. Die Tschechen bestritten die Zuständigkeit des Reichsrates für die Böhmischen Länder grundsätzlich und verharrten daher im multinationalen Parlament in Wien oft in Obstruktionspolitik. Der Versuch des k.k. Ministerpräsidenten Badeni , die Verwaltungsbehörden der Böhmischen Länder grundsätzlich zur Zweisprachigkeit zu verpflichten, stieß auf den wütenden Widerstand vieler Deutscher Altösterreichs (nicht nur der deutschen Beamten, die Tschechisch zu lernen gehabt hätten) und führte zu Krawallen in Wien. Es war daher schon während des Ersten Weltkrieges klar, dass die Tschechen nach Kriegsende ihren eigenen Staat gründen würden; sie sagten das 1917 im Reichsrat ganz offen.

Bei der Auflösung der Donaumonarchie bildete sich am 21. Oktober eine deutschösterreichische Nationalversammlung unter Beteiligung der deutschen Reichsratsabgeordneten Böhmens, Mährens und Österreichisch-Schlesiens und verabschiedete am 30. Oktober eine provisorische Verfassung des neu gegründeten Staates Deutschösterreich, der sich am 12. November 1918 zur Republik proklamierte (später Republik Österreich). Am 28. Oktober war bereits die Tschechoslowakei proklamiert worden. So wurden die mehrheitlich deutschsprachigen Grenzgebiete Böhmens, Mährens und Österreichisch-Schlesiens von beiden Staaten gleichzeitig beansprucht. Die Besetzung dieser Gebiete durch tschechische Truppen vor allem ab Ende November 1918 verhinderte die volle Etablierung der neuen Provinzen Deutschböhmen und Sudetenland (= Nordmähren und Sudetenschlesien). Im Dezember gingen die Regionalregierungen ins Exil.

Die Deutschen Böhmens, Mährens und Österreichisch-Schlesiens (später zusammenfassend als Sudetendeutsche bezeichnet) hatten geplant, sich in vier Provinzen zusammenzuschließen:

  1. Deutschböhmen (Landeshauptmann Raphael Pacher, danach Rudolf Lodgman von Auen)
  2. Böhmerwaldgau (sollte zu Oberösterreich kommen)
  3. Deutsch-Südmähren (sollte zu Niederösterreich kommen)
  4. Sudetenland

In einem Interview mit der damals führenden französischen Tageszeitung Le Matin vom 10. Januar 1919 erklärte der Gründungspräsident der ČSR, Thomas Masaryk: „Unsere geschichtlichen Grenzen stimmen mit den ethnographischen Grenzen ziemlich überein. Nur die Nord- und Westränder des böhmischen Vierecks haben infolge der starken Einwanderung während des letzten Jahrhunderts eine deutsche Mehrheit. Für diese Landesfremden wird man vielleicht einen gewissen modus vivendi schaffen, und wenn sie sich als loyale Bürger erweisen, ist es sogar möglich, daß ihnen unser Parlament […] irgend eine Autonomie bewilligt. Im übrigen bin ich davon überzeugt, daß eine sehr rasche Entgermanisierung dieser Gebiete vor sich gehen wird.“

Am 16. Februar 1919 fanden in Deutschösterreich die Wahlen zur konstituierenden Nationalversammlung statt. Die Deutschen Böhmens, Mährens und Österreichisch-Schlesiens wurden von Tschechen daran gehindert, diese Wahlen auch in ihren Siedlungsgebieten durchzuführen. Am 4.3.1919 trat die konstituierende Nationalversammlung zu ihrer ersten Sitzung in Wien zusammen. An vielen Orten im deutschen Siedlungsgebiet fanden aus diesem Anlass Demonstrationen für das völkerrechtliche Selbstbestimmungsrecht und die Zugehörigkeit zu Deutschösterreich statt. Dabei wurden von tschechischen Gendarmen 54 Deutsche und zwei Tschechen erschossen. Am 5. März 1919 rechnete Karl Renner in der Nationalversammlung vor, dass hier 3,5 Millionen Deutschen das Selbstbestimmungsrecht vorenthalten worden sei.

Durch den Vertrag von Saint Germain wurde schließlich im September 1919 die Tschechoslowakei in ihrer Souveränität über die strittigen Gebiete bestätigt. Die Siegermächte hatten entschieden, das historische Gebiet der böhmischen Kronländer nicht aufzuteilen. Die Gebirge des „böhmischen Vierecks“ bildeten ein militärisch nützliches Hindernis gegen mögliche Angriffe des Deutschen Reiches und Österreichs, denen die Sieger die Alleinschuld am Ersten Weltkrieg gaben. Entgegen dem 14-Punkte-Programm von US-Präsident Wilson wurde eine Volksabstimmung (wie beispielsweise in Oberschlesien) nicht vorgesehen.

Damals lebten nur rund 82.000 Tschechen im späteren Sudetenland. (In der Zeit zwischen 1920 und 1935 siedelten sich noch rund 237.000 Tschechen im Sudetenland an, die ursprünglich aus den tschechisch-slowakischen Grenzgebieten, aus Polen und Ungarn stammten.

1918 wurde die Nationalitätenfrage Böhmens erneut diskutiert. Der österreichische Ministerpräsident Ernst Seidler von Feuchtenegg wollte der Abtrennung Böhmens von Österreich-Ungarn durch das Einrichten von Verwaltungskreisen, die nach der Nationalität der Bewohner aufgeteilt werden sollten, zuvorkommen. Sein Nachfolger, Ministerpräsident Max Hussarek von Heinlein, bot den Tschechen am 26. September 1918 weitgehende Autonomie im k.k. Österreich an. Dies kam allerdings zu spät, da Exiltschechen während des Ersten Weltkriegs in den Vereinigten Staaten von Amerika und bei der Triple-Entente bereits den Status Verbündeter erreicht hatten und die k.k. Regierung in Wien von den baldigen Siegermächten nicht mehr als ernsthafter Machtfaktor betrachtet wurde.

Raphael Pacher gelang es am 14. Oktober gemeinsam mit dem Sozialdemokraten Josef Seliger, alle deutschen Parteien und Abgeordnete Böhmens und Mährens zu einer Koalition zu vereinen. Zur Vorbereitung der Gründung der Republik Deutschböhmen ernannte diese Koalition unter Vorsitz von Pacher einen zwölfgliedrigen Ausschuss. Einen Tag nach der Ausrufung der Tschechoslowakischen Republik wurde am 29. Oktober 1918 die Provinz Deutschböhmen mit Sitz in Reichenberg ausgerufen. Erster Landeshauptmann war Pacher, der sein Amt am 5. November an Rudolf Lodgman von Auen übergab.

Diese Provinz Deutschböhmen bestand aus einem zusammenhängenden Gebiet in Nord- und Westböhmen, das sich vom Egerland bis zum Braunauer Ländchen entlang der Grenze zum Deutschen Reich erstreckte. In Südböhmen entstand die Verwaltungseinheit Böhmerwaldgau, die Teil von Oberösterreich werden sollte. Deutschböhmen im Adlergebirge und im Gebiet von Landskron schlossen sich zur Provinz Sudetenland zusammen. Der böhmische Bezirk Neubistritz wurde Znaim zugeschlagen und sollte damit von Niederösterreich verwaltet werden. Das Gerichtswesen wurde für das Sudetenland und Deutschböhmen in Reichenberg angesiedelt, für die anderen deutschen Regionen war Wien zuständig.

Am 22. November 1918 erklärte sich die Provinz Deutschböhmen zum Teil des Staates Deutschösterreich. Ebenfalls am 22. November 1918 wurde durch Gesetz der Provisorischen Nationalversammlung, der deutschböhmische und deutschmährische Abgeordnete (bisherige Reichsratsabgeordnete) angehörten, der Gebietsumfang Deutschösterreichs definiert.

Neben der Einrichtung der staatlichen Verwaltungsorganisation wurde auch die Schaffung der Oberbehörden in Angriff genommen. So sollten die Finanzlandesdirektion, das Landeswirtschaftsamt und das Oberlandesgericht Reichenberg sowie eine Post- und eine Bahndirektion entstehen.

Aus geografischen Gründen wäre eine territoriale Lösung aber nur bei einer Angliederung dieser Gebiete, gemeinsam mit Österreich, an Deutschland möglich gewesen. Dem stand aber das alliierte Anschlussverbot entgegen.

Deutschösterreich hatte im Unterschied zu den Tschechen, deren Exilpolitiker die Staatsgründung seit Jahren vorbereitet hatten, keinerlei Vorsorge getroffen, seine Gebietsansprüche gegebenenfalls militärisch zu sichern. Dafür wurden Kriegsmüdigkeit und schlechte Versorgungslage als Erklärung angeführt. Die Einbeziehung Deutschböhmens und Deutschmährens in Deutschösterreich scheiterte daher.

Die tschechische Regierung bestand weiter auf einem Einheitsstaat und verweigerte die Anerkennung der genannten deutschen Verwaltungsbezirke. Unter dem Befehl des Feldmarschallleutnants Jan Diviš begann am 13. November die Besetzung der von Deutschösterreich beanspruchten Gebiete durch tschechoslowakische Truppen (eigentlich tschechische, da die Slowakei in der Realität noch nicht angeschlossen worden war). Die auf Veranlassung der deutschböhmischen Landesregierung aufgestellten Volkswehrabteilungen unter Befehl des Landesbefehlshabers Feldmarschallleutnant Anton Goldbach konnten den anrückenden Truppen wenig entgegenstellen; sie konnten polizeiliche, aber keine militärischen Aufgaben erfüllen.

Die Landesregierung in Reichenberg konnte nur die Anweisung erteilen, dass gegen die Besetzung der einzelnen Orte Protest erhoben wird. Dennoch kam es im Brüxer Gebiet und bei Kaplitz zu Zusammenstößen deutscher Bevölkerung mit tschechoslowakischen Truppen. Dabei wurden mehrere Zivilisten getötet. An einigen Orten wurde sogar das Standrecht verhängt und Widerstand sofort verfolgt.

Staatskanzler Karl Renner, ein Sozialdemokrat aus Südmähren, beklagte am 13. November 1918 zu Beginn der Besetzung:

„Es gibt heute auf dem ganzen Festlande beinahe keinen anderen Imperialismus mehr als den der tschechischen Nation. Die Tschechen wollen die blühendsten Teile Deutschösterreichs […] sich unterwerfen. Leider haben sich tsch. Sozialisten, von jeher in den Reihen des Proletariats von unklarer Haltung, zu Führern dieses Imperialismus gemacht. Sie schicken in unser Gebiet Militärpatrouillen, sie bieten […] Militärformationen auf. […] Wir gestehen es offen, wir haben gar keine Macht zur Abwehr; die Republik Deutschösterreich hat nichts als sonnenklares Recht.

Um ihre Handlungsfreiheit zu wahren, flüchtete die deutschböhmische Landesregierung am 14. Dezember 1918 in das Parlament in Wien. Dort führte sie bis zur Entscheidung der Friedensverhandlungen in Paris am 10. September 1919 (wohl nur theoretisch) die Geschäfte fort und proklamierte das Selbstbestimmungsrecht der deutschböhmischen Bevölkerung.

Bis Februar 1919 waren die deutschböhmischen, deutschmährischen und österreichisch-schlesischen Gebiete durch ihre 1911 gewählten Reichsratsabgeordneten in der Provisorischen Nationalversammlung für Deutschösterreich vertreten. Bei der von ihr vorbereiteten Wahl zur Konstituierenden Nationalversammlung vom 16. Februar 1919 wurde es den Deutschen in den böhmischen Ländern von der Prager Regierung verboten, ihre Stimmen abzugeben.

Als das gewählte Parlament am 4. März 1919 in Wien ohne Vertreter der Deutschen in Böhmen, Mähren und Österreichisch-Schlesien zusammentrat, rief die deutschböhmische Landesregierung zu Demonstrationen für die Gewährung des Selbstbestimmungsrechts auf. Dieser Aufforderung folgten viele Bürger aller Parteirichtungen und versammelten sich zu zunächst friedlichen Demonstrationen. Das tschechoslowakische Militär versuchte, dies zu verhindern, und schoss in die Menschenmengen. In den Städten Kaaden, Eger, Karlsbad, Mies, Aussig, Sternberg und anderen Orten hatte man 54 Tote und zahlreiche Verletzte zu beklagen. Staatskanzler Karl Renner beklagte am 5. März in der Nationalversammlung, man habe (inklusive Südtirol) mehr Deutschen das Selbstbestimmungsrecht vorenthalten, „als die Schweiz Einwohner hat“.

Deutschösterreich bestand weiter auf seinem Anspruch. In der deutschösterreichischen Friedensdelegation in Paris war Lodgman von Auen Experte für Deutschböhmen. Es kam allerdings nicht zu Verhandlungen, da die deutschösterreichische Delegation den Verhandlungssaal nicht betreten durfte, sondern das Verhandlungsergebnis im Vorraum abzuwarten hatte. Auf Grund dieser Situation entstand in Deutschösterreich und im Deutschen Reich der Begriff Diktat von Saint-Germain.

Die Prager Regierung konnte hingegen auf der Seite der Siegermächte mit ihrem Vertreter Edvard Beneš und den französischen Fachleuten Ernest Denis und Louis Eisenmann ihre Interessen ohne direkte Gegenrede Deutschösterreichs vertreten und tat dies erfolgreich. So verlangte sie in den Denkschriften für die Konferenz die Unteilbarkeit Tschechiens mit dem Hinweis auf Les Tchécoslovaques, leur histoire et civilisation und etikettierten die Gegenseite mit Le problème des Allemands de Bohème. Innerhalb von fünf Minuten nach Sitzungsbeginn waren sich die Delegierten der zuständigen Kommission einig, den Wünschen der Prager Regierung zu entsprechen.

Im Versailler Vertrag vom 28. Juni 1919 wurde das Deutsche Reich dazu bestimmt, die Unabhängigkeit Österreichs zu respektieren. Deutschösterreichs am 12. November 1918 beschlossener Beitritt zum Deutschen Reich, der „Deutschen Republik“, war somit ausgeschlossen. Dies trug wesentlich zur Festigung der uneingeschränkten Autorität der Tschechoslowakei über Böhmen und Mähren bei, da es äußerst schwierig gewesen wäre, die deutschen Gebiete im Norden des Landes quer über ein unkooperatives Nachbarland von Wien aus zu regieren. Der Vertrag von Saint-Germain, den (Deutsch-) Österreich am 10. September 1919 mit den Siegermächten zu schließen hatte, schloss Deutschböhmen und Deutschmähren definitiv aus Österreich aus. Nach diesem als Diktat empfundenen Staatsvertrag trat die deutschböhmische Landesregierung zurück. Von der Prager Regierung wurde eine Amnestie erlassen.

Im neuen Vielvölkerstaat Tschechoslowakei verfügten sämtliche Völker über eigene politische Parteien, eine Vertretung im Parlament, über ein eigenes Schulsystem, und Abgeordnete im Parlament hielten ihre Vorträge in ihrer jeweiligen Muttersprache. Die Sudetendeutschen (Deutschböhmen) bildeten die zweitgrößte Bevölkerungsgruppe in der Ersten Tschechoslowakischen Republik (ČSR) nach den Tschechen und vor den Slowaken. Vor allem um die Mehrheit des Staatsvolks größer erscheinen zu lassen, galten Tschechen und Slowaken allerdings als ein Volk, wiewohl die slowakische Sprache gefördert wurde. Dem deutschen Bevölkerungsanteil, wie auch den Ungarn, Polen oder Ruthenen wurden zwar Minderheitenrechte zugestanden, aber keine regionale Autonomie.

Zeitweise ließen die Spannungen nach und in zwei Wahlen in den 1920er Jahren stimmten die deutschen Bürger der Tschechoslowakei mehrheitlich für Parteien, die die Integration befürworteten. Viele Sudetendeutsche lehnten aber weiterhin eine Zugehörigkeit zur Tschechoslowakei ab. Diese Haltung dominierte auch in zahlreichen Stadträten.

Am 1. Oktober 1933 wurde um Konrad Henlein die Sudetendeutsche Partei die (SdP) gegründet. Anfangs setzte sich die Partei nur für eine größere Autonomie des Sudetenlandes ein, gestützt auf vertragliche Zusicherungen der Tschechoslowakei. Nach Absprache mit Hitler orientierte sich die Partei später zunehmend an Hitler und der NSDAP im benachbarten Deutschen Reich.

„Die Erdrutsch-Wahlsiege der „Sudetendeutschen Partei“ Konrad Henleins in den Jahren 1935/36 brachten deutlich zum Ausdruck, dass siebzig bis achtzig Prozent der Bevölkerung des Sudetengebietes sich unter ihrem Einfluss befanden. […] die Bevölkerung der Grenzgebiete […] wurde wegen der Weigerung der Prager Regierung, den Notstandsgebieten die erforderliche Wirtschaftshilfe zu geben und die deutsche Bevölkerung gemäß ihrer Stärke bei der Bahn, Post und in anderen Staatsdiensten zu beschäftigen, immer mehr verbittert und daher der Henlein-Propaganda aufgeschlossener.“

Abgeschirmt von der Öffentlichkeit erklärte Hitler im November 1937 den Oberbefehlshabern der Wehrmacht, dass der „Anschluss“ Österreichs und die Niederwerfung der Tschechoslowakei die nächsten Schritte auf dem Weg zum „Lebensraum im Osten“ seien. Im April 1938 bekräftigte Hitler gegenüber der Wehrmacht seinen Plan, „die Tschechoslowakei in absehbarer Zeit durch eine Militäraktion zu zerschlagen“. Auf diesem Weg zu der von ihm so proklamierten „Lösung der deutschen Raumfrage“ war die SdP ein willfähriger Partner. Henlein wurde beauftragt, die tschechoslowakische Regierung mit Maximalforderungen der Sudetendeutschen zu konfrontieren, um die innenpolitische Sudetenkrise anzuheizen.

Die Sudetenkrise oder sudetendeutsche Krise war die Auseinandersetzung zwischen der Tschechoslowakei und dem Deutschen Reich um das Sudetenland im Vorfeld des 2. Weltkrieges. Die Krise vom Spätsommer 1938 führte zum Münchener Abkommen und im Ergebnis zu der Abspaltung der Slowakei, folglich zur Teilung der Tschecho-Slowakischen Republik (Č-SR) sowie zur anschließenden widerstandslosen Besetzung des tschechischen Teils durch das nationalsozialistische Deutschland.

Die Böhmischen Länder gehörten als Königreich Böhmen, Herzogtum Schlesien und Markgrafschaft Mähren bis 1918 zur Donaumonarchie. Für die überwiegend von Deutschen bewohnten Grenzgebiete war der zusammenfassende Begriff Sudetenland geläufig, abgeleitet vom Gebirgszug der Sudeten. Nach der Niederlage Österreich-Ungarn im 1. Weltkrieg wurde die Tschechoslowakei als unabhängiger Staat am 28. Oktober 1918 proklamiert und allen dort lebenden Nationalitäten die Gleichberechtigung versprochen, diese jedoch nie erfüllt. Im November 1918 besetzten tschechoslowakische Truppen die ihnen zugewiesenen Gebiete, darunter auch die von Deutschen besiedelten. Im Vertrag von Saint-Germain wurde die Tschechoslowakei als souveräner Staat bestätigt und sodann die Sudetengebiete, inklusive der von Deutschösterreich beanspruchten Gebiete, endgültig und gegen den Willen der Bevölkerung der Tschechoslowakei zuerkannt.

Die wachsenden Autonomiebestrebungen der dreieinhalb Millionen Sudetendeutschen wurden ab 1933 von der – ab 1935 zunehmend nationalsozialistisch orientierten – Sudetendeutschen Partei (SdP) unter Konrad Henlein getragen. Bei den Wahlen im Mai 1935 stieg die Sudetendeutsche Partei zur stärksten Partei des Landes auf. Die vorerst internen Spannungen gerieten immer mehr in den Sog der Macht- und Expansionspolitik des Deutschen Reiches und gefährdeten insofern die Macht- und Sicherheitsinteressen insbesondere der Großmächte Frankreich und Großbritannien. Nach dem „Anschluss“ Österreichs im März 1938 wurde die Sudetenfrage zum Brennpunkt der europäischen Politik. Die Eingliederung Österreichs löste große Demonstrationen unter der Parole „Heim ins Reich“ aus und Hitler ordnete am 17. September 1938 die Bildung des Sudetendeutschen Freikorps unter der Führung des Parteichefs der SdP, Henlein, an.

Auf einer durch die Hoßbach-Niederschrift überlieferten Konferenz mit den Spitzen der Wehrmacht und des Außenministeriums deutete der deutsche Reichskanzler Adolf Hitler am 5. November 1937 an, die Tschechoslowakei als Verbündeten Frankreichs und Flankenbedrohung bei günstiger Gelegenheit ausschalten zu wollen. Im Dezember 1937 ergingen mehrere Weisungen Hitlers an die Wehrmacht, damit zu beginnen, die Eroberung der Tschechoslowakei planerisch vorzubereiten. Diese Weisungen sind mit dem Decknamen „Fall Grün“ versehen.

Am 19. November 1937 richtete der Führer der Sudetendeutschen Partei, Konrad Henlein, erstmals ein schriftliches Ersuchen an Hitler, die deutsche Bevölkerung in der Tschechoslowakei bei der Verfolgung ihres Ziels eines verstärkten Minderheitenschutzes zu unterstützen, nachdem mehrere Versuche, eine entsprechende Gesetzesvorlage in die Prager Nationalversammlung einzubringen, gescheitert waren. Am 20. Februar 1938 ging Hitler in einer Reichstagsrede auf das Problem der außerhalb des Reiches lebenden Deutschen ein, zu denen er Österreicher und Sudetendeutsche zählte, und sicherte ihnen Unterstützung bei der Durchsetzung ihres Selbstbestimmungsrechts zu. Zwei Wochen nach dem „Anschluss Österreichs“, am 28. März 1938, lud Hitler Henlein nach Berlin ein und riet ihm, der tschechoslowakischen Regierung bezüglich der Nationalitätenfrage unerfüllbare Forderungen zu unterbreiten. Außerdem erklärte Hitler am 30. Mai 1938 in einem geheimen Aufmarschplan: „Es ist mein unabänderlicher Entschluss, die Tschechoslowakei in absehbarer Zeit durch eine militärische Aktion zu zerschlagen.“ Am 21. April 1938 wies Hitler den Chef des Oberkommandos der Wehrmacht, Generaloberst Wilhelm Keitel, an, eine erste Studie für ein künftiges Vorgehen gegen die Tschechoslowakei zu erarbeiten. Der Beginn der Aktion blieb dabei offen, als Auslöser sollte ein geeigneter äußerer Anlass dienen.

Am 24. April stellte Henlein das Karlsbader Programm auf. Dieses beinhaltete acht Punkte, unter anderem Gleichberechtigung, Autonomie und Wiedergutmachung der seit 1918 erlittenen Benachteiligungen. Weitere Minderheiten in der Tschechoslowakei schlossen sich in den nächsten zwei Wochen den Forderungen Henleins, bezogen auf ihre Volksgruppe, an. Während Premierminister Milan Hodza bereit war, dem mit dem Entwurf einer neuen Verfassung entgegenzukommen, lehnte der Präsident der ČSR Edvard Benes die Forderungen ab. Henlein reiste daraufhin nach Großbritannien, um dort öffentlich über die Lage der Sudetendeutschen aufzuklären.

Am 21. Mai wurde von der Tschechoslowakei, die zwischenzeitlich auch aufgerüstet hatte, eine partielle Mobilmachung vorgenommen und zwei Reservejahrgänge einberufen – sudetendeutschen Behauptungen zufolge, um die vom 22. Mai bis 12. Juni stattfindenden Gemeindewahlen im deutschbesiedelten Gebiet „unter militärischen Druck zu setzen“, andererseits aber auch, um die Westmächte an ihre Seite zu zwingen. Seit dem „Anschluss“ Österreichs war die tschechoslowakische Militärführung von der Möglichkeit eines Zangenangriffs auf die langgestreckten Grenzen ihres Landes beunruhigt gewesen. Die frühere Zuversicht, einen Krieg in den sudetendeutschen Verteidigungsanlagen notfalls auch alleine gegen Deutschland durchhalten zu können, war folglich sehr geschwunden. Als offiziellen Grund gab man seitens der ČSR-Regierung an, Informationen über eine angebliche Verschiebung deutscher Truppen in Richtung Tschechoslowakei zu haben.

Hitler fühlte sich provoziert durch diese Mobilmachung, die von Großbritannien und Frankreich gebilligt wurde, sowie durch die Reaktion der Weltpresse. Er sah sich dazu veranlasst, seine ursprüngliche Absicht, vorerst nicht einzugreifen,[4 ] zu revidieren. Am 28. Mai bekundete er bei einer Konferenz mit den außenpolitischen und militärischen Spitzen des Reiches in Berlin seinen Willen, die Tschechoslowakei „blitzschnell zu beseitigen“. In der neuen Fassung von „Fall Grün“ am 30. Mai wurde die Vorgehensweise detailliert dargestellt. Als Stichtag zum Abschluss der Vorbereitungen wurde der 1. Oktober 1938 angegeben.

Am 1. Juni schlug Göring bei einer Unterredung mit dem ungarischen Botschafter Döme Sztojay vor, Ungarn solle ebenfalls Gebietsansprüche an die Tschechoslowakei stellen, und am 17. Juni verlangte er bei einem Treffen mit dem polnischen Botschafter Josef Lipski in Carinhall dasselbe von Polen.

Ende Juni wurden nahe der tschechoslowakischen Grenze Manöver abgehalten. Am 3. August trat Lord Walter Runciman seine inoffizielle Vermittlerrolle zwischen den Sudetendeutschen und der tschechoslowakischen Regierung an.

Am 3. September gab Hitler der Armee die Weisung, sich nach dem 27. des Monats für einen Angriff auf die Tschechoslowakei bereitzuhalten. Am 7. September schlug die Times in einem Leitartikel erstmals die Abtretung des Sudetenlandes vor. Am 10. September bezeichnete Göring bei einer Rede in Nürnberg mit Blick auf die Sudetenfrage den Zustand als unerträglich, dass „ein Kulturvolk dauernd unterdrückt und belästigt werde“.

Mit Spannung wartete man nun auf die Rede Hitlers zum Abschluss des Reichsparteitages vom 12. September. In einer äußerst aggressiven Rede bezeichnete er die Ziele der Prager Regierung als verbrecherisch und verurteilte die leichtfertige Kriegsbereitschaft seiner Gegner. Er werde unter keinen Umständen gewillt sein, einer „weiteren Unterdrückung der deutschen Volksgenossen“ in der Tschechoslowakei zuzusehen.

Auf diese Rede hin brach im Sudetengebiet ein Aufstand mit zahlreichen Opfern aus. Am 13. September erklärte der britische Premierminister Neville Chamberlain in einer Botschaft seine Bereitschaft, unverzüglich mit Hitler zusammenzutreffen.

Am 15. September traf Chamberlain auf dem Berghof ein, wo er von Hitler kühl empfangen wurde. Hitler verlangte kurzerhand die Angliederung des Sudetenlandes an das Reich und berief sich auf das Selbstbestimmungsrecht der Völker. Hinsichtlich des weiteren Bestandes der Tschechoslowakei verwies Hitler auf ungarische sowie polnische Gebietsforderungen.

Während in der deutschen Presse über tschechische Gräueltaten berichtet wurde, ließ Hitler von dem nach Deutschland geflohenen Henlein das Sudetendeutschen Freikorps aufstellen. Dieses besetzte die Städte Eger und Asch. Am 21. September übergab Runciman seinen Bericht zur Lage der Sudetendeutschen an Chamberlain. Ebenfalls am 21. September akzeptierte die Tschechoslowakei einen Plan Frankreichs und Englands, nach dem Gebiete mit über 50 Prozent deutscher Bevölkerung an Deutschland zu übergeben waren.

Vom 22. bis 24. September verhandelte Chamberlain erneut mit Hitler im Rheinhotel Dreesen in Godesberg. Hier überbrachte er ihm die Zustimmung Englands, Frankreichs und der Tschechoslowakei zur Abtretung des Sudetenlandes. Eine internationale Garantie solle die Unabhängigkeit der Tschechoslowakei gewährleisten.

Hitler lehnte diese Lösung nach kurzem Bedenken ab, verwies auf die Forderungen der Ungarn und Polen sowie das Leiden der Sudetendeutschen und verlangte schließlich in einem Memorandum ultimativ eine Lösung bis zum 1. Oktober. Noch während der Abschlussgespräche traf die Nachricht von der allgemeinen tschechoslowakischen Mobilmachung ein, die am 23. September ausgerufen wurde.

Am 25. September lehnte das britische Kabinett die neuen Forderungen ab und sagte der französischen Regierung Unterstützung für den Fall einer kriegerischen Verwicklung mit Deutschland zu. Am 26. September ordnete Frankreich eine Teilmobilmachung an.

Chamberlain entsandte seinen Berater Horace Wilson nach Berlin, um einen Kriegsausbruch zu verhindern. Hitler erklärte, seine Divisionen nur dann zurückzuhalten, wenn das Godesberger Memorandum von der Prager Regierung bis zum 28. September, 14 Uhr, akzeptiert worden sei. In seiner Rede im Berliner Sportpalast am 26. September bezeichnete er die Forderung nach der Abtretung des Sudetenlandes an das Reich erstmals ausdrücklich als seine letzte territoriale Revisionsforderung. Goebbels kreierte an diesem Abend den Ruf „Führer befiehl, wir folgen!“, der bis lange nach Ende der Veranstaltung von den Teilnehmern skandiert wurde.

Dennoch erklärten sich am 27. September Jugoslawien, Rumänien und die USA warnend für die Gegenseite. Am Abend diktierte Hitler für Horace Wilson einen Brief an Chamberlain, der eine förmliche Garantie für die Existenz der Tschechoslowakei enthielt.

Schließlich appellierten Chamberlain und der US-amerikanische Präsident Roosevelt an den italienischen Diktator Benito Mussolini, Hitler zu überzeugen, die Mobilmachung zu verschieben und einer Konferenz zuzustimmen. Mussolini konnte am 28. September Hitler von der Notwendigkeit einer Konferenz überzeugen. Am darauffolgenden Tag wurde er von Hitler in Kufstein empfangen.

Am 29./30. September tagte in München die Konferenz der Regierungschefs von Frankreich (Deladier), Großbritannien (Chamberlain), Italien (Mussolini) und Deutschland (Hitler). Am 30. September 1938 wurde das Münchener Abkommen abgeschlossen, womit die Vertreter der Entente und ihr Verbündeter im 1. Weltkrieg (Frankreich, Großbritannien und Italien)– unter Abwesenheit der nicht geladenen Vertreter der Tschechoslowakei – ihre Zustimmung zum Anschluss des gesamten Sudetenlandes an das Deutsche Reich gaben. Die Beschlüsse des Münchner Abkommens wurden damit der ČSR diktiert und bedeuteten das Ende der Ersten Republik. Am 1.  Oktober besetzten deutsche Truppen das so genannte Sudetenland. Zwischen dem 2. und dem 11. Oktober 1938 besetzten polnische Truppen das Olsagebiet.

Infolge des Münchener Abkommens konnte der Ausbruch eines europäischen Krieges im Herbst 1938 noch verhindert werden. Frankreich sah sich militärisch nicht in der Lage und politisch nicht willens, seine Bündnisverpflichtungen mit der Tschechoslowakei zu erfüllen. Die Regierungen Frankreichs und Großbritanniens zogen aus den militärischen Drohungen Hitlers den Schluss, ihre Rüstungsanstrengungen umgehend zu verstärken. Des Weiteren sicherten sie sich in bilateralen Verträgen mit dem Deutschen Reich das Recht auf gegenseitige Konsultationen in Fragen der internationalen Sicherheit.

Eine weitere Folge war eine Revision der Politik der UdSSR. Die Sowjetunion – obwohl am System der kollektiven Sicherheit beteiligt – wurde von den Westmächten während der Sudetenkrise ignoriert, zeigte aber auch selbst wenig Engagement zur Verteidigung der Tschechoslowakei. Außenminister Litwinow kritisierte zwar bei einer Rede in Leningrad Ende Juni die Haltung der Westmächte, lehnte aber seitens der Sowjetregierung jede Verantwortung für den weiteren Lauf der Dinge ab. In der Folge änderte Stalin seine Politik, was ein Jahr später zum Hitler-Stalin-Pakt führte.

Offen blieb nach dem Münchener Abkommen zunächst die Frage der polnischen und ungarischen Gebietsansprüche an den tschechoslowakischen Staat. Polen konnte einen Teil seiner Ansprüche nach dem tschechoslowakischen Einlenken auf ein Ultimatum durch die Besetzung des Olsagebiets ab dem 2. Oktober durchsetzen. Im weiteren Verlauf erhob Polen mehrmals neue Forderungen an die Tschechoslowakei. Bezüglich Ungarn stimmten Großbritannien und Frankreich einem deutsch-italienischen Schiedsverfahren zu, das im Ersten Wiener Schiedsspruch vom 2. November 1938 mündete. In diesem wurden Ungarn Teile der südlichen Slowakei und Karpatenukraine mit überwiegend ungarischer Bevölkerung zugesprochen. Das Ziel der deutschen und ungarischen Führung blieb aber insgeheim weiterhin die Auflösung des tschechoslowakischen Staates.

In der Tschechoslowakei führte die Krise zum Rücktritt des Staatspräsidenten Beneš am 4. Oktober (er ging bald darauf ins Londoner Exil). Wenige Tage später erhielten die Slowakei und die Karpatenukraine den Autonomiestatus innerhalb der nunmehr umbenannten Tschecho-Slowakei. Der tschechoslowakische Reststaat löste sich im März 1939 nicht zuletzt aufgrund der militärischen Drohungen der Nachbarländer Deutschland, Ungarn und Polen auf. Die Slowakei erklärte sich am 14. März zur unabhängigen Republik unter deutschem Schutz. Einen Tag später wurde die vom NS-Regime so titulierte „Rest-Tschechei“ im Zuge der Annexion der Tschechei von Wehrmachttruppen besetzt und als Protektorat Böhmen und Mähren ins Reich völkerrechtswidrig eingegliedert.

Durch die Sudetenkrise und die ihr vorangegangenen Ereignisse wie Hitlers Bekanntgabe seiner auf kriegerische Expansion abzielenden Politik im November 1937 und die Neugliederung der Wehrmachtspitze infolge der Blomberg-Frirtsch-Krise steigerte sich im Verlauf des Jahres 1938 die seit dem Machtantritt der Nazis schwelende Spannung zwischen NSDAP und Teilen der Wehrmachtführung.

Militärische Kreise unter Führung des Generalstabschef des Heeres Ludwig Beck (im August 1938 abgelöst durch Franz Halder) waren von der Aussichtslosigkeit eines Krieges gegen die Westmächte überzeugt und fanden sich in der Septemberverschwörung zusammen. Sie waren entschlossen, Hitler zu töten, wenn er den Befehl zum Angriff geben würde. Nach Bekanntwerden der Münchener Konferenz wurden die Putschpläne hinfällig: Hitler galt nun in den Augen der Bevölkerung als Friedensbewahrer, obwohl er in Wahrheit der Anberaumung einer Konferenz in München nur sehr widerwillig zugestimmt hatte. Die nationalkonservative und militärische Opposition hat sich von dieser für sie unglücklichen Wendung nie wirklich erholt.

Schon im Oktober 1938 hatte Adolf Hitler das verbleibende Gebiet Tschechiens in einem Führerbefehl an die Wehrmacht als „Rest-Tschechei“ bezeichnet, die es zu erledigen gelte, und damit deutlich gemacht, dass er nicht beabsichtigte, das Münchner Abkommen einzuhalten.

Mit Hilfe eines Ultimatums an Jozef Tiso forcierte Hitler die Unabhängigkeitserklärung der Slowakei, die am 14. März 1939 erfolgte. Während Wehrmachtstruppen bereits Mährisch-Ostrau besetzten, reiste der tschechoslowakische Staatspräsident Emil Hácha noch am selben Abend nach Berlin, wo ihn Hitler massiv unter Druck setzte und ihm eröffnete, der Einmarsch der deutschen Truppen sei unabwendbar. Hácha unterzeichnete in den frühen Morgenstunden des Folgetages ein ihm vorgelegtes Abkommen über den Schutz des tschechischen Volkes durch das Deutsche Reich. Die Wehrmacht rückte in Brünn und Prag ein („Zerschlagung der Rest-Tschechei“). Hitler traf am Abend des 15. März in Prag ein und proklamierte am folgenden Tag das Protektorat Böhmen und Mähren, das die überwiegend tschechisch besiedelten Gebiete Böhmens, Mährens und Schlesiens (das historische Land Mähren-Schlesien) umfasste, als Teil des Großdeutschen Reiches. Die volksdeutsche Bevölkerung wurden zu Staatsbürgern des Deutschen Reiches erklärt, die der deutschen Gerichtsbarkeit unterstünden, die übrige zu „Protektoratsangehörigen“, die der dortigen Gerichtsbarkeit unterstellt seien. Hitler erklärte, dass sich das Protektorat des Deutschen Reiches „selbst verwalte, jedoch im Einklang mit den politischen, militärischen und wirtschaftlichen Belangen des Reiches“. Die Slowakische Republik unterzeichnete am 23. März einen vom Deutschen Reich diktierten „Schutzvertrag“ und wurde dadurch zum deutschen Satellitenstaat.

Formal verfügte das Protektorat damit über das Recht zur Selbstverwaltung und über eine beschränkte eigene Legislative. Selbst eine eigene Streitmacht mit dem Namen „Regierungstruppe des Protektorats Böhmen und Mähren“ wurde gegründet, die zwar nicht in die Kommandostruktur der Wehrmacht eingebunden war, aber von einem deutschen Verbindungsstab überwacht wurde. Auch blieb der bisherige Staatspräsident Hácha als nominelles „Oberhaupt der autonomen Verwaltung“ im Amt. Aber alle Maßnahmen der Protektoratsregierung konnten vom Hitler direkt unterstellten deutschen Reichsprotektor in Böhmen und Mähren aufgehoben, alle Gesetze, Verwaltungsmaßnahmen oder Gerichtsurteile ausgesetzt werden. Die tatsächliche Macht übte dennoch nicht der erste Reichsprotektor, Konstantin von Neurath, aus, sondern SS-Funktionäre wie der mit dem Titel eines Staatssekretärs bedachte Polizeichef und spätere Staatsminister Karl Hermann Frank sowie der seit September 1941 amtierende stellvertretende Reichsprotektor Reinhard Heydrich. Das kurzfristige Ziel der nationalsozialistischen Besatzungspolitik lag in der Ausbeutung der tschechischen wirtschaftlichen Ressourcen für den Krieg. Langfristig beabsichtigten Frank und Heydrich eine „Germanisierung“ des Raumes in Verbindung mit der Vernichtung des tschechischen Volkes als ethnischer Einheit. Ziel der tschechischen Kollaboration war es, die eigenen Verluste so gering wie möglich zu halten; aus deutscher Sicht sollte der Widerstand der Tschechen gegen Besatzungsmaßnahmen geschwächt werden.

Am 28. Oktober 1939, dem Jahrestag der tschechoslowakischen Unabhängigkeit, entlud sich der Widerstand der tschechischen Bevölkerung gegen die deutsche Besatzungsmacht in Massendemonstrationen und Streiks im ganzen Protektorat sowie insbesondere in Prag. Dabei wurde der Arbeiter Otakar Sedláček erschossen und der Medizinstudent Jan Opletal schwer verwundet. Er starb am 11. November 1939 an seinen Verletzungen; bei seiner Beerdigung in Prag gab es große Unruhen. Am 17. November 1939 wurden neun Studenten von der Polizei erschossen, die der Rädelsführerschaft bei den Demonstrationen bezichtigt wurden. Über 1200 tschechische Studenten wurden im Konzentrationslager Oranienburg interniert, alle tschechischen Universitäten geschlossen („Sonderaktion Prag“). Neurath schaffte es auch in der Folge nicht, das Protektorat im Sinne Hitlers zu befrieden.

Der Chef des Reichssicherheitshauptamtes Reinhard Heydrich wurde am 27. September 1941 zum Stellvertretenden Reichsprotektor von Böhmen und Mähren ernannt. Von Neurath blieb formell Reichsprotektor, wurde aber beurlaubt. Heydrich erwarb sich durch die brutale Verfolgung des Widerstandes seinen Ruf als „Schlächter von Prag“. Nachdem er am 27. Mai 1942 durch ein in der sogenannten Operation Anthropoid durch ein Attentat schwer verwundet worden und am 4. Juni 1942 an den Folgen des Attentates gestorben war, erlebte das Reichsprotektorat eine erneute Terrorwelle durch die Nationalsozialisten, gedacht als Vergeltung für den Mord an Heydrich. 10.000 Tschechen wurden festgenommen, über 1300 getötet. Diese Zeit wird von den Tschechen die Heydrichiáda (dt. „Heydrichiade“) genannt. Besonders bekannt wurden die Massaker von Lidice (Liditz) am 10. Juni 1942 und von Ležáky am 24. Juni 1942. Die SS und Polizei zerstörten dabei ganze Ortschaften und ermordeten nahezu alle männlichen Einwohner. Die Frauen und Kinder wurden in Konzentrationslager eingeliefert. Am 3. Juli 1942 wurde der Ausnahmezustand aufgehoben, die Standgerichte zur Aburteilung verdächtiger Personen blieben jedoch auf unbestimmte Zeit weiter im Amt.

Das Protektorat wurde gezwungen, einen großen Beitrag zur deutschen Kriegswirtschaft zu verrichten. Die gut ausgebildete Arbeiterschaft und hochentwickelte Industrie konnte von Deutschland ausgenutzt werden. Da das Protektorat knapp außer Reichweite alliierter Bomber lag, konnte die tschechische Wirtschaft bis zum Kriegsende beinahe ungestört arbeiten und wichtige Kriegsgüter liefern. Bis zum 29. Oktober 1943 wurden sämtliche nicht kriegswichtigen Betriebe geschlossen.Zum Kriegsschauplatz wurde Böhmen erst im Frühjahr 1945. Am 14. Februar 1945 bombardierten Flugzeuge der USAAF versehentlich die Stadt Prag, wodurch 700 Menschen starben. Im März 1945 wurden die Prager Vororte Libeň und Vysočany bombardiert, dabei starben über 350 Menschen. Am 25. April 1945 warfen US-Flugzeuge 638 t Brand- und Sprengbomben auf die Stadt Pilsen (Plzeň) und die dortigen Skoda-Werke.

Neben der Exilregierung in London und den Widerstandsgruppen im Protektorat beziehungsweise in der Slowakei arbeiteten unentwegt auch tschechische und slowakische Kommunisten im Moskauer Exil auf die Wiedererstehung der Tschechoslowakischen Republik (ČSR) hin. Nachdem sich im Frühjahr 1945 in Kaschau unter dem Vorsitz Zdeněk Fierlingers eine provisorische tschechoslowakische „Regierung der Nationalen Front der Tschechen und Slowaken“ konstituiert hatte, beschloss diese am 5. April 1945 ein umfangreiches Programm für den Neuaufbau der Republik, das unter Punkt VIII–XI auch Regelungen über die Bürger deutscher und ungarischer Nationalität sowie deren Behandlung vorsah. Durch den Prager Aufstand, der am 5. Mai 1945 begann und sich gegen die deutsche Besatzung wandte – es waren immerhin noch 80.000 Soldaten der Heeresgruppe Mitte, mehrere SS-Divisionen und zentrale Gestapo-Dienststellen im Protektorat stationiert –, wurde die Protektoratsregierung gestürzt. Der Aufstand war de facto am 8. Mai beendet. Erst am 9. Mai 1945 marschierten die sowjetischen Truppen in Prag ein. Unmittelbar nach der Befreiung der ČSR, an der neben der Roten Armee auch US-Streitkräfte sowie tschechische und slowakische Aufständische beteiligt waren, wurde diese in ihren alten Grenzen unter Einschluss des Sudetengebiets wiedererrichtet, jedoch musste der Staat im Juni 1945 das von der Sowjetunion beanspruchte Gebiet der Karpatoukraine abtreten. Die Rote Armee verließ noch 1945 die Tschechoslowakei.

Böhmen und Mähren war während des Zweiten Weltkrieges Evakuierungsgebiet für die deutsche Kinderlandverschickung und Privatunterbringungen. Bevorzugte Orte für die Erweiterte Kinderlandverschickung waren die Kurorte Bad Podiebrad (Lázně Poděbrady) und Bad Luhatschowitz (Luhačovice.

Eine Vielzahl tschechischer Juden wurde in die nationalsozialistischen Konzentrations- und Vernichtungslager deportiert, darunter in das im Protektorat Böhmen und Mähren eingerichtete KZ Theresienstadt. Mehrere Ortschaften wurden als „Sühnemaßnahmen“ für Überfälle von Partisanen zerstört, so die Ortschaften Lidice, Ležáky, Ploština und zuletzt Javoříčko, deren Zivilbevölkerung ermordet wurde.

Das KZ Theresienstadt steht exemplarisch für den Vernichtungswillen der Nationalsozialisten. Während der Okkupation Böhmens und Mährens durch das Dritte Reich wurde im Juni 1940 in dem Brückenkopfbauwerk Kleine Festung ein Gestapo -Gefängnis eingerichtet.

Die Nationalsozialisten nutzten die vorhandene Infrastruktur aus und „perfektionierten“ den Ort in ihrem Sinne. Sie bauten ihn zu einem Bestandteil ihres Repressions- und Vernichtungsapparates aus. Das Gefängnis wurde von der Gestapo-Dienststelle in Prag verwaltet, weil das Gefängnis Pankrac überfüllt war. Zu Anfang gab es nur männliche Häftlinge, doch nach dem Attentat auf Hitlers Statthalter Heydrich wurde im Juni 1942 noch eine Frauenabteilung eingerichtet. Zu den bestehenden drei Gefängnishöfen kam 1943 ein vierter hinzu, der für männliche Häftlinge bestimmt war.

Zwischen 1940 und 1945 wurden von den verschiedenen Dienststellen der Gestapo rund 27.000 Männer und 5.000 Frauen an das Gefängnis Theresienstadt überstellt, zunächst Inhaftierte aus Prag, dann aus ganz Böhmen und ab 1944 auch aus Mähren. In der Kleinen Festung wurden bis Kriegsende überwiegend Tschechen festgehalten, darunter viele Widerständler gegen das nationalsozialistische Regime, in den letzten Jahren dann auch Bürger der Sowjetunion, aus Polen, Jugoslawien und gegen Kriegsende Gefangene aus den Reihen der alliierten Armeen. Teils wurden auch Gefangene aus dem Sammellager dorthin überstellt.

Von den Insassen kamen etwa 8.000 in anderen Konzentrationslagern um, in die sie bis zum Ende des Krieges deportiert wurden. 2.500 starben im Lager nach Folter, Krankheiten und aufgrund der Arbeits- und Lebensbedingungen. 250 Insassen wurden in der Festung selbst hingerichtet. Unter den Opfern befindet sich auch eine Gruppe von Juden aus dem Rheinland, die am 4. Oktober 1944 – „irrtümlicherweise“ – in der Kleinen Festung und nicht im „Ghetto“ in einem Transport aus Köln ankamen. Dieser Irrtum wurde „korrigiert“; fast alle wurden ermordet.

Kommandant des Gestapo-Gefängnisses war seit dessen Einrichtung SS-Hauptsturmführer Jöckel, der die 1. Kompanie des SS-Wachbataillons Böhmen und Mähren kommandierte. Er unterstand dem jeweiligen Höheren SS-und Polizeiführer von Böhmen und Mähren (HSSPF) in Prag.

Jan Merell wurde 1943 in Prag verhaftet und in der Kleinen Festung inhaftiert. In dem vom Rat der jüdischen Gemeinden in Böhmen und Mähren herausgegebenen Band Theresienstadt hat er seine Eindrücke und Erfahrungen unter dem Titel Wie sie litten und starben festgehalten. Mit sie meint er die Juden, die in die Kleine Festung kamen. Er selbst war katholischer Priester, der wie tausende andere Tschechen nach Theresienstadt kam, weil er in Opposition zu den Nationalsozialisten stand. Der Anteil der Juden unter den 2500 Toten der Kleinen Festung war hoch. Nur in den ersten Monaten benutzten die Nationalsozialisten in der Garnisonsstadt eine eigene Hinrichtungsstelle. Vom Sommer 1942 an wurden alle Hinrichtungen in Theresienstadt in der Kleinen Festung vollstreckt.

„Im Juni 1940 wurde sie (die Kleine Festung)“, schreibt Merell in seinem Bericht, „von der Prager Gestapo übernommen, die hier ein Notgefängnis errichtete, um dem Platzmangel im Prager Polizeigefängnis Pankrac abzuhelfen. So wurde die Kleine Festung zum ersten hitlerschen Konzentrationslager auf böhmischem Boden. Bald darauf, im November 1941, kam ein zweites hinzu: die Große Festung, die als Konzentrations-Getto adaptierte Stadt Theresienstadt. Im Getto waren die Juden nicht auf Rosen gebettet, aber wehe denen, die aus irgendeinem Grunde in die Kleine Festung kamen!“

Der Zusammenhang zwischen Kleiner Festung und Ghetto wird besonders deutlich, wo Merell über das Schicksal der Juden berichtet, die direkt in die Kleine Festung kamen oder aber erst in das Ghetto eingeliefert und dann mit dem Vermerk „RU“ (Rückkehr unerwünscht) in das Gestapo-Gefängnis überstellt wurden. Merell führt dazu aus: „Juden, die aus dem Getto in die Kleine Festung kamen, waren zur Vernichtung bestimmt, so daß nur wir, die wir mit dem Leben davonkamen, unsere Stimmen erheben können, um Zeugnis abzulegen von ihrem großen Leiden. Die Kleine Festung war eine Durchgangsstation zwischen Untersuchungshaft und Einlieferung in ein KZ, oder in ein Gefängnis, so daß die Häftlinge für gewöhnlich nicht lange dort blieben. Ich aber verbrachte volle vierzehn Monate dort, so daß ich mehr Gelegenheit als die meisten anderen hatte, Zeuge der unmenschlichen Grausamkeiten zu werden, die die Nationalsozialisten an den Häftlingen, besonders aber an den Juden, begingen.“

Die Rolle Theresienstadts zwischen 1941 und 1945 hing eng mit den Plänen der Nationalsozialisten zusammen, dass „im Zuge der praktischen Durchführung der „Endlösung“ (der Judenfrage)“ – so die Formulierung im Protokoll der Wannsee-Konferenz – „Europa vom Westen nach Osten durchgekämmt“ werden sollte. Neben dem Reichsgebiet wurde dabei auf der Wannsee-Konferenz dem Protektorat Böhmen und Mähren hohe Priorität zugewiesen.

Im Protektoratsgebiet lebten ungefähr 88.000 Juden. Über ihr Schicksal wurde in Prag im Oktober 1941 entschieden. Am 10. und 17. Oktober dieses Jahres fanden auf dem Prager Hradschin in den Diensträumen des gerade ernannten Stellvertretenden Reichsprotektors Reinhard Heydrich zwei Besprechungen statt, in denen es um die „Lösung der Judenfrage“ ging. Neben Heydrich nahmen daran hochrangige Nationalsozialisten teil, darunter SS-Gruppenführer Karl Hermann Frank und der SS-Sturmbannführer Adolf Eichmann. Das Protokoll der Sitzung vom 17. Oktober 1941 hält die kurzfristige und die langfristige Planung im Hinblick auf die Rolle Theresienstadts fest:

„Zunächst wird ein Transport von 5000 Juden nach Litzmannstadt evakuiert. Ein Teil ist bereits fort. Wenn alle 5000 fort sind, soll eine kurze Pressenotiz darüber in die Zeitung kommen, aber in geschickter Weise, es muß darin zum Ausdruck kommen, wie schnell die reichsdeutsche Arbeit abrollt. Dann soll eine kurze Pause erfolgen, um die Vorbereitungen zur weiteren Evakuierung, bzw. Gettoisierung nicht zu stören. In der Zwischenzeit werden die Juden aus Böhmen und Mähren in je einem Durchgangslager gesammelt für die Evakuierung. Für diesen Zweck ist von dem Wehrmachtsbevollmächtigten beim Reichsprotektor Theresienstadt von allen Wehrmachtsteilen völlig freigemacht worden. Den dortigen Tschechen ist nahegelegt, anderswohin zu ziehen. Falls der Grund und Boden nicht sowieso schon Reichseigentum ist, wird er von der Zentralstelle für jüdische Auswanderung aufgekauft und damit deutscher Grundbesitz. In Theresienstadt werden bequem 50.000 bis 60.000 Juden untergebracht. Von dort kommen die Juden nach dem Osten.“

Ein zweites Lager war im mährischen Kyjov geplant. Dieses Lager wurde jedoch nicht mehr gebraucht, weil die Transporte nach Theresienstadt schneller abliefen als geplant. So konnte schon am 14. April 1942 der Befehlshaber der Sicherheitspolizei und des Sicherheitsdienstes (SD) das Innenministerium in Prag davon verständigen, dass „unter den gegenwärtigen Verhältnissen die Errichtung eines zweiten Konzentrationslagers für Juden aus dem Protektorat nicht erwogen werde“.

Nach den damaligen Plänen sollte Theresienstadt die Funktion eines Durchgangslagers für die böhmischen und mährischen Juden nur vorübergehend übernehmen. „Nach der völligen Evakuierung der Juden“, heißt es in dem Protokoll weiter, „wird Theresienstadt dann entsprechend einem fertigen Plan von Deutschen besiedelt und ein Mittelpunkt deutschen Lebens werden.“

Die Entscheidung für Theresienstadt hing eng mit der Lage und dem Charakter des Ortes zusammen. Er lag in unmittelbarer Nähe der Grenzen des Protektorates zum Reich und war über den Bahnhof Bauschowitz an der Eger an das Bahnnetz angebunden, so dass der Transport nach Theresienstadt und aus Theresienstadt heraus leicht zu organisieren war.

In der Garnisonsstadt lebten 1941 etwa 3500 Einwohner. Ebenso viele Soldaten – zu diesem Zeitpunkt Soldaten der deutschen Wehrmacht – waren im Herbst aus den örtlichen Kasernen abgezogen worden. Umgeben ist Theresienstadt von mächtigen, völlig unzerstörten Festungsmauern und der Ort besitzt eine große Zahl von Kasematten und unterirdischen Gängen, so dass die Nationalsozialisten ein Minimum an SS-Leuten brauchten, um die Häftlinge zu bewachen. Sollte es zu einem Ernstfall kommen, konnte darüber hinaus die SS-Garnison in der Kleinen Festung eingesetzt werden.

Offiziell stand Theresienstadt unter „jüdischer Selbstverwaltung“ unter Leitung eines Ältestenrats . Der „Judenälteste“ (von 1941 bis Januar 1943 Jakob Edelstein , danach bis zu seiner Ermordung in der Kleinen Festung im September 1944 Paul Eppstein , schließlich bis zur Übernahme der Ghettoverwaltung durch das Rote Kreuz  am 5. Mai 1945 Benjamin Murmelstein ) war allerdings der SS -„Lagerkommandantur“ gegenüber berichtspflichtig und an die (mündlichen) Weisungen des Lagerkommandanten gebunden. Die Kommandantur ihrerseits unterstand der „Zentralstelle für jüdische Auswanderung in Prag “ unter Leitung von Hans Günther .

Als Lagerkommandant (später als „Dienststellenleiter“ bezeichnet, um den KZ-Charakter des Ghettos zu verschleiern) fungierte zunächst SS-Hauptsturmführer Siegfried Seidl , danach von Juli 1943 bis Februar 1944 SS-Obersturmführer Anton Burger  und schließlich SS-Obersturmführer Karl Rahm . Rahm organisierte in dieser Eigenschaft auch die „Verschönerungsarbeiten“ im Ghetto, vor den zwei Besuchen von Abgesandten des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK)  im Juni 1944 und im April 1945.

Dem Kommandanten waren etwa 20 SS-Männer sowie etwa 100 tschechische Gendarmen unterstellt. Letztere hatten die Aufgabe, die Sperren und Zugänge der Festung zu überwachen. Gendarmen berichteten als erste über Hinrichtungen und Massengräber in Theresienstadt, in einem Fall sogar mit Hilfe von Fotos, die der Stabswachtmeister Karel Salaba heimlich aufgenommen hatte und die in einer Schweizer Zeitung 1942 erschienen.

Um in Theresienstadt Platz für die deportierten Juden zu machen, wurden als erstes die deutschen Soldaten aus den Kasernen der Garnisonsstadt abgezogen. Am 24. November 1941kamen die ersten tschechischen Juden mit dem sogenannten „Aufbaukommando“ aus Prag . Sie hatten die Aufgabe, die Garnisonsstadt an die Nutzung als Lager anzupassen und einen „Judenrat “ zu schaffen. Ein Mitglied dieses Kommandos war ein junger tschechischer Student, Miroslav Kárný , der Theresienstadt überlebt und später durch seine Studien und Veröffentlichungen dazu beigetragen hat, das Bild über das Theresienstädter Konzentrationslager zu präzisieren.

Nachdem das Aufbaukommando seine Aufgabe erfüllt hatte, wuchs die Zahl der nach Theresienstadt deportierten Juden aus dem nun deutschen Gebiet des Protektorats Böhmen und Mähren  rasch an. Um weiteren Platz zu schaffen, wurden im Frühjahr 1942 die noch verbliebenen tschechischen Bewohner aus ihren Häusern und Wohnungen vertrieben und schon im Mai 1942 waren fast ein Drittel der im Reichsprotektorat lebenden Juden, mehr als 28.000 Menschen, nach Theresienstadt deportiert worden. Die Züge liefen über den zwei Kilometer südlich gelegenen Bahnhof von Bohušovice  (dt.: Bauschowitz).

Der erste „Transport in den Osten“ von 1000 Häftlingen fand am 9. Januar 1942 statt. Diesen und alle weiteren Transporte ordnete die SS-Lagerkommandantur auf Weisung aus Berlin an. Darin waren die Richtlinien hinsichtlich Zahl und Kategorie der Häftlinge enthalten. Die Auswahl der Häftlinge, die weiter in den Osten deportiert werden sollten, musste im Rahmen dieser Bestimmungen die „jüdische Selbstverwaltung“ treffen.

Die erste Erwähnung der Idee, dass aus Theresienstadt neben dem Sammel- und Durchgangslager für die Juden aus Böhmen und Mähren auch ein Lager für ausgesuchte deutsche Juden werden sollte, ist in einer Tagebucheintragung von Joseph Goebbels vom 18. November 1941 zu sehen. Darin heißt es: „Heydrich berichtete mir über seine Absichten bezüglich der Abschiebung der Juden aus dem Reichsgebiet. Die Frage läßt sich schwieriger an als wir zuerst vermutet hatten. 15.000 Juden müssen sowieso in Berlin bleiben, da sie bei kriegswichtigen und gefährlichen Arbeiten beschäftigt sind. Auch eine Reihe von alten Juden können nicht mehr nach dem Osten abgeschoben werden. Für sie soll ein Judenghetto in einer kleinen Stadt im Protektorat eingerichtet werden.“ Bei der Wannsee-Konferenz vom 20. Januar 1942 wurde Theresienstadt als Altersghetto bestimmt. SS-Obergruppenführer Reinhard Heydrich gab nach der „Wannsee-Konferenz“ kommentarlos bekannt, dass alle Reichsjuden über 65 Jahre in das Altersghetto Theresienstadt gebracht würden. Außerdem wurde beschlossen, dass neben alten Juden auch schwerkriegsbeschädigte Juden und Juden mit Kriegsauszeichnungen in Theresienstadt untergebracht werden sollten. Diesen Juden wurden Heimeinkaufsverträge  angeboten, in denen ihnen angemessene Unterbringung, Verpflegung und ärztliche Versorgung zugesichert wurden. Das Reichssicherheitshauptamt  brachte dadurch das Vermögen der Deportierten an sich, ohne indes die zugesagten Leistungen zu erbringen.

Die Gesamtzahl der Männer, Frauen und Kinder, die in das Theresienstädter Ghetto deportiert wurden, betrug bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges etwa 140.000. Während der letzten Kriegstage trafen noch einmal 13.000 weitere Gefangene ein, die aus liquidierten Konzentrationslagern in Deutschland und Polen nach Theresienstadt deportiert worden waren.

Unter den Häftlingen in Theresienstadt befanden sich etwa 15.000 Kinder, die in sogenannten „Kinderheimen“ nach Geschlechtern und Jahrgängen getrennt untergebracht wurden. Die Häftlingsselbstverwaltung versuchte, besonders für sie zu sorgen. Die Kinder erhielten zulasten der Überlebenschancen der älteren Menschen eine etwas bessere Verpflegung sowie einen geheimen Unterricht von ihren Betreuern (auch madrichim genannt).

Die 1938 komponierte und 1941 im jüdischen Kinderheim in Prag uraufgeführte Kinderoper in zwei Akten von Hans Krasa und Adolf Hoffmeister. Brundibar wurde nach der Deportation Hans Krásas 1942 in das KZ und der Neunotation dort 55-mal gespielt. Sie konnte den mitspielenden Kindern ein Stück Normalität und Freude bieten, die Rollen mussten jedoch immer wieder neu besetzt werden, da viele der Darsteller in Vernichtungslager deportiert wurden.

Im ehemaligen Kinderheim L417, das zuvor als Schule diente und in dem vor allem Knaben im Alter von 10 bis 15 Jahren inhaftiert wurden, befindet sich seit 1991 das Ghetto-Museum. Bekannt wurden „Die Mädchen von Zimmer 28“ des Kinderheimes, deren Schicksal die Autorin Hannelore Brenner-Wonschick 2004 in ihrem Buch gleichen Titels darstellte: Annähernd sechzig junge jüdische, zumeist tschechische Mädchen waren in der Zeit von 1942 bis 1944 im Zimmer 28 des Mädchenheims L410 gemeinsam eingesperrt und dazu bestimmt, in den Vernichtungslagern umgebracht zu werden. Fünfzehn von ihnen überlebten, von denen sich zehn, die über die ganze Welt verstreut leben, einmal jährlich treffen und ihre Erinnerungen austauschen und weitergeben, damit die Geschehnisse nicht in Vergessenheit geraten.

Insgesamt überlebten von den Kindern, die ebenfalls von der SS in die Vernichtungslager geschickt wurden, nur etwa 150 das Kriegsende.

Im Lager fanden zahlreiche und umfangreiche kulturelle, sportliche, religiöse, philosophische Aktivitäten statt, die von den Häftlingen getragen wurden. Mehr als 2000 bereits damals bekannte oder erst später bekannt gewordene Gefangene wirkten daran mit und hoben das dortige kulturelle Geschehen auf ein hohes Niveau. Dazu gehörte auch eine sogenannte Universität Theresienstadt, bei der Häftlinge in Selbstorganisation an „Kameradschaftsabenden“ Vorlesungen für alle Gefangenen abhielten. Unter den selbsternannten Lektoren befanden sich bedeutende Personen, wie Leo Baeck, Viktor Frank oder Desider Friedmann, um nur einige zu nennen. Die SS-Kommandantur ließ der jüdischen Selbstverwaltung auf diesem Gebiet meistens freie Hand, da diese die kulturelle Vielfalt für ihre Propagandazwecke missbrauchen konnten und das kulturelle Leben der Gefangenen als Ventil verstanden wurde, um die Ruhe und Ordnung im Lager aufrechtzuerhalten. Dennoch wurden einige Werke nicht aufgeführt, da die Autoren sich offensichtlich über ihre Peiniger lächerlich machten, wie z. B. in der Oper Der Kaiser von Atlantis von Viktor Ullmann und Peter Kein. Neben den kulturellen Veranstaltungen wurde eine Bibliothek eingerichtet, die eine große Ansammlung an Büchern, welche von den Gefangenen selbst mitgebracht wurden, enthielt.

Im Oktober 1943 wurden 476 Juden aus Dänemark nach Theresienstadt deportiert. Dort hatten die deutschen Besatzer ebenfalls versucht, alle dänischen Juden zusammenzutreiben und zu deportieren. Die große Mehrheit der dänischen Juden konnte allerdings vor der Deportation gerettet werden. Die meisten flohen nach Schweden oder konnten im Land untertauchen und waren damit für die deutsche Besatzungsmacht nicht mehr greifbar. Aber auch die in Theresienstadt eingesperrten jüdischen Landsleute wurden von der dänischen Regierung nicht im Stich gelassen. Der Druck, den sie auf das Regime der Nationalsozialisten ausübte, trug maßgeblich dazu bei, dass die Nationalsozialisten – zu Propagandazwecken und zur Täuschung der internationalen Öffentlichkeit über den Charakter von Konzentrationslagern – Theresienstadt für einige Monate zu einem Vorzeigelager machten.

Zur Vorbereitung eines „Besuchs“ einer Kommission des Internationalen Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) begann die SS im Dezember 1943 mit einer großangelegten „Stadtverschönerungsaktion“. Eine IKRK-Kommission besichtigte Theresienstadt am 23. Juni 1944. Die Kommission inspizierte unter anderem die im Vorfeld eröffneten Cafés, den ebenfalls nur für das Rote Kreuz eingerichteten „Kinderpavillon“, das Siechenheim und das Zentralbad und wohnte einer Aufführung der Kinderoper Brundibar des im August 1942 ins Ghetto deportierten tschechischen Komponisten Hans Krasa bei. Separate Vier-Augen-Gespräche mit Häftlingen fanden nicht statt.

Im Anschluss an den Besuch der IKRK-Kommission wurde der Film Theresienstadt. Ein Dokumentarfilm aus dem jüdischen Siedlungsgebiet vom August bis September 1944 gedreht. Mit der Regie wurde der Häftling Kurt Gerron beauftragt, der als Regisseur von Filmen mit Heinz Rühmann und Hans Albers bekannt war. In dem Film sollte gezeigt werden, wie gut es den Juden unter den „Wohltaten“ des Dritten Reiches ging. Gedreht wurde vom 1. September 1944 bis zum 11. September. Im Film erscheint ein „normales Leben“ der Juden im Ghetto Theresienstadt. Es werden unter anderem Arbeitsszenen verschiedener Handwerker mit dem Hinweis, „sie können in Theresienstadt ihren Berufen nachgehen“, gezeigt. Nach dem „Feierabend“ sei „die Freizeitgestaltung jedem Einzelnen überlassen“ und Fußballspiele auf dem Hof einer ehemaligen Kasernenanlage besonders beliebt. Zu der Bemerkung „Ein Dampfbad steht der Bevölkerung zur Verfügung“ sieht man nackte, duschende Männer. Die Szene mit Holzdoppelstockbetten wird mit der Bemerkung: „Alleinstehende Frauen und Mädchen machen es sich in ihrem Frauenheim gemütlich“ kommentiert. Nach den Dreharbeiten wurden die meisten Schauspieler und der Regisseur nach Auschwitz deportiert. Im März 1945 wurde der Film im besetzten Prag erstmals aufgeführt.

Zu dem zu Propagandazwecken verordneten Fußballspielen hat der israelische Computerspezialist Oded Breda, amtierender Leiter der 1975 im israelischen Kibbuz Givat Haim nördlich von Tel Aviv eröffneten Gedenkstätte Beit Terezin (Haus Theresienstadt) eine eigene Ausstellung konzipiert: Liga Terezin; auch ein gleichnamiger Film wurde produziert.

An der Tatsache, dass Theresienstadt Teil des Vernichtungsfeldzuges gegen die jüdische Bevölkerung war, änderte sich durch die Propaganda der Nationalsozialisten nichts. Ein Viertel der Gefangenen des Ghettos Theresienstadt (etwa 33.000) starben dort vor allem wegen der entsetzlichen Lebensumstände. Etwa 88.000 Häftlinge wurden weiter ins KZ Auschwitz-Birkenau und in andere Vernichtungslager wie Treblinka, Majdanek oder Sobibor deportiert. Für die betroffenen Häftlinge hatte es dadurch die gleiche Funktion wie die übrigen „Sammellager“ der Vernichtungslager in Polen.

Von Beginn an war Theresienstadt als Sammel- und Durchgangslager, zunächst für die tschechischen Juden, vorgesehen. Der tschechische Historiker Miroslav Karny, der zu den ersten nach Theresienstadt Deportierten gehörte, hat in seiner Arbeit über die „Deutschen in Theresienstadt“ nachgewiesen, dass auch die deutschen Juden, die hierhin gebracht wurden, der Vernichtung durch die Nationalsozialisten unterlagen und bei einem Vergleich zwischen der Todesrate der tschechischen und der deutschen Juden nur ein geringfügiger Unterschied besteht.

In Theresienstadt“, schreibt er, „waren 73.468 tschechische und 42.921 deutsche Juden, die nach Theresienstadt vor dem 20. April 1945 deportiert worden waren. Der Unterschied der Sterblichkeit der tschechischen und der deutschen Juden direkt in Theresienstadt war sehr groß, was als Folge der unterschiedlichen Altersstruktur angesehen werden kann.

In Theresienstadt selbst starben insgesamt 6.152 tschechische Häftlinge; das waren 8,37 % der ganzen Häftlingszahl aus tschechischen Transporten – es starb jeder Zwölfte. Die Sterblichkeit der deutschen Gruppe war in Theresienstadt fast sechsmal höher. Es starben hier 20.848 deutsche Juden, das waren 48,57 % der ganzen Häftlingszahl aus deutschen Transporten – jeder Zweite.

Wenn wir aber das Schicksal der tschechischen und der deutschen Gruppe vergleichen wollen“, fährt er fort, „müssen wir diese Angaben um die Zahlen der aus Theresienstadt nach dem Osten Deportierten ergänzen. Nach dem Osten wurden aus Theresienstadt 60.382 tschechische Juden deportiert (das waren 82,19 %) und 16.098 deutsche Juden (37,5 %). Von den tschechischen Juden überlebten 3.097, von den deutschen weniger als 100. Das bedeutet, daß nach der Deportation aus Theresienstadt im Osten – bei der Ostwanderung, wie es der Chef der Konzentrationslager Oswald Pohl nannte – 57.285 tschechische Juden und ungefähr 16.000 deutsche Juden umkamen.

Zusammenfassend: der Prozentsatz aller Sterbefälle der Theresienstädter Häftlinge – d. h. der Tod in Theresienstadt und der Tod nach weiterer Deportation – ist bei den tschechischen Juden 86,35 % (63.437 Todesfälle), bei den deutschen Juden 85,85 % (36.848 Tote). Die Todesbilanz beider Häftlingsgruppen unterscheidet sich nur um ein halbes Prozent.

Im Lager Theresienstadt konnten die Gefangenen zumeist die religiösen Rituale bei Bestattungen einhalten. So wurden bis zum August 1942 die Toten mit Holzsärgen in einzelnen Gräbern bestattet. Danach wurden Massengräber für jeweils 35 bis zu 60 verstorbene Häftlinge ausgehoben. Am 19. Juli begann man mit der Bestattung in Massengräbern. In diesen Gräbern wurden keine Holzsärge mehr verwendet. Die Begräbnisstätte lag im Bohusovicer Talkessel. Der Transport zum Friedhof erfolgte mit einem jüdischen Leichenwagen. Den Leichenwagen durften nachts nur ein Mitglied der Ghettowache und ein tschechischer Gendarm begleiten. Die zu dieser Zeit noch in Theresienstadt wohnende Bevölkerung sollte davon möglichst nichts wissen.

Am 6. Oktober 1942 fand die letzte Beisetzung in einem Massengrab statt. In 1.250 Einzelgräbern und 270 Massengräbern des Jüdischen Friedhofes wurden zwischen Dezember 1941 und Oktober 1942, 8.903 Opfer der Nationalsozialisten begraben.

Zwei Kammern, in denen die Toten aufgebahrt wurden, befanden sich innerhalb der Wälle am südöstlichen Stadtrand am Weg zum Friedhof. Eine diente den jüdischen Verstorbenen, die andere den Verstorbenen, die einen anderen Glauben hatten. Das erste gemeinsame Gebet musste in der Regel direkt an der Todesstelle stattfinden.

Die höchste Sterblichkeitsquote weist die Lagerstatistik für den Herbst 1942 aus, als täglich mehr als 100 Menschen starben.

Bis Herbst 1942 wurden die Toten in Massengräbern vor den Schanzen der Stadt bestattet. Etwa 9.000 Opfer wurden auf diese Weise begraben. Ende 1942 ließ die Lagerleitung von der Teplicer Firma Ignis Hüttenbau A.G. ein Krematorium errichten, um die Verstorbenen aus der Garnisonsstadt und der Kleinen Festung – später auch aus dem Außenlager „Richard“ des KZ Flossenbürg in Leitmeritz – dort zu verbrennen.

Den Mittelteil des Gebäudes nahmen vier Verbrennungsöfen ein, die mit Dieselöl beheizt wurden. Der vordere Raum diente dem Abstellen der Särge mit den Toten, daneben befand sich der Obduktionsraum. Im Anbau an das Hauptgebäude waren die notwendigen Nebenräume für die Wachmannschaft, die hier ständig Dienst versah, und für die Arbeiter des Krematoriums untergebracht. Zur Zeit der größten Sterblichkeit arbeiteten hier bis zu 18 Personen, die sich in ununterbrochenem Schichtdienst Tag und Nacht ablösten. Als die Zahl der Toten zurückging, konnte diese Arbeit von vier Heizern bewältigt werden. Oft überwachte SS-Scharführer Rudolf Haindl, ein Mitglied der SS-Kommandantur, den Betriebsablauf. Auch die Kommandanten selbst führten Kontrollen durch.

Die Diensthabenden schoben den Leichnam ohne Sarg bzw. ohne dessen Oberteil in den Verbrennungsofen. Er verbrannte nur mit dem Brett, auf dem er befestigt war. Der Rest des Sargs konnte aus Sparsamkeitsgründen mehrmals verwendet werden. Mit einiger Verspätung gelangten jene Toten zur Einäscherung, für die eine Obduktion angeordnet worden war. Durch das Öffnen des Leichnams konnten die hier inhaftierten Ärzte vor allem in nicht ganz eindeutigen Fällen die Todesursachen feststellen.

Das an den Öfen diensthabende Personal bemühte sich, die sterblichen Reste jedes Eingeäscherten gesondert aus dem Ofen zu schüren, damit sie in einem individuellen Behältnis geborgen werden konnten. Dabei mussten sie die Asche nach Goldbruchstücken (Zahnkronen und Prothesen) durchsuchen, diese aussammeln und der SS-Kommandantur übergeben.

Über den Ablauf der Verbrennung in den einzelnen Öfen wurden Tagesprotokolle geführt. Auch jede Urne mit der Asche eines Häftlings wurde mit den wichtigsten Angaben über den Eingeäscherten versehen. Sie wurden von den Zetteln abgeschrieben, die man an den Beinen der Toten befestigt hatte, und enthielten den Namen mit der Transportbezeichnung und die entsprechende Verbrennungsnummer. Dann durften die Urnen, sie bestanden zumeist aus Pappe, im Kolumbarium eingelagert werden. Das Kolumbarium befand sich im Festungswall. Hier standen bis Ende 1944 in Holzregalen Tausende Urnen gedrängt nebeneinander, und die Häftlinge nahmen an, dass man sie nach dem Krieg würdig begraben werde. Doch als die Nationalsozialisten damit begannen, die Spuren ihrer Verbrechen in Theresienstadt zu beseitigen, ordnete im November 1944 die Lagerleitung an, die Asche von 22.000 Häftlingen in die Eger zu werfen.

In den Jahren 1944 und 1945 wurden in dem Theresienstädter Krematorium auch die Toten aus dem Lager in Litomerice eingeäschert. Dort erreichte die Sterblichkeit infolge von unerträglichen Arbeitsbedingungen und Epidemien enorme Ausmaße. Bevor es diesem Lager gelang, ein eigenes Krematorium in Betrieb zu nehmen (Anfang April 1945), brachten die Fuhrwerke die toten Häftlinge nach Theresienstadt.

Das von den Angestellten, die im Krematorium Dienst taten, sorgfältig angelegte Register verzeichnete ungefähr 30.000 Opfer, die dort während der Jahre von 1942 bis 1945 eingeäschert wurden.

In der Nähe der Totenkammern wurden 1942 Räume zur Aufbewahrung der Asche der Verstorbenen eingerichtet. Hier wurden Tausende von Büchsen gelagert. Nach der Einäscherung wurde die Asche eingesammelt und statt in den üblichen Aschenkrügen in einfachen Büchsen aus Pappe verwahrt, die mit den Namen und den Registrationsnummern der Verstorbenen versehen waren. Tagtäglich brachte man diese Büchsen aus der Totenkammer in das Kolumbarium. „Zwei Ghettohäftlinge besorgten hier die Aufbewahrung der Büchsen in ihrer genauen Reihenfolge, so dass man eine jede ausfindig machen konnte. Diese zwei Häftlinge arbeiteten hier ungefähr zwei Jahre. Bis 1944 sind im Kolumbarium mehr als 20.000 solcher Aschenbehälter eingelagert worden.

Im Oktober 1944 erschienen Traktoren vor dem Kolumbarium. Gruppen von Häftlingen bildeten Ketten, um die Büchsen aufzuladen, die dann an das Ufer der Eger gebracht wurden. Die Häftlinge mussten unter scharfer Bewachung die Asche in den Fluss schütten. Beim nordöstlichen Ausgang aus der Stadt, am Flussufer, wo die Asche der Verstorbenen im Wasser versenkt wurde, steht heute ein Denkmal.

Der Widerstand gegen die Expansionspolitik des Hitlerreiches führten zu verschiedenen diplomatischen Aktivitäten im Ausland, hier vor allem seitens der tschechoslowakischen Exilregierung in London. Partisanenkämpfe gegen die Wehrmacht durch die Tschechoslowakische Exilarmee sowohl an der West- wie an der Ostfront, und drittens der Widerstand auf dem Gebiet der ehemaligen Tschechoslowakei, führten im Gegenzug zu großen Bestrafungsaktionen und Massaker gegen die tschechische Bevölkerung.

Präsident Edvard Beneš befand sich nach den Märzereignissen 1939 (Zerschlagung der Rest-Tschechei) mit einigen Mitarbeitern in den Vereinigten Staaten, wo er sich zuerst um die Bildung eines provisorischen "Direktoriums" bemühte, verlegte jedoch im Sommer 1939 die Aktivitäten nach Paris, wo am 17. November der Tschechoslowakische Nationalausschuss gegründet und durch Frankreich, später auch durch Großbritannien als die Vertretung des Landes anerkannt wurde. Noch vor der Niederlage und Besetzung Frankreichs wurde eine Verlegung des Sitzes des Ausschusses nach London anvisiert und nach und nach durchgeführt. Bald wurde in London die Bereitschaft signalisiert, eine reguläre Regierung anerkennen zu wollen. Beneš' Kabinett wurde schließlich am 21. Juli 1940 als provisorische Regierung und am 18. Juli 1941 als de iure tschechoslowakische Regierung anerkannt. Diese von den Alliierten anerkannte Exilregierung, die in London die gleiche Stellung wie die Regierungen der Niederlande, Norwegens und Griechenlands genoss, trug stark dazu bei, dass die Tschechoslowakei nach dem Kriegsende in den Grenzen vor dem Münchner Abkommen wiederhergestellt werden konnte (mit der Ausnahme der Karpatenukraine).

Obwohl die zeitliche Abfolge wie auch der Charakter des antinazistischen Widerstandes in den damals voneinander de facto getrennten Gebieten Protektorat Böhmen und Mähren und Slowakei unterschiedlich waren, spricht man im Allgemeinen über den „tschechoslowakischen Widerstand“. Dies betrifft sowohl die einschlägige Literatur wie auch wie offizielle Regierungsquellen von heute, die hier keine Trennung vornehmen. Der Grund dafür liegt insbesondere in der völkerrechtlichen Anerkennung dieser beiden Gebiete als eine Einheit, welche die Kontinuität des tschechoslowakischen Staates seit 1918 (bis 1993) darstellt. Präsident Beneš stellte diesbezüglich die international anerkannte sogenannte „Theorie der Rechtskontinuität“ auf, die er am 26. Juni 1940 in einer Rundfunksendung in London vorstellte.

Die tschechoslowakischen Politiker gingen von dieser Kontinuität aus und beriefen sich auf sie, indem sie konsequent immer die Bezeichnung "tschechoslowakisch" verwendeten: Tschechoslowakische Exilregierung, Tschechoslowakische Exilarmee, Tschechoslowakischer Nationalausschuss. Auch die Militärverbände hießen prinzipiell "tschechoslowakisch" (311. Bomberstaffel der RAF: tschechisch 311. československá bombardovací peruť RAF, englisch № 311 (Czechoslovak) Bomber Squadron), der Vertrag über deren Einrichtung mit der Regierung des Vereinigten Königreichs sprach über die Tschechoslowakei. Auch die heutigen Regierungsstellen verwenden durchwegs die Formulierungen "(zweiter) tschechoslowakischer Widerstand" (druhý československý odboj) für diese Zeit.

Die Datierung des Widerstandes während des Zweiten Weltkrieges beginnt in der Regel mit März 1939, das heißt mit der sogenannten Besetzung der Resttschechei und der Bildung des Protektorats Böhmen und Mähren, was gleichbedeutend ist mit dem faktischen Ende der tschechoslowakischen Eigenstaatlichkeit – die Zeit davor scheint die Geschichtsschreibung aus diesem Grund nicht stark zu interessieren. Dies wird von einigen Historikern in Tschechien bemängelt mit dem Hinweis darauf, dass einige der späteren Widerstandsgruppen sich schon früher formiert haben. Ebenfalls früher setzte der weitgehend unbekannte Widerstand im Sudetenland ein.

In der tschechischen Literatur wird grundsätzlich zwischen dem bürgerlichen, prowestlich orientierten Widerstand und dem kommunistischen Widerstand, d.h. den Gruppen, die durch die kommunistische Partei geleitet oder beherrscht wurden, unterschieden. Der Hintergrund ist nicht etwa auf die - auf Ressentiments basierende - Abneigung - der kommunistischen Vergangenheit des Landes gegenüber - zurückzuführen, sondern auf das tatsächliche Verhalten der kommunistischen Führung, das zu deren Isolation innerhalb der Widerstandsbewegung führte. Nach der Unterzeichnung des deutsch-sowjetischen Nichtangriffspaktes am 23. August 1939 vertrat die kommunistische Partei bis hin zum Sommer 1941 sowohl im Protektorat Böhmen und Mähren wie in der Slowakei die Linie der Komintern, wonach Hauptfeind Großbritannien, Frankreich und ihre Verbündeten waren; die Wiederherstellung der Vorkriegstschechoslowakei wurde durch andere Konzepte ersetzt.

In der Slowakei schien zudem der Gedanke der Wiederherstellung des Vorkriegszustandes, d.h. der gemeinsamen Staatlichkeit, in den Hintergrund geraten gewesen zu sein: die slowakischen Kommunisten überlegten in der Anfangszeit sogar die Lösung einer "sowjetischen Slowakei" einschließlich einer Eingliederung in die Sowjetunion (nach dem Beispiel der baltischen Staaten im Sommer 1940).

Erst nach dem deutschen Überfall auf die Sowjetunion am 22. Juni 1941 änderte sich die politische Linie der Komintern und der sowjetischen Parteiführung und wurde entsprechend an die tschechischen und slowakischen Kommunisten weitergeleitet. Der Widerstand und Kampf gegen NS-Deutschland stand jetzt im Vordergrund anstatt der bisher propagierten Zielsetzung einer sozialistischen Revolution, so dass eine Kooperation zwischen dem demokratischen und dem kommunistischen Lager ermöglicht wurde, wobei gleichzeitig auch die Zusammenarbeit zwischen der Londoner Exilregierung und der kommunistischen Parteiführung im Moskauer Exil besser wurde.

Die Tschechoslowakische Kommunistische Partei (KSČ) vertrat während des Krieges nur die tschechischen Kommunisten, weil die slowakischen Kommunisten sich 1939 organisatorisch verselbständigt hatten und eine eigene Partei, die Kommunistische Partei der Slowakei (KSS) gründeten. Die KSČ war die einzige tschechoslowakische politische Partei, die sich auf dem Gebiet des Protektorats illegal betätigte; sie wurde von insgesamt vier nacheinander folgenden Komitees geleitet. Zu den bekannten Persönlichkeiten zählten Julius Fučík, Jan Zika und Eduard Urx.

Nach 1948 wurde die Rolle des kommunistischen Widerstandes in der Geschichtsschreibung der kommunistischen Ära in der Tschechoslowakei überbewertet und verzeichnet, einige Persönlichkeiten, beispielsweise Fučík, wurden stark heroisiert und glorifiziert.

Im Protektorat Böhmen und Mähren arbeiteten mehrere Widerstandsgruppen, von denen einige noch vor der Errichtung des Protektorats aktiv waren. Dazu zählte das linksgerichtete Komitee Petiční výbor Věrni zůstaneme (Petitionsausschuss Wir bleiben treu, PVVZ), das seine Wurzel in der sozialdemokratischen „Arbeiterakademie“ (Dělnická akademie) und im „Unterstützungsausschuss für das demokratische Spanien“ (Výbor na pomoc demokratickému Španělsku) aus der Mitte der 1930er Jahre hatte, wo über 2000 tschechische und slowakische Interbrigadisten kämpften; PVVZ vereinte Sozialisten, Sozialdemokraten, Gewerkschafter und linksgerichtete Intellektuelle. Im Mai 1938 beteiligten sich einige von ihnen an einem gleichnamigen Ausschuss, der Unterschriften „zum Schutze der Republik gegen Hitler“ sammelte und danach informell Kontakte miteinander unterhielt.

Auch die Gruppe Politické ústředí (Politische Zentrale, PÚ), die sich stark an Präsident Beneš und der Londoner Exilregierung orientierte und ursprünglich als eine Dachorganisation des Widerstands konzipiert wurde, gehörte dazu. Beneš, der am 20. Oktober 1938 ins Ausland ging, initiierte eine Gruppe von Parteipolitikern, die sich mehrmals traf, zweimal davon vor dem März 1938, aus der im Juli 1939 die Widerstandsgruppe Politické ústředí hervorging. Die gleichen Umstände begleiteten im November 1938 auch die Initiative von Arnošt Heidrich, aus der die Widerstandsgruppe Parsifal hervorging.

In gewisser Hinsicht muss hier auch die kommunistische Partei genannt werden: Bereits am 9. Oktober 1938 wurde die Tätigkeit der KSČ in der Slowakei amtlich suspendiert, am 20. Oktober 1938 in Böhmen und Mähren und am 27. Dezember 1938 wurde die Partei amtlich aufgelöst. Während die Parteiführung nach Moskau (und auch nach London) emigrierte, hat sich die Partei in der Tschechoslowakei in die Illegalität begeben, ohne jedoch zuerst aktiv zu werden.

Über eine ausgeprägte Widerstandstätigkeit kann man jedoch erst nach dem Einmarsch der Wehrmacht sprechen. Unmittelbar nach der Besetzung des Landes entstand auch die Widerstandsorganisation Obrana národa (Verteidigung der Nation ON), die schnell zu der damals größten Widerstandsgruppen wurde. Sie setzte sich aus Offizieren des aufgelösten Verteidigungsministeriums und der Armee einschließlich der Angehörigen des Generalstabs und des tschechoslowakischen Militärischen Nachrichtendienstes zusammen und war als eine Art Untergrundarmee einschließlich einer militärisch orientierten Organisationsstruktur konzipiert; im Umfeld der Obrana národa wirkte auch die Gruppe Tři králové (Drei Könige). Bereits Anfang 1940 wurde durch die wichtigsten Gruppen einvernehmlich eine Dachorganisation, die Gruppe Ústřední vedení odboje domácího (Zentrale Leitung des Widerstands in der Heimat, ÚVOD) gegründet, welche die verschiedenen Widerstandsgruppen vereinen und koordinieren sollte. Daneben existierten noch weitere Organisationen wie Rada tří (Rat der Drei), Zpravodajská brigáda (Nachrichtendienstliche Brigade), Sokolská revoluční rada (Revolutionsrat Die Falken), Národní hnutí pracující mládaže (Nationale Bewegung arbeitender Jugend) und etliche anderen mit einem regionalen Charakter. Im September 1941, nachdem einige Gruppen durch Verhaftungen geschwächt worden waren, wollte man aus ÚVOD einen neuen Dachverband aller Gruppen bilden, das Přípravný revoluční národní výbor (Provisorisches revolutionäres Nationalkomitee). Die angestrebte Realisierung gelang infolge der Repression nur teilweise, nachdem in Prag der Reichsprotektor Reinhard Heydrich die Macht übernommen hatte und unter anderem das Standrecht ausrief.

Erst nach dem Überfall auf die Sowjetunion trat ab Juni 1941 auch der kommunistische Widerstand in Erscheinung. Nachdem bereits ab 1939 die "Parteizeitung" illegal herausgegeben worden war, konstituierte sich im Juni 1941 eine neue illegale Parteileitung der KPTsch. Ab 1943 bildeten sich einige neue Widerstandsorganisationen, die programmatisch nahe den Vorstellungen der KPTsch standen, insbesondere die Gruppe Předvoj (Vorhut). Anfang 1945, nach mehreren Verhandlungen einiger illegaler Organisationen, kam es zur Konstituierung des Tschechischen Nationalrates, der in Zusammenarbeit mit dem entstandenen Gewerkschaftsrat die Vorbereitungen zu einem nationalen Aufstand plante und sich schließlich am Prager Aufstand beteiligte.

Die Tätigkeit der Widerstandsgruppen umfasste viele Bereiche: das Sammeln von Informationen für die Exilregierung, Sabotageakte, das Organisieren von Streiks, die Herstellung und Verbreitung von illegalen Zeitschriften, den Betrieb von geheimen Sendern für den Kontakt mit Ausland (sowohl mit dem westlichen Ausland, als später auch mit der Sowjetunion; es gab unter anderem die Sender Sparta I, Sparta II und Libuše), Unterstützung für die aus der Luft abgesetzten Spezialagenten aus dem Westen wie aus der Sowjetunion, Unterstützung für Verfolgte und deren Familien, Kontakte zu Partisanen, das Organisieren von Grenzübertritten, aber auch theoretische Arbeit über die künftige wirtschaftliche und politische Zukunft und Orientierung einer befreiten Tschechoslowakei.

Alleine für die Zeit von März 1939 bis September 1941 sind 66 illegale Zeitungen und Zeitschriften jeder Art dokumentarisch gesichert, darunter V boj, Český kurýr, Informační služba národního osvobození und die kommunistische Zeitung Rudé právo, ferner die als Serienbroschüren getarnten Detektivromane (Umschlag eines Groschenromans mit illegalem Inhalt).

Verglichen mit den Gruppen Obrana národa oder Politické ústředí blieb die schon ältere Gruppierung Petiční výbor Věrni zůstaneme (PVVZ) von den Verhaftungen am wenigsten betroffen, was die Fortsetzung ihrer theoretischen und programmatischen Arbeit ermöglichte. In der Zeit von 1939 bis 1941 bereitete PVVZ das programmatische Dokument Za Svobodu vor, das an linkssozialdemokratische Dokumente von 1933 anknüpfte. Es handelte sich nicht nur um eine Plattform des Widerstandes, sondern gezielt um Überlegungen zur Ausgestaltung einer künftigen Gesellschaft nach dem Kriegsende. Dieses Programm wurde auch auf Seiten der illegalen Presse diskutiert. Der Zeitzeuge und Historiker Václav Vrabec vergleicht es sehr positiv mit dem späteren, durch die kommunistische Partei beeinflussten Kaschauer Programm. In diesem Rahmen spielte auch die Diskussion über die Deutschen eine wichtige Rolle – über deren Anteil an der Besetzung und Repression, über deren spätere Abschiebung und die aufkeimende antideutsche Stimmung in der Bevölkerung besonders nach einigen Exzessen der Gestapo (Massaker in Lidice und Ležáky), die die Realität im Protektorat widerspiegelten (im Dokument enthalten im Kapitel "Vina a trest," [Die Schuld und die Strafe]).

Die Widerstandsgruppen im Protektorat unterhielten enge Kontakte zu der tschechoslowakischen Exilregierung in London. Nachdem diese am 21. Juli 1940 durch Großbritannien anerkannt worden war, wurde in London kurz danach das Verteidigungsministerium unter der Leitung des Divisionsgenerals Sergej Ingr errichtet; in die Leitung der sogenannten II. Abteilung, das heißt des militärischen Nachrichtendienstes der Exilregierung, wurde der Oberst und spätere Brigadegeneral František Moravec berufen. Diese Abteilung war zuständig für alle Kontakte zu den Widerstandsgruppen. Die Übermittlung der Informationen aus dem Protektorat betraf Berichte über den Zustand des Regimes, die Stimmung in der Bevölkerung, geplante Sabotage und ähnliche Aktionen, ferner dann aber insbesondere Informationen über Truppenbewegungen und Vorhaben der Rüstungsindustrie. Diese Berichte gingen über Funk oder Kuriere zu Händen von Moravec, dem Chef des militärischen Nachrichtendienstes, und somit praktisch auch direkt an Präsident Beneš – und waren zugleich ein wichtiges nachrichtendienstliches Material für die Alliierten und von diesen auch hoch geschätzt.

Eine Zeitlang gab es gar Querverbindungen zu der Protektoratsregierung. Der am 27. April 1939 als Ministerpräsident eingesetzte General Alois Eliáš nahm Kontakte zum Widerstand auf, er hatte sogar eine Funktion in der Leitungsstruktur von Obrana národa, und informierte nicht nur die Widerstandsgruppen sondern über deren Kanäle auch die Exilregierung in London über die Lage in der Regierung und die Problematik mit den deutschen Stellen. Kurz nach der Ankunft der neuen Reichsprotektors Reinhard Heydrich wurde er allerdings verhaftet und später hingerichtet.

Die ganze Zeit war der tschechische Widerstand der Verfolgung durch die Behörden der Protektoratsmacht, vor allem der Gestapo, ausgesetzt. Es gab mehrere Verhaftungswellen, angefangen mit der sogenannten Aktion Gitter, Aktion Albrecht der Erste, besonders dann an der Jahreswende 1939/1940 (wo vor allem die Gruppen PVVZ, ON und PÚ betroffen wurden), im Frühling 1942 (ON und andere) und 1944 (PÚ und andere). Die stärkste Verhaftungswelle fand nach der sogenannten Operation Anthropoid, dem Attentat auf den Reichsprotektor Heydrich Ende Mai 1942, statt und zog sich bis zum Herbst hin.

Die meisten zum Tode verurteilten Angehörigen des Widerstandes wurden in Berlin-Plötzensee hingerichtet, nachdem sie meist durch deutsche Gerichte verurteilt worden waren. Es waren insgesamt 677 Personen, und somit – nach den Deutschen – die zweitgrößte Nationalitätengruppe unter den Hingerichteten.

Wie die Widerstandsbewegung selbst wird auch die Partisanenbewegung grundsätzlich in eine kommunistisch orientierte (beziehungsweise aus Moskau geführte) und eine nichtkommunistische, mit London in Verbindung stehende Bewegung aufgeteilt. Allerdings kam es auch zu einer Zusammenarbeit, erschwert nur durch die geographischen Gegebenheiten. Sowohl das Protektorat wie auch die Slowakei waren recht flache wie auch kleine und relativ dicht besiedelte Gebiete, wo ein Partisanenwiderstand bald an seine Grenzen stieß. Die Ausnahme waren einige gebirgige, dünn besiedelte Gebiete in der Slowakei (die Hohe und die Niedere Tatra). Im Protektorat waren es einige Regionen im Mähren. Die Entstehung der Partisanengruppen setzte in der zweiten Hälfte 1942 ein, aber erst 1944 kam es zu bedeutenderen Truppenbildungen. Außer einheimischen Bürgern, die sich verstecken mussten, und geflüchteten sowjetischen Gefangenen waren es auch als Fallschirmjäger gezielt abgesetzte Kämpfer, die sowohl aus London als auch aus Moskau hingeschickt wurden. Die Angaben über die Gesamtstärke der Partisanenverbände sind nicht genau, sie belief sich im April 1945 auf etwa 14.000 Personen, davon waren jedoch ein großer Teil befreite oder geflüchtete russische, ukrainische und weißrussische Gefangene.

Anfang Mai 1945 kam es in Böhmen und Mähren zu Aufständen gegen die deutsche Besatzungsmacht. Das Zentrum lag in Prag und der Prager Aufstand ist auch der bekannteste, zu heftigen Kämpfen kam es jedoch an vielen Orten. Der Aufstand begann am 1. Mai 1945 in Přerov und umfasste bald 37 Städte sowie 240 Gemeinden, ab dem 5. Mai 1945 auch Prag. Beteiligt auf der Seite der Aufständischen waren etwa 30.000 bewaffnete Personen in Prag und etwa 10.000 außerhalb von Prag, darunter etwa 14.000 Partisanen; sie wurden kurzzeitig durch die gut bewaffnete Russische Befreiungsarmee des Generals Wlassow in einer geschätzten Stärke von zehn- bis vierzehntausend Mann unterstützt, nachdem diese die Seiten gewechselt hatte. Die Verluste betrugen rund 2.300 gefallene Kämpfer und 3.700 getötete Zivilisten in Prag und 8.000 Personen außerhalb. Mit der Befreiung Prags am 9. Mai 1945 ging der Aufstand zu Ende, vereinzelte Kämpfe gab es in einigen Gebieten, vor allem im Grenzgebiet zu Deutschland, jedoch bis zum 15. Mai 1945.

Vom 30. April bis zum 1. Mai 1945 ließ der SS-Obergruppenführer (General) und General der Polizei Karl Hermann Frank über das Radio in Prag verbreiten, dass jeder Versuch eines Aufstandes in einem „Meer aus Blut“ enden würde. Grund dafür war das Wissen der Bevölkerung, dass die Alliierten bald die ehemalige tschechoslowakische Hauptstadt erreichen würden und die damit verbundene Unruhe. Ein Großteil der Prager strömte bereits in die Straßen, um die kommenden Befreier willkommen zu heißen. Frank ordnete daher an, die Straßen zu räumen und erteilte einen Schießbefehl, sollte sich jemand der Anordnung widersetzen.

Am 5. Mai wurde der Aufstand durch die Morgensendung im tschechischen Radio ausgelöst. In einer Mischung aus deutscher und tschechischer Sprache begann der Moderator Zdeněk Mančal seine Sendung mit den Worten Je sechs hodin (dt.: Es ist sechs Uhr) und führte fortan nur noch in Tschechisch durch das Programm. Damit unterlief er die strikte Anweisung des deutschen Intendanten nach zweisprachigen Sendungen. Der Intendant Ferdinand Thürmer rief daraufhin deutsche Soldaten zum Sender, die dort auf tschechische Widerstandskämpfer trafen. Der Gefechtslärm war im Radio zu hören, woraufhin sich immer mehr Prager gegen die deutsche Herrschaft erhoben. Deutsche Schilder wurden heruntergerissen, tschechoslowakische Fahnen gehisst und Barrikaden gebaut.

Im Laufe des Tages des 5. Mai konnte der tschechische Widerstand die SS-Einheiten am Radiogebäude besiegen und das Gestapo- und Sipo-Hauptquartier einnehmen. Am Nachmittag bezog das Nationalkomitee des Widerstandes das Rathaus. Währenddessen breitete sich der Aufstand immer weiter aus. Immer mehr deutsche Einheiten in der Stadt wurden attackiert und entwaffnet. Ebenso konnte der Ministerpräsident der Protektoratsregierung, Richard Bienert, auf dem Weg zum Radiosender festgenommen werden. Offiziell wollte er dort das Ende des Protektorats verkünden. In den Abend- und Nachtstunden des Tages begann ein deutscher Gegenangriff mit schweren gepanzerten Kräften. Diese befanden sich außerhalb der Stadt, wollten eine Verbindung zu den Einheiten in der Stadt aufbauen und schließlich den Aufstand niederschlagen. Durch den Angriff änderte sich das Kräfteverhältnis, und die deutschen Militäreinheiten erzwangen ein Patt sowie eine Stabilisierung ihrer Situation.

Am Morgen des 6. Mai waren über 1.000 Barrikaden errichtet worden. Die tschechischen Truppen hatten die Hälfte der Stadt unter ihre Kontrolle bringen können. Über die ganze Stadt verteilt waren deutsche Garnisonen eingekesselt worden. Die Aufständischen kappten deren Strom-, Wasser- und Telefonverbindungen. Auf beiden Seiten begannen in dieser Frühphase bereits Ausschreitungen gegen unbewaffnete Opfer.

Am 7. Mai kündigte Schwerin von Krosigk, Mitglied der letzten Reichsregierung in Flensburg-Mürwik, über den Reichssender Flensburg die bevorstehende Bedingungslose Kapitulation der Wehrmacht an. Die an diesem Tag ebenfalls noch sendende Rundfunkstation Prag I behauptete, die Meldungen aus Flensburg würden auf einen Propagandatrick der Alliierten beruhen und forderte die Fortsetzung der Kampfes.

Die außerhalb der Stadt stehenden deutschen Verbände rückten sofort in die Stadt ein und versuchten die dortigen Kräfte zu unterstützen. Hauptziel war die Einnahme und Sicherung der Eisenbahnlinien und der Kommunikationszentren der Stadt, um rechtzeitig einen gesicherten und schnellen Rückzug zur amerikanischen Front herstellen zu können, bevor die Rote Armee die Stadt erreichte.

Am 6. Mai versuchten die deutschen Kräfte das Radiogebäude zurückzuerobern. Heftiger tschechischer Widerstand im Gebäude selbst und an den Barrikaden auf den benachbarten Straßen ließ dieses Vorhaben scheitern, so dass der Einsatz von Bombern folgte. Daraufhin mussten die Tschechen die Leitung des Aufstandes an einem anderen Ort vornehmen.

Mit dem Erreichen der tschechischen Stadt Pilsen durch die US-Armee waren die Hoffnungen der Aufständischen groß, dass die amerikanischen Panzertruppen bald die Hauptstadt erreichen würden. Unbekannt war ihnen die vereinbarte Demarkationslinie der Alliierten, die 70 km vor Prag verlief. Aufrufe des tschechischen Radios an die Amerikaner, den Aufstand zu unterstützen, blieben deswegen unbeantwortet. Der Standort der sowjetischen Front war genauso unbekannt, wie auch die Tatsache, dass sich die deutsche Wehrmacht durch die Prager Operation auf dem Rückzug befand.

Wegen der geringen Fortschritte der Wehrmacht griffen am 7. Mai Verbände der Waffen-SS mit schweren Waffen in die Kämpfe ein. Gepanzerte Einheiten drangen in die Stadt ein, Artillerie und Luftwaffe verwüsteten sie. Dabei wurden viele historische Gebäude beschädigt oder zerstört. Bereits nach wenigen Stunden befanden sich die deutschen Kräfte in einer besseren Lage als die Aufständischen, die nur wenige Panzerabwehrwaffen und für diese auch nur wenig Munition besaßen. Der Befehlshaber der Waffen-SS in Böhmen und Mähren SS-Gruppenführer (Generalleutnant) Carl Friedrich Graf von Pückler-Burghauss forderte, dass das historische Stadtzentrum durch Brandbomben dem Erdboden gleichzumachen sei, mit den Worten „Das ganze Nest muss brennen“.

Während des deutschen Gegenangriffes begann die Russische Befreiungsarmee (ROA), die bisher auf der Seite der deutschen Wehrmacht gegen die Rote Armee stand, gegen die Waffen-SS zu kämpfen. Im Gegensatz zum tschechischen Widerstand verfügte die ROA über schwere Waffen, Panzer und erfahrene Veteranen von der Ostfront. Trotz des Frontwechsels plante sie nicht in Prag zu verweilen. Wlassow hatte nicht die vollständige Unterstützung der tschechischen Anführer und musste daher fürchten, mit seinen Einheiten an die Sowjets verraten zu werden. Daher brach die Russische Befreiungsarmee bald die Kämpfe ab und stieß den amerikanischen Truppen entgegen, um sich ihnen zu ergeben.

Im Anbetracht der Tatsache, dass keine alliierte Hilfe eingetroffen war und die Zerstörung der Stadt zunahm, beschlossen die Aufständischen mit den deutschen Einheiten unter dem Stadtkommandanten von Prag, General Rudolf Toussaint, Verhandlungen aufzunehmen; auf der tschechischen Seite verhandelten einige Mitglieder des Tschechischen Nationalrates und der General Karel Kutlvašr, der die Kapitulation am 8. Mai 1945 von Toussaint entgegennahm. Das Ergebnis der Verhandlungen ermöglichte den deutschen Truppen und den deutschen Zivilisten freies Geleit aus der Stadt, während auf der anderen Seite die deutschen Kräfte die Zerstörung der Stadt einstellen würden. Die Wehrmachtsoldaten zogen nach Pilsen, wo sie sich in die Gefangenschaft der US-amerikanischen Armee begaben und so dem Zugriff der Roten Armee entziehen konnten.

Am 9. Mai marschierte die Rote Armee in Prag ein. Bereits zuvor standen in den Vororten der Stadt seit dem Beginn des Aufstandes Aufklärungseinheiten der US-Armee, die jedoch nicht in die Kämpfe eingreifen konnten.

In dem nominell unabhängigen Satellitenstaat Slowakei von 1939 bis 1945 (inoffiziell auch Slowakischer Staat genannt) dauerte es länger, bis ein Widerstand gegen die Abtrennung von der Tschechoslowakei aufkam, denn die Bevölkerung konnte sich – anders als im Protektorat Böhmen und Mähren – einer vorgetäuschten Eigenstaatlichkeit erfreuen; außerdem unterblieben Aktionen seitens der slowakischen Kommunisten (KSS).

Erst nach der Etablierung des totalitären Systems in der Slowakei konnten die ersten Widerstandsgruppierungen entstehen wie die Gruppe Ursíny-Lettrich (der Politiker Ján Ursíny und Jozef Lettrich), Zaťko, oder die Gruppe Flóra aus dem Umkreis des Politikers Vavro Šrobár. Einige von ihnen gründeten später die Demokratische Partei.

Die radikalste Widerstandsgruppe in der Slowakei waren die Kommunisten. Die illegale Kommunistische Partei der Slowakei (KSS), welche sich von der KSČ abgespalten hatte, war während des Zweiten Weltkrieges vermutlich die am meisten verfolgte politische Gruppe der Slowakei. Die Einstellung der slowakischen Kommunisten gegenüber der slowakischen Unabhängigkeit und der Tschechoslowakei änderte sich mehrmals und hing von dem aktuellen Standpunkt Moskaus ab. So unterstützte KSS bis zur Anerkennung der Slowakei durch die Sowjetunion im September 1939 die Restauration der Tschechoslowakei. Danach übernahmen die slowakischen Kommunisten eine Anti-Beneš-Haltung ein und forderten sogar eine „sowjetische Slowakei“. Als die Sowjetunion jedoch 1941 die tschechoslowakische Exilregierung anerkannte, trat die KSS für eine Restauration einer föderalisierten Tschechoslowakei ein.

Die nach den Kommunisten bedeutendste Oppositionskraft der Slowakei waren die Agrarier, deren Anhänger meist slowakische Lutheraner waren, die sich vom katholisch dominierten Ludaken-Regime diskriminiert fühlten. Die slowakischen Agrarier hielten Kontakt mit Milan Hodža in Paris. 1940 flüchtete Ján Lichner, einer ihrer führenden Mitglieder, in den Westen und schloss sich Beneš’ Emigrantengruppe in London an. Das Verhältnis der slowakischen Agrarier zu Beneš war jedoch problematisch, da sie das Festhalten von dessen Exilregierung an einer einheitlichen tschechoslowakischen Nation für inakzeptabel hielten. 1941 und 1942 gab es wenig aktiven Widerstand in der Slowakei. Die Situation änderte sich jedoch mit der Teilnahme der Slowakei am Krieg gegen die Sowjetunion und die westlichen Alliierten. Das Bündnis mit Nazi-Deutschland im Allgemeinen und insbesondere der Krieg gegen die Sowjetunion waren unter den meisten Slowaken unpopulär, da sie die Russen und Ukrainer als ihre slawischen Landsleute betrachteten.

Nach der deutschen Niederlage in Stalingrad kam es zu einer Massendesertion slowakischer Einheiten. Diese schlossen sich dann entweder der tschechoslowakischen Armee in der Sowjetunion oder russischen und ukrainischen Partisaneneinheiten an. Im Dezember 1943 einigten sich der bürgerliche Block (vor allem Agrarier) und Kommunisten im Rahmen des sogenannten Weihnachtsabkommens, eine gemeinsame Widerstandplattform namens Slowakischer Nationalrat zu gründen. Dieser wurde angeführt von drei Kommunisten – Gustáv Husák, Ladislav Novomeský, Karol Šmidke – und drei bürgerlichen – Ján Ursíny, Jozef Lettrich und Matej Josko.

Auch nach der Umorientierung der Kommunisten nach dem Überfall Deutschlands auf die Sowjetunion im Juni 1941 dauerte es noch lange, bis die beiden Lager, das bürgerliche und das auf Moskau orientierte kommunistische Lager, vereint gegen das Tiso-Regime vorgehen konnten. An der Jahreswende 1941–1942 scheiterte der Versuch, ein Zentrales nationales Revolutionskomitee (Ústřední národně revoluční výbor) zu bilden, das verschiedene Gruppen aus beiden Lagern zusammenfassen sollte. Erst im Dezember 1943 konnten sich die Vertreter der beiden Gruppierungen verständigen, so dass man das sogenannte Weihnachtsabkommen schließen konnte, das die Grundlage für die Gründung des Slowakischen Nationalrates bildete.

In der Slowakei verliefen die Vorbereitungen eines bewaffneten Aufstandes vor allem in zwei Linien: die erste war die Linie des slowakischen Verteidigungsministers Ferdinand Čatloš, der seit Anfang 1944 eine Ostslowakische Armee aufbaute, welche der Roten Armee im richtigen Moment den Durchmarschweg öffnen sollte. Über Čatlošs Pläne war auch Staatspräsident Jozef Tiso informiert, welcher sich Čatloš zwar nicht anschloss, diesen aber gewähren ließ. Die zweite Linie stellten die Vorbereitungen des Generalstabschefs der Bodentruppenführung in Banská Bystrica, Oberstleutnant Ján Golian dar. Nach den ursprünglichen Plänen beider Linien sollte die Aufstandsaktion nach einer Koordination mit der Roten Armee sowie nach dem Abschluss sämtlicher Vorbereitungen beginnen. Moskau reagierte jedoch nicht auf die Angebote und vorzeitige Partisanenaktionen provozierten die Deutschen zum einschreiten. Der Aufstand, der am 29. August 1944 begann, wurde von den Angehörigen der Armee ohne jeglichen Beitrag der Kommunisten verkündet. Das Aufstandsgebiet umfasste in der Anfangsphase schätzungsweise eine Fläche von 22.000 km² und 1,7 Millionen Einwohnern, verkleinerte sich aber aufgrund des gegnerischen Drucks rapide und umfasste Anfang Oktober 1944 nur noch etwa 7.000 km² und 300.000 Einwohnern. Die bewaffneten Einheiten des Aufstandes bildete eine 60.000 Mann umfassende slowakische Armee sowie 18.000 politisch und organisatorisch uneinheitlicher Partisanen.

Den Widerstand im Sudetenland, das im November 1938 an das Deutsche Reich angegliedert wurde, gab es schon davor, getragen von zahlreichen Mitgliedern der sozialdemokratischen DSAP, aber auch der Kommunisten und Gewerkschaften, aus denen sich später illegale Untergrundgruppen wie Waltro oder Meerwald bildeten und hohe Verluste davongetragen haben. Insgesamt sind etwa 185 Widerstandsgruppen aus dem Sudetengebiet bekannt, die Verluste belaufen sich auf mehr als tausend Hingerichtete. In den Verzeichnissen der Spezialagenten, die aus der Luft über dem Gebiet des Protektorats ausgesetzt wurden, finden sich auch viele Sudetendeutsche.

Dieses Kapitel der sudetendeutschen Geschichte ist weitgehend unbekannt und wenig erforscht. Wie der sudetendeutsche Autor Leopold Grünwald betont, hat auch die DDR-Geschichtsschreibung, obwohl das DDR-Regime zuerst von den Tausenden vertriebener Antifaschisten aus den Sudeten profitierte, lediglich über „Solidaritätsaktionen“ geschrieben und die Bedeutung des Widerstands herabgesetzt und somit unter anderem die „Kollektivschuld“, welche als der Grund für die Vertreibungen genannt wurde, gestützt. Mit der Aufarbeitung dieses geschichtlichen Abschnitts befasst sich das 2007 durch die Tschechische Akademie der Wissenschaften in Prag im Auftrag der Tschechischen Regierung gegründete Forschungsprojekt „Vergessene Helden“

Die erste Absetzung von Spezialagenten über dem Territorium des Protektorats, organisiert durch die Exilregierung in London, war die sogenannte Operation Benjamin in der Nacht vom 16. auf 17. April 1941. Nach der Ankunft des neuen (stellvertretenden) Reichsprotektors Reinhard Heydrich in Prag am 27. September 1941 wurden die Aktionen gegen den tschechoslowakischen Widerstand verstärkt. Die Struktur der Widerstandsgruppen wurde geschwächt, unter anderem wurde die wichtigste Gruppe, Obrana národa, fast aufgerieben. Unter diesen Umständen entschloss sich die Exilregierung in London zu einer Intensivierung der Entsendung von Spezialeinheiten in das Protektorat mit dem Ziel, die Diversion und die Sabotagetätigkeit zu stärken wie insbesondere die Operation Wolfram. Dies gipfelte dann in der sogenannten Operation Anthropoid vom Dezember 1941 und dem folgenden, bis heute umstrittenen Attentat auf Heydrich am 27. Mai 1942.

Die über dem Protektorat aus Großbritannien abgesetzten Gruppen, insgesamt 33 mit ca. 91 Personen (und einige wenige in der Slowakei), wurden geplant durch das Innenministerium in London und durchgeführt in Zusammenarbeit mit der Spezialeinheit Special Operations Executive (SOE), welche zu diesem Zweck die 138. Sonderstaffel der RAF (№ 138 Special duties Squadron) verwendete; die SOE bildete eigens zu diesen Zwecken eine tschechoslowakische Abteilung (Czech Section MY, später die Central European Section), welche alle Aktionen mit der Exilregierung koordinieren sollte. An der Vorbereitung und Schulung der Agenten war ab Sommer 1941 die sogenannte "Sondergruppe D" (Zvláštní skupina D) beteiligt, welche dem tschechoslowakischen Verteidigungsministerium in London unterstellt war.

Die Operationen aus der Sowjetunion im Protektorat waren häufig ungenügend vorbereitet, die sowjetischen Stellen hatten keine gute Kenntnisse über die Lage im Protektorat und die Taktik der deutschen Abwehr. Als Zieladressen dienten häufig bereits verhaftete und umgedrehte Mittelsmänner, die mit ihren Sendern im Auftrage der deutschen Abwehr die sowjetischen Stellen desorientieren konnten; so kam es zu Verhaftungen der abgesprungenen Agenten bereits kurz nach deren Ankunft, oder, weil einige über Polen abgesetzt wurden und zu Lande das Protektorat erreichen sollten, noch vor dem Betreten des Gebietes des Protektorats. Stellvertretend für die ungenügende nachrichtendienstliche Vorbereitung kann die Operation Kammler vom Oktober 1942 genannt werden: die auf fingierte Aktionen spezialisierte Abteilung der Gestapo "Quartiermacher", die sich im Besitz der Chiffrierschlüssel befand, veranlasste unter falschem Vorwand die Entsendung des Agenten Emil Kammler, der nach dem Absprung umgehend verhaftet wurde und später im KZ Mauthausen starb.

Einige Aktionen, die aus der Sowjetunion auf dem Gebiet des Protektorats durchgeführt wurden, sorgten darüber hinaus für Verstimmung zwischen der Exilregierung in London und der Sowjetunion, die als Verbündete galten. Die ersten Akrionen im Spätsommer 1941, vor allem die Aroš, die in sechs Flügen stattfand und von dem sowjetischen Militärnachrichtendienst GRU organisiert wurde, wie auch eine Operation des NKWD und eine der Tschechoslowakische Mission in Moskau, hatten offenbar zum Ziel, nicht nur Sabotageakte durchzuführen, einige scheiterten sogar. Die Exilregierung in London erfuhr dies von den Widerstandsgruppen und wandte sich scharf auch dagegen, dass ihre nachrichtendienstlichen Strukturen im Protektorat durch einen anderen Nachrichtendienst infiltriert wurden. Zusagen des sowjetischen Innenministers Beria, dies nicht zu wiederholen, wurden nicht eingehalten.

Der Schwerpunkt der Aktionen, deren Ziel die Slowakei war, lag in der Stärkung der Partisanenbewegung. Einige Operationen waren sehr erfolgreich und die so entstandenen Partisanengruppen trugen dann auch den Namen der Operation, so wie beispielsweise die Gruppe Jánošík oder Jan Žižka. Spätere Aktionen standen im Zusammenhang mit dem Slowakischen Nationalaufstand.

Viele Tschechen wurden zur Zwangsarbeit ins Deutsche Reich transportiert.

Mit der Errichtung des Protektorats im März 1939 wurden alle politischen Parteien verboten und durch die „Nationale Gemeinschaft“ (Národní souručenství) als einzig zugelassener Einheitspartei ersetzt. Sie wurde bis 1942 von einem Präsidium (Výbor národního shromáždění), danach von einem Führer (Vůdce) geleitet.

„Staatspräsident“ (Státní Prezident) unter deutscher Oberherrschaft war von 1939 bis 1945 der bisherige, ab November 1938 amtierende tschechoslowakische Staatspräsident Emil Hácha (1872–1945), Ministerpräsident zunächst der ab 1. Dezember 1938 amtierende Rudolf Beran (1887–1954). Er wurde am 27. April 1939 von Alois Eliáš abgelöst (Regierung Eliáš). Eliáš wurde kurz nach Heydrichs Ernennung verhaftet und am 2. Oktober 1941 wegen „Hoch- und Landesverrats“ (er hatte Kontakt zur tschechoslowakischen Exilregierung in London) zum Tode verurteilt. Nachdem Heydrich den Folgen eines Attentats erlag, wurde das Urteil im Zuge von Vergeltungsmaßnahmen am 19. Juni 1942 durch Erschießen vollstreckt. Ab 19. Januar 1942 führte Jaroslav Krejčí die Regierung. Letzter Regierungschef war von Januar bis Mai 1945 der ehemalige Prager Polizeichef Richard Bienert. Er wurde am 5. Mai 1945 auf dem Weg zum Rundfunk verhaftet, als er während des Prager Aufstands offiziell das Ende des Protektorats verkünden wollte. Bienert wurde zu einer dreijährigen Haftstrafe verurteilt, im Mai 1947 aus der Haft entlassen und starb am 2. Februar 1949.

Die tschechische Regierung im Reichsprotektorat bestand neben dem Ministerpräsidenten (Předseda vlády) und den Ministern für Inneres und Justiz aus weiteren Mitgliedern mit Ressorts für Erziehung, Finanzen, Gesundheit, Handel, Landwirtschaft und Öffentliche Arbeiten. Die Zuständigkeiten für Außenpolitik und Verteidigung blieben der Besatzungsmacht vorbehalten. Der ehemalige Außenminister der Tschechoslowakei, František Chvalkovský, wurde Minister ohne Geschäftsbereich und Ständiger Vertreter des Protektorats in der Reichshauptstadt Berlin

Immer stärker unter Druck, verkündete die Tschechoslowakei im Mai 1938 mit dem Hinweis auf Kenntnisse eines unmittelbar bevorstehenden deutschen Angriffs die Mobilmachung. Die Bündnispartner Frankreich und England waren im Zugzwang und bekundeten ihre Unterstützung. Deutschland seinerseits forcierte die Krise und versetzte die Wehrmacht in Bereitschaft.„[…] zwei Wochen bevor sich Hitler, Mussolini, Chamberlain und Daladier in München trafen, kehrte Heinlein seinem Staat und der demokratischen Rechtsordnung den Rücken. Am 14. September 1938 hatte er seine Verhandlungen mit der Prager Regierung abgebrochen, den Grenzübertritt seiner Parteiführung nach Bayern veranlasst […] Im Namen der Sudetendeutschen erklärte er: „Wir wollen heim ins Reich!“ Zugleich formierte er […] das Sudetendeutsche Freikorps. Dessen Mitglieder […] unternahmen in den zwei Wochen vor dem Münchner Abkommen an die 300 „Aktionen“ von Deutschland aus in der Tschechoslowakei: 110 Menschen sollen dabei ihr Leben verloren haben.“

„So ist es Hitler im September 1938 nicht gelungen, sich des Sudetengebietes durch einen Putsch seiner Stoßtrupps zu bemächtigen. Eine solche Aktion […] ist am Widerstand der sudetendeutschen Hitlergegner, der tschechischen Minderheit und der staatlichen Exekutive gescheitert. Am wichtigsten war, dass der Putsch in der deutschen Bevölkerung keine Massenunterstützung fand.“

Die sozialdemokratische Arbeiterpartei in der Tschechoslowischen Republik erließ im September 1938, gezeichnet von ihrem Vorsitzenden Wenzel Jaksch, einen Aufruf an ihre Landsleute: „Mitbürger! Es geht um alles! […] In einer gewaltsamen Entscheidung wird wieder eine waffenstarrende Welt gegen das deutsche Volk aufstehen. Die Sudetendeutschen werden das erste Schlachtopfer sein. Ihre Heimat würde im Zusammenprall der Weltkräfte vernichtet, ihre Zukunft ausgelöscht. […] Bedenkt es in dieser Schicksalsstunde. […]“

Die Vorhersage Untergang durch Krieg kann für das Sudetenland im Licht der späteren Ereignisse als prophetisch bezeichnet werden.

Am 21. September 1938 hatte die Tschechoslowakei sodann in einer Erklärung der Abtretung der sudetendeutschen Gebiete zugestimmt.

Mit dem unter Vermittlung Benito Mussolinis geschlossenen Münchener Abkommen verhinderten die britische Regierung unter Neville Chamberlain und die Regierung der Französischen Republik unter Führung von Daladier den von Hitler eigentlich angestrebten Waffengang, nicht jedoch dessen Ziel. Die tschechoslowakische Regierung von Staatspräsident Benes wurde an den Verhandlungen nicht beteiligt. Nachdem das Abkommen am 30. September 1938 geschlossen worden war, wurde die Eingliederung des Sudetenlandes an den Folgetagen, 1. bis 10. Oktober 1938 vollzogen. Das einverleibte bzw. „angeschlossene“ Gebiet hatte 3,63 Millionen Einwohner, davon etwa 2,9 Mio. Deutsche und 0,7 Mio. Tschechen.

„Als die Westmächte und die Prager Regierung endgültig kapituliert hatten, flohen Zehntausende deutsche Antifaschisten in das Landesinnere Böhmens und Mährens, um von dort aus den Kampf fortzusetzen. Die meisten wurden jedoch von den Behörden zurückgetrieben und damit dem NS-Terror ausgeliefert.“

Am 14. April 1939 wurde aus dem größten Teil der sudetendeutschen Gebiete mit 2,94 Mio. Einwohnern in 3.167 Gemeinden der Reichsgau Sudetenland geschaffen. Die südlichen Teile mit 543 Gemeinden und etwa 690.000 Einwohnern wurden dem Gau Bayrische Ostmark in Bayern sowie den Reichsgauen Oderdonau Oberösterreich) und Niederdonau (Niederösterreich) zugeschlagen; zum Reichsgau Niederdonau kamen auch die Gemeinden Engerau und Theben bei Preßburg/Slowakei. Im Osten wurden die 38 Gemeinden des Hultschiner Ländchens mit 52.967 Einwohnern dem Landkreis Ratibor in der preußischen Provinz Oberschlesien unterstellt.

Schon einen Monat vor der Konstitution des Reichsgaues Sudetenland war am 15. März 1939 die „Rest-Tschechei“ besetzt und tags darauf das Protektorat Böhmen und Mähren errichtet worden. Die Grenze zwischen dem Protektorat und dem Sudetenland durfte nur mit staatlicher Genehmigung, sogenannten Durchlassscheinen, überschritten werden; die Zollgrenze zum Protektorat wurde jedoch am 18. September 1940 aufgehoben.

Bei der Volkszählung 1910 bekannten sich 3.489.711 Bewohner in Böhmen, Mähren und Österr.-Schlesien muttersprachlich als Deutsche.

Die 1945/46 aufgrund der sogenannten Benes-Dekrete enteigneten und vertriebenen Deutschen in den nach dem Münchner Abkommen 1938 an das Deutsche Reich abgetretenen 3710 Gemeinden der ČSR erwarben die deutsche Staatsangehörigkeit nach Maßgabe des Vertrages zwischen dem Deutschen Reich und der Tschechoslowakischen Republik über Staatsangehörigkeits- und Optionsfragen vom 20. November 1938 (RGBI II S. 896) mit Wirkung ab 10. Oktober 1938, die deutschen Volkszugehörigen im 1939 völkerrechtswidrig errichteten Protektorat Böhmen und Mähren nach Maßgabe der Verordnung über den Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit durch frühere tschechoslowakische Staatsangehörige deutscher Volkszugehörigkeit vom 20. April 1939 (RGBl. I S. 815) in Verbindung mit der Verordnung zur Regelung von Staatsangehörigkeitsfragen gegenüber dem Protektorat Böhmen und Mähren vom 6. Juni 1941 (RGBl. I S. 308) mit Wirkung ab 16. März 1939.

Die Rechtswirksamkeit der Sammeleinbürgerungen war nach dem Zweiten Weltkrieg umstritten. Ihre rechtliche Würdigung durch das Bundesverfassungsgericht vom 28. Mai 1952 führte zu dem Gesetz zur Regelung von Fragen der Staatsangehörigkeit vom 22. Februar 1955 (I S. 65). § 1 dieses Gesetzes stellte abschließend fest, dass die durch Sammeleinbürgerung erfolgten Verleihungen der deutschen Staatsangehörigkeit an deutsche Volkszugehörige u. a. in den Sudetengebieten und dem ehemaligen Reichsprotektorat rechtswirksam sind, es sei denn, die Betroffenen haben die deutsche Staatsangehörigkeit durch ausdrückliche Erklärung ausgeschlagen oder schlagen sie noch aus.

Durch das Münchner Abkommen (von tschechischer Seite überwiegend bezeichnet als „Münchener Diktat“, tschech.: Mnichovský diktát, oder „Münchener Verrat“, tschech.: Mnichovská zrada) vom 29. September 1938 sah die deutsche Bevölkerung des Sudetenlandes ihr beim Zerfall Österreich-Ungarns 1918 angestrebtes, aber durch den Vertrag von St. Germain verhindertes Selbstbestimmungsrecht mit zwanzig Jahren Verspätung eingelöst. (So hatte in Wien auch der ehemalige Staatskanzler Karl Renner – er stammte aus Südmähren – im März 1938 argumentiert, als er den „Anschluss“ an das Deutsche Reich begrüßte.) Ein Selbstbestimmungsrecht, das zum Zeitpunkt seiner Verwirklichung andererseits dazu führte, dass das Sudetenland in die Hände der Nationalsozialisten fiel. Ungeachtet dessen war die Angliederung der überwiegend deutsch besiedelten Randgebiete Böhmens an das Deutsche Reich als Reichsgau Sudetenland von der Zustimmung der ganz überwiegenden Mehrheit der Bevölkerung begleitet. Für einen politischen Eklat sorgte der ehemalige tschechische Ministerpräsident Milos Zeman im Jahre 2002, als er so weit ging, im Zusammenhang mit den Sudetendeutschen von der Fünften Kolonne des Dritten Reiches zu sprechen.

Wenige Monate nach Abschluss des Münchner Abkommens wurden durch den inzwischen zurückgetretenen und in London ansässigen ehemaligen Präsidenten Edvard Benes erste Ideen entwickelt, die auf eine Rückgewinnung der zwangsweise abgetretenen Gebiete sowie eine Ausweisung der dort lebenden deutschen Bevölkerung zielt

Am 1. Oktober 1938 entstand die Zweite Republik. Die ersten deutschen Truppen der Wehrmacht begannen mit dem Einmarsch ins Sudetenland. Dabei begann man auch die tschechische und jüdische Bevölkerung aus den Grenzregionen zu vertreiben. Ein Teil der Bevölkerung (Regierungsbeamte, Bauern, Soldaten) floh wegen des Verlustes des Arbeitsplatzes aus dem Sudetenland. Viele Flüchtlinge wurden auf der Flucht von sudetendeutschen Freikorps angehalten und mussten ihren Besitz abgeben. Gleichzeitig begann am 1. Oktober 1938 der heimliche Abtransport der sterblichen Überreste von Karel Hynek Mácha von Litoměřice nach Prag. Am 2. Oktober 1938 stellte der ungarische Botschafter die Frage, wann die Tschechoslowakei für Verhandlungen um die ungarisch besiedelten Gebiete bereit wäre. Einen Tag später wurde das Sudetenland offiziell ans Reich angeschlossen und Hitler reiste ins Sudetenland. Der Führungsstab wurde von begeisterten sudetendeutschen Menschenmassen begrüßt. Am 5. Oktober dankte Präsident Edvard Beneš ab und überließ die Regierungsgeschäfte General Jan Syrový. Am selben Tag überquerten ungarische Grenzschutzeinheiten die südliche slowakische Grenze und provozierten so ein Ausrücken der tschechoslowakischen Streitkräfte. Am 6. Oktober 1938 unterzeichnete die Slowakische Republik die Vereinbarung Žilinská, die der Slowakei Autonomie gewährte. Im Namen der Republik wurde daraufhin ein Bindestrich zwischen Tschecho-Slowakei eingesetzt. Am 8. Oktober beauftragte Hitlers Außenminister Ribbentrop, die neue Autonomie der Slowakei und Karpatenukraine stark zu fördern, um später den tschechoslowakischen Staat zerschlagen zu können. In den tschechischen Grenzgebieten hielt die Gewalt dabei weiter an und es kam zu bitteren Gefechten zwischen tschechischen Partisanen und der deutschen Wehrmacht, eine ursprünglich geplante britische Grenzmission wurde daraufhin aufgegeben. Am 10. Oktober 1938 besetzten die Deutschen Petržalka. In Bratislava wurde eine neue Deutsche Partei – ähnlich der Sudetendeutschen Partei – gegründet. Am 11. Oktober 1938 wurde die Autonomie der Karpatenukraine für rechtskräftig erklärt. Am 12. Oktober 1938 wurde die tschechoslowakischen Armee in Osekách Prachatice angegriffen und erlitt eine empfindliche Niederlage. Es war einer der vielen Angriffe, die von deutscher Seite 1938 durchgeführt wurden, um das Gebiet zu besetzen, das NS-Deutschland nicht im Münchner Abkommen zugesprochen bekam. Dennoch scheiterten viele Angriffe gegen die tschechoslowakischen Grenztruppen. Auch auf Seiten Ungarns fanden in der südlichen Slowakei und in der Karpatenukraine solche Kampfhandlungen statt. Zur gleichen Zeit erreichten die Verhandlungen zwischen der Tschechoslowakei und Ungarn einen Tiefpunkt. Trotz der Gebietsverluste wurde am 18. Oktober 1938 das 20-jährige Bestehen der Tschechoslowakei gefeiert. Am 31. Oktober 1938 wurde Mährisch Chrostau angegriffen. Die tschechoslowakischen Einheiten konnten jedoch wieder die Kontrolle über den Ort erringen.

Die Zweite Republik mit ihrem neuen Präsidenten Emil Hacha, der ins Amt am 30. November 1938 eingeführt wurde, war ein Reststaat, dem nur 40 % seiner Industrie verblieben und der insgesamt 33 % seiner Landesfläche verloren hatte. Darüber hinaus war es notwendig, die Versorgung von Zehntausenden von Flüchtlingen aus den besetzten Gebieten zu organisieren. Am 1. November 1938 wurden 6000 Flüchtlinge vorübergehend in Eisenbahnwaggons einquartiert. Da viele Flüchtlinge nichts mehr hatten, mussten sie vom Staat versorgt werden. Daher begann dis Tschechoslowakei, das italienische faschistische Modell zu kopieren. Parteien wurden in einer Nationalpartei vereinigt, die unter der Führung der Agrarier stand. Sie arbeitete als rechtsoppositionelle Nationale Arbeiterpartei, bestehend aus Sozialdemokraten und dem linken Flügel der Nationalsozialisten. Neuer Ministerpräsident des Landes wurde Rudolf Beran, der stark rechtsorientiert war und dem Liberalismus und der Demokratie skeptisch gegenüberstand. Die Kommunistische Partei der Tschechoslowakei wurde aufgelöst und verboten, obwohl ihre Mitglieder im Parlament bleiben durften. Es wurde eine strenge Pressezensur eingeführt und ein Ermächtigungsgesetz wurde erlassen, das es der Regierung erlaubte, ohne das Parlament zu regieren. Das Programm der neuen Nationalpartei war ein korporatistisches, das durch italienische Faschisten inspiriert wurde. Trotz der Garantie durch das Münchner Abkommen von 1938 war die Situation in den Grenzgebieten umstritten, die tschechische und deutsche Bevölkerung mied die neue gemeinsame Grenze. Mittlerweile begannen die ersten Deportationen von Tschechen und Juden ins Konzentrationslager Dachau. In der Slowakei und in der Karpatenukraine endeten im November die Grenzverhandlungen im Ersten Wiener Schiedsspruch. Dabei besetzten ungarische Truppen den Süden der Slowakei und einen Teil der Karpatenukraine. Auch nach der Annexion des Territoriums war die Lage weiterhin angespannt. Auch hier musste der Staat zahlreiche neue Flüchtlinge betreuen und erhielt zur Hilfe Geld aus dem Ausland. Gegen Ende 1938 gelang es den tschechoslowakischen Behörden, das Problem der Flüchtlinge und die Probleme der Produktion, Versorgung, Bildung und Finanzen weitgehend zu lösen. Mittlerweile wurden im abtrünnigen Sudetenland alle tschechischen politischen Parteien und Verbände abgeschafft, ihr Eigentum wurde beschlagnahmt, die tschechische Sprache wurde verboten und alle tschechischen Zeitungen wurden verboten. Tschechische Filme wurden liquidiert und Bücher verbrannt. Die deutschen Nationalsozialisten entfesselten im Grenzgebiet die Jagd nach Juden, die ihren Höhepunkt im November 1938 in der Reichspogromnacht hatte.

Der Januar 1939 war durch erhöhten Druck durch NS-Deutschland und Ungarn gekennzeichnet. Am 12. Januar bekamen ausgewählte Einheiten der Wehrmacht den Auftrag, sich auf einen Überfall vorzubereiten. Die neue Grenze im Süden war auch durch eskalierende Ereignisse gekennzeichnet. Am 21. Januar 1939 besuchte Außenminister František Chvalkovský Berlin, um über die gegenseitigen Beziehungen zu diskutieren. Der offizielle Besuch endete in einem Diktat. Im Frühjahr 1939 begannen die slowakischen Verhandlungen mit Hitler. Am 12. Februar besucht der slowakische Politiker Tuka Hitler. Obwohl die Slowakei sich abzuspalten drohte, hofften viele Politiker, der tschechoslowakische Staat könnte neutral weiter existieren. Doch das Deutsche Reich forderte vom schwachen Staat Gold und Geld. Obwohl die Deutschen sich dadurch eine enorme Staatsverschuldung aufbauten, wurde die Zurückzahlung abgelehnt. Unter enormem Druck wurden schließlich die Vertreter der Tschechoslowakischen Nationalbank gezwungen, einen Vertrag mit der Deutschen Reichsbank zu unterzeichnen, indem die Tschechoslowakei dem Deutschen Reich 465,8 Mio. Kronen verschrieb, was einen späteren Staatsbankrott bedeutete.

Anfang März 1939 erhielt die tschechoslowakische Regierung die ersten Informationen über die geplante Zerschlagung der Tschechoslowakei. Man rechnete nicht mit der Unterstützung Großbritanniens, Frankreichs oder Italiens. Die Slowakei unter der Volkspartei der Hinkas distanzierte sich immer mehr vom tschechischen Staatsteil und begann eine anti-tschechische Kampagne. Dies empfand die tschechisch dominierte Regierung als Beleidigung und ließ die Slowakei besetzten. Am 9. März erklärte die slowakische Regierung den Ausnahmezustand. Führende Politiker wie Tiso und Tuka wurden abgesetzt und vorerst verhaftet. Am 11. März 1939 gab Propagandaminister Joseph Goebbels den Reichsdruckbefehl bekannt, was einen Höhepunkt in der anti-tschechoslowakischen Propaganda markierte. In Prag und Bratislava liefen hektische Verhandlungen; um die Krise zu lösen, wurde kurzerhand eine den Tschechen treue Regierung eingesetzt. Währenddessen flog Jozef Tiso nach Berlin. Dort wurde ihm ein Ultimatum gestellt: entweder die Slowakei würde unabhängig werden oder sie würde zwischen Polen und Ungarn aufgeteilt. Tiso weigerte sich, eine solche Entscheidung allein zu treffen, und kehrte wieder in die Č-SR zurück, wo die Mehrheit des autonomen Parlaments für eine Unabhängigkeitserklärung stimmte. Nachdem die Slowakei ihre Unabhängigkeit verkündete, folgte die Karpatenukraine einen Tag später.

Die Zweite Tschechoslowakische Republik hatte im Münchner Abkommen über 14 % ihrer Landesfläche verloren und war nun in einem sehr geschwächten Zustand. Durch das Abkommen hatten Böhmen und Mähren etwa 38 % ihrer Fläche an Deutschland verloren, dabei gingen rund 3,2 Millionen deutsche und 750.000 tschechische Einwohner verloren. Ohne die natürlichen Grenzen, und dessen kostspieliges System der Grenzbefestigung, war der neue Staat militärisch nicht mehr zu verteidigen. Ungarn erhielt 11.882 km² in der südlichen Slowakei, nach einer Volkszählung von 1941 waren etwa 86,5 % der Bevölkerung in diesem Gebiet Ungarisch. Polen erwarb die Stadt Teschen mit deren Umgebung (etwa 906 km², ca. 250.000 Einwohner, überwiegend polnisch besiedelt) und zwei kleinere Grenzgebiete in der nördlichen Slowakei, die Regionen Zips und Orava (226 km², 4280 Einwohner, nur 0,3 % Polen). Darüber hinaus war die tschechoslowakische Regierung überfordert und hatte Probleme mit der Betreuung der 115.000 tschechischen und der 30.000 deutschen Flüchtlinge, die auf das verbliebene Staatsgebiet der Tschechoslowakei flohen.

Unter Vermittlung des italienischen Diktators Benito Mussolini, den Hermann Göring eingeschaltet hatte, gaben der britische Premierminister Neville Chamberlain und der französische Ministerpräsident Édouard Daladier mit dem Abkommen dem Diktator Adolf Hitler ihre Zustimmung zur Eingliederung des Sudetenlandes, dessen Bevölkerung überwiegend deutschsprachig war den staatlichen Anschluss an den übrigen deutschen Sprachraum – wie vor dem Ersten Weltkrieg – mehrheitlich wünschte.

Das Münchener Abkommen bestimmte aber lediglich die Prinzipien der Räumung, Grenzbestimmung und Staatsangehörigkeitsregelung. Die Durchführung des Abkommens über die Abtretung des Sudetengebietes, die Festlegung der Grenzen und die Modalitäten der Räumung blieben einem internationalen Ausschuss vorbehalten.

Obwohl im Abkommen nicht vereinbart, bedeutete das Münchner Abkommen faktisch das Ende der 1918 entstandenen multinationalen Tschechoslowakei, da auch andere Volksgruppen beziehungsweise Nachbarstaaten wie Polen und Ungarn die Gunst der Stunde zu Gebietsbesetzungen nutzten, im Gegensatz zu Deutschland jedoch ohne Zustimmung von Großbritannien und Frankreich. Letztere zeigten erst spät Verständnis für den seit 1919 ignorierten Wunsch der sudetendeutschen Bevölkerung und sahen diesen Beschluss daher auch als Teilrevision des Vertrags von St. Germain an beziehungsweise als nachgereichte Erfüllung des Selbstbestimmungsrechts der Völker. Allerdings wollten sie damit einen weiteren Krieg verhindern (Appeasement-Politik). So hofften sie, den Fortbestand des tschechoslowakischen Staates zu gewährleisten und insofern das Beistandsabkommen zu erfüllen.

Die Verhandlungen mit Ungarn fanden zwischen dem 9. und 13. Oktober 1938 im tschechoslowakischen Teil der Doppelstadt Komárno/Komárom statt.

Die tschechoslowakische Delegation wurde vom Ministerpräsidenten der slowakischen Teilrepublik Jozef Tiso, die ungarische von Außenminister Kálmán Kánya und Kultusminister Pál Teleki angeführt. Als Zeichen des guten Willens bot die tschechoslowakische Delegation der ungarischen Abordnung die Abtretung des Bahnhofs von Slovenské Nové Mesto (bis 1918 eine Vorstadt der ungarischen Stadt Sátoraljaújhely) sowie der Stadt Šahy (ungarisch Ipolyság) an. Šahy wurde dann auch am 12. Oktober von Ungarn besetzt.

Die Ungarn verlangten bei den Verhandlungen die Abtretung des südslowakischen Gebiets ab (einschließlich) der Linie Devín (Theben, Dévény) – Bratislava (Pressburg, Pozsony) – Nitra (Neutra, Nyitra) – Tlmače (Garamtolmács) – Levice (Lewenz, Léva) – Lučenec (Lizenz, Losonc) – Rimavská Sobota (Großsteffelsdorf, Rimaszombat) – Jelšava (Eltsch, Jolsva) – Rožňava (Rosenau, Rozsnyó) – Košice (Kaschau, Kassa) – Trebišov (Trebischau, Tőketerebes) – Pavlovce (Pálócz) – Užhorod (Uschhorod/Ungvár) – Mukačevo (Mukatschewe/Munkács) – Sevľuš (Wynohradiw, Nagyszőllős). In der restlichen Slowakei sollte eine Volksabstimmung stattfinden, ob sich nicht die gesamte Slowakei an Ungarn anschließen wolle.

Die tschechoslowakische Delegation hingegen bot darauf den Ungarn die Schaffung eines autonomen Gebiets in der Slowakei sowie die Abtretung der Großen Schüttinsel (slowakisch Žitný Ostrov, ungarisch Csallóköz) an.

Als auch dieses Angebot abgelehnt worden war, schlug die Tschechoslowakei eine neue Lösung mit Gebietsabtretungen vor, nach der genauso viele Slowaken und Russinen in Ungarn verbleiben sollten wie Ungarn in der Tschechoslowakei. Dabei wollte die tschechoslowakische Delegation jedoch die wichtigsten Städte der fraglichen Region wie Levice/Lewenz/Léva, Košice/Kaschau/Kassa, Užhorod/Uschhorod/Ungvár behalten. Auch dies war jedoch für die ungarische Seite nicht akzeptabel, und am 13. Oktober erklärte Kánya nach einer Beratung in Budapest die Verhandlungen für gescheitert.

Bald danach gaben beide Seiten ihr Einverständnis, sich einem Schiedsspruch der Großmächte Deutschland und Italien zu beugen; Großbritannien und Frankreich hatten schon zuvor ihr Desinteresse bekundet. Inzwischen arbeiteten nicht nur die Ungarn, sondern auch die slowakische Regierung mit Hitler zusammen. Somit waren beide Seiten überzeugt, dass Deutschland gerade sie unterstützen würde; doch genossen die Ungarn überdies die Unterstützung Italiens und Polens. Ende Oktober überzeugte Italien Deutschland, dass die Arbitrage über das ethnische Prinzip hinausgehen und Ungarn auch die Städte Kaschau, Uschhorod und Mukatschewe erhalten solle.

Obwohl das Olsagebiet ursprünglich an NS-Deutschland angegliedert werden sollte, sah Polen das Gebiet als polnisch, vor allem die Stadt Bohumín mit ihrem großen Eisenbahnknotenpunkt war für Polen von entscheidender Bedeutung. Am 28. September schickte Edvard Beneš ein Telegramm an die polnische Staatsführung. Als das Münchner Abkommen dennoch zu stande kam, wandte sich Beneš dann an die sowjetische Führung in Moskau, die eine Teilmobilisierung im Osten begonnen hatte, denn die Sowjetführung drohte, wegen des Bündnisses mit der Tschechoslowakei, den Nichtangriffspakt mit Polen zu künden.

Dennoch glaubte der polnische Oberst Józef Beck, dass Warschau schnell handeln müsse, um die deutsche Besetzung der Stadt zu verhindern. Am Mittag des 30. Septembers stellte Polen der Tschechoslowakei ein Ultimatum. Es forderte die sofortige Evakuierung der tschechoslowakischen Truppen und Polizei und gab der Prager Regierung bis am Nachmittag Zeit. Am 1. Oktober fügte sich die tschechoslowakische Regierung und akzeptierte das Ultimatum. Die polnische Armee rückte noch am selben Tag im Gebiet ein und General Władysław Bortnowski schloss das Gebiet offiziell an den polnischen Staat an.

Die deutsche Seite war mit dieser Annexion sehr zufrieden und nutzte dies um Polen an der Zerschlagung der Tschechoslowakei mitschuldig zu machen. Es verbreitete sich schnell, dass Polen eine Mitschuld an der Teilung der Nachmünchener Tschechoslowakei trug. Warschau leugnete dies jedoch.

Die polnische Seite argumentierte, dass Polen im Olsagebiet die gleichen ethnischen Rechte und Freiheiten verdient hätte, wie die deutsche Seite im Münchner Abkommen. Die überwiegende polnische Mehrheit der Bevölkerung war begeistert und begrüßte die territoriale Änderung, man sah es als Befreiung und eine Form der historischen Gerechtigkeit, aber die Begeisterung schwand schnell wieder, da die neuen polnischen Behörden den Menschen viele Freiheiten entzogen. Nebenbei wurde die polnische Sprache als einzige offizielle Sprache zugelassen. Tschechisch und Deutsch wurde in der Öffentlichkeit verboten und viele Tschechen und Deutsche wurden gezwungen die Gebiete zu verlassen. Das Land betrieb eine schnelle Polonisierung des Gebietes, dadurch verschwand alles Tschechische und Deutsche aus dem kulturellen oder religiösen Leben. Die römisch-katholischen Pfarreien im Gebiet gehörten traditionell entweder dem Erzbistum Breslau oder Olmütz unter (Erzbischof Leopold Prečan), Polen stellte die Gemeinden beider Erzbistümer im Gebiet unter polnische Verwaltung unter Stanisław Adamski, dem Bischof von Kattowitz.

Durch das Verbot der tschechischen Sprache flohen über 35.000 Tschechoslowaken zurück ins Heimatland. Das Verhalten der neuen polnischen Behörden war zwar anders, ähnelte aber dem tschechoslowakischen System vor 1938. Die zwei politischen Parteien der Sozialisten und Rechten waren beide dem neuen polnischen Staat treu. Dennoch wurden linksorientierte Politiker von den neuen Behörden diskriminiert und ausgeschlossen. Die Mehrheit der Bevölkerung fühlte sich durch die Behörden immer mehr diskriminiert und eine Wiederangliederung an die Č-SR wurde immer populärer. Das neue Gebiet blieb jedoch nur elf Monate Teil Polens.

Das politische System des Landes war in einer Krise. Nach dem Rücktritt von Edvard Beneš am 5. Oktober wurde am 30. November 1938 Emil Hácha zum neuen Staatspräsidenten gewählt. Hácha ernannte am 1. Dezember 1938 Rudolf Beran, den Führer der Bauernpartei, zum Ministerpräsidenten des Landes. Er war eher rechtsgerichtet und skeptisch gegenüber der neuen Demokratie. Die Kommunistische Partei der Tschechoslowakei wurde durch ihn und aus Angst vor den aggressiven Nachbarn aufgelöst und verboten, obwohl deren Mitglieder im Parlament bleiben durften. Durch das sogenannte Ermächtigungsgesetz durfte die Regierung ohne das Parlament regieren und eine Zensur von Presse- und Medienfreiheit wurde eingeführt.

Laut dem Verfassungsgesetz Nr. 299/1938 Coll. wurde am 22. November 1938 die Autonomie der Slowakei gesetzlich verankert und von der Nationalversammlung verabschiedet. Das Gesetz trat am 25. November 1938 in Kraft. Der ursprüngliche Entwurf des Verfassungsgesetzes kam von der HSĽS. Gleichzeitig wurde am 25. November als Teil des Gesetzes im Landesnamen ein Bindestrich zwischen Tschecho und Slowakische Republik eingefügt. Nach dem Datum des Inkrafttretens dieses Gesetzes wurde aus der Tschechoslowakei eine moderne Föderation. Die Unabhängigkeitserklärung der Slowakei im März 1939 bedeutete ein Bruch des Gesetzes. Laut der Verfassungscharta der Tschechoslowakischen Republik in § 30 des Gesetzes für die Annahme eines solchen Gesetzes Drei-Fünftel-Mehrheit aller Mitglieder. Für die Annahme des Verfassungsgesetzes über die Autonomie der Slowakei stimmten 144 Abgeordneten (es brauchte 180) und im Senat 78 Senatoren (es brauchte 90). Obwohl es zu wenig Stimmen gab, wurde das Gesetz trotzdem angenommen und von Jan Syrový, Jozef Tiso, Josef Kalfus, Pavol Teplanský, Stanislav Bukowski, Matus Cernak, Vladimír Kajdoš, Ferdinand Ďurčanský, Karel Husárek, Ján Lichner, Ladislav Feierabend, Imrich Karvaš, Petr Zenkl, Augustin Woloschin, Hugo Vavrečka, František Chvalkovsky, Julian Révay, Jan Černý und Edmund Bačinský unterzeichnet.

Das Verfassungsgesetz Nr. 328/1938 Coll über die Autonomie der Karpatenukraine trat am 22. November 1938 in Kraft und gewährte der Karpatenukraine die volle Autonomie. Die Autonomie gewährte den Ukrainern jedoch – anders als den Slowaken – die komplette Selbstverwaltung des Gebietes, im Gegenzug musste der Landesteil der Tschechoslowakei die Treue schwören. Das Gesetz sollte der Karpatenukraine die breiteste Autonomie in der tschechoslowakischen Geschichte bieten. Der ursprüngliche Text war in Ukrainisch geschrieben und war ein Vorschlag der Ukrajinská Národní Jednota, die einen autonomen Landesteil unter deren Führung vorsah. Am 12. Dezember 1938 wurde der Text veröffentlicht und alle alten Parteien – die Ruthenische Bauernpartei, die Russische Nationalautonome Partei, die Karpato-russische Partei der Arbeiter und Kleinbauern und die Autonome Agrar Union – wurden zur Ukrajinská Národní Jednota vereinigt. Nachdem sich die Slowakei für unabhängig erklärte, trat das Autonomiegesetz der Karpatenukraine nicht außer Kraft. Als sich die Karpatenukraine dennoch für unabhängig erklärte, wurde das Gesetz außer Kraft gesetzt. Für eine Annahme des Verfassungsgesetzes brauchte es wie bei der Slowakei genug Stimmen, so stimmten 146 Abgeordnete (es brauchte 180) und im Senat 79 Senatoren (es brauchte 90).

Als ein Ergebnis der Annahme des Verfassungsgesetz wurde die Karpatenukraine in Karpato-Ukraine umbenannt und erhielt ihre eigenen Staatssymbole und ein autonomes Parlament in Chust, das unter der Führung von Awgustyn Woloschyn stand.

Laut dem Verfassungsgesetz Nr. 330/1938 Coll. Gesetz und Anweisung zur Änderung der Verfassungscharta und des Verfassungsrechts der Republik wurde die Regierung im Januar 1939 ermächtigt, ohne das Parlament regieren zu können und Änderungen an der traditionellen Verfassung durchzuführen. Durch die Annahme des Gesetzes – durch Rudolf Beran und Emil Hacha – wurde zusätzlich noch durch das erste Ermächtigungsgesetz (Gesetz Nr. 95/1933 Coll.) der Handel stark eingeschränkt und die Pressefreiheit abgeschafft. Dadurch schuf man einen rechtskonservativen Staat, der sich an die anderen Staaten Europas anglich und einen Bruch mit der Demokratie verursachte.

Nach dem Münchner Abkommen kündigte die Č-SR ihren Bündnisvertrag vom 25. Januar 1924 mit Frankreich und Großbritannien und fror nach der polnischen Annexion des Olsagebiets im Oktober die Beziehungen zur Zweiten Polnischen Republik ein. Der neue Außenminister des Landes František Chvalkovský sprach sich teilweise unter dem Druck Hitlers für eine Annäherung an NS-Deutschland aus. Doch die aggressive Außenpolitik Deutschlands zwang die Zweite Republik die Beziehungen zur Sowjetunion einzufrieren. Darauf folgte die sowjetische Kündigung des Bündnisses mit der Tschechoslowakei. Durch den Ersten Wiener Schiedsspruch erreichten die seit Jahren angespannten Beziehungen zu Ungarn einen Tiefpunkt und man war von Italien enttäuscht worden. So geriet der tschechoslowakische Staat in die aussenpolitische Isolation und brach durch die rumänische und jugoslawische Demütigung nach Ungarns Annexion die Beziehungen zu den beiden Bündnispartnern ab aber ohne dass das Bündnis aufgelöst wurde. Daraufhin verweigerten sich Rumänien und Jugoslawien die von der tschechoslowakischen Nationalbank geliehenen Geldmengen zurückzuzahlen. Darauf reagierte der Staat empört und es kam zu einer tschechoslowakischen militärischen Provokation an der Grenze zu Rumänien. Ohne mit der Tschechoslowakei im Zusammenhang gewesen zu sein brach die Schweiz, vermutlich aus Angst vor Deutschland, die Beziehungen ab und fror die Bankkonten aller reicher Tschechoslowaken ein. Im Januar bis Februar 1939 kam es erneut zu Erpressungsversuchen NS-Deutschlands und die Tschechoslowakei gab dem Staat Kredite in Milliardenhöhe. Dadurch wollte man quasi die Č-SR retten, denn der Wunsch der Bevölkerung neutral weiter existieren zu können war weit verbreitet und in der Regierung an höchster Stelle. Als am 15/16. März 1939 die Tschechoslowakei dennoch zerschlagen wurde, nahmen das die meisten europäischen Länder hin und sympathisierten sogar mit dem Deutschen Reich. Territorial profitierten von der Zerschlagung des Landes Ungarn und das Deutsche Reich. Wirtschaftlich oder politisch profitierten ebenfalls Ungarn und das Deutsche Reich, zusätzlich aber noch Polen, Rumänien und Jugoslawien. In Großbritannien und Frankreich wurden Beneš' Bemühungen die Tschechoslowakei innerhalb kürzester Zeit militärisch wiederherzustellen ignoriert, stattdessen wurde der neue Slowakische Staat später von allen europäischen Alliierten und den Achsenmächten anerkannt.

Die Innenpolitik des Landes war stark durch die ethnischen Spannungen (siehe unten) geprägt. So wurde die Amtssprache tschechoslowakisch mit ihren zwei Varianten aus der Verfassung gestrichen und durch die beiden Sprachen Tschechisch und Slowakisch ersetzt und ukrainisch wurde zur dritten offiziellen Amtssprache. Neben dieser Veränderung wurde im traditionellen Landesnamen Tschechoslowakische Republik (ČSR) ein Bindestrich eingefügt Tschecho-Slowakische Republik (Č-SR) und das Kfz-Kennzeichen ČSR wurde zu Č-SR. Die schon vor dem Münchener Abkommen geplante Autonomie für die Slowakei und die Karpatenukraine wurde im Oktober 1938 offiziell für rechtskräftig erklärt und machte aus dem Staat eine Föderation aus drei Landesteilen mit fünf historischen Ländern und zwei Teilrepubliken mit einem autonomen Parlament. Das aus ca. 24 Parteien bestehende Parteienspektrum der Ersten Republik wurde durch zahlreiche Fusionen auf sechs große Parteien beschränkt. Bei der Bevölkerung der Č-SR gab es auch starke Veränderungen, so wurden die Ukrainer im Oktober 1938 zur dritten Titularnation des Landes, wobei dadurch der Anteil der Minderheiten um 510.000 Menschen auf 750.000 Einwohner sank. Die Deutschen blieben mit 340.000 Menschen die größte Minderheit. Die jüdische Bevölkerungsgruppe bestand aus 330.000 Menschen und sank bis zum Februar 1939 auf 115.000 Menschen, Grund dafür war der starke Antisemitismus und die zahlreichen antijüdischen Kampagnen. Die 4000 Polen und 14.000 Rumänen waren durch die außenpolitischen Demütigungen ihrer Heimatländer oft tschechoslowakischen Schikanen oder Gewalttaten ausgesetzt. Mit der ungarische Minderheit wurde in der kurzen Zeit des Bestehens der Zweiten Republik eine Tschechoslowakisierung betrieben und ihre Sprache wurde an Schulen und im öffentlichen Leben verboten. So wurden auch die polnische und rumänische Sprache aus der Öffentlichkeit verbannt. In den beiden Teilrepubliken Slowakei und Karpatenukraine spannte sich die Lage immer mehr an. Die Angst wieder ungarisch zu werden war groß und so arbeiteten die beiden autonomen Regierungen fest mit dem Deutschen Reich zusammen, dies wiederum erweckte die früheren Spannungen zum tschechischen Landesteil. Dazu kamen noch ausländische Einflüsse die letztendlich den Untergang der Tschechoslowakei einleiteten. Im Februar wurde die Lage am östlichen Ende des Landes sehr kritisch, da am 12. Februar 1939 die Ukrajinská Národní Jednota mit ca. 92,4 % die absolute Mehrheit der Stimmen bei den Wahlen gewann. Dadurch wurde das ukrainische Nationalbewusstsein nochmals gestärkt und es kam zu ukrainischen Sabotageakten auf tschechoslowakischem Gebiet. Am 15. März 1939 erklärte das Parlament der Autonomen Republik, als Reaktion auf die Unabhängigkeitserklärung der Slowakei, die volle staatliche Unabhängigkeit der neuen Republik Karpato Ukraine. Das Parlament nahm die Unabhängigkeitserklärung der Karpatenukraine einstimmig an und die Č-SR besetzte am 16. März als Reaktion darauf die beiden neuen Staaten und gliederte sie für eine kurze Zeit wieder an. Nach dem Deutschen Einmarsch (siehe unten) versuchten die Ukrainer und Slowaken die tschechoslowakischen Truppen zu vertreiben um komplett unabhängig zu werden. Dies gelang jedoch nur der Slowakei, die sich später Slowakischer Staat nannte.

Im Januar 1939 zählte die Zweite Republik 10,77 Millionen Einwohner. Laut einer Schätzung bildeten 1939 die Tschechen mit sieben Millionen Angehörigen die größte Gruppe, gefolgt von den Slowaken mit 2,4 Millionen. Tschechen und Slowaken wurden bis 1938 nicht getrennt erfasst. Ethnische Minderheiten waren trotz des offiziellen Endes der multinationalen Tschechoslowakei immer noch stark vertreten. So gab es noch 330.000 Juden und noch ca. 340.000 Deutsche. Während die anderen Minderheiten sanken, wuchs die rumänische Minderheit in der Č-SR. Neben den 10,77 Millionen Einwohnern zählte die Republik noch über 260.000 Flüchtlinge.

Nach der Umsetzung des Abkommens erreichten über 110.000 tschechische und 30.000 deutsche Flüchtlinge oder Vertriebene das restliche Staatsgebiet der Tschecho-Slowakei. Etwa 70.000 Slowaken und 10.000 Ukrainer kamen aus Ungarn bzw. den während des Ersten Wiener Schiedsspruch annektierten slowakischen und ukrainischen Gebieten, weitere 40.000 Flüchtlinge kamen aus den polnisch okkupierten Gebieten. Die meisten der vielen Flüchtlinge und Vertriebene ließen sich in der Zweiten Republik in Böhmen nieder, etwa 45.000 ließen sich in Mähren und 15.000 im tschechischen Rest-Schlesien nieder, wobei der Wohnplatz knapp war und etwa ein Drittel der Flüchtlinge obdachlos blieb. Von den 120.000 Flüchtlingen aus den restlichen Gebieten ließen sich die meisten in der Slowakei nieder, nur etwa 5000 Personen kehrten in die Karpatenukraine zurück.

Die Betreuung der Flüchtlinge wurde überwiegend durch die tschecho-slowakische Kirche organisiert, diese erhielt finanzielle Spenden vom Vatikan.

Nach der Demütigung durch das Münchner Abkommen führte dies zu einem radikalen Bruch mit der demokratischen Tradition der ersten Republik und zu einer kompletten Umstellung der Regierung. Die neue faschistisch orientierte Regierung begann mit einer heftigen antisemitischen Kampagne. Die neue autonome Slowakei wurde von der überwiegend katholischen und antisemitischen Slowakischen Volkspartei Hlinkas dominiert. In allen drei Teilen der Tschechoslowakei gab es antijüdische Gesetze und Kampagnen. Dadurch wurden viele Juden ausgeschlossen. Trotz des staken Antisemitismus im Landesinneren nahmen die tschechoslowakischen Behörden die 20.000 jüdische Flüchtlinge aus dem Sudetenland auf. Der neu entstandene tschechische antijüdische Strom wurde von Frankreich und Großbritannien finanziert um die jüdische Emigration aus der Tschechoslowakei zu fördern. Den die westlichen Großmächte bezweifelten ein längeres Fortbestehen der Tschechoslowakei nach dem Münchner Abkommen. Im Dezember 1938 verließen die ersten Juden die Tschecho-Slowakei und lösten eine Emigrationswelle aus dem Land aus; so reisten bis Ende Februar 1939 über 185.000 Juden aus. Bei den meisten Ausreiseanträgen half die Tschechoslowakei mit finanziellen Mitteln nach.

Die tschechoslowakische Armee verließ die Sudetengebiete und begann mit der Errichtung neuer Staatsgrenzen. Trotz der schlechten Lage der Republik wurde sie auf 1,5 Mio. Mann aufgerüstet.

Die Folgen des Münchner Abkommens waren wirtschaftlich stark zu spüren. Über 60 % der Industrie und Wirtschaftsleistung gingen verloren. Der tschechische Staatsteil verlor circa 40 % seiner Industrie, die zumeist im Sudetenland lag. Die Slowakei verlor durch den Wiener Schiedsspruch ihre Erdölfelder und einen Großteil der Industrie, die sich zumeist in Kaschau befand. Auch die Karpatenukraine verlor mit dem Verlust von Mukatschewe und Uschhorod ihr kleines wirtschaftliches Zentrum und konnte so kein Holz mehr in die beiden anderen Teile abliefern. Durch den Ausfall der Industrie stieg auch die Zahl der Arbeitslosen stark, so gab es im Januar 1939 etwa 300.000 Arbeitslose, von denen die meisten Flüchtige waren. Auch die Infrastruktur veränderte sich und es gab in der Zweiten Republik nur eine einzige große Bahnverbindung. Diese dauerte neun Stunden von Prag nach Chust und wurde immer wieder von ukrainischen Nationalisten des Karpaten Sichs gekappt und zerstört. Obwohl die wirtschaftliche Lage schlecht war, blieben fast alle Privatunternehmen von Verstaatlichungen verschont und die Landwirtschaft erreichte eine kurze Blütezeit. Viele Juden, die aus der Tschechoslowakei emigrierten, überließen die Geschäfte ihren tschechischen Stellvertretern oder vertrauten Personen. Die deutsche und ungarische Minderheit hatten es schwer, da sie nur schwer Arbeit fanden, im Gegensatz zur polnischen und rumänischen Minderheit die vom Mutterland versorgt wurden.

Die stark geschwächte Tschechoslowakische Republik musste große Zugeständnisse an deren Landesbevölkerung machen. Nach dem Münchner Abkommen übertrug die tschechoslowakische Armee Teile ihrer Einheiten, die ursprünglich in Tschechien waren, in die Slowakei, um die offensichtlichen Versuche Ungarns, die Slowakei zu übernehmen, zu vereiteln.

Die tschechoslowakische Regierung akzeptierte die Vereinbarung der von der slowakischen Regierung angestrebten Autonomie deren Staates mit allen anderen Parteien, nur die slowakischen Sozialdemokraten wollten eine feste Bindung zum Partner Tschechien. Jozef Tiso wurde als ein Kopf des neuen autonomen Staates nominiert. Die einzigen gemeinsamen Ministerien, die blieben, waren jene für Nationale Verteidigung, für auswärtige Angelegenheiten und Finanzen. Als Teil des Deals wurde der Landesname offiziell von Tschechoslowakei in Tschecho-Slowakei umbenannt. Ebenso einigten sich die beiden großen Fraktionen der Karpatenukraine, die Russophilen und Ukrainophilen, auf die Einrichtung einer autonomen Regierung, die am 8. Oktober 1938 aufgebaut wurde. Im Zuge der Verbreitung des modernen ukrainischen Nationalbewusstseins übernahm die pro-ukrainische Fraktion, angeführt von Awgustyn Woloschyn, die Kontrolle der lokalen Regierung und änderte den Namen Karpatenukraine in die Republik Karpato-Ukraine.

Am 17. Oktober empfing Hitler Ferdinand Ďurčanský, Franz Karmasin und Alexander Mach. Am 1. Januar 1939 wurde die erste slowakische Staatsversammlung eröffnet. Am 18. Januar fanden die ersten Wahlen der Slowakischen Versammlung statt, in der die Slowakische Volkspartei 98 % der Stimmen erhielt. Am 12. Februar trafen sich Vojtech Tuka und Karmazin mit Hitler, und am 22. Februar schlug Tiso während seiner Präsentation der slowakischen Regierung die Bildung eines neuen unabhängigen slowakischen Staates vor. Am 27. Februar wurde die slowakische Regierung mit der Slowakisierung der tschecho-slowakischen Einheiten in der Slowakei beauftragt und eröffnete eine autonome slowakische Botschaft in Berlin.

Die Streitigkeiten setzen sich fort bis am 1. März 1939 die tschechoslowakische Regierung die Frage nach einem unabhängigen slowakischen Staat stellte. Dabei gab es einige Meinungsverschiedenheiten zwischen Tiso und anderen slowakischen Politikern. Die Nationalversammlung hatte diesmal wieder in Bratislava stattgefunden um die Angelegenheit mit Tiso zu diskutieren. Dies verursachte beinahe eine Spaltung des Parlaments. Am 6. März verkündete die slowakische Regierung ihre Loyalität gegenüber der zweiten Tschecho-Slowakischen Republik und ihren Wunsch, ein Teil des Staates bleiben.

Doch bei einem Treffen mit Hermann Göring am 7. März wurden Ďurčanský und Tuka gezwungen, ihre Unabhängigkeit vom tschechoslowakischen Staat zu verkünden. Nach ihrer Rückkehr zwei Tage später wurde die Hlinka-Garde mobilisiert, was wiederum Hácha zwang, stark zu reagieren und das Kriegsrecht in der Slowakei auszusprechen.

Im Januar 1939 wurden die Verhandlungen zwischen Deutschland und Polen abgebrochen. Hitler verkündete eine deutsche Invasion der Tschechoslowakei für den Morgen des 14. März. In der Zwischenzeit verhandelte die Slowakische Volkspartei mit dem Königreich Ungarn und dessen Vertretern für die ungarische Minderheit in der Slowakei, um die Zerstückelung der Zweiten Tschechoslowakischen Republik vor der Invasion vorzubereiten. Ab Februar 1939 wurden sieben Armeekorps zusammengezogen, die auf den Einmarsch warteten. Die Hoffnung, von den Slowaken um Hilfe gerufen zu werden, erfüllte sich nicht. Nach der Besetzung der autonomen Slowakei am 9. März 1939 durch tschechische Truppen drängte Hitler den am 13. März nach Berlin bestellten abgesetzten bisherigen slowakischen Ministerpräsidenten Jozef Tiso, eine vorgefertigte slowakische Unabhängigkeitserklärung zu unterzeichnen, andernfalls würde das slowakische Territorium zwischen Polen und Ungarn aufgeteilt werden. Reichsaußenminister Joachim von Ribbentrop berichtete, ungarische Truppen näherten sich bereits der slowakischen Grenze. Tiso weigerte sich aber, diese Entscheidung allein zu treffen, und es wurde ihm deshalb erlaubt, sich mit den Mitgliedern des slowakischen Parlamentes zu beraten.

Am nächsten Tag, dem 14. März, trat das Parlament zusammen und beschloss einmütig, die Slowakei für unabhängig zu erklären. Am selben Tag wurde vom Parlament in Preßburg auch das Unabhängigkeitsmanifest der Slowakischen Republik verlesen.

Inzwischen wurde in der deutschen Presse eine Kampagne inszeniert, in der vom „tschechischen Terrorregime“ gegen Deutsche und Slowaken die Rede war. Hitler legte den Einmarsch deutscher Truppen für den 15. März auf 6 Uhr in der Frühe fest. Hermann Göring wurde am 13. März per Brief Hitlers von seinem Urlaubsort San Remo nach Berlin zurückbeordert, wo er am Nachmittag des 14. März eintraf. Die nun unabhängige Slowakische Republik „stellte sich unter den Schutz des Reiches“; sie war fortan ein Satellitenstaat des nationalsozialistischen Deutschlands. Am 15. März um sechs Uhr rückten die deutschen Truppen über die Grenze vor und erreichten gegen neun Uhr bei Schneetreiben die Hauptstadt Prag. Die Mehrheit der Bevölkerung nahm den Einmarsch ohnmächtig oder wütend hin, lediglich die deutsche Minderheit und eine kleine Schicht tschechischer Bürger begrüßte ihn. Die deutsche Armee entwaffnete das tschechische Heer. Mit der Wehrmacht rückte die Geheime Staatspolizei (Gestapo) ein und begann mit der Verfolgung deutscher Emigranten und tschechischer Kommunisten. Während dieser Aktion, die als „Aktion Gitter“ bekannt wurde, wurden einige Tausend Personen verhaftet. Hitler verließ um acht Uhr Berlin, traf am Abend in Prag ein und verbrachte die Nacht auf dem Hradschin.

Am 16. März verkündete er, die Tschecho-Slowakei habe aufgehört zu bestehen. Die böhmisch-mährischen Länder seien wieder in ihre alte historische Umgebung eingefügt worden. Ein gleichzeitig veröffentlichter Erlass proklamierte das nun unter deutscher Gebietshoheit stehende und dem Reichsprotektor Konstantin Freiherr von Neurath unterstellte Protektorat Böhmen und Mähren.

Die ungarische Invasion in der Karpaten-Ukraine stieß eher auf größeren Widerstand, der aber wurde durch die ungarische Armee schnell niedergeschlagen.

So brach die unabhängige Tschechoslowakei im Zuge der ausländischen Aggressionen, der ethnischen Spaltungen und der inneren Spannungen zusammen. Obwohl die tschechoslowakische Armee kapitulierte, tat das nicht die Regierung; sie existierte weiterhin im Exil.

Das sudetendeutsche Gebiet der Tschechoslowakei war im Münchner Abkommen von 1938 als Ergebnis britisch-französischer Appeasement-Politik gegen den Willen der Prager Regierung von den an der Konferenz beteiligten Staaten dem Deutschen Reich zugesprochen worden. Vom 1. Oktober bis zum 10. Oktober 1938 besetzten rund 24 Divisionen der Wehrmacht die an Deutschland und das frühere Österreich angrenzenden Gebiete der Tschechoslowakei. Die neuen Grenzen des Deutschen Reiches wurden nicht nach der wirklichen oder angeblichen Bevölkerungszusammensetzung der annektierten Gebiete gezogen, sondern nach wirtschaftlichen und strategischen Gesichtspunkten. Die konkrete territoriale Festlegung traf der „Berliner Ausschuß“, in dem die Außenminister der Unterzeichnerstaaten Deutschland, Frankreich, Großbritannien und Italien vertreten waren. Das Ergebnis wurde im deutsch-tschechoslowakischen Grenzabkommen vom 21. November 1938 verlautbart. Mit diesen Gebieten verlor die Tschechoslowakei ein Drittel ihrer Bevölkerung, ihre wichtigsten Industrieanlagen und ihre gesamten Grenzverteidigungsanlagen.

Sofort nach dem deutschen Einmarsch erhielt das Heer die vollziehende Gewalt. Die fünf beteiligten Heeresgruppenkommandos setzten zunächst Chefs der Zivilverwaltungen (CdZ) ein, bis am 1. Oktober 1938 Konrad Henlein zum „Reichskommissar für Sudetendeutschland“ ernannt wurde. Die CdZ-Organisationen waren schlecht geplant und bewährten sich nicht. Sie sahen sich einem Machtkampf einzelner Reichsinstanzen gegenüber und mussten gebeten werden, eine zusätzliche Woche im Amt zu bleiben, weil die Zivilverwaltung Henleins noch nicht arbeitsfähig war. Henlein konnte sich durch seinen unmittelbaren Zugang zu Adolf Hitler der Einflussnahme der militärischen Befehlshaber mühelos entziehen. Am 20. Oktober 1938 endete die vollziehende Gewalt des Heeres und Henlein übernahm als Reichskommissar die Verwaltung.

Von Ende Oktober 1938 an war Henlein bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges im Mai 1945 Leiter des Reichsgaus Sudetenland. Stellvertretende Gauleiter waren nacheinander Karl Hermann Frank (30. Oktober 1938 bis 15. März 1939), Fritz Köllner (25. März 1939 bis 3. März 1940), Richard Donnevert (12. März 1940 bis 15. August 1943) sowie von Herbst 1943 bis zum Kriegsende geschäftsführend Hermann Neuburg.

Der tschechische Bevölkerungsanteil umfasste Januar 1938 rund 319.000 Personen. Noch im Oktober 1938 nahmen 193.793 Tschechen (= 60,75 %) die deutsche Staatsangehörigkeit an, um in ihrer Heimat verbleiben zu können. Die Tschechen, die nun nicht mehr unter deutscher Herrschaft leben wollten, wurden ins Protektorat Böhmen und Mähren umgesiedelt. Ihren Besitz eigneten sich sowohl der deutsche Staat als auch viele deutsche Privatleute an, nachdem Entschädigungszahlungen erfolgt waren. Allerdings zahlten die Deutschen nur einen Minimalwert an die Betroffenen.

Unmittelbar nach der „Zerschlagung der Rest-Tschechei“ legte der § 1 des Gesetzes über die Gliederung der sudetendeutsche Gebiete vom 25. März 1939 die Bildung des Reichsgaues Sudetenland zum 15. April 1939 fest. Dessen Verwaltungsaufbau regelte das Gesetz über den Aufbau der Verwaltung im Reichsgau Sudetenland (Sudetengaugesetz) vom 15. April 1939, das zum 1. Mai 1939 in Kraft trat. Danach wurde aus dem Großteil der sudetendeutschen Gebiete der neue Reichsgau Sudetenland gebildet. Kleinere Grenzabschnitte im Nordosten wurden der preußischen Provinz Schlesien zugewiesen (das „Hultschiner Ländchen“ erhielt der Landkreis Ratibor im Regierungsbezirk Oppeln), Teilgebiete im Südwesten und Süden kamen zum Regierungsbezirk Niederbayern-Oberpfalz des Landes Bayern und den Reichsgauen Oberdonau und Niederdonau. Das „Sudetengaugesetz“ beseitigte den vorhandenen Aufbau der Verwaltung.

Verwaltungssitz wurde nun die Stadt Reichenberg mit der neuen Bezeichnung „Gauhauptstadt“. Zum Reichsstatthalter und Gauleiter in Reichenberg ernannte man den bisherigen Reichskommissar Konrad Henlein.

Nachdem durch das „Sudetengaugesetz“ die Grundlagen für die neuen Behörden geschaffen worden waren, folgte die Zerschlagung der bisherigen Verbände. NS-Organisationen erfassten die Bevölkerung. Die Sudetendeutsche Partei (SdP) ging in der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei (NSDAP) auf. Alle sonstigen Parteien wurden verboten.

Im Mai 1945 brachten Rote Armee und US Army den Rest des bisher von der Anti-Hitler-Koalition noch nicht eingenommenen Staatsgebiets der ČSR mit dem Sudetenland unter ihre Kontrolle. In der Folgezeit übernahm eine neue tschechoslowakische Regierung die Verwaltung und begann mit der Vertreibung der deutschen Bevölkerung.

Am 9. September 1940 verlieh das Reichsministerium des Innern dem Reichsgau Sudetenland ein Wappen, das an die historischen Landesteile des Gaugebietes erinnerte und sichtlich auch die vorgebliche „Wiedervereinigung“ dieser Teile der böhmischen Länder mit dem (Groß-)Deutschen Reich rechtfertigen helfen sollte. Dieses Wappen wird wie folgt beschrieben: „Halbgespalten und geteilt; oben vorn in Rot ein schwarzer, silbern bewehrter Adler, oben hinten von Silber und Schwarz gespalten und belegt mit einem rot, bzw. silbern bewehrten Adler, dessen rechte Hälfte schwarz mit silberner Mondsichelspange und dessen linke Hälfte von Silber und Rot geschacht; unten in Rot ein silbernes Schräggitter.“

Während der k.k. Monarchie war Eger Garnisonsstadt. 1914 lagen dort das IV. Bataillon des Böhmischen Infanterieregiments „Albrecht von Württemberg“ Nr. 73 und das k. k. Landwehrinfanterieregiment „Eger“ Nr. 6.

Am 21. Oktober 1918 bildeten die deutschen Abgeordneten des österreichischen Reichsrates eine deutschösterreichische Nationalversammlung. Am 28. Oktober 1918 wurde in Prag die Gründung der Tschechoslowakei proklamiert. Am 11. November 1918 war mit dem Rückzug Karls I. von allen Regierungsgeschäften die Auflösung der Donaumonarchie perfekt. Am 16. Dezember 1918 gegen 12:45 Uhr wurde Eger von 500 Mann des tschechoslowakischen Infanterieregiments 35 aus Pilsen besetzt. Die Stadt ergab sich erst nach der Drohung mit der Beschießung durch Artillerie.

Am 3. März 1919, einen Tag, bevor am 4. März 1919 anlässlich der in Österreich stattfindenden Wahlen gegen die Zugehörigkeit zur Tschechoslowakei demonstriert wurde, kam es in Eger zu einem Volksaufstand und einer Schießerei mit zwei Toten.

Einen Tag nach der Unterzeichnung des Münchener Abkommens wurde Eger am 1. Oktober 1938 von deutschen Truppen besetzt. Bis 1945 gehörte die Stadt zum Deutschen Reich. Am 3. Oktober besuchte Adolf Hitler die Stadt und wurde dort von der Bevölkerung begeistert empfangen. Am 1. Mai 1939 schied sie aus dem Landkreis Eger aus und bildete einen eigenen Stadtkreis. Ihr wurde gleichzeitig die Gemeinde Matzelbach angegliedert. Eger gab dem westlichen der drei Regierungsbezirke im Reichsgau Sudetenland seinen Namen. Der Amtssitz des Regierungspräsidenten befand sich in Karlsbad.

Nach Ende des Zweiten Weltkriegs gehörte Cheb wieder zur Tschechoslowakei. Der größte Teil der deutschböhmischen Bevölkerung wurde aufgrund der Beneš-Dekrete 1945 vertrieben. Das Vermögen der deutschen Bewohner wurde durch das Beneš-Dekret 108 konfisziert, das Vermögen der evangelischen Kirche durch das Beneš-Dekret 131 liquidiert und die katholischen Stadtkirchen in der Tschechoslowakei enteignet. Anschließend zogen viele Neubürger aus Zentral- und Südböhmen, Mähren, tschechische Repatrianten, Slowaken sowie Roma nach Cheb. Diese Neubürger und ihre Nachkommen stellen seither den größten Teil der Einwohnerschaft. 1954 übernahm die Stadt Amberg in Deutschland die Patenschaft für die vertriebenen Sudetendeutschen aus der Stadt und dem Kreis Eger. In der Zeit der deutschen Teilung war Cheb wegen seiner geografischen Nähe zu beiden deutschen Staaten Ort von Familientreffen.

Seit dem Jahre 2002 ist Cheb Mitglied der Vereinigung Freunde im Herzen Europas. Im Januar 2004 wurden die Urkunden einer Städtepartnerschaft der Stadt Cheb mit der deutschen Stadt Hof unterzeichnet. Auch mit den deutschen Nachbarstädten Waldsassen und Marktredwitz bestehen seit dem Fall des Eisernen Vorhangs freundschaftliche Beziehungen. Im Sommer 2006 veranstaltete Cheb zusammen mit Marktredwitz die Grenzenlose Gartenschau 2006 Marktredwitz - Cheb/Eger. In der Stadt gibt es ein tschechisch-deutsches Begegnungszentrum. Die Stadt führte 2009/10 vor dem Verwaltungsgericht Regensburg mit Deutschland einen Rechtsstreit wegen eines Stadtwaldes auf bayerischem Gebiet.

Das Sudetenland teilte sich in die drei Regierungsbezirke Aussig, Eger und Troppau mit der entsprechenden Anzahl von Stadt- und Landkreisen. Während die Grenzen der Regierungsbezirke völlig neu bestimmt wurden, blieb es hinsichtlich der Kreise im Wesentlichen bei den Abgrenzungen der früheren tschechoslowakischen politischen Bezirke.

Zum vorläufigen Sitz des Regierungsbezirks Eger wurde die Stadt Karlsbad bestimmt. Im Übrigen waren die Sitze der anderen Bezirke in Aussig und Troppau.

Unmittelbar nach Beginn des 2. Weltkrieges gründete der ehemalige tschechoslowakische Präsident Edvard Beneš das tschechoslowakische Nationalkomitee, das sowohl von der britischen als auch der französischen Regierung anerkannt wurde. Nach dem deutschen Sieg über Frankreich im Juni 1940 erkannten die Briten die Gruppe um Beneš als tschechoslowakische Exilregierung und Beneš als Präsidenten an. In dieser Position verstärkte Beneš seine Anstrengungen hinsichtlich der vollständigen Wiedererrichtung der Tschechoslowakei unter Einschluss des Sudetenlandes und der Ausweisung der Minderheitsbevölkerungen der Deutschen, Ungarn und Polen.

Bereits weit vor Kriegsende erreichte Beneš von den Westalliierten die grundsätzliche Zustimmung zu seinen Entrechtungs- und Vertreibungsplänen. Die darauf abzielenden und später als Beneš-Dekrete bekannt gewordenen Gesetze und Verordnungen wurden von Beneš größtenteils schon ab 1943 formuliert.

Die kommunistische und die postkommunistische Geschichtsschreibung wie auch die gegenwärtigen Staatsorgane und die Mehrheit der Tschechen benutzen für diese Vorgänge überwiegend die Ausdrücke „Abschiebung“ oder „Aussiedlung“ (tschech. odsun, vysídlení), nicht „Vertreibung“ (tschech. vyhnáni).

Tschechen und Deutsche konnten sich bis heute nicht auf eine gemeinsame Bezeichnung für die Sachen einigen: Wer über Abschiebung oder Aussiedlung spricht, wird von Deutschen meist als Verharmloser des Vorgangs angesehen; in ihren Augen erscheint ausschließlich der Begriff „Vertreibung“ angemessen. Tschechen beziehen sich hingegen auf die Vorgeschichte des Vorgangs, die vielen von ihnen die Entfernung der Deutschen aus der Tschechoslowakei als angemessen erscheinen ließ. Sie wählen daher andere Begriffe als den ihrer Auffassung nach ungerechtfertigten oder eine moralische Verurteilung implizierenden Begriff der Vertreibung.

Allerdings scheint sich seit 2015 ein Wandel zu vollziehen. Zum 70. Jahrestag des Brünner Todesmarsches hat der dortige Oberbürgermeister in einer öffentlichen Deklaration zum ersten mal auch auf tschechisch den Begriff „Vertreibung“ (tschech. vyhnáni) verwendet. Diese Erklärung wurde an alle Anwesenden des Gedenkaktes (darunter der österreichische und deutsche Botschafter in der Tschechischen Republik) in gedruckter Form verteilt.

Die Deutsche Nationalsozialistische Arbeiterpartei (DNSAP) war eine radikale völkische, antikommunistische und antisemitische Partei der deutschen Minderheit in der Ersten Tschechoslowakischen Republik.

Sie entstand im Mai 1918 durch Umbenennung aus der Deutschen Arbeiterpartei (DAP), die in Österreich-Ungarn sowohl im österreichischen Kernland als auch unter der deutschen Minderheit in den tschechischen Ländern aktiv war. Infolge des Zusammenbruches der Habsburgermonarchie spaltete sie sich 1919 in einen österreichischen und einen tschechoslowakischen Zweig. Diese betrachteten sich zwar als „Schwesterparteien“, waren aber organisatorisch selbstständig. Ab 1920 gab es auch eine Kooperation mit der NSDAP in der Weimarer Republik. Die DNSAP in der Tschechoslowakei entwickelte sich zu einer faschistischen Bewegung, die sich zunehmend am deutschen Nationalsozialismus orientierte. Im September 1933 löste sie sich auf, um einem Verbot zuvorzukommen, das am 7. Oktober 1933 erging.

Die 1903 gegründete DAP war eng mit der völkischen Gewerkschaftsbewegung in Böhmen und Mähren verbunden und hatte ein antikapitalistisches, antikommunistisches, sozialstaatliches, national-völkisches und antisemitisches Programm. Auf einem Reichsparteitag in Wien am 4. und 5. Mai 1918 wurde die Umbenennung zur Deutschen Nationalsozialistischen Arbeiterpartei beschlossen. Deren Programm war im Wesentlichen von dem mährischen Ingenieur Rudolf Jung verfasst worden und forderte unter anderem eine „Zusammenfassung des gesamten deutschen Siedlungsgebietes in Europa zum sozialen deutschen Reiche“, den energischen Schutz des Auslandsdeutschtums sowie die gesetzliche Einführung der deutschen Staatssprache. Die Gegnerschaft der alten DAP gegenüber der tschechischen Arbeiterschaft und ausländischen Arbeitskräften im Allgemeinen sowie gegenüber Finanzkapital, Juden und Marxismus wurde fortgesetzt. Erstmals wurde aber auch demokratischer Pluralismus abgelehnt.

Nach dem Zusammenbruch der Donaumonarchie wandte sich Hans Knirsch ,einer der beiden verbliebenen Abgeordneten der DNSAP, am 11. November 1918 im Namen der „DNSAP Deutsch-Böhmens“ direkt an den deutschen Reichskanzler und forderte die Teilnahme der Deutschböhmen und Deutschmährer an der Wahl zur verfassungsgebenen Nationalversammlung, um die sudetendeutschen Gebiete direkt an Deutschland anzuschließen. Ein solches Vorhaben war allerdings aussichtslos. Die sudetendeutschen Gebiete wurden letztlich vom österreichischen Staat abgetrennt und der neu gegründeten Tschechoslowakei zugeordnet, was der Vertrag von Saint-Germain bestätigte. Parteiobmann war zu diesem Zeitpunkt Hans Knirsch.

Am 16. November 1919 gründete sich der böhmisch-mährische Zweig der DNSAP unter der Führung von Knirsch, Jung und Hans Krebs als unabhängige Organisation neu. Damit stand die DNSAP vor dem Problem, dass nicht nur Ideologien und Strukturen auseinanderzulaufen drohten, zumal sich die Partei im Sudetengebiet stärker auf Industriearbeiter konzentrierte, in Österreich jedoch eher eine Beamtenpartei mit zudem unterentwickelter Organisation war. Hinzu kamen inhaltliche Differenzen.

Jung veröffentlichte 1919 auch die programmatische Schrift Der nationale Sozialismus, die als erster theoretischer Leitfaden des Nationalsozialismus überhaupt gilt. Er machte darin den Antisemitismus neben dem Antimarxismus zur zweiten tragenden Säule der Partei und propagierte an Stelle der Demokratie einen charismatischen Führerstaat. Nichtsdestoweniger entwickelte sich die DNSAP aus ihrer eigenen radikaldemokratischen Tradition und der kollektiven Leitung durch mehrere Führer. So wurde das Führerprinzip in der Partei abgelehnt. Innerparteiliche Entscheidungsprozesse erfolgten nach demokratischem Muster. Die DNSAP arrangierte sich auch mit dem Pluralismus der Tschechoslowakei. Seit dem im November 1919 auf dem Parteitag von Dux verabschiedeten Programm verzichtete sie auf großdeutsche „Anschluß“-Vorstellungen und setzte sich für nationale Kulturautonomie bzw. später nationale Gebietsautonomie ein. Solche Forderungen waren freilich nicht zuletzt der politischen Taktik geschuldet. Offener sudetendeutscher Irredentismus wurde vermieden, um nicht Gefahr zu laufen, als Partei verboten zu werden. Der Propagierung großdeutscher und antisemitischer Gedanken bei Auftritten im Deutschen Reich und in der Provinz tat dies keinen Abbruch.

In einem Wahlbündnis mit der Deutschen Nationalpartei (DNP) errang die DNSAP bei den Parlamentswahlen 1920 etwa 5,5 % der Stimmen und entsandte fünf Angeordnete ins tschechoslowakische Abgeordnetenhaus. 1925 erhielt sie sieben Mandate im Abgeordnetenhaus und drei im Senat, 1929 acht Abgeordnete und vier Senatoren. Grundlinien ihrer praktischen Politik waren ein berufsständisch-genossenschaftlicher Wirtschaftsaufbau, eine Bodenreform, eine demokratisch-föderative Staatspolitik und gemäßigter Antisemitismus.

Während sich die DNSAP während der 1920er Jahre unter Jungs Führung im Parlament bemühte, im Rahmen der tschechoslowakischen Demokratie als parlamentarische Partei zu fungieren, erhielt die Partei wachsenden Zulauf neuer, junger Parteimitglieder. Damit ging eine Radikalisierung einher, die vor allem durch Hans Krebs, Mitglied der Reichsparteileitung, Abgeordneter und DNSAP-Hauptgeschäftsführer, vorangetrieben wurde. Neben den beiden Vorsitzenden, Hans Knirsch und Rudolf Jung, war er der führende Parteifunktionär der DNSAP und richtete die Partei am Vorbild der NSDAP aus. Bereits 1920 hatten sowohl Rudolf Jung als auch Alexander Schilling vom österreichischen Zweig der DNSAP Kontakt zur Deutschen Arbeiterpartei (DAP) Anton Drexlers in München aufgenommen. Im August 1920 hielten deutsche, österreichische und sudetendeutsche Nationalsozialisten eine erste „zwischenstaatliche Tagung“ in Salzburg ab. Drexler trat 1922 als Gastredner bei der DNSAP auf. Knirsch besuchte Adolf Hitler während dessen Festungshaft in Landsberg am Lech und trat, wie auch Jung und Krebs, als Redner bei Parteiveranstaltungen der NSDAP auf. Der Unterschied zur NSDAP bestand vor allem darin, dass die DNSAP zumindest nach außen lange Zeit den Charakter einer demokratischen Partei wahrte. Auch stützte sie sich stärker auf die Arbeiterschicht als die NSDAP.

Bald kopierte die DNSAP die Parteiformationen der NSDAP und gründete den Nationalsozialistischen Jugendverband (entsprechend der HJ), den Deutschen Nationalsozialistischen Studentenbund (entsprechend NS-Studentenbund) und den Volkssportverband (entsprechend der SA) einschließlich der Uniformen, Symbole und Insignien. Diese Formationen waren ideologisch und politisch stärker auf Hitler und das „Reich“ ausgerichtet als die eigene Parteiführung. Sie waren nach dem Führerprinzip streng hierarchisch organisiert und verfolgten irredentistische Ziele.

Während der Weltwirtschaftskrise erhielt die DNSAP erheblichen Zulauf. War die Mitgliederzahl mit 24.000 Mitgliedern 1925 bis Anfang 1930 mit ca. 30.000 Mitgliedern einigermaßen konstant geblieben, so konnte die DNSAP ihre Mitgliederzahl bis 1932 auf 100.000 steigern und einige Erfolge bei Kommunalwahlen erringen.

Die tschechoslowakischen Behörden hingegen verstärkten die Überwachung der DNSAP. Am 29. Februar 1932 ordnete der tschechoslowakische Innenminister die Auflösung des Volkssports an. Führende Funktionäre wurden verhaftet und im „Volkssportprozeß“ wegen Verstößen gegen das Gesetz zum Schutz der Republik angeklagt. Zwar wurden keine konkreten irredentistischen Handlungen nachgewiesen, doch folgerte das Gericht aus den vielfältigen personellen und organisatorischen Kontakten, dass die DNSAP zur nationalsozialistischen Bewegung gehöre und die DNSAP-Formationen des „Anschlages auf die Republik“ schuldig seien. Es ergingen Urteile zu Gefängnisstrafen zwischen ein und drei Jahren. Am 23. Februar 1933 hob das tschechoslowakische Parlament die Immunität der DNSAP-Abgeordneten Krebs, Junge, Leo Schubert und Rudolf Kasper auf. In den kommenden Monaten erwartete die Parteiführung ständig das Parteiverbot. Als sich die Bestätigung des Urteils aus dem „Volkssportprozeß“ abzeichnete, löste sich die DNSAP am 28. September 1933 selbst auf. Hans Krebs und Karl Viererbl, einige Monate später auch Rudolf Jung, flüchteten nach Deutschland. Am 7. Oktober wurde die DNSAP offiziell verboten. Die Mandatsträger der DNSAP verloren ihre Ämter.

Zur neuen politischen Heimat auch der Anhänger der DNSAP wurde die am 1. Oktober 1933 unter der Führung von Konrad Henlein gegründete Sudetendeutsche Partei.

Nach der deutschen Besetzung der Tschechoslowakei gehörte Lidice ab 1939 zum Protektorat Böhmen und Mähren. Im Jahr 1942 bestand Lidice aus 102 Häusern und hatte 503 Einwohner. Es gab 14 Höfe, eine Mühle, drei Lebensmittelläden, drei Wirtshäuser, zwei Metzgereien und die Kirche.

Am 27. Mai 1942 wurde Reinhard Heydrich, Leiter des Reichssicherheitshauptamts und stellvertretender Reichsprotektor von Böhmen und Mähren, auf dem Weg zu seinem Büro auf dem Hradschin in Prag durch ein Attentat tschechoslowakischer Weiderstandskämpfer im Auftrag der tschechoslowakischen Exilregierung so schwer verletzt, dass er am 4. Juni 1942 starb. Daraufhin leiteten die Nationalsozialisten massive Vergeltungsmaßnahmen gegen die tschechische Zivilbevölkerung ein. Die Behauptung, die Dorfbewohner hätten die Attentäter beherbergt, stellte sich später als falsch heraus.

Am Abend des 9. Juni 1942 umstellten deutsche Polizeikräfte (Angehörige der Gestapo, des SD und der Schutzpolizei unter dem Kommando von SS-Offizieren einer Sonderkommission und des Befehlshabers der Sipo in Prag) mit Unterstützung der tschechischen Gendarmarie Lidice und blockierten alle Zufahrtswege, da dort Beteiligte des Attentats vermutet wurden. In der folgenden Nacht wurden die Dorfbewohner zusammengetrieben. Alle 172 Männer, die älter als 15 Jahre waren, wurden in den Hof der Familie Horák gebracht, wo sie tags darauf erschossen wurden. Die Erschießungen wurdenin erster Linie von Angehörigen der Schutzpolizei vorgenommen. 195 Frauen wurden in das KZ Ravensbrück deportiert, wo 52 von ihnen ermordet wurden. Weitere neun Männer, die auswärts in der Nachtschicht in einem Kohlebergwerk arbeiteten, wurden nach Prag gebracht und dort erschossen. Sieben Schwangere wurden nach Prag gebracht, nach der Entbindung von ihren Neugeborenen getrennt und ebenfalls ins KZ Ravensbrück deportiert.

Lidice wurde in Brand gesteckt, gesprengt und dann durch Züge des Reichsarbeitsdienst eingeebnet, um es vollständig von der Landkarte zu tilgen. Die „Räumung“ des Dorfes ordnete der SS- und Polizeiführer Karl Hermann Frank an. Vergleichbar mit dieser „Vergeltungsmaßnahme“ war die vollständige Zerstörung von Lezaky durch die Besatzungsmacht wenige Tage später.

Weibliche Überlebende kehrten aus der Gefangenschaft zurück und konnten ab 1949 in dem in der Nähe neu errichteten Ort wohnen. Es gab auch zwei ehemalige Einwohner, die in der Zeit in der britischen Armee kämpften.

Die 98 Kinder des Dorfes wurden in das Lager der „Umwandererzentrale Litzmannstadt“ in der Gneisenaustraße 41 in Litzmannstadt deportiert und nach rassischen Kriterien ausgesondert. Dreizehn dieser Kinder wurden zur „Germanisierung“ in ein Lebensborn -Heim gebracht. Die anderen Kinder wurden zusammen mit elf Kindern aus Ležáky ins Vernichtungslager Kulmhof deportiert und dort vergast.

Die dreizehn Kinder, die zwecks „Germanisierung“ ausgesondert worden waren, wurden nach dem Zweiten Weltkrieg in Bayern wieder aufgefunden, ebenso sechs von den sieben, die nach dem 10. Juni 1942 geboren wurden; das siebte war verstorben.

Kulmhof wurde hauptsächlich zwischen Dezember 1941 und März 1943 als Vernichtungsstätte benutzt, danach geräumt und nochmals im Sommer 1944 zur Ermordung von Juden des Ghettos Litzmannstadt verwendet.

Am 16. Juli 1941 übersandte Rolf-Heinz Höppner, der Führer des SD-Leitabschnitts Posen, einen Aktenvermerk an Adolf Eichmann. Darin wurde in Erwägung gezogen, nicht arbeitseinsatzfähige Juden „durch irgendein schnellwirkendes Mittel zu erledigen.“ Ein derartiges „schnellwirkendes Mittel“, nämlich Vergasung mittels Kohlenstoffmonoxidgas aus Stahlflaschen, setzte ein Sonderkommando unter Herbert Lange schon seit Ende 1939 im Warthegau ein, um Insassen psychiatrischer Anstalten zu ermorden. Die Suche nach einem Ort zur Tötung von nicht zur Zwangsarbeit einsetzbaren Juden begann im Kreis Warthbrücken noch im Juli 1941.

Als Vernichtungsstätte wurde im Dorf Kulmhof ein unbewohntes Gutshaus nebst Park und Kornspeicher sowie Teile einer angrenzenden Gärtnerei gepachtet; das „Schlossgelände“ wurde mit einem Bretterzaun abgeschirmt. Im Oktober und November 1941 trafen die Angehörigen des Sonderkommandos ein. Seit dem 8. Dezember 1941 wurden zunächst Juden aus den benachbarten Amtsbezirken Kolo, Dabie, Sompolno, Klodawa, Babiak und Kowale Panskie sowie aus dem österreichischen Burgenland stammende Roma in Gaswagen ermordet.

Erster Kommandant des Vernichtungslagers war Herbert Lange, der im Wartheland und in Soldau bereits Gaswagen zur Ermordung Behinderter eingesetzt hatte. Er wurde im März 1942 von Hans Bothmann abgelöst. Alle leitenden Positionen wurden von den 15-20 Männern des „Sonderkommandos Kulmhof“ eingenommen. Die personelle Hoheit über die eingesetzten Sicherheits- und Ordnungspolizeibeamten lag zwar beim HSSPF Wilhelm Koppe. Aber Gauleiter Arthur Greiser übertrug die Verantwortung der gesamten organisatorischen und finanziellen Abwicklung dieser „regionalen Endlösung“ zwei Beamten seiner Statthalterei, so dass dieser Massenmord durch „arbeitsteiliges Handeln“ von SS und Verwaltung zustande kam.

Zahlreiche Aussagen von Augenzeugen und Geständnisse von Tätern zeichnen ein detailreiches Bild des Geschehens.

Die Männer des Sonderkommandos wurden unterstützt von 80 bis 100 Schutzpolizisten, die vom Bahnhof einer Kleinbahn aus den bewachten Transport mit Lastkraftwagen in das „Schloss“ nach Kulmhof durchführten. Im Schlosshof wurde den Ankömmlingen eine Rede gehalten, dass sie entlaust und gebadet würden, um dann zum Arbeitsdienst nach Deutschland zu kommen. Anschließend betraten die Opfer das Innere des Schlosses. Sie mussten sich entkleiden und wurden zu einer Rampe getrieben, an deren Ende einer der drei vorhandenen Gaswagen stand. Nachdem man die Opfer unter Peitschenschlägen dort hineingetrieben hatte, verschloss man die Türen. Der Fahrer kroch unter das Fahrzeug, schloss den Verbindungsschlauch vom Auspuff ins Wageninnere an und startete den Benzinmotor. Durch die eindringenden Abgase erstickten die Menschen innerhalb von zehn Minuten. Anschließend fuhr der Fahrer die Leichen in ein Lager im Wald, wo sie zunächst in Massengräbern vergraben wurden.

Polnische Schätzungen sprachen von 300.000 Opfern; diese Zahl wird heute als überhöht eingeschätzt.

Kulmhof wurde hauptsächlich ab Dezember 1941 bis zum April 1943 genutzt. Ab September 1942 kamen meist nur noch kleinere Transporte an. Wie aus dem Korherr-Bericht hervorgeht, wurden bis Ende 1942 durch die Lager im Warthegau 145.301 Juden „durchgeschleust“. Die Gesamtzahl der jüdischen Opfer wird mit 152.477 Opfern berechnet. Hinzuzurechnen sind über 4.000 Sinti und Roma sowie eine unbekannte Anzahl von russischen Kriegsgefangenen und weiterer nichtjüdischer Personen.

Im April 1943 wurde die Vernichtungsstätte aufgelöst. Das sogenannte „Schloss“ wurde gesprengt. Gauleiter Arthur Greiser bedankte sich bei den Mitgliedern des Sonderkommandos mit einem Geldgeschenk, lud sie zu einem Sonderurlaub auf sein Gut ein und lobte in einem Schreiben an Heinrich Himmler die Männer, die „treu und brav und in jeder Beziehung konsequent die ihnen übertragene schwere Pflicht erfüllt“ hätten.

Bei der Auflösung des Ghetto Litzmannstadt wurde die Vernichtungsstätte Kulmhof nochmals benutzt. Anfang April 1944 kamen die Männer des Sonderkommandos zurück. Im Wald wurden zwei Baracken aufgestellt. Die Gaswagen fuhren nur ein kurzes Stück zu den vorbereiteten Gruben, in denen sich zwei gemauerte Erdöfen befanden. Zwischen dem 23. Juni und 14. Juli 1944 wurden 7.176 Juden aus Litzmannstadt getötet. Danach wurden die Juden aus dem Ghetto ausschließlich nach Auschwitz deportiert. Das Vernichtungslager Kulmhof wurde abgebaut, die Spuren verwischt und die letzten Arbeitshäftlinge in der Nacht vom 17. auf den 18. Januar 1945 nach vergeblicher Gegenwehr im Speicher verbrannt.

Im Sommer 1942 unternahm SS-Standartenführer Paul Blobel Versuche, die Leichen zu verbrennen und die Knochen zu zerkleinern. Die gewonnenen Erfahrungen wurden später bei der Sonderaktion 1005 zur Verwischung der Mordtaten genutzt. Rudolf Höß besichtigte im September 1942 die Leichenbeseitigung in Kulmhof.

Das Tun ließ sich jedoch vor den 300 Dorfbewohnern nicht verheimlichen. Am 19. Januar flüchtete ein Arbeitshäftling, informierte den Gemeinderabbiner der Ortschaft Grabow und gelangte ins Warschauer Ghetto. Das umlaufende Gerücht, die aus Litzmannstadt deportierten Juden würden durch Verbrennen umgebracht, vermerkte der Angehörige der Wehrmacht Wilm Hosenfeld in seinem Tagebuch und wurde sogar am 2. Juli 1942 in der New York Times veröffentlicht. Der englische Daily Telegraph veröffentlichte erstmals am 25. Juni 1942 für Chelmno (Kulmhof) eine Opferzahl von rd. 40.000 Menschen durch Gas für den Zeitraum Dezember 1941 bis März 1942, bei einer Mordrate von 1.000 Menschen pro Tag.

Arthur Greiser wurde am 9. Juli 1946 in Posen zum Tode verurteilt und am 21. Juli 1946 erhängt. Der von ihm mit der Organisation des Vernichtungslagers beauftragte Ernst Kendzia wurde im Zuchthaus Waldheim am 4. November 1950 hingerichtet. Andere Mitarbeiter der Statthalterei wurden in der Bundesrepublik nicht angeklagt, weil man die Verantwortung für das Vernichtungslager bei der Sicherheitspolizei vermutete. Der HSSPF Wilhelm Koppe lebte bis 1960 unter falschem Namen, wurde 1962 gegen eine Kautionszahlung freigelassen, später als verhandlungsunfähig erklärt und starb unbestraft im Jahre 1975.

Die beiden Lagerkommandanten, Herbert Lange und Hans Bothmann, konnten nicht mehr zur Verantwortung gezogen werden. Paul Blobel war wegen anderer Taten hingerichtet worden. Als leitende Mitarbeiter der Staatspolizeistelle Litzmannstadt wurden Otto Bradfisch und sein Referent Günter Fuchs 1963 in Hannover zu hohen Haftstrafen verurteilt. Weitere Verfahren gegen frühere Polizeibeamte liefen in Polen und in der Bundesrepublik, wo 1962 eine Hauptverhandlung beim Landgericht Bonn gegen zwölf Beteiligte begann.

Ab dem Jahr 2000 wurde die bestehende Gedenkstätte umfassend renoviert: Die Bildhauerin Marie Uchytilova schuf eine aus 82 Personen bestehende Bronzegruppe. Sie soll an die Kinder aus Lidice erinnern, die nach ihrer Deportation umgebracht wurden, und zugleich ein Denkmal für alle Kinder darstellen, die Opfer von Kriegen sind. Der bestehende Rosengarten wurde mit 23.000 Rosenstöcken neu bepflanzt.

Auf Englisch sowie im Potsdamer Abkommen wurde der technische, das tatsächliche Geschehen ausblendende Ausdruck transfer benutzt, der in diesem Kontext im Tschechischen kein entsprechendes Äquivalent hat – nur ungefähr nähert sich ihm der Ausdruck přesun.

Das NS-Regime errichtete rund 1000 Konzentrations- und Nebenlager sowie sieben Vernichtungslager. Sie dienten der Ermordung von Millionen Menschen, der Beseitigung politischer Gegner, der Ausbeutung durch Zwangsarbeit, medizinischen Menschenversuchen und der Internierung von Kriegsgefangenen. Das Lagersystem stellte ein wesentliches Element der nationalsozialistischen Unrechtsherrschaft dar. Weite Zweige der deutschen Industrie profitierten direkt oder indirekt von ihm.

Man nimmt heute an, dass etwa zwei Drittel der sechs Millionen Juden, die der deutschen Judenvernichtung zum Opfer fielen, in Vernichtungs- und Konzentrationslagern direkt ermordet wurden oder dort an Folgen von systematischer Unterernährung, den Misshandlungen und an unbehandelten Krankheiten gestorben sind. Das verbleibende Drittel starb in Ghettos, bei Massenerschießungen vor allem durch die Einsatzgruppen der Sicherheitspolizei und des SD und auf den so genannten Todesmärschen.

Bis Mitte 1941 wurde der Konflikt von der deutschen Wehrmacht in Europa vorwiegend als Eroberungskrieg geführt. Nach Polen wurden in kurzen, konzentriert geführten Feldzügen Dänemark, Norwegen, Belgien, die Niederlande, Luxemburg, der Großteil Frankreichs, Jugoslawien und Griechenland erobert und besetzt. Die Gebiete wurden teils ins Deutsche Reich eingegliedert, teils mit vom Deutschen Reich abhängigen Regierungen beherrscht und wirtschaftlich ausgebeutet. Juden, Oppositionelle und des Widerstands gegen den Nationalsozialismus verdächtigte Personen wurden planmäßig verschleppt, zur Zwangsarbeit herangezogen oder sofort ermordet. Großbritannien war von der Kapitulation Frankreichs (22. Juni 1940) bis zum deutschen Angriff auf die Sowjetunion (22. Juni 1941) Deutschlands einzig verbliebener europäischer Kriegsgegner. Dieses Durchhalten der Briten, das von Churchills Standfestigkeit gegenüber Adolf Hitler angeführt wurde, war von großer, wohl mitentscheidender Bedeutung für den Verlauf des Zweiten Weltkrieges. Das nationalsozialistische Deutsche Reich führte den Krieg gegen die UdSSR als einen Vernichtungskrieg. Hitler gilt dabei als treibende Kraft. Bereits in seinem Werk „Mein Kampf“ hatte er die Vorstellung der Eroberung von „Lebensraum im Osten“ weiterentwickelt, indem er sie mit Sozialdarwinismus, Rassenideologie, Antisemitismus und Antibolschewismus verknüpfte. Immer wieder betonte er, dass er Osteuropa bis zum Ural als Ergänzungs- und Siedlungsraum für ein künftiges „Großgermanisches Reich“ begriff. Der Vormarsch der Wehrmacht konnte im Winter 1941/42 vor Moskau erstmals abgewehrt werden. Nachdem die Rote Armee im Winter 1942/43 einen erneuten Vorstoß bei Stalingrad stoppen konnte, drängte sie die Invasoren nach und nach zurück. Im Juni 1944 gelang ihr dann die Zerschlagung der Heeresgruppe Mitte, womit die deutsche Niederlage unausweichlich geworden war. Bis Ende 1944 musste die geschlagene Wehrmacht sich an die Reichsgrenzen zurückziehen.

Mit dem Kriegseintritt des Königreichs Italien an der Seite des Deutschen Reiches im Juni 1940 wurde auch Nordafrika zum Kriegsschauplatz. Das ab Februar 1941 an den Kämpfen beteiligte Deutsche Afrikakorps konnte zwar die Niederlage der Achsenmächte in Nordafrika verzögern, aber nicht abwenden. Nach der Niederlage bei El-Alamein (1942) schwanden Hitlers Aussichten, im globalen Maßstab gegen das britische Empire vorgehen zu können. Im November 1942 landeten anglo-amerikanische Truppen in Nordafrika und zwangen die deutschen und italienischen Truppen in Tunesien zur Kapitulation (Mai 1943). Nach der Landung auf Sizilien (Juli 1943), in der Normandie (Juni 1944) und in Südfrankreich (August 1944) führten auch US-amerikanische, britische, kanadische und französische Truppen in Kontinentaleuropa neben den sowjetischen Truppen einen Landkrieg gegen die Truppen der Wehrmacht. Italien stand ab Oktober 1943 offiziell auf der Seite der Alliierten. Ab Oktober 1944 drangen alliierte Truppen im Westen auf das Gebiet des Deutschen Reiches vor, und im Januar 1945 rückte die Rote Armee nach Ostpreußen vor. Mit Durchhaltebefehlen trieb die politische und militärische Führung derweil die deutschen Truppen noch im Frühjahr 1945 weiter in einen längst verlorenen Krieg, wodurch auf beiden Seiten noch Hunderttausende von Menschen getötet wurden. Am 25. April 1945 stießen an der Elbe US-amerikanische Truppen auf sowjetische Truppen. Am 8. Mai 1945 trat die bedingungslose Kapitulation der Wehrmacht in Kraft, der Krieg in Europa war damit beendet. Nach Ende des Zweiten Weltkrieges stieg die Sowjetunion neben den USA in den Rang einer Supermacht auf.

Einen Tag nach dem japanischen Angriff auf Pearl Harbor am 7. Dezember 1941 erklärten die USA dem Kaiserreich Japan den Krieg; der Konflikt wurde zum Weltkrieg, als Hitler am 11. Dezember 1941 den USA den Krieg erklärte, obwohl er dazu nach dem Dreimächtepakt nicht verpflichtet war. Die UdSSR blieb gemäß dem Neutralitätsabkommen vom 13. April 1941 gegenüber Japan vorerst neutral. Von Tinian aus starteten die beiden Bomber, die im August 1945 je eine Atombombe auf Hiroshima und Nagasaki abwarfen. Am 2. September 1945 endete der Zweite Weltkrieg mit der Kapitulation Japans.

Die Potsdamer Konferenz vom 17. Juli bis zum 2. August 1945 im Potsdamer Schloss Cecilienhof war ein Treffen der drei Staaten USA, Großbritannien und die Sowjetunion des nach dem Ende der Kampfhandlungen in Europa zur Beratung auf höchster Ebene über das weitere Vorgehen. Die Ergebnisse wurden in Bezug auf Deutschland im Potsdamer Abkommen, in Bezug auf Japan in der Potsdamer Erklärung festgehalten.

In der Arbeit sollen zunächst die Verhandlungen und Konferenzen vor Potsdam behandelt werden. Danach stehen die Potsdamer Konferenz und ihre Beschlüsse im Mittelpunkt der Untersuchung. Dann geht es speziell um die Neugliederung des besetzten Deutschlands. In einem Fazit werden thesenartig die wichtigsten Ergebnisse nochmals zusammengefasst und bewertet.

Bereits während des Krieges hatten sich die Alliierten darüber Gedanken gemacht, wie Deutschland nach seiner bedingungslosen Kapitulation zu behandeln sei.[1]

Sie waren sich darin einig, Deutschland für alle Zeiten als möglichen Kriegsgegner auszuschalten, seinen Militarismus und seine Rüstungsindustrie zu zerstören sowie die Verantwortungsträger der nationalsozialistischen Herrschaft vor ein Kriegsverbrechergericht zu stellen.[2] Auch hinsichtlich der Wiederherstellung der Souveränität Österreichs, Polens sowie anderer von deutschen Truppen besetzter Gebiete gab es breite Zustimmung.

Im Mittelpunkt der Erörterung alliierter Nachkriegspläne für Deutschland stand jedoch die Frage, ob das besiegte Reich als Einheit behandelt oder in mehrere Einzelstaaten aufgeteilt werden sollte. Eine gemeinsame Linie konnte jedoch nicht festgelegt werden. Es stellte sich die Frage, ob Deutschland gewaltsam oder nur in Übereinstimmung mit separistischen Strömungen der Bevölkerung aufzuteilen sei, wie viele verschiedene deutsche Staaten zu schaffen sei und was aus Preußen werden solle.[3]

Schon im Dezember 1940 vertrat Stalin in Moskau dem britischen Außenminister Eden gegenüber die Auffassung, dass Preußen vom Rheinland und Süddeutschland isoliert und Polen durch deutsche Gebiete östlich der Oder für die Anerkennung der Curzon-Linie, d.h für die Abtretung polnischer Ostgebiete an die Sowjetunion, entschädigt werden müsse.[4]

Die USA und Großbritannien hatten zwar in der Atlantik-Charta vom August 1941 versichert, dass sie nach dem Kriege keinen Gebietsveränderungen zustimmen würden, die „den frei geäußerten Wünschen der betroffenen Völker“ widersprächen; sie ließen aber keinen Zweifel daran, dass die Atlantik-Charta sie – wie Winston Churchill im Mai feststellte – in keiner Weise hinsichtlich der Zukunft Deutschlands binde.[5]

Auf der Arcadia-Konferenz, die vom Dezember 1941 bis Januar 1942 in Washington stattfand, vereinbarten Churchill und Roosevelt als wichtigsten Beschluss, zuerst die deutsche Gefahr auszuschalten und die nationalsozialistische Armee in die Knie zu zwingen sowie einen bedingungslosen Frieden durchzusetzen: „Germany first“.[6]

Die Konferenz war die Fortführung der vom 9. bis 12. August 1941 in der Placentia Bay auf Neufundland abgehaltenen geheimen britisch-amerikanischen Atlantikkonferenz. Die dort beschlossene Atlantik-Charta bildete die Grundlage für die Gespräche in Washington. Nach dem japanischen Angriff auf Pearl Harbor Anfang Dezember waren die USA auf der Seite der Alliierten in den Krieg eingetreten, so dass auch der Krieg im Pazifik thematisiert wurde. Trotzdem war der wichtigste Beschluss die Festlegung des Hauptkriegsschauplatzes in Europa, um zuerst die deutsche Gefahr auszuschalten. Dazu waren eine Durchführung des Friedensprogramms der Rüstungsindustrie notwendig, das zuallererst eine absolute Geheimhaltung der Produktionsstätten erforderte, und zusätzlich die Aufrechterhaltung der Überseekommunikation, was eine unabdingbare Voraussetzung für den Sieg war. Außerdem galt die Bestimmung des europäischen Kriegsschauplatzes und des Atlantik als das ausschlaggebende Gebiet zur Bekämpfung der Achsenmächte und für einen Sieg über Deutschland. Weiterhin sollte der Aufbau einer Verteidigungsposition im Pazifik bis zum Sieg im Atlantik und über Europa mit der Möglichkeit, kleinere Offensivoperationen gegen Japan zu unternehmen. Der Angriff gegen Deutschland sollte offensiv über das Mittelmeer geführt werden mit massiven Bomberangriffen auf das deutsche Kernland und die Festung Europa. Blockade gegen Deutschland und subversive Operationen in deutsch besetzten Gebieten.[7]

Die Casablanca-Konferenz war ein Geheimtreffen von US-Präsident Franklin D. Roosevelt, dem britischen Premierminister Winston Churchill und den Combined Chiefs of Staff (CCS), ein gemeinsamer Operations- und Planungsstab der USA und Großbritanniens während des Zweiten Weltkriegs. Sie fand vom 14. bis 26. Januar 1943 im marokkanischen Casablanca statt.

Auch Stalin war eingeladen, er konnte jedoch wegen des Kampfes um Stalingrad die Sowjetunion nicht verlassen.

Die von Stalin seit langem geforderte zweite Front in Europa war von Roosevelt bereits zugesagt, aber nicht vor Juli/August 1943 in Aussicht gestellt worden. Auf britischen Vorschlag wurde eine Landung auf Sizilien für Juni/Juli 1943 verabredet, um Italien zu besiegen. Mit ihr sollte die Mittelmeerposition der Alliierten gefestigt und der Sprung auf das italienische Festland vorbereitet werden.[8] 

Präsident Roosevelt verkündete auf einer Pressekonferenz als vorrangiges Kriegsziel die bedingungslose Kapitulation des Deutschen Reiches, Italiens und Japans ("unconditional surrender"). Angestrebt werde nicht die Vernichtung der Völker, sondern die Zerstörung ihrer Kriegsmacht und ihrer auf Eroberung und Unterjochung anderer Länder ausgerichteten Weltanschauung. Mit dieser Formulierung sollte dem misstrauischen Stalin bewiesen werden, dass die Westmächte keinen Sonderfrieden anstrebten, sondern zusammen mit den Sowjets bis zur endgültigen Niederwerfung Deutschlands, Italiens und Japans kämpfen würden.

Die Ergebnisse von Casablanca und die Kapitulation in Stalingrad veranlassten die nationalsozialistische Propaganda zur Ausrufung des "totalen Krieges" in der Sportpalast-Rede von Goebbels[9] am 18. Februar 1943. Trotz des verstärkt einsetzenden Luftkrieges der Westalliierten über Deutschland solidarisierte sich die Bevölkerung mit den Durchhalteparolen der NS-Führung oder war zumindest zur resignativen Hinnahme des immer aussichtsloser erscheinenden Kriegsgeschehens bereit.

Die Invasion Westeuropas wurde im Zeitplan auf das Jahr 1944 verschoben. Während der Quadrant-Konferenz in Québec (August 1943) wurde die Operation Overlord (Invasion in der Normandie) beschlossen und General Frederick E. Morgan beauftragt, einen detaillierten Plan zu entwerfen. In Kairo (November 1943) vereinbarten der amerikanische Präsident Roosevelt, sein Pendant Churchill und der chinesische Befehlshaber Chiang Kai-shek, den Krieg in Ostasien bis zur bedingungslosen Kapitulation Japans, das an der Seite des nationalsozialistischen Deutschlands im 2. Weltkrieg kämpfte, fortzusetzen.[10] Die Alliierten setzten ihre militärischen Operationen bis zur bedingungslosen Kapitulation Japans fort. Es wurde beschlossen, dass Japan müssen alle seit dem Beginn des Ersten Weltkriegs besetzten oder eroberten pazifischen Inseln entzogen werden müssten. Alle von Japan geraubten chinesischen Gebiete wie die Mandschurei, Taiwan oder die Pescadores müssten wieder an die Republik China zurückfallen; Korea solle frei und unabhängig werden.

Im November 1943 einigten sich Präsident Roosevelt, Premierminister Churchill und Stalin in Teheran darauf, die Curzon-Linie als polnisch-sowjetische Grenze anzuerkennen, Polen im Westen bis zur Oder-Linie vorrücken zu lassen und ostpreußisches Gebiet um den eisfreien Hafen von Königsberg der Sowjetunion zu übergeben.[11] Es wurde eingehend eine deutsche Teilung erörtert, nachdem Roosevelt einen Plan für fünf autonome deutsche Staaten vorgelegt hatte. Die Regierungschefs erzielten jedoch keine Einigung und beauftragten die in London tagende Europäische Beratungskonferenz mit der weiteren Prüfung dieser Frage.[12] Für den künftigen Frieden wurde eine Zerstückelung Deutschlands vereinbart.

Churchill schlug eine Zweiteilung Deutschlands bei Abtrennung der Provinz Ostpreußen in eine nördliche und eine südliche Hälfte vor, bei der Teile Süddeutschlands (Bayern, Pfalz, Baden und Württemberg) mit Österreich und Ungarn zu einer „Donauföderation“ zusammengeschlossen werden sollten.[13]

Roosevelt favorisierte die Bildung von fünf autonomen Einzelstaaten. Diese sollten jeweils folgende Gebiete umfassen: Preußen (Brandenburg einschließlich der Gebiete östlich der Oder, Berlin, Mecklenburg, Pommern, Schlesien und das nördliche Sachsen-Anhalt), Hannover mit Gebieten Nordwestdeutschlands, Sachsen (das heutige Sachsen ohne den niederschlesischen Teil sowie das heutige Thüringen), Hessen-Darmstadt vereinigt mit Hessen-Kassel und Gebieten südlich des Mains sowie einem südlichen Teil der Rheinprovinz sowie ein südlicher Staat aus Bayern, Baden, Württemberg und Württemberg-Hohenzollern.

Außerdem schlug er vor, die Gebiete um Kiel und Hamburg sowie das Ruhr- und Saargebiet unter internationale Verwaltung stellen zu lassen.

Die Einsetzung dieser Kommission zum Studium der alliierten Nachkriegspolitik war wenige Wochen vor der Teheraner Konferenz der Regierungschefs von den Außenministern Hull, Eden und Molotow auf ihrer Moskauer Tagung beschlossen worden.[14]

In den USA beschäftigten sich Deutschland-Experten in Jahren 1942 bis 1944 wiederholt mit dem Problem der Aufgliederung des nationalsozialistischen Deutschlands. Eine Mehrheit der Sachverständigen stützte die Überzeugung des amerikanischen Außenministers Hull, dass die gewaltsame Teilung den Aufbau demokratischer Einrichtungen in Deutschland gefährden müsse, während Unterstaatssekretär Welles den Präsidenten stärker für den Plan gewinnen konnte, „die Differenzen und Eifersüchte, die innerhalb Deutschlands alsbald entstehen würden, als separatistische Bewegungen zu begünstigen.“[15]

Der zügige Vormarsch der alliierten Armeen rückte den Tag der deutschen Kapitulation jedoch in greifbare Nähe. So kamen Roosevelt, Churchill und Stalin im Februar 1945 zu weiteren Verhandlungen über die Nachkriegsordnung in Jalta erneut zusammen und kamen zu folgendem Ergebnis::[16] „Gemäß dem im gegenseitigen Einvernehmen festgelegten Plan werden die Streitkräfte der drei Mächte je eine besondere Zone Deutschlands besetzen. Der Plan sieht eine koordinierte Verwaltung und Kontrolle durch eine Zentralkommission mit Sitz in Berlin vor, die aus den Oberbefehlshabern der drei Mächte besteht. Es ist beschlossen worden, daß Frankreich von den drei Mächten aufgefordert werden soll, eine Besatzungszone zu übernehmen und als viertes Mitglied an der Kontrollkommission teilzunehmen, falls es dies wünschen sollte (…) Es ist unser unbeugsame Wille, den deutschen Militarismus und Nationalsozialismus zu zerstören und dafür Sorge zu tragen, daß Deutschland nie mehr imstande ist, den Weltfrieden zu stören. Wir sind entschlossen, alle deutschen Streitkräfte zu entwaffnen und aufzulösen; den deutschen Generalstab (…) für alle Zeiten zu zerschlagen; sämtliche deutschen militärischen Einrichtungen zu entfernen oder zu zerstören; die gesamte deutsche Industrie, die für die militärische Produktion benutzt werden könnte, zu beseitigen oder unter Kontrolle zu stellen; alle Kriegsverbrecher vor Gericht zu bringen (…) eine im gleichen Umfang erfolgte Wiedergutmachung der von den Deutschen verursachten Schäden zu bewirken; die Nationalsozialistische Partei, die nationalsozialistischen Gesetze, Organisationen und Einrichtungen zu beseitigen. (…) Es ist nicht unsere Absicht, das deutsche Volk zu vernichten, aber nur dann, wenn der Nationalsozialismus und Militarismus ausgerottet sind, wird für die Deutschen Hoffnung auf ein würdiges Leben und einen Platz in der Völkergemeinschaft bestehen.“

Stalin forderte in Jalta, einen Beschluss über die Zerstückelung Deutschlands zu fassen und die von der Europäischen Beratungskommission vorbereitete Kapitulationsurkunde entsprechend zu ergänzen. Daraufhin wurde ein geheimer Teilungssauschuss eingesetzt, der in London tagte.[17]

In einer Geheimabsprache verpflichtete sich die Sowjetunion, zwei bis drei Monate nach der deutschen Kapitulation den Krieg gegen Japan zu eröffnen und ein Bündnis mit China einzugehen.[18] Im Gegenzug erhielt sie territoriale Zugeständnisse in den Kurilen und Südsachalin sowie politische Vorrechte in der Mandschurei, Besatzungsrechte in Korea und die Autonomie der Äußeren Mongolei.

Die Sowjetunion verstand es, schon zu diesem Zeitpunkt eigene machtpolitische Interessen durchzusetzen oder zumindest verhandelbar zu machen.[19] Stalin war vor allem daran interessiert, die ost- und südosteuropäischen Länder als sowjetische Interessensphäre anerkennen zu lassen und die Ostgrenze Polens zugunsten der Sowjetunion auf die sogenannte „Curzon-Linie“ festzusetzen.[20] Unter der Voraussetzung, dass an einer provisorischen polnischen Regierung auch Nichtkommunisten und die Londoner Exilregierung beteiligt und freie demokratische Neuwahlen durchgeführt werden würden, stimmten Roosevelt und Churchill dieser Ostgrenze zu. Die Festlegung der polnischen Westgrenze wurde vertagt, allerdings wurde Polen ein „beträchtlicher Gebietszuwachs“ als Kompensation für den Verlust seiner Ostgebiete an die Sowjetunion zugesagt.[21]

Dort einigten sich die Staatschefs auch über die letzten noch strittigen Punkte des Entwurfs zur Charta der Vereinten Nationen.[22] Es ging insbesondere um den Abstimmungsmodus im mächtigsten Gremium der künftigen Organisation, dem Sicherheitsrat. Den ständigen Sicherheitsratsmitgliedern – der UdSSR, den USA, Großbritannien, Frankreich und China – räumte man auf Betreiben der UdSSR ein Vetorecht in allen wichtigen Fragen ein.[23]

Wie bereits die frühere Konferenz von Teheran ließ auch die Konferenz von Jalta viel Auslegungsspielraum offen.[24] Nur über eine bedingungslose Kapitulation und die Entnazifizierung sowie die Entmilitarisierung Deutschlands war man sich von vornherein einig. Definitive Absprachen, Einzelheiten über die Abtretung der deutschen Ostgebiete oder die künftige polnische Westgrenze wurden nicht getroffen. Verabredet war allenfalls, dass Polen im Norden und Westen deutsche Gebiete erhalten solle, nach den Vorstellungen der USA und Großbritanniens jedoch keine westlich der Oder. Keine der teilnehmenden Parteien wollte ein Scheitern der Verhandlungen oder einen nicht mehr zu reparierenden Dissens riskieren und so den Sieg über das nationalsozialistische Deutschland nicht zu gefährden oder eine mögliche Spaltung der Alliierten herbeizuführen.

Der sowjetische Vertreter Gussjew rückte in diesem Teilungsausschuss im März und April 1945 wieder von dem Jaltaer Teilungsbeschluss ab.[25] Er verhinderte, dass das Wort „Zerstückelung“, wie ursprünglich in Jalta vereinbart, in die Kapitulationsurkunde aufgenommen wurde, indem er der Absicht der USA und Großbritannien widersprach, Frankreich über den Geheimbeschluss der Großen Drei in Jalta zu informieren. Frankreich sollte aber die deutsche Kapitulationserklärung ebenfalls entgegennehmen. So kam es, dass in diesem Dokument schließlich nur der Absatz auftauchte:[26] „Diese Kapitulationserklärung stellt kein Präjudiz für an ihre Stelle tretende allgemeine Kapitulationsbedingungen dar, die durch die Vereinten Nationen oder in deren Namen festgesetzt werden.“

Die bedingungslose Kapitulation der deutschen Wehrmacht wurde am 7. Mai 1945 im Obersten Hauptquartier der Alliierten Expeditionsstreitkräfte, untergebracht in den Gebäuden des heutigen Lycée Polyvalent Franklin Roosevelt, in Reims unterzeichnet und trat am 8. Mai um 23:01 Uhr in Kraft. Die Kapitulationserklärung wurde aus protokollarischen Gründen in Berlin-Karlshorst im Hauptquartier der sowjetischen 5. Armee am 8./9. Mai wiederholt. Die deutsche Staats- und Wehrmacht­führung räumte damit den alliierten Siegermächten das Recht ein, alle politischen, militärischen und gesellschaftlichen Angelegenheiten Deutschlands zu regeln.

Der Kurswechsel der Sowjetunion nach der Jalta-Konferenz wurde vollends sichtbar, als Stalin am 8.Mai erklärte:[27] „Die Sowjetunion feiert den Sieg, wenn sie sich auch nicht anschickt, Deutschland zu zerstückeln oder zu vernichten.“

Aus diesen Tatsachen ergibt sich, dass die Kriegsgegner Deutschlands trotz aller Beratungen und Erwägungen in den vergangenen vier Jahren keine einheitliche Konzeption für den nun gemeinsam zu beschreitenden Weg besaßen. Es herrschte bei den Alliierten immer noch die Angst, der Krieg könnte noch nicht vorbei sein und es könnten sich neonazistische Untergrundbewegungen bilden, die in Form von Anschlägen oder Straßenkämpfen die Auseinandersetzungen nochmals suchen würden.[28]

Die USA hatten zwar durch ihre Vereinigten Stabschefs an den Oberbefehlshaber ihrer Besatzungstruppen im April 1945 eine Weisung – die Direktive JCS 1067 – ergehen lassen, in dem es unter anderem hieß:[29] „Deutschland wird nicht besetzt zum Zwecke seiner Befreiung, sondern als besiegter Feindstaat.“ Bald sollte sich jedoch herausstellen, dass die detaillierten Anweisungen der Wirklichkeit nicht gerecht zu werden vermochten und die Sowjetunion andere Vorstellungen durchsetzen wollte.[30]

Die in der Kapitulationsurkunde angekündigten allgemeinen Bedingungen wurden Anfang Juni von den Oberbefehlshabern der Besatzungstruppen – dem amerikanischen General Eisenhower, dem Marshall der Sowjetunion Shukow, dem britischen Feldmarschall Montgomery und dem französischen Armeegeneral Lattre de Tassigny – verkündet, nachdem am 23. Mai die Geschäftsführende Reichsregierung des Großadmirals Dönitz in der Nähe von Flensburg verhaftet worden war.[31] Der Krieg hatte ein Drittel des deutschen Staatsvermögens von 1936 vernichtet, ein Fünftel aller gewerblichen Bauten und Produktionsmittel, zwei Fünftel aller Verkehrsanlagen, 15% des Wohnraumes zerstört sowie das Arbeitskräftepotential der Bevölkerung um annähernd ein Fünftel vermindert. Das Auslandsvermögen, die Handelsflotte und alle deutschen Patente wurden beschlagnahmt.[32]

Mit dem Zusammenbruch der durch Gesetze und Verordnungen gestützten Kriegswirtschaft versiegten die Lebensmittelzufuhren aus den von deutschen Truppen besetzten Ländern, so dass die Versorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln stockte. Ein gewaltiger Geldüberhang ließ den Schwarzmarkt blühen, die Kriminalität stieg rapide an, Seuchen drohten auszubrechen.[33]

Das ganze Ausmaß der Konzentrationslager war zu diesem Zeitpunkt schon den Alliierten und der Weltöffentlichkeit bekannt und verschärfte den Hass auf das nationalsozialistische Regime und ihren vielen deutschen Helfern nochmals. Die von den alliierten Truppen befreiten Konzentrationslager enthüllten einen Schrecken, der das ganze Ausmaß der nationalsozialistischen Vernichtungslogik und Menschenverachtung zum Ausdruck brachte.[34] Nach der Befreiung der KZ-Gefangenen und deren medizinischer Versorgung sahen die Alliierten die Notwendigkeit, die deutsche Bevölkerung mit den unter ihren Augen begangenen Verbrechen zu konfrontieren. In den Konzentrationslagern wurden die unglaublichen Verbrechen sichtbar – auch für Menschen, die nicht bereits Augenzeugen der Verbrechen gewesen waren. Die örtliche Bevölkerung aus der Nachbarschaft der KZs wurde gezwungen, Lagerteile und Leichen der dort Ermordeten anzusehen. Sie wurde mehrfach gezwungen, Tote in würdigen Gräbern zu bestatten. Dabei ging es um unbestattete Leichen oder Umbettungen von Leichen aus Massengräbern.

Das Grauen des Konzentrationslagers Auschwitz-Birkenau übertraf alles, was man sich bisher vorstellen konnte:[35] Einige Krematorien und Gaskammern des KZ Birkenau wurden schon ab November 1944 abgerissen. Die Verbrennungsöfen wurden demontiert und sollten jüngsten Studien zufolge in dem noch als sicher geltenden KZ Mauthausen wieder aufgebaut werden. Das letzte Krematorium sprengten die Nationalsozialisten kurz vor der Befreiung des Lagers durch die anrückenden sowjetischen Truppen im Januar 1945. Zwischen dem 17. Januar 1945 und dem 23. Januar wurden etwa 60.000 Häftlinge evakuiert und in Todesmärschen nach Westen getrieben.

In den Lagern und Außenstellen blieben etwa 7500 Häftlinge zurück, die zu schwach oder zu krank zum Marschieren waren. Mehr als 300 wurden erschossen; man nimmt an, dass eine geplante Vernichtungsaktion nur durch das rasche Vorrücken der Roten Armee verhindert wurde.

Zuerst wurde das Hauptlager Monowitz am Vormittag des 27. Januar 1945 durch die 322. Infanteriedivision der 60. Armee der 1. Ukrainischen Front unter dem Oberbefehl von Generaloberst Pawel Kurotschkin befreit. Von den dort zurückgelassenen Gefangenen – die Angaben reichen von 600 bis 850 Personen – starben trotz medizinischer Hilfe 200 in den Folgetagen an Entkräftung.

Das Stammlager und Auschwitz-Birkenau wurden – auch durch die Soldaten der 322. Division – schließlich am frühen Nachmittag des 27. Januar befreit. In Birkenau waren fast 5.800 entkräftete und kranke Häftlinge, darunter fast 4.000 Frauen, unversorgt zurückgeblieben. In den desinfizierten Baracken wurden Feldlazarette eingerichtet, in denen die an Unterernährung und Infektionen leidenden und traumatisierten Häftlinge versorgt wurden.

Einige Tage später wurde die Weltöffentlichkeit über die Gräueltaten informiert. Die Ermittler fanden über eine Million Kleider, ca. 45.000 Paar Schuhe und sieben Tonnen Menschenhaar, die von den KZ-Wächtern zurückgelassen wurden.

In den Jahren 1940 bis 1945 wurden in die Konzentrationslager Auschwitz mindestens 1,1 Millionen Juden, 140.000 Polen, 20.000 Sinti und Roma sowie mehr als 10.000 sowjetische Kriegsgefangene deportiert. Knapp über 400.000 Häftlinge wurden registriert. Von den registrierten Häftlingen sind mehr als die Hälfte aufgrund der Arbeitsbedingungen, Hunger, Krankheiten, medizinischen Versuchen und Exekutionen gestorben.

Die nicht registrierten 900.000 nach Birkenau Deportierten wurden kurz nach der Ankunft ermordet. Als Obergrenze der Todesopfer im Konzentrationslager- und Vernichtungslagerkomplex Auschwitz wird die Zahl von 1,5 Millionen Opfern angegeben.

In der „[Berliner Deklaration] Erklärung in Anbetracht der Niederlage Deutschlands und der Übernahme der obersten Regierungsgewalt hinsichtlich Deutschlands durch die Regierungen des Vereinigten Königreichs, der Vereinigten Staaten von Amerika und der Union der Sozialistischen Sowjet-Republiken und durch die Provisorische Regierung der Französischen Republik“ in Anbetracht der Niederlage Deutschlands vom 5. Juni 1945 teilten die vier Siegermächte mit, dass sie „hiermit die oberste Regierungsgewalt in Deutschland übernehmen, einschließlich aller Befugnisse der deutschen Regierung, des Oberkommandos der Wehrmacht und der Regierungen, Verwaltungen oder Behörden der Länder, Städte und Gemeinden.[36] Die Übernahme zu den vorstehend genannten Zwecken der besagten Regierungsgewalt und Befugnisse bewirkt nicht die Annektierung Deutschlands.“[37]

Die fünfzehn Artikel dieser Erklärung regelten im Einzelnen die Entwaffnung und Gefangennahme aller deutschen Streitkräfte und die Verhaftung der nationalsozialistischen Rädelsführer. In einer am gleichen Tage veröffentlichten Feststellung über das Kontrollverfahren in Deutschland hieß es:[38]

„1. Während der Zeit, in der Deutschland die sich aus der bedingungslosen Kapitulation ergebenden grundlegenden Forderungen erfüllt, wird in Deutschland die oberste Gewalt von den Befehlshabern Großbritanniens, der Vereinigten Staaten, Sowjetrusslands und Frankreichs auf Anweisung ihrer Regierungen ausgeübt, von jedem in seiner eigenen Besatzungszone und gemeinsam in allen Deutschland als ein Ganzes zu betreffenden Angelegenheiten. Die vier Oberbefehlshaber bilden zusammen den Kontrollrat. Jeder Oberbefehlshaber wird von einem politischen Berater unterstützt.

2. Der Kontrollrat, dessen Entscheidungen einstimmig getroffen werden müssen, trägt für eine angemessene Einheitlichkeit des Vorgehens der einzelnen Oberbefehlshaber in ihren entsprechenden Besatzungszonen Sorge. (…)

3. Unter dem Kontrollrat sind ein ständiger Koordinationsausschuss, der sich aus einem Vertreter der vier Oberbefehlshaber zusammensetzt, und ein Kontrollstab tätig, der aus folgenden Abteilungen besteht: Heer, Marine, Luft, Transport, Politik, Wirtschaft, Finanzen, Reparationen und Wiedererstattung, Innere Angelegenheiten und Nachrichtenwesen, Rechtswesen, Kriegsgefangene und Zwangsverschleppte, Arbeitseinsatz. Jede Abteilung hat vier Leiter, von denen einer von jeder der vier Mächte ernannt wird.“

Berlin sollte von einer Interalliierten Behörde, bestehend aus den vier Stadtkommandanten, unter Aufsicht des Kontrollrates verwaltet werden. Den übrigen Kriegsgegnern Deutschlands wurde die Ernennung von Militärmissionen beim Kontrollrat empfohlen. Zwei weitere Dokumente, die das Datum des 5. Juni trugen, bestimmten, dass Deutschland in den Grenzen vom 31. Dezember 1937 in vier Besatzungszonen, Berlin in vier Sektoren aufgeteilt und dass die übrigen verbündeten Regierungen gelegentlich von den vier Besatzungsmächten konsultiert würden.[39]

Weiterhin regelte die Erklärung die Freilassung der in deutscher Kriegsgefangenschaft befindlichen Personen (Art. 6), Verbot des Vernichtens von offiziellen Dokumenten (Art. 8), Einstellung des Rundfunks (Art. 9), Gefangennahme der Kriegsverbrecher (Art. 11) und Stationierung der alliierten Streitkräfte in Deutschland (Art. 12).

Die geplanten Grenzen der Besatzungszonen stimmten nicht mit dem Verlauf der Fronten am Ende des Krieges überein. Britische und US-amerikanische Truppen mussten sich aus Teilen Mecklenburgs, Thüringens und Sachsens zurückziehen, die der sowjetischen Besatzungszone zugeteilt worden waren. Anfang Juli rückten die sowjetischen Truppen vor und besetzten strategische Städte wie z.B. Schwerin, Halle, Leipzig, Weimar und Erfurt, während die drei Westmächte ihre Berliner Sektoren übernahmen.

Zu dieser Zeit hatten sich aber bereits starke politische Spannungen zwischen den Westmächten und der Sowjetunion offenbart – vor allem wegen des sowjetischen Vorgehens in Polen, aber auch wegen der Einflussnahme der Sowjetunion auf die Regierungsbildungen in den Balkan-Staaten und Österreich.[40]

So hatte Churchill bereits am 4. Juni der amerikanischen Regierung mitgeteilt:[41] „Ich sehe dem im Mittelabschnitt unserer Front beabsichtigten Rückzug der amerikanischen Armee auf unsere Zonengrenzen mit größtem Unbehagen entgegen, ist doch damit der Vormarsch der Sowjetmacht im Herz Westeuropas und die Senkung eines eisernen Vorhangs zwischen uns und dem ganzen Osten verbunden. Ich hatte gehofft, dieser Rückzug würde, falls er überhaupt erfolgen muß, von der Regelung vieler wesentlicher Dinge begleitet sein, die allein eine echte Grundlage des Weltfriedens darstellen könnten. Noch ist nichts von Bedeutung geregelt.“

Die nach der Jalta-Konferenz entstandenen Meinungsverschiedenheiten sollten beigelegt, die Voraussetzungen für eine gemeinsame Nachkriegspolitik geschaffen werden, als die drei Regierungschefs vom 17.7-02.08 im Cäcilienhof bei Potsdam zusammenkamen. Die Leiter der Delegationen waren Präsident Truman, der an die Stelle des im April verstorbenen Franklin D. Roosevelt getreten war, unterstützt von seinem Außenminister Byrnes, Stalin und sein Außenminister Molotow, Premierminister Churchill und Außenminister Eden, die Ende Juli – nach dem Sieg der Labour-Party bei den britischen Unterhauswahlen – durch den neuen Regierungschef Attlee und Außenminister Bevin ersetzt wurden.[42]

Auf der Tagesordnung der Potsdamer Konferenz stand nicht nur das Deutschland-Problem. Im Fernen Osten dauerte der Krieg mit Japan an. Bis zu ihrer Politik gegenüber Spanien und der Türkei hatten die drei Mächte eine Fülle internationaler Probleme zu erörtern. „Als wir nach Potsdam gekommen waren, sahen wir uns hinsichtlich der polnisch-deutschen Grenze einer vollendeten Tatsache gegenüber“, berichtete Byrnes.[43] Die Sowjetunion hatten das deutsche Gebiet östlich der Oder und Neiße, das eigentlich zur sowjetischen Besatzungszone gehören sollte, polnischer Verwaltung unterstellt, ohne sich vorher mit den Regierungen in London und Washington abzustimmen:[44] „Die Sowjets hatten damit praktisch eine weitere Zone errichtet; sowohl Präsident Truman wie Premierminister Churchill baten sofort um eine Erklärung dieser einseitigen Handlungsweise. Die Sowjets rechtfertigten sich, indem sie sagten, die Deutschen seien vor den russischen Truppen geflohen.“

Die Westmächte beharrten darauf, dass die deutsch-polnische Grenze erst in einem Friedensvertrag festgelegt werden könne. Churchill warnte vor einer Hungersnot, wenn man Deutschland kurzfristig seiner landwirtschaftlich wichtigen Ostgebiete beraube. Truman erwähnte das schlesische Industriegebiet, ohne dass die von der Sowjetunion geforderten Reparationen – 20 Milliarden Dollar, von denen die Hälfte Russland zugute kommen sollte – nicht aufgebracht werden könnten. Ohnehin warnte die USA davor, Deutschland zu hohe Reparationen aufzuerlegen, die nur – wie nach dem 1. Weltkrieg - durch amerikanische Anleihen gesichert würden.

Erst in der Schlussphase der Potsdamer Konferenz gingen die westlichen Regierungen von ihrer Forderung ab, dass die östliche Neiße als vorläufige Grenze gelten, mithin Breslau und außerdem Stettin zu dem vom Kontrollrat verwalteten deutschen Gebiet gehören sollen. Stalins Machtpolitik setzte die Anerkennung der westlichen Neiße als Grenzlinie durch.[45] Auf der Konferenz wurde keine konkrete Festlegung des nördlichsten Grenzabschnittes bei und seewärts von Stettin getroffen.[46] Allerdings waren sich die Westalliierten und die Sowjetunion politisch insoweit darin einig, als der Hafen von Stettin dem polnischen Territorium zugeschlagen werden sollte. Polen hatte dies gegenüber den Alliierten im Vorfeld der Konferenz stets angeregt.

Dies galt auch für die Gegend um Königsberg. Im Artikel VI über die „Stadt Königsberg und das anliegende Gebiet“, hieß, dass die (…) Westgrenze der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken, [die] an die Ostsee grenzt, von einem Punkt an der östlichen Küste der Danziger Bucht in östlicher Richtung nördlich von Braunsberg-Goldap und von da zu dem Schnittpunkt der Grenzen Litauens, der Polnischen Republik und Ostpreußens verlaufen soll.“[47]

Die Regierungschefs kamen überein, einen Rat der Außenminister mit einem in London ansässigen Sekretariat zu bilden, dem Frankreich und in bestimmten Fragen China angehören sollten. Diesem Rat wurde aufgetragen, rasch die Friedensverträge mit Italien, Rumänien, Bulgarien, Ungarn und Finnland vorzubereiten – anschließend ein ähnliches Dokument für Deutschland.

Über die bis zum Abschluss eines Friedensvertrages zu verfolgende gemeinsame Politik hieß es im Potsdamer Abkommen:[48] „Das deutsche Volk fängt an, die furchtbaren Verbrechen zu büßen, die unter der Leitung derer, welche es zur Zeit ihrer Erfolge offen gebilligt hat und denen es blind gehorcht hat, begangen wurden.“

Unter Berufung auf die Jalta-Beschlüsse bekräftigten die Regierungschefs erneut ihren Willen, Deutschland vollständig zu entmilitarisieren und alle nationalsozialistischen Organisationen und Einflüsse zu beseitigen:[49] „Die Verwaltung Deutschland muß in Richtung auf eine Dezentralisation der politischen Struktur und der Entwicklung einer örtlichen Selbstverwaltung durchgeführt werden. In ganz Deutschland sind alle demokratischen Parteien zu erlauben und zu fördern. Bis auf weiteres wird keine zentrale deutsche Regierung errichtet werden. Jedoch werden einige wichtige zentrale deutsche Verwaltungsabteilungen errichtet werden, an deren Spitze Staatssekretäre stehen, und zwar auf den Gebieten des Finanzwesens, des Transportwesens, des Verkehrswesen, des Außenhandels und der Industrie. Diese Abteilungen werden unter der Leitung des Kontrollrates tätig sein.“

Die wirtschaftlichen Grundsätze des Abkommens verpflichteten den Kontrollrat, Deutschland als ein einziges wirtschaftliches Ganzes zu betrachten, das Wirtschaftsleben so rasch wie möglich zu dezentralisieren – mit dem Ziel der Vernichtung der bestehenden übermäßigen Konzentration der Wirtschaftskraft, dargestellt insbesondere durch Kartelle, Syndikate, Trusts und andere Monopolvereinigungen – und schließlich mit Hilfe eines deutschen Verwaltungsapparates eine Kontrolle des Wirtschaftslebens zu gewährleisten:[50] „Nach der Bezahlung der Reparationen sind dem deutschen Volke genügend Mittel zu belassen, um ohne eine Hilfe von außen zu existieren.“

Wie hoch diese Reparationen sein würden, blieb in der Erklärung unerwähnt. Die Mächte sollten ihre Reparationsansprüche jeweils aus ihrer eigenen Besatzungszone und den von ihnen beschlagnahmten Auslandsguthaben auftreiben, wobei der Sowjetunion zusätzlich Lieferungen aus den westlichen Zonen zugesagt wurden.[51]

Die für Deutschland folgenschwersten Bestimmungen betrafen das Schicksal der Ostgebiete:[52] „Die Konferenz hat grundsätzlich dem Vorschlag der Sowjetregierung hinsichtlich der endgültigen Übergabe der Stadt Königsberg und des anliegenden Gebietes an die Sowjetunion (…) zugestimmt. Der Präsident der USA und der britische Premierminister haben erklärt, dass sie den Vorschlag der Konferenz bei der bevorstehenden Friedensregelung unterstützen werden. (…) Die Häupter der drei Regierungen bekräftigten ihre Auffassung, dass die endgültige Festlegung der Westgrenze Polens bis zu der Friedenskonferenz zurückgestellt werden soll. Die Häupter der drei Regierungen stimmen darin überein, daß bis zur endgültigen Festlegung der Westgrenze Polens die früheren deutschen Gebiete östlich der Linie, die von der Ostsee unmittelbar westlich von Swinemünde und von dort die Oder entlang bis zur Einmündung der westlichen Neiße, und die westliche Neiße entlang bis zur tschechoslowakischen Grenze verläuft, einschließlich des Teiles Ostpreußens, der nicht unter die Verwaltung der UdSSR (…) gestellt wird, und einschließlich des Gebietes der früheren Freien Stadt Danzig unter die Verwaltung des polnischen Staates kommen und in dieser Hinsicht nicht als Teil der sowjetischen Besatzungszone in Deutschland betrachtet werden sollen.“

Byrnes berichtete, die Konferenz habe in guter Stimmung geendet, obwohl die US-amerikanische Delegation weniger zuversichtlich abgereist sei als nach der Konferenz in Jalta:[53] „Wir waren fest davon überzeugt, daß die erzielten Beschlüsse eine Grundlage für die baldige Wiederherstellung dauerhafter Verhältnisse in Europa bildeten. Tatsächlich haben die Beschlüsse die Konferenz zu einem Erfolg gemacht, aber die Verletzung dieser Beschlüsse verwandelte den Erfolg in einen Fehlschlag.“

Frankreich, das seine Vertreter in die Europäische Beratungskommission entsandt und die Deklarationen vom 5. Juni mit unterzeichnet hatte, war zur Potsdamer Konferenz nicht hinzugezogen worden.[54] Die französische Regierung unter dem Vorsitz von General de Gaulle beschränkte sich darauf, das Potsdamer Abkommen zur Kenntnis zu nehmen und nur Teile davon offiziell zu akzeptieren (z.B. die Beschlüsse über die deutschen Ostgebiete). Frankreich erhob Vorbehalte hinsichtlich der geplanten Zentralverwaltung, sperrte seine eigene Zone für Flüchtlinge und Vertriebene und begann, auf eine Abtrennung des Saargebietes und eine Internationalisierung der Ruhr zu drängen. Vornehmlich am französischen Widerstand sollte in den folgenden zwei Jahren die Bildung einer dem Kontrollrat unterstellten deutschen Zentralgewalt scheitern.

Diese Vereinbarungen dienten der UdSSR in den folgenden Jahren als Legitimation, um stufenweise ihre veränderte Politik in Deutschland durchzusetzen.[55]

Ein Fernziel der UdSSR bestand wohl darin, in Deutschland ihr eigenes System zu installieren. Nur dadurch glaubte sie Faschismus und Militarismus beseitigen zu können, die nach der sowjetischen Ideologie Folgen des Kapitalismus und der bürgerlichen Staatsform waren.[56] Die aktuellen Interessen der UdSSR verlangten 1945 jedoch eine andere Taktik. Die Sowjetunion wollte eben nicht nur ihren Machtbereich erweitern und ihr internationales Gewicht zu verstärken, sie benötigte auch nach den schweren Kriegsverlusten Ruhe für den Wiederaufbau und sie brauchte Reparationen.

Zunächst war also die Zusammenarbeit mit den westlichen Alliierten notwendig. Daher sollte jeder Anschein einer kommunistischen Entwicklung oder einer Übertragung des Sowjetsystems in Osteuropa und erst recht im gemeinsam besetzten Deutschland vermieden werden.[57] Ideologisch gestand Stalin deshalb allen kommunistischen Parteien einen eigenen Weg zum Sozialismus zu und verzichtete auf eine sofortige Sowjetisierung, was die Westmächte provoziert und die sowjetischen Reparationsansprüche gefährdet hätte.[58]

In Bezug auf den Pazifikkrieg legte die Potsdamer Erklärung vom 26. Juli 1945 die offiziellen amerikanisch-britisch-chinesischen Bedingungen für die Kapitulation des Kaiserreichs Japan fest. Die Potsdamer Erklärung wurde von Präsident Harry S. Truman und Premierminister Winston Churchill im Rahmen der Potsdamer Konferenz formuliert, von Generalissimo Chiang Kai-shek telegrafisch mitunterzeichnet.[59]

Deutschland in den Grenzen, die es von 1919 bis 1937 besessen hatte, zerfiel in den Monaten, die der Potsdamer Konferenz folgten, in acht Teile:[60]

  1. das von der Sowjetunion besetzte Gebiet um Königsberg, in dem nur wenige tausend Deutsche zurückblieben, wurde als Gebiet Kaliningrad in die russische Sozialistische Förderative Sowjetrepublik einbezogen, während das Memelgebiet zur Litauischen Sowjetrepublik gehören sollte.
  2. in dem unter polnische Verwaltung gestellten Gebiet, das verwaltungsrechtlich in sechs Woiwodschaften aufgegliedert wurde, wohnten weiterhin mehrere hunderttausende Deutsche, die nach und nach die polnische Staatsangehörigkeit annahmen. Die Gebiete jenseits der Oder-Neiße-Linie umfassten ein Viertel des Reichsterritoriums. Ein weiteres Viertel des Staatsgebietes von 1937 wurde von der Roten Armee verwaltet.
  3. die sowjetische Besatzungszone. Ende Oktober lebten in dieser Zone und dem Sowjetsektor von Berlin 18,35 Millionen Menschen. Die Sowjetische Militäradministration (SMAD) in Berlin-Karlshorst gliederte ihre Zone in die Länder Mecklenburg, Sachsen, Thüringen und die Provinzen Brandenburg und Sachsen-Anhalt (letztere wurden nach dem Kontrollratsbeschluss über die Liquidierung des preußischen Staates am 21.7.1947 in Länder umgewandelt). Unter der Aufsicht der örtlichen Kommandanten der Roten Armee, deren Verbände während des Einmarsches häufig der Kontrolle ihrer Befehlshaber entglitten waren, entstanden in den Gemeinden deutsche Verwaltungsämter. Im Juli 1945 setzte die SMAD Provinzial- und Landesverwaltungen ein. Noch vor Abschluss der Potsdamer Konferenz schuf sie durch den Befehl Nr. 17 am 25.7. elf Deutsche Verwaltungen – für Transport, Post- und Telegraphenwesen, Brennstoff und Energieerzeugung, Handel und Versorgung, Industrie, Landwirtschaft, Finanzen, Arbeit und Sozialwesen, Volksbildung, Justiz, Gesundheitswesen im Bereich der gesamten sowjetischen Zone.

Auch in den westlichen Besatzungszonen begann eine Neustrukturierung.[61] Die Ermordung des von den Alliierten eingesetzten Aachener Bürgermeisters durch unerkannt entkommende deutsche Täter im März 1945 ließ die Besorgnis der Alliierten wachsen, eine deutsche Untergrundbewegung könne die Bevölkerung terrorisieren.[62] Diese Befürchtungen erwiesen sich jedoch nach der Kapitulation als unbegründet. Das Oberkommando der westlichen Streitkräfte musste auf Geheiß der Regierungen – gegen den Willen General Eisenhowers – seine gemeinsamen Stäbe auflösen und seine Kompetenzen an die drei neuen Militärregierungen abtreten. Eine Neugliederung der deutschen Länder und Provinzen erschien vor allem angesichts der Auflösung des preußischen Staates notwendig. Im Jahre 1946 bildete sich die verwaltungsrechtliche Gestalt der westlichen Hälfte Deutschlands endgültig heraus. Danach gehörten zur# amerikanischen Besatzungszone die Länder Bayern, Groß-Hessen, Württemberg-Baden und die Enklave Bremen, der Zugang der amerikanischen Truppen zum Meer. In Bayern wurde bereits am 28.5. 1945 Fritz Schäffer, der letzte Vorsitzende der Bayerischen Volkspartei in der Weimarer Republik, zum Ministerpräsidenten ernannt. Ihn löste allerdings schon nach drei Monaten der Sozialdemokrat Wilhelm Hoegner ab, in dessen Kabinett Ludwig Erhard das Wirtschaftsministerium übernahm.

In Württemberg-Baden wurde der Liberale Reinhold Maier Ministerpräsident. Hessens erster Ministerpräsident wurde Karl Geiler, ein Heidelberger Historiker. Im Oktober 1945 schlossen sich die drei Regierungschefs in Stuttgart zu einem Länderrat zusammen, der durch einstimmige Beschlüsse eine Rechts- und Verwaltungsgleichheit der drei Länder sichern sollte. Die Ministerpräsidenten verabredeten, sich an jedem ersten Dienstag eines Monats zu treffen und ein Direktorium (bestehend aus je einem Regierungsmitglied, einem Bevollmächtigten der Ministerpräsidenten und dem Generalsekretär) zu berufen. Ein Sekretariat mit neun Fachabteilungen und zahlreichen Ausschüssen sollte seinen ständigen Sitz in Stuttgart haben und mit dem Coordinating Office der amerikanischen Militärregierung zusammenwirken. Bremen, zu dessen Senatspräsident der Sozialdemokrat Kaisen berufen wurde, konnte erst ab Februar 1947 zum Länderrat gehören.# Die britische Zone bestand aus den Ländern Schleswig-Holstein (erster Ministerpräsident der christlich-demokratische Theodor Steltzer), Hamburg (Bürgermeister Petersen), Nordrhein-Westfalen (Ministerpräsident der parteilose Rudolf Amelunxen) und Niedersachsen. Zu diesem neuen Land schlossen die Briten die Länder Hannover, Braunschweig und Oldenburg zusammen; Niedersachsens Ministerpräsident wurde im Oktober der Sozialdemokrat Kopf.

Mitte Februar 1946 schuf die britische Militärregierung eine beratende deutsche Körperschaft – den Zonenbeirat in Hamburg. Seine mindestens einmal monatlich tagenden, mit einfacher Stimmenmehrheit beschließenden 32 Mitglieder sollten der Militärregierung fachliche Ratschläge vor allem in jenen Bereichen erteilen, die der Kompetenz der Landesregierungen entzogen waren (Währungsfragen, Verkehrsprobleme, Außenhandel, Strafrecht und Strafverfahrensrecht).

  1. Das Saargebiet gehörte ursprünglich zur französischen Zone. Frankreich schickte sich jedoch bald an, die Saar aus der Besatzungszone herauszulösen, einem Sonderstatut zu unterstellen, das nicht von allen vier Mächten gebilligt wurde, und schließlich wirtschaftlich eng mit dem französischen Staatsgebiet zu verbinden. Frankreich hoffte, auf diese Weise vollendete Tatsachen zu schaffen, die durch den Friedensvertrag nur noch sanktioniert werden sollten. Im Unterschied zu dem sowjetisch-polnischen Vorgehen im Osten konnte die knapp eine Million Menschen umfassende Saarbevölkerung jedoch in ihrer Heimat bleiben. Grenzveränderungen vergrößerten in den folgenden Jahren das Saargebiet, so wie es im Versailler Vertrag umrissen worden war, um etwa ein Drittel auf Kosten des rheinland-pfälzischen Territoriums. Politische Kräfte, die sich einem Anschluss der Saar an Frankreich widersetzten, durften sich nicht entfalten. Der Vorsitzende der Christlichen Volkspartei des Saargebietes, Johann Hoffmann, der bereits am 09.05.1945 die wirtschaftliche Angliederung an Frankreich gefordert hatte, übernahm 1947 die Regierungsgeschäfte.
  2. Berlin, die Hauptstadt Deutschlands, wurde – gemäß alliierten Vereinbarungen vom 12.09 und 14.11.1944 – in vier Sektoren aufgeteilt und von einer Alliierten Kommandantur verwaltet:[63] „Es ist aufschlußreich, daß in allen diesen Dokumenten die gemeinsame Besetzung Berlin stand, daß aber in keinem der Zugang garantiert oder besondere Rechte zum Verkehr auf den Straßen-, Schienen- oder Luftwege festgelegt wurden.“

Die westlichen Diplomaten in der Europäischen Beratungskommission hatten zwar über diese Unterlassung beraten, waren aber zu dem Ergebnis gelangt, „das Recht in Berlin zu sein, schließe das Zugangsrecht mit ein; es werde nur Verwirrung stiften, die Angelegenheit in Zusammenhang mit der Vereinbarung zur Sprache zu bringen, (…) man würde damit sowjetisches Misstrauen erregen und die Verständigung noch schwieriger machen.“ Unmittelbar vor der Verlegung der westlichen Truppen nach Berlin kam es zu einer ersten „lebhaften Auseinandersetzung über die Verkehrswege von der englischen und amerikanischen Zone zu den entsprechenden Sektoren in Berlin (…) daraufhin erklärten sich die Russen bereit, eine Straße und eine Eisenbahnlinie zuzuteilen, auf denen Engländer und Amerikaner das uneingeschränkte Verkehrsrecht haben sollten; die Verantwortung für die Instandhaltung und Kontrolle behielten dagegen die Russen.“[64] – so berichtete Montgomery, während General Clay das Ergebnis der nicht protokollierten Besprechung am 29. Juni in einer Notiz festhielt:[65] „Es wurde vereinbart, daß aller Verkehr – Luft, Straße, Schiene (…) frei sein sollte von Grenzkontrollen oder der Kontrolle durch Zollbeamte oder militärischen Behörden. Unmöglich konnte ich voraussehen, daß die Sowjets eines Tages auf Grenz- und Zollkontrollen bestehen würden, um sie als Vorwand für die einleitenden Maßnahmen zur Verhängung der Blockade über Berlin zu benutzen.“

Der sowjetische Sektor umfasste acht Bezirke (Mitte, Prenzlauer Berg, Friedrichshain, Treptow, Köpenick, Lichtenberg, Weißensee, Pankow) mit 45,6 Prozent der Fläche und 36,8 Prozent der Einwohner Berlins, das im August 1945 2,8 Millionen Menschen zählte. Zum amerikanischen Sektor gehörten sechs Bezirke (Kreuzberg, Zehlendorf, Schöneberg, Steglitz, Tempelhof, Neukölln), zum britischen vier (Tiergarten, Charlottenburg, Spandau, Wilmersdorf) und zum französischen zwei Bezirke (Wedding, Reinickendorf).[66]

Noch vor dem Einzug der westlichen Truppen ging der sowjetische Stadtkommandant Bersarin, mit großer Energie daran, eine deutsche Verwaltung zu errichten.[67] Am 17. Mai gab der neu ernannte Oberbürgermeister Arthur Werner die Zusammensetzung des Magistrats bekannt: neun der 18 Stadträte, darunter die Abteilungsleiter für Personalfragen, Volksbildung und Arbeitseinsatz waren Kommunisten, die sich eines schon im Mai geschaffenen Systems von Straßen-, Block- und Vertrauensleuten bedienten, um sowjetische Befehle und eigene Absichten durchzusetzen. Dem Magistrat hatten sich aber auch Männer aus den früheren demokratischen Parteien angeschlossen – so der für das Berliner Ernährungswesen verantwortliche Andreas Hermes. Der Architekt Professor Scharoun war Stadtrat für Bau- und Wohnungswesen, der Chirurg Ferdinand Sauerbruch Stadtrat für Gesundheitswesen geworden.

In allen Bezirken ernannten die Sowjets rasch Bezirksbürgermeister als Leiter der jeweils aus neun Abteilungen bestehenden Bezirksämter.[68] Schon im August sahen sich die Kommandanten in den Westsektoren gezwungen, gegen die von den Sowjets eingesetzten Obleute einzuschreiten und die Zusammensetzung der ihnen unterstellten Bezirksämter zu verändern.

Berlin war nicht nur Sitz der Alliierten Kommandantur und des Kontrollrates, sondern auch Residenz von 37 Militärmissionen, über 30 Konsulaten und den 11 Zentralverwaltungen der Sowjetzone.[69]

Am 10.6.1945 gestattete die Sowjetische Militäradministration (SMAD) mit dem Befehl Nr.2 die Bildung politischer Parteien und die Gründung von Gewerkschaften. Der SMAD-Befehl ging davon aus, dass „die Bildung und Tätigkeit aller antifaschistischen Parteien zu erlauben sei, die sich die endgültige Ausrottung der Überreste des Faschismus und die Festigung der Grundlagen der Demokratie und der bürgerlichen Freiheiten (…) zum Ziel setzen.“[70] Die Erziehung zum Antifaschismus wurde in der Folgezeit zu einem Stützpfeiler des Staates, was sowohl die SBZ und später die DDR betraf.[71] Während Großindustriellen oder Junkern die Hauptverantwortung für den Nationalsozialismus zugeschrieben wurden und Vertreter des Mittelstandes häufig als nominelle NSDAP-Mitglieder oder Mitläufer eingestuft wurden, wurde der Arbeiterklasse ein antifaschistischer Mythos zugesprochen. [72] Die Heroisierung der Arbeiterklasse fand besonders nach der Gründung der SED 1946 Verbreitung, in der die Arbeiterklasse Immunität und prinzipiell antifaschistisches Engagement gegen den Nationalsozialismus bescheinigt wurde.[73]

So wurden Millionen Menschen, die das NS-Regime unterstützt und gestützt hatten, sozusagen von jeglicher Verantwortung für Krieg, Völkermord und den Holocaust freigesprochen:[74] „Während Großindustriellen, Junkern und Militärs aus guten Gründen die Hauptverantwortung für den Nationalsozialismus zugeschrieben und Angehörige der Mittelklasse meist als Mitläufer eingestuft wurden, erhielt die Arbeiterklasse einen antifaschistischen Mythos zugesprochen, der ihre politische Führungsrolle in der SBZ untermauern sollte. Besonders nach der Gründung der SED im Frühjahr 1946 fanden Darstellungen Verbreitung, in denen die Arbeiterschaft durchgehend Immunität und prinzipielle Gegnerschaft gegenüber dem Nationalsozialismus bescheinigt wurden.“

Böhmen und Mähren hatten zum Heiligen Römischen Reich und danach bis 1866 zum Deutschen Bund gehört, und zwar seit 1804 als Teile des Kaisertums Österreich. Für manche Abgeordnete der Frankfurter Nationalversammlung war es 1848 überraschend, dass tschechische Wahlkreise der österreichischen Monarchie keine Abgeordneten nach Frankfurt entsenden wollten, weil sie sich Böhmen und Mähren nicht als Teile eines geeinten Deutschlands vorstellen konnten.

Von Radikalen beider Seiten gab es bereits damals erste Vorstellungen bzw. Pläne dazu, die nationale Frage in den beiden österreichischen Kronländern radikal zu lösen: durch die Vertreibung der Deutschen oder der Tschechen aus Böhmen und Mähren. Diese Haltung wurde aber nur von einer sehr kleinen Minderheit beider Nationalitäten vertreten.

Im Zuge des wachsenden Nationalismus seit den 1870er Jahren gewannen solche Überlegungen in radikalen Kreisen von Deutschen und Tschechen deutlich an Raum. Viele altösterreichische Deutsche wollten den Tschechen nicht völlige sprachliche und politische Gleichberechtigung einräumen. Jüngere tschechische Politiker hingegen wollten Böhmen und Mähren nicht mehr von Wien aus regieren lassen, sondern die Innenpolitik der Länder der böhmischen Krone ebenso autonom gestalten wie es die Magyaren ihrerseits seit 1867 mit der eigenen in den Ländern der ungarischen Krone taten.

1871 beschloss der böhmische Landtag die Schaffung einer autonomen Verfassung (Fundamentalartikel), was jedoch von der Deutschliberalen Partei abgelehnt wurde.

Unter dem österreichischen Ministerpräsidenten Eduard Taaffe wurde 1880 Tschechisch neben Deutsch wieder Amtssprache in Böhmen. Jedoch wurden nur Gemeinden mit bedeutendem tschechischem Bevölkerungsanteil zweisprachig verwaltet. 1897 erließ der österreichische Ministerpräsident Graf Badeni eine Sprachenverordnung für Böhmen und Mähren, nach der dort alle politischen Gemeinden zweisprachig zu verwalten waren. Damit avancierte Tschechisch in beiden Kronländern zu einer gleichberechtigten Landessprache. Daraufhin legten deutsche Abgeordnete den osterreichischen Reichsrat lahm. Aufgrund der Boykotte im Parlament und in den böhmischen Ländern musste Kaiser Franz Joseph I. die Regierung schließlich entlassen, und 1899 wurde die Nationalitätenverordnung wieder verwässert bzw. aufgehoben.

Das erboste wiederum die Tschechen. So hielt die aus der Ablehnung der völligen Gleichberechtigung beider Nationen in Böhmen und Mähren durch die Deutschböhmen entstandene politische Blockade bis in den ersten Weltkrieg an. Als Österreich-Ungarn beim Kriegsende 1918 zerfiel, wollten die Deutschen Cisleithaniens, die vorher ihre Privilegien als staatstragende Sprachgruppe ausgekostet hatten, „Deutschösterreich“ unter Einschluss der deutsch besiedelten Gebiete in Böhmen, Mähren und Österreich-Schlesien gründen; die Tschechen besetzten aber die böhmischen Länder sofort und verhinderten die aktive Teilnahme der dortigen Deutschen an der republikanischen österreichischen Staatsgründung. Die Deutschösterreicher hofften noch auf den Friedensvertrag von St. Germain 1919; an dessen Verhandlungen nahmen aber die Tschechen auf der Siegerseite statt, sodass ihnen ganz Böhmen, Mähren und (Österreichisch-) Schlesien blieb.

Die gravierenden und völkerrechtlich zu verwerfenden Ereignisse ab 1938 mit dem so genannten Münchener Abkommen, einem Diktat gegenüber der Tschechoslowakei, der im März 1939 erfolgten Besetzung der „Rest-Tschechei“, der Bildung des Protektorat Böhmen und Mähren und mit dem Drängen des Deutschen Reichs, die Slowakei möge sich zur Eigenstaatlichkeit entschließen, änderten das Bild grundlegend.

Nach übereinstimmenden Quellen erreichte Exilpräsident Edvard Benes bereits während des Krieges die Zustimmung der Alliierten zu einem großen „Bevölkerungstransfer“; dies geschah 1943 in Moskau in einem persönlichen Gespräch mit Stalin. Die Zustimmung wurde jedoch geheim gehalten.

Großbritannien gab Beneš den Rat, auf das Schuldprinzip zu verzichten. Außenminister Anthony Eden warnte bereits im Herbst 1942 davor, die Anwendung des Schuldprinzips könne „das eventuell wünschenswerte Ausmaß von Bevölkerungsverschiebungen begrenzen“. Die USA hatten ebenfalls keinen Einwand gegen „die Eliminierung der deutschen Minderheit in der Tschechoslowakei“.

Im Oktober 1943 äußerte Edvard Beneš in London in kleinem Kreis: „Den Deutschen wird mitleidlos und vervielfacht all das heimgezahlt werden, was sie in unseren Ländern seit 1938 begangen haben.“

Im November 1944, als das Land noch bis auf die Ostslowakei von deutschen Truppen besetzt war, rief Militärbefehlshaber Sergej Ingr in der BBC auf: „Schlagt sie, tötet sie, lasst niemanden am Leben“.

Die antideutsche Stimmung wuchs nach tschechischen Quellen mit der Meinung über die Unerlässlichkeit der massiven Zwangsabschiebung im Inlands- und Auslandswiderstand sowie in der Mehrheit der tschechischen Gesellschaft schrittweise während der deutschen Okkupation der Tschechoslowakei. Sie kulminierte im Mai 1945, so dass vielen Tschechen weiteres deutsch-tschechisches Zusammenleben als unmöglich erschien.

Auslöser für die sofort nach Kriegsende beginnende Massendeportation war wiederum Beneš, der nun auch für die formaljuristische Basis des Vorgangs sorgte, vorerst durch Präsidialdekrete, bald durch parlamentarisch beschlossene Gesetze.

Bei einer Rede am 12. Mai 1945 in Brünn sagte Beneš, dass „wir das deutsche Problem in der Republik definitiv ausräumen müssen“ und vier Tage darauf auf dem Altstädter Ring in Prag, dass „es nötig sein wird, vor allem kompromisslos die Deutschen in den tschechischen Ländern und die Ungarn in der Slowakei zu eliminieren“. Solche Äußerungen verstanden vor allem junge Aktivisten als Einladung zu sofortigem Handeln.

Als Rechtfertigungsgrundlage für den Vorgang wird zumeist Artikel XIII des Protokolls der Potsdamer Konferenz herangezogen, in dem es u. a. heißt:

„Die drei Regierungen haben die Frage unter allen Gesichtspunkten beraten und erkennen an, daß die Überführung der deutschen Bevölkerung oder Bestandteile derselben, die in Polen, Tschechoslowakei und Ungarn zurückgeblieben sind, nach Deutschland durchgeführt werden muß. Sie stimmen darin überein, daß jede derartige Überführung, die stattfinden wird, in ordnungsgemäßer und humaner Weise erfolgen soll.“

Als die Potsdamer Konferenz am 17. Juli 1945 eröffnet wurde, hatte in der Tschechoslowakei die Vertreibung allerdings längst begonnen: Bis dahin war bereits eine Dreiviertelmillion Sudetendeutscher vertrieben worden.

Die ersten Aussiedlungen Sudetendeutscher waren noch kriegsbedingt: Die deutschen Behörden begannen, da sich die Rote Armee unaufhaltsam näherte, mit der Evakuierung der Deutschen. Zum Teil flüchteten Deutsche in den Kriegswirren aber auch unorganisiert, da man sich nach dem Vernichtungskrieg gegen die Sowjetunion vor Racheaktionen fürchtete.

Mit Beginn des Maiaufstandes des tschechischen Volkes am 5. Mai 1945, noch vor der bedingungslosen Kapitulation der Wehrmacht am 8. Mai und somit noch vor der Befreiung durch alliierte Truppen, gelang es der tschechischen Bevölkerung, in Teilen des Landes die Kontrolle zu erringen. Dort kam es dann bereits zu ersten als „spontane Vertreibungen“ bezeichneten gewaltsamen Maßnahmen der tschechischen Bevölkerung gegen noch anwesende „Volksdeutsche“.

Die öffentlichen Ansprachen Beneš’ am 12. und 16. Mai, in denen er die Entfernung der Deutschen als absolute Notwendigkeit erklärte, bildeten sodann den entscheidenden Impuls zur Intensivierung der „wilden Vertreibungen“ (tschech. divoký odsun), bei der es zu brutalen Exzessen und mörderischen Angriffen gegen Deutsche kam. Zwischen Kriegsende und der praktischen Umsetzung des Potsdamer Kommuniques (Protokoll) wurden durch diese sogenannten wilden Vertreibungen bereits an die 800.000 Deutsche – viele mussten nach Österreich – ihrer Heimat beraubt. Aufgrund des Benes-Dekretes 108 wurde das gesamte bewegliche und unbewegliche Vermögen der deutschen Einwohner Konfiziert und unter staatliche Verwaltung gestellt.

Um die Täter nicht vor Gericht stellen zu müssen, wurde in der Provisorischen Nationalversammlung am 8. Mai 1946 ein Straffreiheitsgesetz für im „Freiheitskampf“ zwischen 30. September 1938 und 28. Oktober 1945 begangene Straftaten beschlossen. Das Benes-Dekrete 115/46 erklärt Handlungen im Kampfe zur Wiedergewinnung der Freiheit..., oder die eine gerechte Vergeltung für Taten der Okkupanten oder ihrer Helfershelfer zum Ziel hatte, ... für nicht widerrechtlich.

Edvard Beneš versprach am 14. Oktober 1945 in einer Rede in Melnik, deren Inhalt vermutlich auch im Ausland registriert werden sollte, humanes, moralisches Vorgehen:„In der letzten Zeit werden wir jedoch in der internationalen Presse kritisiert, dass der Transfer der Deutschen in einer unwürdigen, unzulässigen Weise durchgeführt wird. Wir tun angeblich dasselbe, was die Deutschen uns taten; wir beschädigen angeblich unsere eigene Nationaltradition und unseren bisher untadeligen Ruf. Wir machen angeblich einfach die Nazisten in ihren grausamen, unzivilisierten Methoden nach.Mögen diese Vorwürfe in Einzelheiten wahr sein oder nicht, ich erkläre ganz kategorisch: Unsere Deutschen müssen ins Reich weggehen und sie werden in jedem Fall weggehen. Sie werden wegen ihrer eigenen großen moralischen Schuld, ihrer Vorkriegswirkung bei uns und ihrer ganzen Kriegspolitik gegen unseren Staat und unser Volk weggehen. Die, die als unserer Republik treu gebliebene Antifaschisten anerkannt werden, können bei uns bleiben. Aber unser ganzes Vorgehen in der Sache ihrer Abschiebung ins Reich muss human, taktvoll, richtig, moralbegründet sein. […] Alle untergeordneten Organe, die sich dagegen versündigen, werden sehr entschieden zur Ordnung gerufen werden. Die Regierung wird in keinem Fall erlauben, dass der gute Ruf der Republik durch unverantwortliche Elemente beschädigt wird.“

Die offizielle Abschiebung der deutschen Bevölkerung aus der Tschechoslowakei begann im Januar 1946. Während dieses Jahres wurden rund 2.256.000 Menschen ausgesiedelt, großteils nach Deutschland, zu einem kleinen Teil auch nach Österreich. Ausgenommen von der Abschiebung waren lediglich Personen, die unter Zugrundelegung der als „Beneš-Dekrete“ bezeichneten Präsidialdekrete unentbehrliche Facharbeiter oder nachweislich Gegner und Verfolgte des Nationalsozialismus gewesen waren, wie z. B. sozialdemokratische oder kommunistische Widerstandskämpfer.

Die 1945/46 erfolgte Vertreibung von etwa drei Millionen Deutschböhmen und Deutschmährern war nach den Auswirkungen der „Westverschiebung Polens“, die fünf Millionen Deutsche betraf, der größte Bevölkerungstransfer der Nachkriegszeit in Europa. Rund 250.000 Deutsche durften mit begrenzten Bürgerrechten bleiben. 1947 und 1948 wurden aber viele von ihnen zwangsweise in das Landesinnere umgesiedelt. Die offizielle Begründung lautete: „Umsiedlung im Rahmen der Zerstreuung der Bürger deutscher Nationalität“

Die Vertreibung hatte folgende unmittelbaren Auswirkungen:

In den 1950er, 1960er und weiten Teilen der 1970er waren die Vertreibungen aus Sicht der Tschechoslowakei ein generelles Tabuthema. Auch in der DDR und in Österreich gab es kein Interesse an einer Thematisierung. Lediglich in der Bundesrepublik Deutschland artikulierten sich die Vertriebenenverbände auf verschiedene Weise, wobei eine Tabuisierung häufig durch Stigmatisierung ersetzt wurde: Eine juristische Aufarbeitung unterblieb auch hier.

Erst 1978 vertraten Exponenten der Charta 77 die Meinung, die Entrechtung der Deutschen sei die erste Stufe einer allgemeinen Entrechtung der gesamten tschechoslowakischen Bevölkerung gewesen. Im gleichen Jahr publizierte der slowakische Historiker Jan Mlynarik unter dem Pseudonym Danubius seine in der Tschechoslowakei heftigst kritisierten „Thesen zur Vertreibung“, in denen er diese als „Frucht der totalitären Diktaturen“ und als „unser offenes, umgangenes und häufig peinlich interpretiertes Problem“ bezeichnete.

Als sich nach dem Fall des Eisernen Vorhangs die Aufnahme der Tschechoslowakei bzw. dann tatsächlich Tschechiens und der Slowakei in die EU anbahnte, kam eine Diskussion über die völkerrechtlichen Aspekte der Vertreibung und der Benes-Dekrete in Gang, von der die Organisationen der Sudetendeutschen in Deutschland und Österreich auch erhofften, damit die Beitrittskandidaten unter Druck setzen zu können. .

Die Mehrheit der Völkerrechtler wertet die Vertreibung der Sudetendeutschen dagegen nicht als Völkermord, weil, wie etwa Christian Tomuschat urteilt, „[…] trotz der Schwere der Taten von einer gezielten Gesamtaktion des Völkermordes nicht die Rede sein kann.“ Die Begriffe „Genozid“ und „Völkermord“ wurden von Vertriebenenfunktionären „als moralische Waffen (statt als juristisch-politische Werkzeuge)“ verwendet, um „die qualitativen Unterschiede zwischen alliierter/tschechischer und nationalsozialistischer Politik einzuebnen“.

Die Untersuchung der von der EU beauftragten Gutachter Jochen Frowein, Ulf Bernitz und Christopher Lord Kingsland, veröffentlicht am 2. Oktober 2002, befand, dass die (die deutsche Minderheit betreffenden) Beneš-Dekrete kein Hinderungsgrund gegen den EU-Beitritt Tschechiens bildeten.

Die 1968 geborene Autorin Radka Denemarkowa veröffentlichte 2006 den Roman Peníze od Hitlera (wörtlich: Geld von Hitler). Er wurde 2007 mit dem tschechischen Literaturpreis Magnesia Litera ausgezeichnet und daraufhin in mehrere Sprachen übersetzt, Deutsch 2009 unter dem Titel Ein herrlicher Flecken Erde. Alena Wagnerova rezensierte das Werk in der NZZ: „Die kollektive Vertreibung der Sudetendeutschen ist ein in Tschechien nach wie vor tabuisiertes Thema der Weltkriegsgeschichte.“

Der frühere tschechoslowakische und tschechische Staatspräsident Vaclav Havel sagte 2009 in einem Interview zur ethischen Komponente der Vertreibung:„Die Wahrheit ist, dass ich die Vertreibung kritisiert habe. Ich war damit nicht einverstanden, mein ganzes Leben lang nicht. Aber mit einer Entschuldigung ist das eine komplizierte Sache. […] So, als ob wir uns mit einem ‚Tut leid‘ plötzlich aus der historischen Verantwortung davon stehlen könnten. Letztendlich haben wir mit der Vertreibung draufgezahlt.“

Zum Anlass des 70. Jahrestages der Vertreibung wurde am 30. Mai 2015 bereits zum wiederholten Mal in Brünn ein Gedankmarsch veranstaltet. Der dortige Oberbürgermeister Pavel Vokřál hat in diesem Zusammenhang die Botschafter aus Deutschland und Österreich, Vertreter der Vertriebenenvereine und weitere Politiker aus beiden Nachbarländern eingeladen, die gewaltsame Vertreibung der deutschsprachigen Bevölkerung aus Brünn zum Anlass für gemeinsames Gedenken zu nehmen. Die Brünner Stadtverwaltung beschloss, die damaligen Ereignisse aufrichtig zu bedauern.

Die 1990 von den Außenministern der Bundesrepublik Deutschland und der Tschechoslowakischen Föderativen Republik, Hans-Dietrich Genscher und Jiri Dienstbier, gegründete „Deutsch-Tschechoslowakische Historiker-Kommission“, die seit 1993 als „Deutsch-Tschechische und Deutsch-Slowakische Historikerkommission“ agiert, kam 1996 zu folgendem Ergebnis: „Die Angaben über die Vertreibungsopfer, das heißt über die Menschenverluste, die die sudetendeutsche Bevölkerung während und im Zusammenhang mit der Vertreibung und zwangsweisen Aussiedlung aus der Tschechoslowakei erlitten hat, divergieren in extremem Maße und sind deshalb höchst umstritten. Die in deutschen statistischen Erhebungen angegebenen Werte streuen zwischen 220.000 und 270.000 ungeklärten Fällen, die vielfach als Todesfälle interpretiert werden, die in bisher vorliegenden Detailuntersuchungen genannte Größe liegt zwischen 15.000 und – maximal – 30.000 Todesfällen.

Die Differenz ist das Ergebnis unterschiedlicher Auffassungen über den Begriff der Vertreibungsopfer: Die Detailforschung neigt dazu, nur die Opfer von direkter Gewaltanwendung und abnormen Bedingungen zu berücksichtigen. Dagegen zählt man in Statistiken vielfach alle ungeklärten Fälle zu den Vertreibungsopfern hinzu.

Die voneinander abweichenden Angaben ergeben sich zudem auch aus der Tatsache, dass verschiedene Erhebungs- bzw. Auswertungsmethoden verwendet werden.“

Vor allem durch das Wechseln von Nationalitäten verschiedener Gruppen wie Individuen können diese Statistiken nicht miteinander verglichen werden.

Von 18.816 belegten Opfern der Vertreibungen und der Abschiebung waren 5.596 ermordet worden, 3.411 verübten Suizid, 6.615 kamen in Lagern um, 1.481 bei Transporten, 705 unmittelbar nach dem Transport, 629 bei einer Flucht und bei 379 Toten konnte man keine eindeutige Todesursache zuordnen.

Auf der Grundlage einer Volkszählung, von Rechnungen sowie Schätzungen und mit Rücksicht auf Kriegsverluste, Emigration und Massaker gab das Statistische Bundesamt im Jahre 1958 eine Erklärung heraus, der zufolge „es eine Gegensätzlichkeit in der Anzahl 225.600 Deutsche“ gebe, „deren Schicksal nicht aufgeklärt worden ist“. (Diese Zahl ist mehrmals korrigiert worden und bewegt sich auch in verschiedenen Quellen zwischen etwa 220.000 und 270.000, davon sollen ungefähr 250.000 Sudetendeutsche und 23.000 Karpatendeutsche sein.)

Gegner der von dieser Angabe abgeleiteten These, dass es rund 250.000 in der Vertreibung umgekommene Deutsche gegeben habe, behaupten, es sei falsch, diese Personen zur Gänze als Vertreibungsopfer zu klassifizieren. Die Anzahl der „unaufgeklärten Fälle“ sei viel höher als die Anzahl derer, die bei der Vertreibung und unmittelbar nach der Vertreibung nachweislich ums Leben gekommen sind. Anhänger dieser Version gehen von einer tatsächlichen Opferzahl zwischen 19.000 (gemäß der deutschen Gesamterhebung habe es etwa 5.000 Suizide und über 6.000 Opfer von Gewalttaten gegeben) und 30.000 aus.

Eine selbstständige deutsch-tschechische Historikerkommission hat sich im Jahre 1996 darauf geeinigt, dass bei dem odsun zwischen 20.000 und 30.000 Deutsche ums Leben kamen. Das sei eine von beiden Seiten bestätigte und beglaubigte Zahl. Diese Zahl wird jedoch weiterhin in Zweifel gezogen und in der Literatur findet man immer noch Schätzungen von 20.000 bis zu 270.000 Vertreibungstoten u. a. weil die natürliche Sterbequote teilweise nicht berücksichtigt wird.

Im Jahre 1930 gab es auf dem Gebiet des heutigen Tschechien 3.149.820 Deutsche. Nach der tschechoslowakischen Volkszählung 1950 lebten 159.938 Deutsche auf dem Gebiet des heutigen Tschechien (und einige Tausend in der Slowakei), 1961 waren es 134.143 (1,4 % der Bevölkerung von Tschechien), im Jahr 1991 48.556; in der Volkszählung im Jahr 2001 haben sich 39.106 Personen zur deutschen Nationalität bekannt. Die Abnahme zwischen 1961 und 1991 wurde wahrscheinlich durch die Emigration Deutscher nach der Zerschlagung des Prager Frühlings 1968 verursacht.

Golo Mann plädierte für ganz Europa dafür, „Ereignisse und Entscheidungen zwischen 1939 und 1947 als eine einzige Unglücksmasse, als eine Kette böser Aktionen und böser Reaktionen zu sehen“. Etwa in diesem Sinn wurde in der Tschechoslowakei zumeist argumentiert, um den „Abschub“ zu erklären.

Die bis heute in Tschechien vorherrschende Auffassung zu den Gründen der Vertreibung der Deutschen aus Böhmen und Mähren nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs nennt folgende Ursachen aus den Jahren 1938–1945:

Die Bundesrepublik Deutschland und die Tschechoslowakei haben 1973 den so genannten Prager Vertrag (oder Normalisierungsvertrag) abgeschlossen und sodann diplomatische Beziehungen aufgenommen. Von sudetendeutscher Seite wurde kritisiert, dass in diesem Vertrag Vertreibung und Enteignung der Sudetendeutschen mit keinem Wort erwähnt sind. Allerdings wurden auch die NS-Verbrechen in der Tschechoslowakei nicht erwähnt; der Vertrag berechtigt niemanden zu Ansprüchen.

Die Sudetendeutsche Landsmannschaft ist zum einen nach der Herkunft ihrer Mitglieder in „Heimatlandschaften“ und „Heimatkreise“ gegliedert, zum anderen nach dem heutigen Wohnort in Landes-, Kreis- und Ortsgruppen. Gemeinsam mit den sudetendeutschen Heimatvereinigungen vertritt die Landsmannschaft nach eigenen Angaben die Interessen von 250.000 Mitgliedern. Die SL erhebt den Anspruch, für alle sudetendeutschen Heimatvertriebenen zu sprechen und bindet andere sudetendeutsche Organisationen im Sudetendeutschen Rat ein. Die Mitglieder der SL umfassen heute sowohl die Erlebnis- (vor 1945 Geborene), als auch die Bekenntnis-Generation (nach 1945 Geborene).

Jährlich wird seit 1958 der „Europäische Karlspreis“ vergeben, der (im Unterschied zum Karlspreis der Stadt Aachen) nach dem böhmischen König und römisch-deutschen Kaiser Karl IV. benannt ist.

Nachdem Vertriebene aus Böhmen bereits 1948 eine Kreisgruppe in München und 1949 eine Landesgruppe für Bayern gebildet hatten, gründete sich 1950 die Sudetendeutsche Landsmannschaft als Bundesverband. Nach der Öffnung des Eisernen Vorhangs begann eine zögerliche Annäherung an die alte Heimat, die 2003 mit der Gründung eines sudetendeutschen Büros in der tschechischen Hauptstadt Prag gipfelte.

Mehrere Jahrzehnte wurden die Vorsitzenden der Sudetendeutschen Landsmannschaft von Mitgliedern des Witiko-Bundes gestellt, der sich als „nationale Gesinnungsgemeinschaft der Sudetendeutschen“ versteht.

Jedes Jahr zu Pfingsten wird – in den letzten Jahren häufig – in Augsburg, Nürnberg oder München der Sudetendeutschen-Tag abgehalten; er präsentiert – neben der SL – alle anderen Gruppen, die das kulturelle Erbe pflegen und in die Zukunft tragen wollen. Zunehmend sind auch – insbesondere junge – tschechische Besucher – zu verzeichnen.

Die „Bürgervereinigung Sudetendeutsche Landsmannschaft in Böhmen, Mähren und Schlesien“ ist eine tschechische Organisation, die unabhängig von der Sudetendeutschen Landsmannschaft in Deutschland entstand und agiert. Die Anerkennung als Verein wurde ihr anfangs durch das tschechische Innenministerium verwehrt. Begründet wurde dies damit, dass die Ziele der Vereinigung gegen die tschechische Verfassung verstießen. Anfang März 2015 wurde das Verbot der Organisation allerdings vom obersten Gerichtshof in Brünn aufgehoben und der Verein offiziell registriert.

Die Bürgervereinigung unterstützt die Durchsetzung des Rechts auf Heimat (Rückkehranspruch) sowie den Rechtsanspruch auf Restitution ehemaliger Besitztümer und auf Entschädigung. Außerdem setzt sie sich für das Recht auf Erwerb der tschechischen Staatsbürgerschaft für Vertriebene, die Aufhebung der Beneš-Dekrete sowie Kriegsverbrecherprozesse gegen die Verantwortlichen für die Vertreibung der Sudetendeutschen ein.

Die Sudetendeutsche Landsmannschaft distanzierte sich bisher ausdrücklich von dieser tschechischen Gruppe. Um jeder Verwechslungsgefahr vorzubeugen, verbot sie ihr sogar die Nutzung des sudetendeutschen Wappens. Diese Distanzierung ist allerdings innerhalb der Landsmannschaft umstritten.

Am 28. Februar 2015 beschloss die Bundesversammlung der Sudetendeutschen Landsmannschaft in München eine neue Grundsatzerklärung sowie einige Satzungsänderungen. Diese beinhalteten auch die Streichung einiger Paragrafen, in denen die „Wiedergewinnung der Heimat“ und eine „Restitution oder gleichwertige Entschädigung“ gefordert wurden. Während diese Änderungen von einigen Mitgliedern kritisiert und rechtlich angefochten wurden, äußerten sich Politiker in Deutschland und Tschechien großenteils positiv und sprachen von einem Neuanfang. Ob man von einer radikalen Neuausrichtung der Landsmannschaft sprechen kann, ist allerdings umstritten.

Traditionell ist die SL personell und programmatisch eng mit der CSU verwoben. Wie andere deutsche Vertriebenenverbände positionierte sich die SL deutlich gegen die Ostpolitik von Willy Brandt und den Verzicht auf deutsche Gebietsansprüche im Zuge der Verhandlungen zur deutschen Einheit. Im Zuge des EU-Beitritts von Tschechien versuchte die SL vergeblich, eine Aufnahme der Tschechischen Republik davon abhängig zu machen, ob die tschechische Regierung die seit 1945 geltenden Beneš-Dekrete aufhebe.

Nach der Vertreibung der rund drei Millionen Sudetendeutschen bürgerte sich im tschechischen Sprachgebrauch zunehmend der Begriff Grenzland ein, auch wenn diese Gebiete oft relativ weit von der Grenze entfernt oder tief im Landesinneren lagen, wie dies beispielsweise bei einigen früheren Sprachinseln der Fall war. Die böhmischen und mährischen Randgebiete wurden nach dem Krieg durch Vertreibung und Zuzug einer großen Zahl von Neubürgern von einem radikalen Wandel erfasst. Die Einwohnerschaft bestand nach Abschluss der größten Wanderungsbewegungen aus rund einer Million neu angesiedelten Tschechen aus dem böhmisch-mährischen Landesinneren, 600.000 bereits vor dem Krieg beheimateten Tschechen, 200.000 sogenannten Repatrianten – aus dem Ausland (Ukraine, z. B., Österreich, Westeuropa) zugewanderte Tschechen –, 200.000 neu angesiedelten Slowaken, 200.000 verbliebenen Deutschen, von denen viele in den folgenden Jahren auswanderten, und einigen Tausend Angehörigen weiterer Nationalitäten wie Roma (einige Quellen sprechen von mehreren 100.000 angesiedelten Roma) Ungarn und Rumänien. Somit wohnten rund 2,5 Millionen Einwohner in den betreffenden Gebieten, wobei einige strukturstärkere Orte ein sehr starkes Bevölkerungswachstum erlebten, während andere, eher strukturschwache Orte schrumpften oder gar nicht wiederbesiedelt wurden.

Die meisten Neubürger gelangten in Orte, zu denen sie keinerlei Beziehung hatten. Sie erhielten den Zuschlag auf die jeweilige zuvor von Sudetendeutschen oder Ungarn enteignete Immobilie unentgeltlich über ein Auslobungsverfahren, welches die Regierung unter der tschechischen und slowakischen Bevölkerung durchführte. Einzelne nahmen Häuser noch unter Anwesenheit der Vorbewohner gewaltsam in Besitz. Weiterhin wurden etwa 44.000 Ungarn in das verlassene Sudetenland zum Arbeitsdienst deportiert. Nach ein bis zwei Jahren wurde den Ungarn erlaubt, in die Südslowakei zurückzukehren, was auch rund 24.000 von ihnen taten. Viele Neubürger galten aus Sicht der Regierenden als politisch „unzuverlässig“ oder „schwer sozialisierbar“, andere wurden mit Aussichten auf einen beruflichen Karrieresprung oder sozialen Aufstiegsmöglichkeiten angelockt. Eines der Ziele der kommunistischen Regierung war unter anderem, in den Gebieten eine von früheren bürgerlichen Traditionen „unbelastete“ Bevölkerung unter entsprechenden ideologischen Gesichtspunkten formen zu können.

Durch die Neuverteilung der geräumten Immobilien kam es bei vielen Tschechen „als Ausgleich für durch die Nationalsozialisten verübtes Unrecht“ zu einem erheblichen Wohlstandszuwachs. Bis heute sorgt dieses Thema für Spannungen zwischen den Regierungen Österreichs, Deutschlands und Ungarns einerseits und der tschechischen Regierung andererseits. Am 27. Februar 1992 wurde zwischen der Tschechoslowakei und Deutschland ein Vertrag über die freundschaftliche Zusammenarbeit geschlossen, auch um diesen Konfliktpunkt zu entschärfen.

Nach dem Abschluss des umfassenden Migrationsprozesses der Nachkriegszeit bestand die neue Gesellschaft im tschechischen Grenzland durchschnittlich zu über zwei Dritteln aus Neusiedlern, was eine komplette Veränderung der ethnischen, kulturellen und wirtschaftlichen Struktur der Regionen bewirkte. Bis heute wird eine hohe Fluktuation in der Einwohnerschaft beobachtet. In den ersten Jahren herrschte die weit verbreitete und bis heute zuweilen politisch instrumentalisierte Ansicht, dass das Leben im Grenzgebiet ein Provisorium sei, da man mit einer Rückkehr der Sudetendeutschen rechnen müsse. Sehr viele Häuser wurden nicht wieder besiedelt und entweder abgerissen oder dem Verfall preisgegeben, insbesondere, wenn diese sehr nahe an der Staatsgrenze lagen. Einige Orte wandelten sich zu Wochenendhaussiedlungen und lagen in Sperrgebieten. Nach der Grenzöffnung bestand (bzw. besteht bis heute) in den betreffenden grenznahen Regionen häufig eine einseitig auf eher anspruchslosen Einkaufs- und Tanktourismus ausgerichtete Wirtschaft, eine vereinzelt stark ausgeprägte Rotlicht und Grenzkriminalität, gegen die aber zunehmend erfolgreich vorgegangen wird, und eine überdurchschnittlich hohe Arbeitslosigkeit.

Heute treffen sich viele Sudetendeutsche einmal jährlich auf dem Sudetendeutschen Tag. Während in den Anfängen stark das erlittene Unrecht im Vordergrund stand, spielt heute der völkerverbindende europäische Gedanke eine größere Rolle.

Tschechiens Präsident Vaclav Klaus teilte im Oktober 2009 mit, sein Land werde den EU- Reformvertrag von Lissabon nur dann unterzeichnen, wenn die EU-Grundrechtecharta für Tschechien ausgesetzt würde. Grund dafür sind Befürchtungen, vertriebene Sudetendeutsche könnten vor internationalen Gerichten Rückgabe- und Entschädigungsforderungen stellen.

Die jüngste Zeit ist von Zeichen einer Entspannung zwischen tschechischen Würdenträgern, Institutionen und Kulturschaffenden auf der einen Seite und sudetendeutschen Organisationen und dem Freistaat Bayern als politischem Interessensvertreter sudetendeutscher Einrichtungen auf der anderen Seite gekennzeichnet. Freundschaftliche Kontakte zwischen Privatpersonen bestanden schon seit längerer Zeit. In den vergangenen Jahren besuchten tschechische Poliker sudetendeutsche Organisationen, es kam zum Austausch diverser Versöhnungsgesten. In Tschechien beschäftigen sich Kulturschaffende und Vereine wie Antikomplex mit der Aufarbeitung der gemeinsamen Geschichte. Hinzu kommt eine steigende Anzahl von Städte- und Vereinspartnerschaften.

Am 15. Mai 2016 besuchte erstmals ein tschechischer Minister den Sudetendeutschen Tag. Die in Nürnberg in deutscher Sprache gehaltene und an „Liebe Landsleute“ gerichtete Rede des Kulturministers Daniel Herman war für die deutsch-tschechischen Beziehungen bedeutsam.

Die Euregio Egrensis ist eine Europaregion in Mitteleuropa. Sie wurde 1993 gegründet zur grenzüberschreitenden Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Tschechien. Die Region umfasst das östliche Oberfranken, die nördliche Oberpfalz in Bayern, das Vogtland und Westerzgebirge in Sachsen, südöstliche Landkreise in Thüringen sowie nordwestliche Kreise in Böhmen. Egrensis ist das lateinische Adjektiv zu Egra, der lateinischen Namensvariante der Stadt Eger, die im Zentrum der Euregio liegt.

Die erste Idee zur Bildung eines Forums, um die künftigen grenzüberschreitenden Aktivitäten auf kommunaler und regionaler Ebene zu koordinieren und unterstützen kam 1989 auf. Der Vorschlag eine Euregio zu gründen wurde 1990 bei einer Tagung in Marktredwitz gemacht. Kontaktbüros wurden 1991 eröffnet und die notwendigen Fördervereine 1992 gegründet. Im Jahr 1993 wurde die gemeinsame Vereinbarung zur Gründung der Euregio Egrensis unterzeichnet und die Europaregion gegründet. Heute umfasst das Gebiet der Euregio Egrensis insgesamt eine Fläche von etwa 17.000 km² mit rund zwei Millionen Einwohnern.

Euregio Egrensis soll die negative Einwirkung der staatlichen Grenzen beseitigen, den Lebensstandard der Einwohner sowie die natürlichen und kulturpolitischen Bedingungen verbessern und das Wirtschaftspotenzial in der Region durch gezielte Kooperationsbeziehungen entwickeln.

Die Europaregion setzt sich aus drei Arbeitsgemeinschaften zusammen. Diese entsenden jeweils drei Vertreter und einen Geschäftsführer in das gemeinsame Präsidium. Der gemeinsame Präsident wird für zwei Jahre abwechselnd aus den drei Arbeitsgemeinschaften gewählt.

In der Arbeitsgemeinschaft Sachsen/Thüringen e. V. sind der Vogtlandkreis, Plauen, der Erzgebirgskreis, der Landkreis Greiz und der Saale-Orla-Kreis aktiv. In der Arbeitsgemeinschaft Bayern sind die Landkreise Kronach, Hof, Kulmbach, Wunsiedel, Bayreuth, Tirschenreuth, Neustadt an der Waldnaab, Amberg-Sulzbach sowie Amberg und Weiden in der Oberpfalz Mitglieder. Die tschechischen Mitglieder sind in der Arbeitsgemeinschaft Böhmen organisiert. Dabei handelt es sich um Okres Karlovy Vary, Okres Tachov, Okres Cheb und Okres Sokolov.

Jede Arbeitsgemeinschaft bearbeitet einen Themenschwerpunkt federführend für das gesamte Gebiet der Euregio. Die sogenannte „Sprachoffensive“, die in der Grenzregion die Tschechisch- bzw. Deutschkenntnisse steigern will, wird von der Arbeitsgemeinschaft Bayern geleitet. Der Themenschwerpunkt Verkehr und Infrastruktur ist bei der Arbeitsgemeinschaft Sachsen/Thüringen angesiedelt, der Schwerpunkt Kur- und Bäderwesen, Tourismus bei der Arbeitsgemeinschaft Böhmen.

Neben Großprojekten im Bereich der Verkehrsinfrastruktur und der Tourismusförderung, finden viele Projekte statt, die die Völkerverständigung fördern sollen. Dazu gehören unter anderem jährliche Jugendfreizeiten, Schulpartnerschaften und Austauschprogramme.

Die Kureinrichtungen wurden 1946 verstaatlicht. Nach 1948 wurde Marienbad zu einem Kurort für sozialistische Arbeiter. 1952 wurde dort ein balneologisches Forschungszentrum gegründet. Seit 1989 wurde mit der Sanierung und Restaurierung wichtiger Gebäude begonnen. Dieser Prozess ist vor allem im Kurbezirk inzwischen weit fortgeschritten. Durch die allgemeine Privatisierung in der gesamten Wirtschaft der Tschechischen Republik befinden sich alle Kureinrichtungen, Hotels, Wohngebäude und sonstigen Betriebe im Privatbesitz. Man setzt wieder stark auf ausländische Kurgäste, vor allem Deutsche und Russen, aber weiterhin auch auf die tschechische Klientel.

Die Stadt Marienbad zieht viele Besucher an und besitzt sehenswerte Bauten und Kuranlagen. In der Stadt selbst entspringen 40 Heilquellen, in der Umgebung rund 100 weitere. Die Mineralquellen sind reich an Kohlensäure und Mineralsalzen. Empfohlen werden Trinkkuren, Moorbäder und andere Behandlungen gegen Atmungs-, Stoffwechsel- und Nierenerkrankungen, Verspannungen und Schmerzen im Bewegungsapparat.

Der mondäne Ort hat unter anderem einen großen Kurpark, ein Denkmal des Gründers Abt Karl Prokop Reitenberger, eine Goethe -Gedenkstätte und einige Routen zum Wandern, zum Beispiel zum Aussichtsturm Rozhledna und einen geologischen Lehrpfad.

Geologisch befinden sich die Quellgebiete um Marienbad im Bohemikum, genauer im Marienbader Komplex und dem sogenannten Tepler Kristallin. Während im Marienbader Komplex Metabasite und Metaultrabasiteauftreten, sind im Tepler Kristallin vor allem Gneise, Schiefer und Phyllite charakteristisch. Diese stellen die metamorphen Äquivalente der paläozoischen und proterozoischen Sedimente des Barrandiums in der Prager Mulde dar.

Im Tertiär kam es zum Einbruch des von Nordost nach Südwest streichenden Egergrabens. Erste tektonische Strukturen traten bereits im Eozän (vor 57 bis 35 Millionen Jahren) auf, die Hauptaktivität lag jedoch im Miozän (vor 24 bis 5 Millionen Jahren). Als Folge entstand aktiver Vulkanismus, der bis ins Quartär, das vor 1,8 Millionen Jahren begann, andauerte. Daneben wird das Gebiet durch die von Nordnordwest nach Südsüdost verlaufende Marienbader Störung geprägt. An dieser tief reichenden Bruchtektonik kommt es zu Wegigkeiten für aufsteigendes Wasser; besonders in Zusammenhang mit Vulkanismus entstanden Mineralquellen und Thermalquellen. Sind die Quellen natürlich mit CO2 angereichert, spricht man von Säuerlingen, bei direktem Gasaustritt handelt es sich um Mofetten.

Neben Eisen sind meist auch andere Mineralstoffe gelöst. Normalerweise geben Metamorphite diese nur in geringerem Maße ab. Aufgrund der Durchströmung der Gesteine mit CO2 haltigem Wasser, also einer sauren Lösung, wird dieser Prozess jedoch erleichtert. Aus kaolinisiertem Albit, einem Feldspat, stammen beispielsweise Natrium und Calcium, aus Serpentiniten dagegen kann vermehrt Magnesium gelöst und im Wasser angereichert werden.

Im Umfeld von Marienbad sind unterschiedliche Quelltypen anzutreffen. Es gibt Thermal- und Mineralquellen, die zur Entstehung des Bäderdreiecks mit Karlsbad, Marienbad, Franzensbad und Sibyllenbad führten und gleichzeitig erklären, warum in der Region einige Mineralbrunnen angesiedelt sind. Neben den Quellen, die Tiefenwasser fördern, gibt es auch oberflächennahe Quellen und Arteser. Entlang von Störungen treten Quellen und Mofetten oft perlschnurartig aneinandergereiht auf.

Fußnoten

  1.  ↑ Leonhard, W.: Die Revolution entlässt ihre Kinder, Köln/Berlin 1955, S. 11
  2.  ↑ Danyel, J./Groehler, O./Kessler, M.: Antifaschismus und Verdrängung. Zum Umgang mit der NS-Vergangenheit in der DDR, in: Kocka, J./Sobrow, M. (Hrsg.): Die DDR als Geschichte. Fragen-Hypotheken-Perspektiven, Berlin 1994, S. 148-152, S. 148
  3.  ↑ Schöneberg, K.: Das Schicksalsjahr 1945, München 1999, S. 34
  4.  ↑ Hüttmann, J.: DDR-Geschichte und ihre Forscher. Akteure und Konjunkturen der bundesdeutschen DDR-Forschung, Berlin 2008, S. 175
  5.  ↑ Ebd., S. 48f
  6.  ↑ Marienfeld, W.: Konferenzen über Deutschland. Die alliierte Deutschlandplanung und -politik 1941–1949, Hannover 1963, S. 20f
  7.  ↑ Ebd., S. 22
  8.  ↑ Ebd., S. 23
  9.  ↑ Anfang 1943 war die militärische Lage zunehmend schlecht, in Nordafrika waren die Achsenmächte in die Defensive geraten und an der Ostfront war die 6. Armee in Stalingrad eingekesselt. Goebbels drängte auf eine Intensivierung der Kriegswirtschaft (des sogenannten totalen Krieges) und schlug Hitler in einer Denkschrift vor, „Faulenzer und Parasiten“ wie die „Töchter der Plutokraten“ zur Arbeit in der Kriegswirtschaft zu zwingen und die Zivilwirtschaft durch Stillegungsverfügungen zuvorderst für Luxusgaststätten, Modesalons und Läden zugunsten der Kriegswirtschaft zu verkleinern. Beeinflusst von der Dolchstoßlegende war Hitler jedoch der Ansicht, dass das deutsche Volk der Wehrmacht in den Rücken fallen könnte, wenn die Zivilgesellschaft in ihrem Konsum allzu sehr beschränkt würde. Goebbels spekulierte auch darauf als Manager des totalen Krieges zum zweiten Mann im NS-Staat aufzurücken. Er plante die Sportpalastrede zu dem Zweck auf Hitler Druck auszuüben. Indem er das Volk auf radikale Maßnahmen vorbereitet, glaubte er Hitler auf seine Linie festlegen zu können. Die Rede selbst war detailliert inszeniert, Goebbels hatte das Publikum auf treueste Parteianhänger hin handverlesen, Sprechchöre studierten Slogans ein, eine Hundertschaft wurde instruiert, wann und wie lange sie applaudieren sollten.
  10.  ↑ Marienfeld, W.: Konferenzen über Deutschland. Die alliierte Deutschlandplanung und -politik 1941–1949, Hannover 1963, S. 24
  11.  ↑ Müller, N.: Stalins Friedensziele und die Kontinuität der sowjetischen Deutschlandpolitik 1941–1953, in: Jürgen Zarusky (Hrsg.): Stalin und die Deutschen. Neue Beiträge der Forschung. Oldenbourg, München 2006, S. 131–158, hier S. 132ff
  12.  ↑ Ebd., S. 139
  13.  ↑ Marienfeld, W.: Konferenzen über Deutschland. Die alliierte Deutschlandplanung und -politik 1941–1949, Hannover 1963, S. 45
  14.  ↑ Ebd., S. 56
  15.  ↑ Ebd., S. 78
  16.  ↑ Zitiert aus Graml, H.: Die Allierten und die Teilung Deutschlands. Konflikte und Entscheidungen 1941-1948, Hamburg 1985, S. 100f
  17.  ↑ Hüttmann, J.: DDR-Geschichte und ihre Forscher. Akteure und Konjunkturen der bundesdeutschen DDR-Forschung, Berlin 2008, S. 179
  18.  ↑ Chopin, H.: The conference of Yalta, Wien 1985, S. 36f
  19.  ↑ Grennmann, A.: Die Anfänge des Kalten Krieges und die Blockkonfrontation USA-Sowjetunion, Berlin 1987, S. 35
  20.  ↑ Conte, A.: Die Teilung der Welt – Jalta 1945, Düsseldorf 1965, S. 75
  21.  ↑ Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten der UdSSR (Hrsg.): Die Teheraner Konferenz 1943 (Teheran, Jalta, Potsdam. Konferenzdokumente der Sowjetunion, Bd. 1), Köln 1986, S. 89ff
  22.  ↑ Müller, N.: Stalins Friedensziele und die Kontinuität der sowjetischen Deutschlandpolitik 1941–1953, in: Jürgen Zarusky (Hrsg.): Stalin und die Deutschen. Neue Beiträge der Forschung. Oldenbourg, München 2006, , S. 131–158, hier S. 138, hier S. 134
  23.  ↑ Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten der UdSSR (Hrsg.): Die Teheraner Konferenz 1943 (Teheran, Jalta, Potsdam. Konferenzdokumente der Sowjetunion, Bd. 1), Köln 1986, S. 95f
  24.  ↑ Müller, N.: Stalins Friedensziele und die Kontinuität der sowjetischen Deutschlandpolitik 1941–1953, in: Jürgen Zarusky (Hrsg.): Stalin und die Deutschen. Neue Beiträge der Forschung. Oldenbourg, München 2006, , S. 131–158, hier S. 138
  25.  ↑ Schöneburg, K.-H./Mand, R.: Vom Werden unseres Staates. Eine Chronik. Band 1: 1945-1949, Berlin (Ost) 1966, S. 102
  26.  ↑ Ebd., S. 105
  27.  ↑ Ebd., S. 108
  28.  ↑ Müller, N.: Stalins Friedensziele und die Kontinuität der sowjetischen Deutschlandpolitik 1941–1953, in: Jürgen Zarusky (Hrsg.): Stalin und die Deutschen. Neue Beiträge der Forschung. Oldenbourg, München 2006, , S. 131–158, hier S. 140
  29.  ↑ Schöneburg, K.-H./Mand, R.: Vom Werden unseres Staates. Eine Chronik. Band 1: 1945-1949, Berlin (Ost) 1966 S. 115
  30.  ↑ Dülffer, J.: Jalta, 4. Februar 1945, der Zweite Weltkrieg und die Entstehung der bipolaren Welt, München 1998, S. 30
  31.  ↑ Olsen, G.: Germany after the Second World War, Boston 1991, S. 17
  32.  ↑ Danyel, J./Groehler, O./Kessler, M.: Antifaschismus und Verdrängung. Zum Umgang mit der NS-Vergangenheit in der DDR, in: Kocka, J./Sobrow, M. (Hrsg.): Die DDR als Geschichte. Fragen-Hypotheken-Perspektiven, Berlin 1994, S. 148-152, S. 149
  33.  ↑ Schöneburg, K.-H./Mand, R.: Vom Werden unseres Staates. Eine Chronik. Band 1: 1945-1949, Berlin (Ost) 1966, S. 17
  34.  ↑ Danyel, J./Groehler, O./Kessler, M.: Antifaschismus und Verdrängung. Zum Umgang mit der NS-Vergangenheit in der DDR, in: Kocka, J./Sobrow, M. (Hrsg.): Die DDR als Geschichte. Fragen-Hypotheken-Perspektiven, Berlin 1994, S. 148-152, S. 149
  35.  ↑ Dülffer, J.: Jalta, 4. Februar 1945, der Zweite Weltkrieg und die Entstehung der bipolaren Welt, München 1998, S: 65ff
  36.  ↑ Ebd., S. 18
  37.  ↑ Hohlfeld, J.(Hrsg.): Dokumente der deutschen Politik und Geschichte von 1948 bis zur Gegenwart, 8 Bände, Berlin 1951ff, S. 3
  38.  ↑ Ebd. S. 8f
  39.  ↑ Danyel, J./Groehler, O./Kessler, M.: Antifaschismus und Verdrängung. Zum Umgang mit der NS-Vergangenheit in der DDR, in: Kocka, J./Sobrow, M. (Hrsg.): Die DDR als Geschichte. Fragen-Hypotheken-Perspektiven, Berlin 1994, S. 148-152, S. 148
  40.  ↑ Erdmann, K.D.: Das Ende des Reiches und die Entstehung der Republik Österreich, der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik, 9. Auflage, München 1999, S. 34
  41.  ↑ Zitiert aus Müller, P.: Deutschland 1945-1949, Berlin 1997, S. 78f
  42.  ↑ Leonhard, W.: Die Revolution entlässt ihre Kinder, Köln/Berlin 1955, S. 29
  43.  ↑ Ebd., S. 87
  44.  ↑ Ebd., S. 88
  45.  ↑ Schöneburg, K.-H./Mand, R.: Vom Werden unseres Staates. Eine Chronik. Band 1: 1945-1949, Berlin (Ost) 1966, S. 24
  46.  ↑ Urban, T.: Der Verlust. Die Vertreibung der Deutschen und der Polen im 20. Jahrhundert. München 2004, S. 119
  47.  ↑ Zitiert aus Schubarth, W./Schmidt, T.: „Sieger der Geschichte“. Verordneter Antifaschismus und die Folgen, in: Heinemann, K.-H./Schubarth, W. (Hrsg.): Der antifaschistische Staat entlässt seine Kinder. Jugend und Rechtextremismus in Ostdeutschland, Köln 1992, S. 12-18, hier S. 13
  48.  ↑ Hohlfeld, Dokumente der deutschen Politik und Geschichte von 1948 bis zur Gegenwart, a.a.O., S. 26ff
  49.  ↑ Ebd., S. 31f
  50.  ↑ Ebd., S. 33
  51.  ↑ Schöneburg, K.-H./Mand, R.: Vom Werden unseres Staates. Eine Chronik. Band 1: 1945-1949, Berlin (Ost) 1966, S. 109
  52.  ↑ Ebd., S. 33
  53.  ↑ Zitiert aus Moseley, I.: Die Friedenspläne der Allierten, New York 1997, S. 32
  54.  ↑ Fischer, A. (Hrsg.), Teheran, Jalta, Potsdam. Die sowjetischen Protokolle von den Kriegskonferenzen der „Großen Drei“. 2. Aufl., Köln 1973, S. 265
  55.  ↑ Bauerkämper, A. (Hrsg.): „Junkerland in Bauernhand“? Durchführung, Auswirkungen und Stellenwert der Bodenreform in der Sowjetischen Besatzungszone, Berlin 1996, S. 46
  56.  ↑ Danyel, J./Groehler, O./Kessler, M.: Antifaschismus und Verdrängung. Zum Umgang mit der NS-Vergangenheit in der DDR, in: Kocka, J./Sobrow, M. (Hrsg.): Die DDR als Geschichte. Fragen-Hypotheken-Perspektiven, Berlin 1994, S. 148-152, S. 148
  57.  ↑ Erdmann, K.D.: Das Ende des Reiches und die Entstehung der Republik Österreich, der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik, 9. Auflage, München 1999, S. 44
  58.  ↑ Leonhard, W.: Die Revolution entlässt ihre Kinder, Köln/Berlin 1955, S. 27
  59.  ↑ Fischer, A. (Hrsg.), Teheran, Jalta, Potsdam. Die sowjetischen Protokolle von den Kriegskonferenzen der „Großen Drei“. 2. Aufl., Köln 1973, S. 277
  60.  ↑ Müller, Deutschland 1945-1949, a.a.O., S. 59ff
  61.  ↑ Auswärtiges Amt (Hrsg.): Außenpolitik der Bundesrepublik Deutschland – Dokumente von 1945–1989, München 1990, S. 128
  62.  ↑ Schubarth, W./Schmidt, T.: „Sieger der Geschichte“. Verordneter Antifaschismus und die Folgen, in: Heinemann, K.-H./Schubarth, W. (Hrsg.): Der antifaschistische Staat entlässt seine Kinder. Jugend und Rechtextremismus in Ostdeutschland, Köln 1992, S. 12-18, hier S. 12f
  63.  ↑ Ebd., S. 75
  64.  ↑ Forschungsinstitut der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (Hrsg.): Dokumente zur Berlinfrage, München 1959, S. 34
  65.  ↑ Ebd., S. 43
  66.  ↑ Müller, Deutschland 1945-1949, a.a.O., S. 122f
  67.  ↑ Schöneburg, K.-H./Mand, R.: Vom Werden unseres Staates. Eine Chronik. Band 1: 1945-1949, Berlin (Ost) 1966, S. 36
  68.  ↑ Erdmann, K.D.: Das Ende des Reiches und die Entstehung der Republik Österreich, der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik, 9. Auflage, München 1999, S. 60
  69.  ↑ Ebd., S. 70
  70.  ↑ von Siegler, H.: Wiedervereinigung und Sicherheit Deutschlands. Eine dokumentarische Diskussionsgrundlage, Bonn/Wien/Zürich 1963, S. 82
  71.  ↑ Vgl. dazu Münkler, H.: Antifaschismus und antifaschistischer Gründungsmythos der DDR, in: Aus Politik und Zeitgeschichte 45/1998, S. 16ff. In diesem Zusammenhang ist auch auf folgende Arbeiten hinzuweisen: Will, M.: Antifaschismus als Legitimation staatlicher Herrschaft in der DDR, in: Bundesministerium des Innern (Hrsg.): Bedeutung und Funktion des Antifaschismus, Bonn 1990; Menschel, S.: Antifaschistischer Stalinismus, in: Rauschenbach, B. (Hrsg.): Erinnern, Wiederholen, Durcharbeiten. Zur Psychoanalyse deutscher Wenden, Berlin 1992, S. 162-171
  72.  ↑ Schubarth, W./Schmidt, T.: „Sieger der Geschichte“. Verordneter Antifaschismus und die Folgen, in: Heinemann, K.-H./Schubarth, W. (Hrsg.): Der antifaschistische Staat entlässt seine Kinder. Jugend und Rechtextremismus in Ostdeutschland, Köln 1992, S. 12-18, hier S. 12f
  73.  ↑ Dimitroff, G.: Die Offensive des Faschismus und die Aufgaben der Kommunistischen Internationalen im Kampf für die Einheit der Arbeiterklasse gegen den Faschismus vom 2.8.1935, in: Institut für Marxismus-Leninismus beim ZK der SED (Hrsg.): VII. Kongreß der Kommunistischen Internationalen, Frankfurt/Main 1975
  74.  ↑ Schubarth, W./Schmidt, T.: „Sieger der Geschichte“. Verordneter Antifaschismus und die Folgen, in: Heinemann, K.H./Schubarth, W. (Hrsg.): Der antifaschistische Staat entlässt seine Kinder, Köln 1992, S.12-28, hier S. 12f